Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung für Unternehmen der Jagden in der gesetzlichen Unfallversicherung
Zulässigkeit der Inanspruchnahme eines von mehreren Gesamtschuldnern als alleinigen Beitragsschuldner
Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Beiträge nach der Größe der Jagdbezirke
Verfassungsmäßigkeit der Erhebung mehrerer Beiträge bei gleichzeitig betriebener Landwirtschaft
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig ist und als Gesamtschuldner
für die sieben Mitglieder einer Jagdpächtergemeinschaft in Anspruch genommen werden durfte.
Der Kläger und seine sechs Mitpächter haben das Jagdrecht gemeinsam von der Jagdgenossenschaft K. gepachtet. Sie bewirtschaften
die gepachtete Fläche gemeinsam, üben die Jagdtätigkeiten dort gemeinschaftlich aus und führen ihr Unternehmen der Jagd auf
gemeinsame Rechnung. Die Angehörigen der Jagdpächtergemeinschaft haben den Kläger als ihren "Obmann" bevollmächtigt, für sie
zu handeln und Willenserklärungen entgegenzunehmen. Auf dieser Grundlage richtete die Beklagte den Beitragsbescheid vom 11.2.2013
- wie schon in den Vorjahren - an den Kläger, setzte den "Beitrag für das Jahr 2012 für J-Pächtergemeinschaft JG K." auf 1477,07
Euro fest und erteilte ihm ein entsprechendes Zahlungsgebot. Sein Widerspruch ist ebenso erfolglos geblieben, wie die später
durch sämtliche Mitglieder der Jagdpächtergemeinschaft erhobene Klage (Widerspruchsbescheid vom 14.1.2014; Urteil des SG vom 28.3.2017).
Das LSG hat die Berufung der durch den Kläger vertretenen "Jagdpächtergemeinschaft der Jagdgenossenschaft" zurückgewiesen
(Urteil vom 21.6.2018). Da die Mitglieder der Jagdpächtergemeinschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bildeten, sei
deren Klage zulässig, weil der Bescheid bei Gesamtschuldnerschaft sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber allen
Gesellschaftern wirke. Die Gesellschafter seien Mitunternehmer eines Jagdunternehmens iS des §
136 Abs
3 Nr
1 iVm §
123 Abs
1 Nr
5 SGB VII und in dieser Eigenschaft jeweils selbst gemäß §
150 Abs
1 Satz 2
SGB VII in der festgesetzten Höhe beitragspflichtig. Die Beklagte sei zutreffend von einer bejagbaren Fläche von 2367 Hektar ausgegangen,
sowie von einem Berechnungswert je Einheit von 1,0 und einem Unfallfaktor von 0,07. Multipliziert mit dem Risikogruppenfaktor
von 1,0 und dem Hebesatz von 10,0223 ergebe sich nach Addition des Grundbeitrags von 40 Euro abzüglich der Härtefallgutschrift
ein Betrag iHv 1477,07 Euro. Die Rechtsgrundlagen für die Beitragserhebung richteten sich für das Umlagejahr 2012 nach §
221 Abs
3 SGB VII, sodass entsprechend §
40 der Satzung der Beklagten die §§
34 bis
43, 45, 48 und 58 des 1. Nachtrags der Satzung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland vom
8.12.2011 (Satzung LBG MOD) für das Umlagejahr 2012 fortgelten würden. Die Jagdfläche sei als Maßstab für die Beitragsbemessung nicht zu beanstanden,
zumal §
182 Abs
2 SGB VII die Fläche ausdrücklich als möglichen Anknüpfungspunkt benenne. Ein anderer Maßstab sei unter Beachtung der Satzungsautonomie
der Beklagten nicht zwingend geboten. Es verstoße auch nicht gegen Art
3 GG, dass die Gesellschafter als Jagdunternehmer verbeitragt würden, obwohl sie teilweise bereits wegen der Bewirtschaftung derselben
Flächen als Landwirte bei der Beklagten versichert seien. Der Hebesatz von 10,0223 sei rechtmäßig und habe durch den Vorstand
festgesetzt werden dürfen. Die Finanzierung der DDR-Altlasten sei Ausfluss der spezifischen Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung
ua zwischen den Unternehmen auf dem Gebiet der früheren BRD und der DDR sowie zwischen den Unternehmern und den Versicherten.
Auch die Festsetzung eines Grundbeitrags iHv 40 Euro sei rechtmäßig.
Der Kläger rügt mit seiner Revision Verletzungen des §
182 SGB VII, des Art
3 GG sowie einzelner Vorschriften der Satzung LBG MOD.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 21. Juni 2018 sowie das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 28.
