Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung, Angemessenheit der Wohnungsgröße bei einer selbst
genutzten Eigentumswohnung; Vergleich mit einem selbst genutzten Hausgrundstück, Angemessenheitsprüfung bei Heizkosten; Zulässigkeit
prozentualer Abschläge
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 zu gewährenden
Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU).
Der 1944 geborene Kläger und die 1947 geborene Klägerin bewohnen ein ca. 150 qm großes, 1970 bezugsfertig gewordenes Eigenheim.
Am 1. September 2004 beantragten sie die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und gaben
dabei an, Kosten für die Ölheizung und die Unterhaltung der Heizungsanlage in Höhe von 136,43 Euro (Heizöl 115,16 Euro, Öltankreinigung
für fünf Jahre 11,25 Euro, Öltank-TÜV für fünf Jahre 1,64 Euro, Brenner- und Kesselreinigung 8,38 Euro) monatlich aufbringen
zu müssen. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 23. November 2004 den Klägern Leistungen in Höhe von monatlich 133,01
Euro. Sie berücksichtigte dabei ein monatliches Einkommen der Klägerin aus unselbstständiger Tätigkeit in Höhe von 400 Euro
sowie Arbeitslosengeld in Höhe von 420,60 Euro. Bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigte die Beklagte Kosten für das
Haus in Höhe von insgesamt 188,58 Euro. Dem Widerspruch der Kläger gab die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2005
insofern statt, als sie insgesamt höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Zuschlags nach § 24 SGB II für den Kläger
bewilligte. Zu den Hauskosten führte sie aus, sie habe folgende Posten berücksichtigt:
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Grundsteuer
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33,
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67 Euro
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Abfallgebühren
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11,
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-- Euro
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Wasser
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19,
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-- Euro
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Abwasser
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28,
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-- Euro
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Gebäudeversicherung
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20,
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98 Euro
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Schornsteinfeger
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5,15 Euro
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TÜV für Heizung
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1,64 Euro
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Heizung
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53,
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55 Euro.
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Gemäß § 22 Abs 1 SGB II seien lediglich die angemessenen Heizkosten zu übernehmen. Nach den Richtlinien des Kreises R. seien
für einen Zwei-Personen-Haushalt Heizkosten in Höhe von 53,55 Euro (45 qm x 1,19 Euro) angemessen. Dementsprechend seien als
Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich 172,99 Euro zu berücksichtigen. Soweit im angefochtenen Bescheid für die Monate
Januar bis Juni Leistungen für Unterkunft und Heizung zu Unrecht in Höhe von 188,58 Euro bewilligt worden seien, habe es dabei
sein Bewenden. In Ausführung des Widerspruchsbescheides änderte die Beklagte mit einem Bescheid ebenfalls vom 1. Juni 2005
die Bewilligung der Leistung dahingehend, dass sie den Klägern für Januar 2005 Leistungen in Höhe von 453,44 Euro und vom
1. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von 437,52 Euro monatlich bewilligte.
Das Sozialgericht (SG) Schleswig hat die Beklagte mit Urteil vom 4. Mai 2006 unter Änderung der Bescheide vom 23. November 2004 und 1. Juni 2005
sowie des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2005 verurteilt, den Klägern Leistungen in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung
von Heizkosten nach Maßgabe der Heizkostenrichtlinien des Kreises R. unter Berücksichtigung einer Heizfläche von 75 qm zu
gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bei einem selbst genutzten Hausgrundstück von angemessener Größe sei zur
Vermeidung von Wertungswidersprüchen nicht die für den Haushalt angemessene Wohnfläche, sondern die tatsächliche Wohnfläche
des Objekts zu Grunde zu legen. Dabei seien Heizkosten insoweit als angemessen zu berücksichtigen, als das Eigenheim in dem
Maße zu beheizen sei, dass Schäden an der Substanz durch Frost oder Feuchtigkeit nicht entstünden. Das setze jedenfalls eine
Beheizung von 75 % der tatsächlichen Wohnfläche des Objektes voraus.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht (LSG) hat die Beklagte einen Anspruch der Kläger auf Heizkosten
in Höhe von 71,40 Euro (60 qm x 1,19 Euro HK) monatlich anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis haben die Kläger angenommen. Das
LSG hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 21. Juni 2007 zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Kläger hat das
LSG das Urteil des SG vom 4. Mai 2006 und die Bescheide vom 23. November 2004 und 1. Juni 2005 idF des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2005
geändert und die Beklagte verurteilt, den Klägern vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 Leistungen unter Berücksichtigung der
tatsächlichen Aufwendungen für Heizung in Höhe von 115,16 Euro monatlich zu gewähren. Zwar sei nicht zutreffend, dass bei
der Prüfung der Angemessenheit der Kosten für Heizung die Wertung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II Berücksichtigung finden
müsse. Dies würde nämlich im Ergebnis zu einer Privilegierung von Eigentümern einer selbst genutzten Immobilie gegenüber Mietern
führen. Bei der Bestimmung der Angemessenheit sei aber zu berücksichtigen, dass die Höhe der Heizkosten von zahlreichen Faktoren
abhänge, zB der Lage und dem Bauzustand der Wohnung, der Geschosshöhe und anderem mehr. Auf Grund der vielfältigen und vom
Hilfeempfänger in der Regel nicht zu beeinflussenden Komponenten seien bei einer selbst betriebenen Heizungsanlage grundsätzlich
die Aufwendungen für die periodische Beschaffung von Heizöl sowie für deren Wartung und Instandhaltung als angemessen anzusehen,
es sei denn, deren Höhe lasse auf ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten schließen.
