Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
Dem Antrag auf PKH kann - die PKH-Bedürftigkeit des Klägers dahingestellt lassend - nicht stattgegeben werden. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier
nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG erfolgreich
zu begründen.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte
Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund
des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.
Der 1988 geborene Kläger begehrt in der Sache die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts von Juni bis November 2016 trotz Vermögens ua in Form eines Depotguthabens iHv mehr als 11.000 Euro. Außerdem
will er einen Vorschuss iHv 3.000 Euro. Als Verfahrensmängel beim LSG rügt der Kläger die Übertragung des Verfahrens auf den
sog kleinen Senat, dessen Entscheidung trotz Befangenheit, die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, den Nichterlass
eines Versäumnisurteils trotz Antrags und die fehlende Amtsermittlung.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben könnte (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Diese ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass
sich wegen der Bewertung von Vermögen durch die - vom Kläger begehrte - "Verrechnung" von auf mehrere Vermögensgegenstände
bezogene Aktiv- und Passivforderungen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, nachdem eine solche Saldierung nach
der Rechtsprechung beider beim BSG für das SGB II zuständiger Senate ausgeschlossen ist (vgl schon BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R - RdNr 39; BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - RdNr 22).
Es liegen auch keine Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) vor, auf denen das Urteil des LSG beruhen kann und die in zulässiger Weise geltend gemacht werden könnten.
Insbesondere ist ein absoluter Revisionsgrund nach §
202 Satz 1
SGG iVm §
547 Nr 1
ZPO wegen einer unvorschriftsmäßigen Besetzung der Richterbank nicht gegeben. Das LSG hat das Verfahren ausweislich seines Beschlusses
vom 27.5.2019 nach vorheriger Anhörung auf die Berichterstatterin übertragen, was zulässig war, weil sich die Kläger gegen
einen Gerichtsbescheid gewandt haben, gegen den die Berufung gegeben war (§
105 Abs
2 Satz 1
SGG). Das LSG hat aufgrund mündlicher Verhandlung in der durch §
153 Abs
5 SGG vorgeschriebenen Besetzung entschieden. Soweit der Kläger durch Bezugnahme auf Schriftsätze zu anderen Verfahren geltend
machen will, das LSG sei wegen eines Befangenheitsantrags nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, datieren die Befangenheitsanträge
im Verfahren L 5 AS 1596/18 erst auf den 10.7.2019. Dass im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nachhaltig an der Behauptung festgehalten werden könnte,
der bevollmächtigte Vater des Klägers habe Anträge bereits in der mündlichen Verhandlung gestellt, ist angesichts der durch
das Protokoll dokumentierten Terminsdauer von 16 Minuten und der Länge des Schriftsatzes, den der Bevollmächtigte des Klägers
vollständig verlesen haben will sowie dessen Inhalt nicht mit Bezug zum Inhalt des Verfahrens L 5 AS 1596/18, sondern zu der am selben Tag verhandelten Sache L 5 AS 833/15, nicht erkennbar. Aus Sinn und Zweck des Ablehnungsgesuchs ergibt sich außerdem, dass der Antrag nur bis zum Erlass der Endentscheidung
des Gerichts zulässig ist, dem der abgelehnte bzw die abgelehnten Richter angehören. Nach Beendigung der Instanz kann ein
Ablehnungsgesuch nicht mehr gestellt werden; es ist dann prozessual überholt (BSG vom 27.1.1993 - 6 RKa 2/91 - RdNr 35 mwN; BSG vom 16.1.2020 - B 10 ÜG 15/19 B - RdNr 12). Daher ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die fehlerhafte Besetzung des LSG bei der Entscheidungsfindung
erfolgreich geltend machen könnte.
Ebenso wenig ist erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter erfolgreich eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes
(§
103 SGG) rügen könnte. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.6.2019 hat der Bevollmächtigte des Klägers auf
schriftsätzlich gestellte Anträge verwiesen. Diese Anträge enthalten keinen Hinweis auf eine von ihm noch für erforderlich
gehaltene Aufklärung der Sachlage mit Bezug zum Verfahren L 5 AS 1596/18, sodass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Wegen der Rüge des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist schon nach dem Vortrag des Klägers, nach dem sein bevollmächtigter
Vater ein umfangreiches Schreiben in voller Länge habe vorlesen dürfen, nichts ersichtlich. Art
103 Abs
1 GG verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht
aber zu einem Rechtsgespräch (vgl BVerfG vom 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 145; BVerfG vom 15.10.2009 - 1 BvR 3474/08 - RdNr
60). Soweit §
112 Abs
2 SGG den Anspruch auf rechtliches Gehör weiter ausformt, ergibt sich hieraus kein allgemeiner Verfahrensgrundsatz, der das Gericht
verpflichten würde, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten
zu erörtern (BSG vom 4.9.2013 - B 12 KR 13/11 R - SozR 4-2500 § 5 Nr 21 RdNr 15 mwN) oder auf Vorbringen ohne Bezug zum Sach- und Streitverhältnis einzugehen.
Schließlich ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen
(§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).