März 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2014
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision des Klägers (dazu unter A.) ist unbegründet (dazu unter B.) und daher zurückzuweisen (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Der Kläger ist nicht beschwert (§
54 Abs
2 Satz 1
SGG), weil die Beitragsfestsetzung und das entsprechende Zahlungsgebot in dem Umlagebescheid der Beklagten vom 11.2.2013 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2014 (§
95 SGG) rechtmäßig sind. Die geltend gemachten Rechtsverletzungen liegen nicht vor.
A. Dem Kläger stand nach §
160 Abs
1 SGG die Revision an das BSG zu, weil er am Berufungsverfahren gemäß §
69 Nr 1
SGG als Berufungskläger zu 6 beteiligt war und durch das Urteil des LSG beschwert ist. Er hat die Revision ursprünglich als Revisionskläger
zu 6 eingelegt und zulässigerweise allein fortgeführt, nachdem die Revisionskläger zu 1 bis 5 und 7 in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat ihre Klagen zurückgenommen haben. Soweit die Revisionsschrift - wie zuvor schon das Rubrum des angefochtenen
Berufungsurteils - die "Jagdpächtergemeinschaft der Jagdgenossenschaft K.", vertreten durch den Kläger, bestehend aus allen
sieben Mitpächtern aufführt, sollte damit nicht die "Jagdpächtergemeinschaft" als Rechtsmittelführerin bezeichnet, sondern
nur verdeutlicht werden, dass die Kläger zu 1 bis 7 eine "Rechtsgemeinschaft" iS des §
74 SGG iVm §
59 Alt 1
ZPO bilden, gemeinschaftlich als (einfache) Streitgenossen klagen und der Beklagten dergestalt als Einzelne gegenüberstehen,
dass die Handlungen des einen Streitgenossen dem anderen weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen (§
74 SGG iVm §
61 ZPO). Selbst wenn das LSG die "Jagdpächtergemeinschaft" als Außengesellschaft iS von §
70 Nr 1
SGG angesehen hat, lässt sich dem Urteil hinreichend entnehmen, dass es auch gegenüber den einzelnen Mitpächtern wirken sollte.
B. Die Revision des Klägers, an den die angefochtenen Bescheide adressiert sind und der schon deshalb behaupten kann, durch
die dort verkörperten belastenden Verwaltungsakte beschwert zu sein (§
54 Abs
1 Satz 2
SGG; zur sog Adressatentheorie vgl ausführlich BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 42/06 R - BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 16 mwN), hat keinen Erfolg, weil die isolierten Anfechtungsklagen (§
54 Abs
1 Satz 1 Var 1, §
56 SGG) unbegründet sind. Denn die Beitragsfestsetzung für das Umlagejahr 2012 und das entsprechende Zahlungsgebot sind rechtmäßig.
Ermächtigungsgrundlage für die Beklagte, den Beitrag durch Verwaltungsakt festzusetzen und dem Beitragspflichtigen ein Zahlungsgebot
zu erteilen, ist §
183 Abs
5 Satz 1
SGB VII (den Unterschied zwischen materieller Verpflichtung und VA-Befugnis verkennt etwa Ricke, WzS 2019, 215). Danach teilt die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft den Unternehmern den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich
mit. Diese "Mitteilung" ist nicht nur die verbindliche Feststellung einer kraft Gesetzes bestehenden Zahlungspflicht, sondern
zugleich ein an den Beitragspflichtigen gerichtetes vollstreckbares Zahlungsgebot ("Beitragsbescheid"; §
183 Abs
5 Satz 2
SGB VII; vgl BSG Urteile vom 20.8.2019 - B 2 U 35/17 R - SozR 4-2700 § 121 Nr 2 RdNr 9 und vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - BSGE 125, 120 = SozR 4-2700 § 123 Nr 3, RdNr 15).
Der Kläger war landwirtschaftlicher (Mit-)Unternehmer eines Jagdunternehmens (dazu unter 1.). Die Beklagte war als landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft für den Erlass des angefochtenen Umlagebescheides zuständig (dazu unter 2.) und hat den zu zahlenden
Beitrag für das Umlagejahr 2012 zutreffend festgesetzt (dazu unter 3.). Die Beitragsbescheide sind weder wegen Ermessensnichtgebrauchs
noch aufgrund formeller Mängel rechtswidrig (dazu unter 4.).
1. Der Kläger war (Mit-)Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens der Jagd (§
123 Abs
1 Nr
5 SGB VII). Unternehmer ist nach §
136 Abs
3 Nr
1 SGB VII in seiner bis zum 16.11.2016 geltenden und hier anwendbaren Altfassung derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar
zum Vor- oder Nachteil gereicht. Unternehmen sind nach §
121 Abs
1 SGB VII Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten. Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen
und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl §
163 SGG) haben die Mitglieder der Jagdpächtergemeinschaft das Jagdrecht "gemeinsam" von der Jagdgenossenschaft gepachtet, bewirtschaften
die gepachtete Fläche "gemeinsam" und üben ihre Jagdtätigkeiten dort gemeinschaftlich aus. Sie führen "also ein Unternehmen
der Jagd auf gemeinsame Rechnung", weil allen Mitpächtern das Ergebnis ihrer Jagdtätigkeit (zB erlegtes Wild) unmittelbar
zu gleichen Teilen gebührt. Folglich ist jeder Mitpächter zugleich Mitunternehmer des einheitlichen Jagdunternehmens. Gemäß
§ 41 Abs 1 Satz 2 der Satzung in ihrer Ursprungsfassung vom 9.1.2013 haften Mitunternehmerinnen und Mitunternehmer für die
Beiträge als Gesamtschuldner (§
150 SGB VII). Dies bedeutet, dass die Beklagte - vorbehaltlich einer ermessensgerechten Gesamtschuldnerauswahl (dazu näher 4.) - prinzipiell
befugt ist, "die Leistung nach ... Belieben von jedem" der (Gesamt-)Schuldner "ganz oder zu einem Teil" zu "fordern" (vgl
§
421 Satz 1
BGB).