Die Abhängigkeit zwischen der Höhe der Kosten für Heizung und dem konkreten Wohnobjekt bedinge, dass die tatsächlichen Kosten
für Heizung jedenfalls dann angemessen seien, wenn der Leistungsträger die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs
1 Satz 1 SGB II gewähre und die Kosten für Unterkunft und Heizung bezogen auf die vom Leistungsträger festgelegten Unterkunfts-
und Heizkostenobergrenzen in der Summe angemessen seien. Diese Auffassung führe unter Berücksichtigung der Produkttheorie
zu sachgerechten Ergebnissen und verhindere insbesondere eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Schlechterstellung von Wohneigentümern.
Unter Zugrundelegung der von der Beklagten für einen Zwei-Personen-Haushalt festgesetzten Mietobergrenze von 300 Euro und
Kosten der Heizung von 71,40 Euro hätten die Kläger bei einem Umzug in eine angemessene Wohnung Anspruch auf 371,40 Euro.
Die Kläger hingegen beanspruchten lediglich insgesamt 234,60 Euro (Kosten für Unterkunft in Höhe von 119,44 Euro und Heizung
in Höhe von 115,16 Euro). Konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten seien nicht
ersichtlich und würden auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Ausgehend davon, dass die Beklagte Kosten für Heizung
in Höhe von 1,19 Euro pro qm für angemessen halte, ergäben sich daraus Heizkosten für eine 100 qm große Wohnung in Höhe von
119 Euro. Demzufolge seien die von den Klägern geltend gemachten 115,16 Euro nicht unangemessen.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Zwar seien die Unterkunftskosten in der Regel längstens
für sechs Monate in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, wenn die Aufwendungen den angemessenen Umfang übersteigen; dies gelte
aber nicht für die Heizkosten. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der bis zum 31. März 2006 geltenden Fassung beziehe sich ausschließlich
auf die Unterkunftskosten. Dass dies den Willen des Gesetzgebers widerspiegele, zeigten die mit Wirkung ab dem 1. August 2006
und die mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 geltenden Neufassungen des § 22 Abs 1 SGB II. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei unverändert
zum neuen § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II geworden. Hätte es dem Willen des Gesetzgebers entsprochen, dass die Heizkosten in den
ersten sechs Monaten in tatsächlicher Höhe zu bewilligen wären, hätte er eine entsprechende Klarstellung vorgenommen. Dass
er dies unterlassen habe, lasse den Rückschluss zu, dass der Gesetzgeber die Differenzierung zwischen Unterkunftskosten und
Heizkosten in den ersten sechs Monaten beibehalten möchte. Heizkosten seien vom Grundsicherungsträger stets nur in angemessener
Höhe zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Juni 2007 sowie des Sozialgerichts Schleswig vom 4.
Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Anknüpfungspunkt seien die tatsächlichen Aufwendungen. Eine Pauschalierung
der Heizkosten ohne konkreten Nachweis der Unwirtschaftlichkeit sei unzulässig.
II. Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet, §
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Das LSG hat zwar im Grundsatz zu Recht entschieden, dass die Kläger im streitigen Zeitraum einen Anspruch gegen die Beklagte
auf Leistungen nach § 22 SGB II unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Heizkosten haben. Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II
(in der Fassung des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 [BGBl I 2954]) sind für
einen Zeitraum von sechs Monaten nicht nur die tatsächlichen Unterkunftskosten, sondern auch die tatsächlichen Heizkosten
für diese Unterkunft zu berücksichtigen. Auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann der Senat jedoch nicht entscheiden,
ob und in welcher Höhe eine Verpflichtung der Beklagten besteht, über die von ihr anerkannte Summe von insgesamt 190,84 Euro
einschließlich 71,40 Euro Heizkosten monatlich hinaus Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung von Aufwendungen
für Heizung in Höhe von 115,16 Euro monatlich zu erbringen.
