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BSG, Urteil vom 16.07.2008 - 6 KA 38/07
Regelungen über erweiterte Honorarverteilung in Hessen; Vorlage an das Bundes- bzw Landesverfassungsgericht; Grundlage für satzungsrechtliche Regelung steht mit Bundesrecht im Einklang und ist hinreichend bestimmt; Reaktionspflicht der Kassenärztlichen Vereinigung und des Landes Hessen; Ausgestaltung der normativen Grundlagen
1. Ein Gericht darf nicht von einer Vorlage an das BVerfG bzw LVerfG mit der Begründung absehen, das in Frage stehende Bundes- oder Landesgesetz sei nicht nichtig, sondern nur verfassungswidrig und für einen begrenzten Zeitraum bis zu einer vom Gericht für notwendig gehaltenen Neuregelung noch eingeschränkt anwendbar.
2. Hält ein Gericht die Regelung des § 8 des Gesetzes über die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessens (KVHG) aus dem Jahre 1953 über die "wirtschaftliche Sicherung alter und invalider Kassenärzte" für bundesrechtswidrig, so kommt eine Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG nur an das BVerfG und nicht an den Hessischen Staatsgerichtshof in Betracht. Diesem steht als Prüfungsmaßstab nur das Landes(verfassungs)recht zur Verfügung, während die Wirksamkeit der Regelungen über die Versorgung ehemaliger Vertragsärzte durch eine besondere "erweiterte" Honorarverteilung und die Notwendigkeit ihrer Anpassung an geänderte Verhältnisse sich nach den Maßstäben des § 85 Abs 4 SGB 5 in Verbindung mit Art 4 § 1 Abs 2 des (Bundes)Gesetzes über das Kassenarztrecht aus dem Jahre 1955 beurteilt.
3. § 8 KVHG ist als Grundlage für satzungsrechtliche Regelungen der KÄV Hessen über eine "erweiterte" Honorarverteilung unter Einbeziehung ehemaliger Vertragsärzte hinreichend bestimmt und steht auch ansonsten mit Bundesrecht in Einklang.
4. Das Land Hessen und die KÄV Hessen müssten auf gravierende strukturelle Änderungen der vertragsärztlichen Versorgung und vor allem auf eine erhebliche Reduzierung der über die KÄV zu verteilenden Gesamtvergütungen reagieren, wenn in Folge derartiger Entwicklungen die Versorgung der ehemaligen Vertragsärzte gefährdet würde. Eine derartige Pflicht zum Eingreifen besteht aber bei der hier zu beurteilenden Reduzierung der Versorgung noch nicht.
5. Die KÄV Hessen darf bei der Ausgestaltung der normativen Grundlagen der "erweiterten" Honorarverteilung in Satzungsform berücksichtigen, dass sich seit einigen Jahren steigende Umsätze aus vertragsärztlicher Tätigkeit wegen des starken Anstiegs der Kosten der Praxen nicht notwendig in höheren Überschüssen niederschlagen. Im Interesse einer ausgewogenen Verteilung der Gesamtvergütungen auf die aktiven und die nicht mehr tätigen Vertragsärzte dürfen auch die Versorgungsansprüche ehemaliger Vertragsärzte moderat vermindert werden.
Fundstellen: BSGE 101, 106, NZS 2009, 326
Normenkette:
GG Art. 3 Abs. 1
,
GG Art. 12 Abs. 1
,
GG Art. 14 Abs. 1 S. 2
,
GG Art. 20 Abs. 2
,
GG Art. 20 Abs. 3
,
GG Art. 100 Abs. 1
,
SGB V § 85 Abs. 4
,
KARG Art. 4 § 1 Abs. 2 S. 2
,
KÄV/KZÄVG HE § 8 S. 2
,
Verf HE Art. 133
,
ErwHVGrs HE § 3 Abs. 1
,
ErwHVGrs HE § 3 Abs. 1a
,
ErwHVGrs HE § 3a
,
ErwHVGrs HE § 5 Abs. 3
,
ErwHVGrs HE § 9 Abs. 2
,
ErwHVGrs HE § 8 S. 2
,
ErwHVGrs HE § 10 Abs. 5
Vorinstanzen: LSG Hessen 01.11.2006 L 6/7 KA 66/04 , SG Frankfurt/M. 19.05.2004 S 27 KA 3898/03

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