Hier hat die Beklagte den "Beitrag für das Jahr 2012" im Bescheid vom 11.2.2013 "für das Unternehmen (Unternehmensnummer:
xxxxxxxx) in K." auf "insgesamt" 1477,07 Euro festgesetzt, den Bescheid ausweislich des Adressfeldes allein an den Kläger
persönlich gerichtet und im Widerspruchsbescheid vom 14.1.2014 ausdrücklich klargestellt, dass "mit Bescheid vom 11.02.2013
der Beitragsanspruch für das Umlagejahr 2012 in Höhe von 1.477,07 EUR Ihnen [dh dem Kläger] gegenüber im Wege der gesamtschuldnerischen
Haftung geltend gemacht" wird. Dies schließt von vornherein die Annahme des LSG aus, der Kläger habe lediglich als "Zustellungsbevollmächtigter"
(§ 37 Abs 1 Satz 2 SGB X) der Jagdpächtergemeinschaft fungiert, weil ihm der Beitragsbescheid entweder als "Geschäftsführer" (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB X; §
710 BGB) einer Jagdpächter-Außen-GbR (§ 10 Nr 1 Alt 2 bzw Nr 2 SGB X) oder als "besonders Beauftragtem" (§ 11 Abs 1 Nr 3 SGB X) einer Vereinigung bekannt gegeben worden sei, der ein Recht zustehen könne (§ 10 Nr 2 SGB X), sodass die Verwaltungsakte in Wahrheit nicht für ihn, sondern für die "Jagdpächtergemeinschaft der Jagdgenossenschaft"
bestimmt gewesen seien (§ 37 Abs 1 Satz 1, § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X). Soweit die Beklagte mit Zuständigkeitsbescheid vom 16.9.2019 auf der Grundlage des §
136 Abs
3 Nr
1 SGB VII in seiner seit dem 17.11.2016 geltenden Neufassung "zusätzlich auch" ihre Zuständigkeit für die "Jagdpächtergemeinschaft
der Jagdgenossenschaft" zukunftsbezogen festgestellt hat, ist dies für die Erhebung der Umlage für das Beitragsjahr 2012 bedeutungslos.
2. Da keine abdrängende Sonderzuweisung (§
123 Abs
1 Halbsatz 2 iVm §§
125 ff
SGB VII) zu einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand besteht, war die Beklagte als landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft
gemäß §
123 Abs
1 Nr
5 SGB VII für alle Jagdunternehmen bundesweit (§
3 Abs
1 der Satzung) und damit auch für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides sachlich und örtlich zuständig.
3. Die Beitragsfestsetzung für das Umlagejahr 2012 ist materiell rechtmäßig. Zutreffend hat die Beklagte die Satzungsbestimmungen
angewandt (hierzu unter a), die ermächtigungskonform waren (§§
182 ff
SGB VII; hierzu unter b) und in ihrer Anwendung auf den Kläger auch nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen (hierzu unter c).
a) Die Beklagte hat die von dem Kläger zu zahlenden Beiträge für das Umlagejahr 2012 zutreffend auf 1477,07 Euro festgesetzt.
Nach §
221 Abs
3 Satz 1
SGB VII wird das Umlageverfahren nach §
183 SGB VII für das Umlagejahr 2012 von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft auf der Grundlage des am 31.12.2012 geltenden Rechts
und der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit der bis zum 31.12.2012 bestehenden landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften
durchgeführt (§ 40 Abs 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten vom 9.1.2013). In deklaratorischer Konkretisierung dieses Anwendungsbefehls
des Bundesgesetzgebers bestimmt die Beklagte in § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 9 ihrer Satzung vom 9.1.2013, dass die §§ 34 bis 43, 45, 48, 58 der Satzung LBG MOD in der am 31.12.2012 gültigen Fassung (des 1. Nachtrags vom 8.12.2011) in deren bisherigem Zuständigkeitsbereich fortgelten.
Obgleich diese Vorschriften ursprünglich durch eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts erlassen worden
sind und deshalb Landesrecht waren, handelt es sich nunmehr um revisibles Bundesrecht iS des §
162 SGG (BSG Urteil vom 20.8.2019 - B 2 U 35/17 R - SozR 4-2700 § 121 Nr 2 RdNr 28). Denn mit der bundesgesetzlichen Auflösung der LBG MOD gemäß § 3 Abs 3 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz - LSV-NOG
- vom 12.4.2012, BGBl I 579) und ihrer Eingliederung in die neu errichtete Beklagte (§ 1 Satz 1, § 3 Abs 1 LSV-NOG) trat die (Alt-)Satzung LBG MOD am 31.12.2012 als Landesrecht außer Kraft (BSG aaO). Sie gilt aufgrund des Normanwendungsbefehls des Bundesgesetzgebers (§
221 Abs
3 Satz 1
SGB VII) über diesen Tag hinaus weiter, was die Beklagte - als Rechtsetzungsorgan des Bundes - in ihrer Satzung konkretisierend nachvollzieht
(BSG aaO).