1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
a) Gegenstand der Klage sind Leistungen an den Kläger und die Klägerin. Nach dem sog "Meistbegünstigungsprinzip" ist davon
auszugehen, dass es um die Ansprüche beider Ehepartner geht (vgl BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 jeweils RdNr 11 ff). Sie bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 3 SGB II), beide haben einen
individuell zu ermittelnden anteiligen Anspruch auf Leistungen (vgl zur Berechnung des Individualanspruchs Urteil des Senates
vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R). Die geltend gemachten Ansprüche betreffen die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005. Auf diesen Zeitraum bezieht
sich der angefochtene Bewilligungsbescheid.
b) Im Rahmen der Anfechtungs- und Leistungsklage sind die Leistungsansprüche der Klägerin und des Klägers nach § 22 SGB II
unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind zwar beim Streit
um höhere Leistungen auch im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG
SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 16; SozR 4-4200 § 11 Nr 7 RdNr 19; Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R - RdNr 18). Die Beklagte hat ihre Revision aber auf die Unterkunfts- und Heizungskosten beschränkt. Sie rügt allein die
fehlerhafte Anwendung von § 22 SGB II. Die Begrenzung des Streitgegenstandes auf die Unterkunfts- und Heizungskosten ist zulässig
(vgl BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 jeweils RdNr 18 ff). Eine weitere Aufspaltung des Streitgegenstandes in Unterkunfts- und Heizungskosten
ist hingegen rechtlich nicht möglich (BSG, aaO, RdNr 18, 22).
c) Die Beklagte als eine nach § 44b SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014) gebildete
Arbeitsgemeinschaft ist beteiligtenfähig nach §
70 Nr 2
SGG (BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 §
22 Nr 1 jeweils RdNr 30). § 44b SGB II ist ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin anwendbar
(BVerfGE 119, 331 ff).
2. Ob die Klägerin und der Kläger die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 SGB II (idF des 4. Gesetzes für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954) erfüllen, kann auf der Grundlage der bisher vom LSG getroffenen
Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen,
die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr 1), erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig
sind (Nr 3) sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Nach dem Gesamtzusammenhang
der Feststellungen im angefochtenen Urteil kann zwar angenommen werden, dass die Kläger die Voraussetzungen hinsichtlich des
Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts erfüllen, nicht abschließend bewertet werden kann aber
die Voraussetzung der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 SGB II. Nach § 9 Abs 1 SGB II ist
hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren
Arbeit (1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen (2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von
anderen erhält. Das LSG hat hierzu keinerlei Feststellungen getroffen. Es kann daher nicht abschließend beurteilt werden,
ob und in welchem Umfang die Kläger über zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen verfügen, insbesondere, ob es sich bei
dem im Eigentum der Kläger stehenden Hausgrundstück um verwertbares Vermögen handelt.
Gemäß §
12 Abs
1 SGB II (in der Fassung des 4. Gesetzes zur Änderung des
SGB III und anderer Gesetze vom 19.11.2004 - BGBl I 2902) sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener
Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Bei dem Begriff der angemessenen Größe handelt es sich um einen unbestimmten
Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3 jeweils RdNr 14). Das BSG hat für Eigentumswohnungen in Anlehnung an § 39 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 3
iVm Abs 2 des 2. Wohnungsbaugesetzes vom 19. August 1994 (BGBl I 2137) bei einer Belegung der Wohnung mit zwei Personen typisierend
die Grenze auf 80 qm festgesetzt (BSG, aaO, RdNr 22). Dieser Grenzwert kann allerdings nicht als quasi normative Größe herangezogen
werden, es bleibt vielmehr Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche Bedarfslagen im Einzelfall. Er orientiert sich am Durchschnittsfall
und bedarf je nach den Umständen des Einzelfalles einer Anpassung nach oben, ggf aber auch nach unten (BSG, aaO, RdNr 22).
Die für Eigentumswohnungen gezogene Grenze kann auch nicht ohne weiteres für Hauseigentum übernommen werden. Der Senat hat
vielmehr ein Hausgrundstück mit einer Größe von 91,89 qm noch für angemessen iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II gehalten
(Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R).