Gemäß § 41 der Satzung LBG MOD wird der Beitrag festgesetzt aus der Summe der für jedes Unternehmen nach den §§ 36, 37 Satzung LBG MOD ermittelten Berechnungseinheiten vervielfältigt mit dem Unfallfaktor sowie dem Risikogruppenfaktor und schließlich dem
Hebesatz. Nach diesen Vorschriften hat die Beklagte den vom Kläger für das Umlagejahr 2012 zu zahlenden Beitrag zutreffend
ermittelt. Nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) ist die Beklagte zutreffend von einer bejagbaren Fläche von 2367 Hektar, einem Berechnungswert je Einheit von 1,0 sowie
einem Unfallfaktor von 0,07 ausgegangen und hat damit einen Berechnungswert von 165,69 errechnet. Multipliziert mit dem Risikogruppenfaktor
von 1,0 und dem Hebesatz von 10,0223 ergibt dies nach Addition des Grundbeitrages von 40 Euro abzüglich der Härtefallgutschrift
den in dem angefochtenen Bescheid geforderten Beitrag in Höhe von 1477,07 Euro. An der hinreichenden Bestimmtheit (§ 33 Abs 1 SGB X) des angefochtenen Umlagebescheides besteht daher kein Zweifel.
Auch die in der Satzung genannten Zuständigkeiten zur Beschlussfassung über die Elemente der Beitragshöhe sind gewahrt bzw
im konkreten Fall nicht zu beanstanden. Der Vorstand der Beklagten durfte den Hebesatz hier selbst ermitteln, weil er durch
eine reine Rechenoperation nach den Gesetzen der Logik (Mathematik) für jedermann feststellbar und daher offenkundig war.
Der Hebesatz (10,0223), den nur §
183a SGB VII erwähnt und der nichts anderes als den Beitragsfuß iS des §
167 Abs
2 SGB VII bezeichnet, ist der Faktor, um den der jeweilige Messbetrag (Berechnungswert 165,69) erhöht wird, um den Beitrag (1660,59
Euro = 165,69 x 10,0223) zu berechnen, bevor der Grundbeitrag (40 Euro) addiert und die Härtefallgutschrift (223,52 Euro)
abgezogen wird. Der Hebesatz wird ermittelt, indem das Umlagesoll (152 885 000 Euro) durch die Summe der Berechnungseinheiten
geteilt wird. Es handelt sich somit um die bloße Division von feststehendem Zähler (Umlagesoll) und feststehendem Nenner (Berechnungseinheiten),
die prinzipiell jeder vornehmen kann, der mit der Bruchrechnung vertraut ist (zur Delegation auf den Vorstand bei bloßen Rechenoperationen
BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 RdNr 16 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 15; anders für die Festsetzung des Mindestbeitrags vgl BSG Urteile vom 4.12.2014 - B 2 U 11/13 R - BSGE 118, 9 = SozR 4-2700 § 161 Nr 1 und - B 2 U 16/13 R - UV Recht Aktuell 2015, 171, weil es sich dort um eine der Vertreterversammlung vorbehaltene Wertentscheidung handelte). Da die "Festsetzung des Hebesatzes"
somit kein Werturteil, sondern eine - mithilfe der Mathematik - nachprüfbare Tatsache ist, war jeder Rechtsanwender befugt,
die dafür notwendige Berechnung selbst durchzuführen. Es ist daher belanglos, dass § 40 Abs 1 Nr 9 der Satzung der Beklagten vom 9.1.2013 iVm § 41 Satzung LBG MOD der Vertreterversammlung der LBG MOD exklusiv die Aufgabe zuweist, den Hebesatz festzusetzen. Ebenso unerheblich ist es, dass der Vorstand (§
35 Abs
1 Satz 1
SGB IV) den Hebesatz anstelle der zum maßgeblichen Zeitpunkt (ab 1.1.2013) inexistenten Vertreterversammlung der LBG MOD (vgl Art 1 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, BGBl I 2012, 579) ersatzweise verlautbart hat, obwohl er an sich weder befugt noch verpflichtet ist, Aufgaben wahrzunehmen, die primär der
Vertreterversammlung und ersatzweise der Aufsichtsbehörde (§
37 Abs
1 Satz 1
SGB IV) zugewiesen sind (vgl dazu Freund in Hauck/Noftz,
SGB IV, §
35 RdNr 6).
b) Der Senat lässt dahinstehen, ob die am 31.12.2012 außer Kraft getretene landesrechtliche Satzung LBG MOD, die aufgrund des Normanwendungsbefehls des Bundesgesetzgebers in §
221 Abs
3 Satz 1
SGB VII als Bundesrecht weitergilt, überhaupt an der insoweit gleichrangigen Bundesnorm des §
182 SGB VII zu messen ist. Denn die hier angewandten Satzungsregelungen sind mit dieser gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage vereinbar.
Der Satzungsgeber hat bei der Beitragsgestaltung sachgerecht zu differenzieren und in der Unfallversicherung eine risikogerechte
Abstufung vorzunehmen, wie dies für die allgemeine Unfallversicherung durch die obligatorische Aufstellung eines Gefahrtarifs
(§§
153 Abs
1,
157, 159
SGB VII) verwirklicht ist. Für den Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung hat das Gesetz diese Anforderungen gelockert:
Geregelt ist, dass die Satzung der Berufsgenossenschaft bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen die Unfallrisiken in
den Unternehmen ausreichend berücksichtigen muss (§
182 Abs
2 Satz 2
SGB VII; vgl auch BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1 mwN). Ob der Satzungsgeber dabei die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen
hat, hat der Senat nicht zu prüfen (BSG Urteil vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 §
157 Nr 5; vgl Spellbrink in Kasseler Komm, Stand Mai 2020, §
157 SGB VII RdNr 5 mwN). Maßgebend ist, ob sachgerechte, plausible Gründe für die Satzungsregelungen anzuführen sind (vgl BSG Urteil vom 9.12.1993 - 2 RU 32/92 - BSGE 73, 253 = SozR 3-2200 § 809 Nr 2 mwN).
Die hier angewandten Satzungsbestimmungen genügen den soeben genannten Anforderungen. Die Regelungen genügen insbesondere
§
182 SGB VII, der als Berechnungsgrundlage ua das Umlagesoll, die Fläche, den Arbeitsbedarf oder einen anderen vergleichbaren Maßstab
(§
182 Abs
2 Satz 1
SGB VII) und die Erhebung eines Mindest- oder Grundbeitrages durch Satzungsregelung (§
182 Abs
2 Satz 4
SGB VII) zulässt.
Die Satzung der Beklagten verstößt nicht gegen §
182 Abs
2 Satz 2
SGB VII und §
182 Abs
5 SGB VII. Nach §
182 Abs
2 Satz 2
SGB VII hat die Satzung bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen die Unfallrisiken in den Unternehmen ausreichend zu berücksichtigen.
Dies ist in §§ 35 ff der Satzung LBG MOD vom 8.12.2011 durch Bildung von Risikogruppen geschehen. Nach §
182 Abs
5 Satz 1 und 2
SGB VII wird der Arbeitsbedarf nach dem Durchschnittsmaß der für Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung
der Kulturarten geschätzt und das einzelne Unternehmen hiernach veranlagt, wobei die Satzung das Nähere über die Abschätzung
und die Veranlagung bestimmt. Auch dem entsprechen § 35 Abs 1, §§ 36 ff der Satzung.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine weitere Unterteilung der Risikogruppe Jagd (§ 37 Abs 2 Nr 3 der Satzung LBG MOD vom 8.12.2011) nach zusätzlichen ggf individuellen betrieblichen Verhältnissen nicht geboten. Eine auf den einzelnen
Betrieb individuell abgestimmte Beitragsbemessung kommt nicht in Betracht (BSG Urteile vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 24 und vom 15.12.1982 - 2 RU 61/81 - BSGE 54, 232, 236 = SozR 2200 § 809 Nr 1 S 5). Zwar soll nach dem gesetzgeberischen Willen das Unfallrisiko durch die Bildung von Risikogruppen
berücksichtigt werden. Die Beitragserhebung ist nach der Rechtsprechung des BSG aber nicht nur dann beitragsgerecht, wenn der geforderte Beitrag individuell die möglichen Unfallgefahren nach Quantität
und Qualität betriebsbezogen berücksichtigt (vgl BSG Urteil vom 15.12.1982 - 2 RU 61/81 - BSGE 54, 232, 236 = SozR 2200 § 809 Nr 1 S 5 - juris RdNr 19). Nicht zu beanstanden ist damit die Anknüpfung an die Jagdfläche als Maßstab
für die Beitragsbemessung. Diese kann neben dem Jagdwert grundsätzlich als ein angemessener Maßstab zur Berechnung der Beiträge
für Jagden angesehen werden, zumal §
182 Abs
2 SGB VII idF vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) die Fläche ausdrücklich als möglichen Anknüpfungspunkt nennt (BSG Urteil vom 25.11.1977 - 2 RU 9/76 - juris RdNr 18).
Es ist kein anderer Maßstab ersichtlich, der unter Berücksichtigung der Satzungsautonomie der Beklagten zwingend geboten wäre.
Wie das LSG zutreffend ausführt, ist der in einem Pachtvertrag aufgeführte Preis keine feststehende Größe, da der Pachtzins
je nach Lage des Jagdgebietes regional verschieden ausfallen kann, sowie erheblichen Wandlungen unterworfen ist. Diese Faktoren
stehen zudem in keinem Zusammenhang mit der Unfallgefahr. Ebenso wenig ist eine zwingende rechtliche Verpflichtung ableitbar,
auf den objektiven Wert der Pacht abzustellen, weil Faktoren der Unfallgefahr wie der Wildbestand sowie die Lage der Jagd
dabei unberücksichtigt blieben (BSG Urteil vom 20.1.1987 - 2 RU 63/85 - SozR 2200 § 805 Nr 1 S 4 - juris RdNr 20).