Die Angemessenheit des von der Klägerin und dem Kläger bewohnten Hausgrundstücks kann hier schon deshalb nicht beurteilt werden,
weil es an hinreichend konkreten Feststellungen des LSG zur Größe des Hausgrundstücks fehlt. Wenn das LSG angibt, das Eigenheim
sei 150 qm groß, die Wohnfläche in einem Klammerzusatz sodann mit 100 qm beziffert, bleibt bereits unklar, ob sich letztere
Angabe auf die allein von der Klägerin und dem Kläger genutzte Wohnfläche bezieht oder ob 50 der 150 qm nicht als Wohn-, sondern
als sonstige Fläche anzusehen sind. Nach der Feststellung der genauen räumlichen Verhältnisse wird das LSG ggf zu ermitteln
haben, ob hier besondere Umstände - etwa im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten und das Lebensalter der Kläger - vorliegen,
die sogar eine Wohnfläche von 100 qm noch als angemessen erscheinen lassen. Soweit das Hausgrundstück den Rahmen des Angemessenen
überschreitet, wird das LSG weiter die Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes nach § 12 Abs 1 SGB II zu prüfen haben (vgl
BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4 jeweils RdNr 25 ff). In diesem Zusammenhang sind ggf auch Feststellungen dazu zu treffen, ob die
Voraussetzungen einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II vorliegen. Schließlich wird auch zu prüfen sein,
ob die von den Klägern nicht bewohnte Fläche des Hauses gesondert verwertbar ist.
3. Soweit das LSG zu dem Ergebnis kommt, dass auch die Voraussetzung der Hilfebedürftigkeit vorliegt, hat es weitere Feststellungen
zu den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung der Kläger zu treffen. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen
für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die für das von
den Klägern bewohnte Eigenheim geltend gemachten Nebenkosten hat die Beklagte bis auf die Kosten der Öltank- sowie der Kessel-
und Brennerreinigung zutreffend berücksichtigt. Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen grundsätzlich
alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (Urteil des
Senats vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R). Das LSG wird daher auch zu prüfen haben, ob die geltend gemachten Reinigungskosten als notwendiger Erhaltungs- oder Bewirtschaftungsaufwand
zu berücksichtigen sind.
a) Auch die laufenden Leistungen für Heizung sind grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen. Hier
fehlt es aber zunächst an Feststellungen, welcher Bedarf im streitigen Zeitraum tatsächlich bestanden hat. Bei der Beschaffung
von Heizöl fallen üblicherweise einmalig Kosten an. Auch diese einmaligen Kosten fallen unter § 22 Abs 1 SGB II (BSG SozR
4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 9). Hat der Hilfebedürftige allerdings bereits Heizmaterial vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit gekauft
und bezahlt, kann er diese Kosten nicht nach § 22 Abs 1 SGB II vom Grundsicherungsträger erstattet bekommen, weil es sich
hierbei nicht um aktuelle tatsächliche Aufwendungen handelt (BSG, aaO, RdNr 13). Das LSG wird mithin zu klären haben, in welcher
Höhe tatsächlich ein Bedarf für Heizkosten im streitigen Zeitraum bestand und in welchem Umfang die Kläger sich gegebenenfalls
die bereits erhaltenen monatlichen Pauschalen anrechnen lassen müssen (vgl BSG, aaO, RdNr 16).
b) Sind tatsächlich Heizkosten entstanden, sind sie ebenso wie die übrigen Unterkunftskosten zu übernehmen, soweit sie angemessen
sind (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 9; SozR 4-4200 § 11 Nr 2 RdNr 34). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als
unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Erforderlich ist stets eine Einzelfallentscheidung,
die den jeweiligen Besonderheiten Rechnung trägt. Dem LSG ist beizupflichten, dass nicht bereits aus dem Schutz eines Eigenheims
nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II folgt, dass die tatsächlichen Kosten als angemessen anzusehen sind. Die Angemessenheit
des Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II indiziert noch nicht die Angemessenheit der Unterkunftskosten für
dieses Haus iS des § 22 SGB II. Die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist vielmehr für Mieter und Hauseigentümer
nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (vgl Urteil des Senats vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R). § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II ist eine rein vermögensrechtliche Schutzvorschrift gegenüber dem Verwertungsbegehren des
Grundsicherungsträgers, wirkt sich aber nicht auf die Höhe der nach § 22 SGB II zu übernehmenden Unterkunftskosten aus (vgl
BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3 jeweils RdNr 24). § 22 Abs 1 SGB II sieht insofern ohne Differenzierung danach, ob der Wohnbedarf
durch Eigentum oder Miete gedeckt wird, Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur Grenze der Angemessenheit vor. Aus diesem
Grund sind auch nicht die für Hauseigentum, sondern die für Mietwohnungen geltenden Wohnflächengrenzen bei der Angemessenheitsprüfung
im Rahmen des § 22 SGB II zu berücksichtigen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Beurteilung der angemessenen Heizkosten.