Soweit aufgrund der Satzungsregelungen bei gleichzeitig betriebener Landwirtschaft durch einen Jagdpächter mehrere Beiträge
für dasselbe Grundstück anfallen können, ist dies - entgegen der Revision - ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach dem Recht
der gesetzlichen Unfallversicherung werden konkrete Handlungen bzw Verrichtungen unter Versicherungsschutz gestellt. Mithin
führt nicht der Besitz des Grundstückes zur Beitragspflicht, sondern die auf dem Grundstück vorgenommenen Verrichtungen. Die
Größe des Grundstücks ist nur eine Bemessungsgrundlage zur Abschätzung des versicherten Risikos. Die konkrete Beitragserhebung
erfolgt hingegen für jeweils unterschiedliche Tätigkeiten bzw Verrichtungen. Sofern mehrere Tätigkeiten auf demselben Grund
und Boden erfolgen, kann dieser in mehrfacher Hinsicht als Beitragsbemessungsgrundlage verwandt werden (vgl BSG Urteil vom 28.2.1986 - 2 BU 179/85 - juris zu § 776 Abs 1
RVO und Beschluss vom 14.7.1989 - 2 BU 89/89 - juris). Hierbei kommt es dann nicht zu einer Mehrfachbelastung, weil durch den jeweiligen Beitrag unterschiedliche, sich
nicht überschneidende Unfallrisiken der jeweiligen Unternehmensart abgedeckt werden.
Den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit steht darüber hinaus eine Prüfung, ob die Gebührensatzung jeweils die zweckmäßigste,
vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, nicht zu (BSG Urteil vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5, RdNr 18; BSG Urteil vom 8.5.2007 - B 2 U 14/06 R - BSGE 98, 229 = SozR 4-2700 § 153 Nr 2; BSG Urteil vom 20.3.2007 - B 2 U 9/06 R - UV-Recht Aktuell 2007, 1065; BSG Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R - UV-Recht Aktuell 2007, 105; BSG Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 33/05 R - BSGE 97, 279 = SozR 4-2700 § 136 Nr 2; BSG Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 55/02 R - HVBG-INFO 2004, 62; BSG Urteil vom 18.10.1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253; BSG Urteil vom 18.4.2000 - B 2 U 2/99 R - HVBG-INFO 2000, 1816; BSG Urteil vom 21.8.1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335 = HV-INFO 1991, 2159). Die Abwägung zwischen mehreren, für die eine oder andere Regelung bei der Ausgestaltung des Gefahrtarifs
bzw einer Gebührensatzung sprechenden Gesichtspunkte und die Entscheidung hierüber obliegt dem zur autonomen Rechtsetzung
berufenen Organ des Unfallversicherungsträgers (BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 28; BSG Urteil vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5, RdNr 16; BSG Urteil vom 24.1.1991 - 2 RU 62/89 - BSGE 68, 111 = SozR 3-2200 § 809 Nr 1; BSG Urteil vom 12.12.1985 - 2 RU 40/85 - SozR 2200 § 731 Nr 2).
c) Die beitragsrechtlichen Regelungen verstoßen nicht gegen Art
3 Abs
1 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz iS des Art
3 Abs
1 GG gebietet zwar, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung
verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten
anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie
die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (eingehend zuletzt BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 30; BSG Urteil vom 20.3.2018 - B 2 U 11/17 R - BSGE 125, 225 = SozR 4-2700 § 80a Nr 1; BVerfG Beschluss vom 27.2.2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7; stRspr). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden
Sachgrund ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber,
die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen
können (BVerfG Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92 ua - BVerfGE 88, 87; BVerfG Urteil vom 8.4.1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267; BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06 ua - BVerfGE 126, 233; BVerfG Beschluss vom 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240). Bei den hier zu prüfenden Satzungsregelungen der §§ 35 ff der Beklagten handelt es sich um rein technische Regelungen,
die nicht an personengebundenen Merkmalen anknüpfen und daher nur einer Willkürprüfung auf der untersten Stufe des Art
3 Abs
1 GG zu unterziehen sind. Es wird lediglich an die Größe des bejagbaren Geländes angeknüpft und keine weitere Differenzierung
vorgenommen, die zu erhöhten Verhältnismäßigkeitsanforderungen führen könnte (vgl BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 30). Eine Satzungsnorm mit einer unterschiedlichen Berechnungsweise der Beiträge unter weitergehender
Binnendifferenzierung der Risikogruppe ist auf der Grundlage der Ermächtigungsnorm des §
182 SGB VII nicht geboten.
Die Beitragserhebung verstößt auch nicht gegen das Übermaßverbot des Art
20 GG iVm Art
2 Abs
1 GG. Aufgrund der Regelungen der §§ 37 Abs 2 Nr 3 ff der Satzung LBG MOD idF des 1. Nachtrags vom 8.12.2011 iVm §
221 Abs
3 SGB VII beträgt der Unfallfaktor für Jagdunternehmen je Hektar und Jahr bejagbare Fläche 0,07. Unter Zugrundelegung von 2367 Hektar
bejagbarer Fläche ergibt sich ein Berechnungswert von 165,69, der multipliziert mit dem Hebesatz iHv 10,0223, zuzüglich eines
Grundbeitrags iHv 40 Euro abzüglich einer Härtefallgutschrift iHv 223,52 Euro einen Jahresbeitrag iHv 1477,07 Euro ergibt.
Zwar beträgt gemäß § 40 Abs 1 Nr 9 der Satzung der Beklagten vom 9.1.2013 iVm § 39 der Satzung LBG MOD der Grundbeitrag für Jagdgenossenschaften 10 Euro, vorliegend handelt es sich jedoch um eine Jagdpächtergemeinschaft,
deren Tätigkeiten sich im Unterschied zu den Jagdgenossenschaften nicht im Wesentlichen in Verwaltungstätigkeiten erschöpfen.
Damit wird der Kläger durch die Beitragserhebung für das Umlagejahr 2012 nicht unzumutbar belastet. Es kann dahinstehen, inwieweit
der Satzungsgeber ggf verpflichtet ist, die weitere Entwicklung zu beobachten und ggf abweichende Regelungen zu treffen (vgl
zur Beobachtungspflicht zB BVerfG Beschluss vom 16.11.1992 - 1 BvL 17/89 - BVerfGE 87, 348).
4. Die Beitragsbescheide sind schließlich sowohl ermessenskonform erlassen (dazu unter a) als auch formell rechtmäßig (dazu
unter b).
a) Der angefochtene Beitragsbescheid ist nicht wegen Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig und daher nicht aufzuheben (§
54 Abs
2 Satz 2
SGG). Wie der Senat zuletzt entschieden hat (Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 10/15 R - BSGE 123, 35 = SozR 4-2700 § 130 Nr 1, RdNr 14 ff), ist die Beklagte zwar grundsätzlich gehalten, eine Ermessensentscheidung zu treffen,
wenn sie einen von mehreren Gesamtschuldnern iS des §
150 Abs
2 Satz 2
SGB VII, der auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung gilt - vgl insbesondere §
182 Abs
1 SGB VII, der Ausnahmen ausdrücklich nur für die Regelungen aus dem 2. Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Sechsten Kapitels
anordnet - als alleinigen Beitragsschuldner in Anspruch nehmen will (dazu unter aa). Jedoch ist hier von einer Ermessensreduzierung
auf Null auszugehen (dazu unter bb).
aa) Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 11.2.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2014 enthält keine
Ermessensausübung hinsichtlich der Inanspruchnahme gerade des Klägers als Beitragsschuldner. Eine solche Prüfung hätte hier
erfolgen müssen, weil der Beklagten bekannt war, dass es sich um eine aus mehreren Mitgliedern bestehende Jagdpächtergemeinschaft
handelt (BSG Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - BSGE 125, 120 = SozR 4-2700 § 123 Nr 3, RdNr 22). Die Möglichkeit eines Gläubigers, "die Leistung nach ... Belieben von jedem" der (Gesamt-)Schuldner
"ganz oder zu einem Teil" zu "fordern" (vgl §
421 Satz 1
BGB), ist im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung als Teil des öffentlichen Rechts verfassungsrechtlich überformt.
Bei der Auswahl des Gesamtschuldners und der Bestimmung der Quantität ("ganz oder zu einem Teil") ist eine Abwägung der öffentlichen
und privaten Interessen vorzunehmen (BSG Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - BSGE 125, 120 = SozR 4-2700 §
123 Nr
3, RdNr
22). Die gesetzliche Anordnung in §
150 Abs
2 Satz 2
SGB VII, dass Unternehmer und Bevollmächtigte als Gesamtschuldner haften, räumt als allgemeiner, das gesamte Beitragsrecht beherrschender
Grundsatz (vgl Spellbrink in Kasseler Komm, Stand Mai 2020, §
150 SGB VII RdNr 15) der ausführenden Behörde damit Ermessen iS des §
39 SGB I ein. Jeder Gesamtschuldner hat damit ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Unfallversicherungsträgers
(BSG Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 10/15 R - BSGE 123, 35 = SozR 4-2700 § 130 Nr 1, RdNr 17 mwN).
bb) Hinsichtlich der Inanspruchnahme (nur) des Klägers durch die Beklagte ist jedoch von einer Ermessensreduzierung auf Null
auszugehen. Der Kläger ist vor Erlass der angegriffenen Bescheide jahrelang stets nach außen - auch gegenüber der Rechtsvorgängerin
der Beklagten - für die Jagdpächtergemeinschaft aufgetreten, hat sich selbst in Schriftsätzen als deren "Vorsitzender" bezeichnet
und damit zumindest treuhänderische Befugnisse angedeutet. Zudem haben die Angehörigen der Jagdpächtergemeinschaft ihn als
ihren "Obmann" bevollmächtigt, für sie zu handeln und Willenserklärungen entgegenzunehmen. Auch hat er die ausschließlich
an ihn persönlich gerichteten Beitragsbescheide in den Vorjahren nicht angegriffen. Auf dieser Grundlage durfte die Beklagte
davon ausgehen, dass es zwischen ihr und allen Mitpächtern konkludent zu einer informellen Verständigung über die künftige
Heranziehung nur des Klägers für die Gesamtschuld aller Mitpächter gekommen ist (zum informellen Verwaltungshandeln vgl BSG Urteil vom 29.1.2019 - B 2 U 21/17 R - BSGE 127, 203 = SozR 4-2700 § 185 Nr 2, RdNr 13; Bonk in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl 2018, § 54 RdNr 36; Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 19. Aufl 2017, § 15 RdNr 14 ff; Remmert in Ehlers/Pünder, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 15. Aufl 2016, § 37 II). Damit stellt sich die Entscheidung, ihn persönlich in voller Höhe für die von der
Jagdpächtergemeinschaft insgesamt geschuldeten Beiträge in Anspruch zu nehmen, als einzige rechtmäßige Entscheidung dar. Die
Handlungsalternative, sämtliche Mitpächter auf einen entsprechenden Teil des Gesamtbeitrags in Anspruch zu nehmen, wäre angesichts
deren Anzahl und des wechselnden Mitgliederbestandes im Hinblick auf den damit verbundenen Verwaltungsaufwand einerseits und
das durch die übrigen Mitglieder der Jagdpächtergemeinschaft geduldete Auftreten des Klägers für alle andererseits sachlich
nicht hinreichend begründbar (vgl BSG Urteil vom 9.11.2010 - B 2 U 10/10 R - SozR 4-2700 §
76 Nr 2 RdNr 12; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, § 54 RdNr 29; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl 2020, § 40 RdNr 63).