Ansonsten ergäbe sich eine im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot in Art
3 Abs
1 Grundgesetz nicht gerechtfertigte Privilegierung von Haus- und Wohnungseigentümern gegenüber Mietern. Die erforderlichen laufenden Leistungen
zur Beibehaltung des räumlichen Lebensmittelpunktes werden aber nach § 22 SGB II Mietern wie Eigentümern nur im Rahmen der
Angemessenheit gewährt (vgl hierzu auch Urteile des erkennenden Senats vom 27. Februar 2008 - B 14/7b AS 70/06 R, 15. April 2008 - B 14/7b AS 34/06 R - und vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 67/06 R). Wie die Beklagte mit ihrem Teilanerkenntnis selbst eingeräumt hat, ist für einen prozentualen Abschlag von der maßgeblichen
Quadratmeterzahl für die Heizkosten weder bei Mietern noch bei Eigentümern Raum.
c) Es kann indes offen bleiben, nach welcher Quadratmeterzahl danach hier die konkret angemessenen Heizkosten zu ermitteln
wären. Ebenso kann dahin stehen, ob eine Pauschalierung der pro Quadratmeter angemessenen Heizkosten (Mrozynski, Grundsicherung
und Sozialhilfe, Stand: Mai 2008, II.8 RdNr 61 weist zu Recht darauf hin, dass nicht Quadratmeter, sondern Kubikmeter beheizt
werden), wie sie von der Beklagten vorgenommen worden ist, bei der Ermittlung der Leistung nach § 22 Abs 1 SGB II zulässig
ist (vgl hierzu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 8 ff) und ob, wie das LSG meint, die tatsächlichen Heizkosten deshalb zu übernehmen
wären, weil der Bedarf der Kläger an Leistungen für Unterkunft und Heizung deutlich die Kosten für eine angemessene Mietwohnung
unterschreitet (vgl dazu Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 46d; Gühlstorf, Ausgewählte Probleme
im Bereich der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II, ZfF 2007, 73, 75).
Für den hier streitigen Zeitraum sind jedenfalls die tatsächlichen Heizkosten in entsprechender Anwendung von § 22 Abs 1 Satz
2 SGB II aF zu übernehmen (vgl Berlit in LPK-SGB II, § 22 RdNr 68; Lang/Link, aaO; Schmidt in Oestreicher, SGB XII, SGB II,
Stand: Februar 2008, § 22 SGB II RdNr 64; Berlit, Wohnung und Hartz IV, NDV 2006, 5, 20). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind
sie danach als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie
es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen
Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs
Monate. Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass in der Vorschrift nur von Aufwendungen für die Unterkunft die Rede
ist, und der Gesetzgeber auch in Folgeregelungen die Aufwendungen für Heizung nicht ausdrücklich aufgenommen hat. Der Umkehrschluss
aus dem Wortlaut der Vorschrift steht aber im Widerspruch zu ihrem Sinn und Zweck. Sie enthält eine Zumutbarkeitsregelung,
mit der verhindert werden soll, dass der Leistungsberechtigte sofort bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen ist, seine
bisherige Wohnung aufzugeben (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 jeweils RdNr 23). Für eine Übergangszeit wird dem Hilfebedürftigen der räumliche Lebensmittelpunkt
auch bei unangemessenen Kosten erhalten. Zu dem Grundbedürfnis "Wohnen", das von § 22 SGB II geschützt wird (vgl Lang/Link,
aaO, § 22 RdNr 5) gehört aber nicht nur eine bestimmte Räumlichkeit, sondern auch eine angemessene Raumtemperatur. Wenn der
Grundsicherungsträger für die "Schonfrist" von sechs Monaten unangemessene Kosten für eine Wohnung tragen muss, folgt hieraus
notwendig, dass auch die tatsächlichen Heizkosten für diese Wohnung im Rahmen des für diese Wohnung Angemessenen zu übernehmen
sind. Dies gilt aber erst recht, wenn die Kosten der Unterkunft - wie hier - nicht unangemessen sind. Sind allein die tatsächlichen
Heizkosten unangemessen, weil sie auf eine unangemessen große Wohnfläche entfallen, sind auch sie nach der Ratio des Gesetzes
jedenfalls für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten zu übernehmen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Kosten monatlich
oder einmalig im Bewilligungszeitraum anfallen. Einschränkungen könnten sich allenfalls aus einem unwirtschaftlichen Heizverhalten
ergeben, für das hier aber keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.
Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.