b) Der angefochtene Beitragsbescheid war weder wegen Anhörungsmängeln (§ 42 Satz 2 SGB X) noch aufgrund anderer formeller Mängel (§ 42 Satz 1 SGB X) aufzuheben. Wegen der informellen Verständigung zwischen der Beklagten und den beitragspflichtigen Mitunternehmern über
die Gesamtschuldnerauswahl bedurfte es insoweit keiner Anhörung vor Erlass des Verwaltungsakts. Mit Blick auf die Höhe des
festzusetzenden Beitrags hat die Beklagte die - jedenfalls de lege lata erforderliche - Anhörung (§ 24 Abs 1 SGB X) im Widerspruchsverfahren wirksam gemäß § 41 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 3 SGB X nachgeholt (vgl dazu zuletzt BSG Urteile vom 20.8.2019 - B 2 U 35/17 R - SozR 4-2700 § 121 Nr 2 mwN und insbesondere vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - BSGE 125, 120 = SozR 4-2700 § 123 Nr 3, RdNr 17). Ein möglicher Anhörungsfehler ist dadurch "unbeachtlich" (§ 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X) geworden. Es kann deshalb offenbleiben, inwieweit die Neufassung des §
183 Abs
5 Satz 3
SGB VII durch Art 7 Nr 21a des Siebten Gesetzes zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (7.
SGB IV-ÄndG) vom 12.6.2020 (BGBl I 1248, 1269), die am 1.7.2020 in Kraft treten wird (vgl Art 28 Abs 1 7.
SGB IV-ÄndG), die Verfahrensrechte der Beitragspflichtigen durch den Verzicht auf eine Anhörung in noch zulässiger Weise beschränkt,
und ob in allen Fällen eine ermessensfehlerfreie Gesamtschuldnerauswahl ohne Anhörung möglich ist.
Schließlich war der angefochtene Umlagebescheid auch mit einer ausreichenden Begründung (§ 35 Abs 1 SGB X) versehen, sodass offenbleiben kann, ob ein etwaiger Begründungsmangel die Entscheidung in der Sache iS des § 42 Satz 1 SGB X beeinflusst haben kann. Aus der Begründung muss ersichtlich werden, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung
maßgebend waren. Anzugeben sind grundsätzlich die wesentlichen, dh entscheidungserheblichen Gründe. Dem wird der angefochtene
Bescheid (noch) gerecht, wobei eine jedes Detail aufgreifende Begründung nicht erforderlich ist (Luthe in Schlegel/Voelzke,
jurisPK-SGB X, 2. Aufl 2017, Stand 27.11.2018, § 35 RdNr 13 mwN). Die Berechnung des konkreten Beitrags musste danach nicht in allen Einzelheiten mathematisch vollständig dargelegt
werden. Soweit der Senat hier früher eine strengere Auffassung vertreten haben sollte (vgl BSG Urteil vom 4.11.1981 - 2 RU 60/80 - SozR 2200 § 746 Nr 2), ist zu berücksichtigen, dass die Norm des § 746 Abs 2
RVO nicht in das
SGB VII übernommen wurde (s BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 19).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1, §
183 Satz 1
SGG iVm §
154 Abs
2, §
155 Abs
2 Satz 3
VwGO. Der Kläger führt den Rechtsstreit nicht als kostenrechtlich privilegierter Versicherter iS des §
183 SGG, sodass §
193 SGG keine Anwendung findet. Mit seiner Klage verfolgt er gegenüber der Beklagten keine Rechte als Versicherter der gesetzlichen
Unfallversicherung, sondern wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte von ihm als (Mit-)Unternehmer
iS der §§
2 Abs
1 Nr
5 Buchst a, 123 Abs
1 Nr
5 SGB VII. Auch wenn er selbst als Unternehmer versichert ist, führt er damit diesen Rechtsstreit nicht in der Eigenschaft als Versicherter
(s ausführlich BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 29/17 R - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 32; vgl hierzu zB BSG Beschlüsse vom 3.1.2006 - B 2 U 367/05 B -; vom 14.7.2006 - B 2 U 98/06 B -; vom 5.3.2008 - B 2 U 353/07 B - LSV RdSchr V 32/2008 sowie BSG Urteile vom 17.5.2011 - B 2 U 18/10 R - BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2 und vom 20.8.2019 - B 2 U 35/17 R - SozR 4-2700 § 121 Nr 2).