Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Arbeitslosenhilfe (Alhi) aufgrund eines neuen Antrags der Klägerin über den Zeitraum vom 01.09.2003
bis zum 13.02.2004. Die Beklagte versagte diese mit Bescheid vom 10.09.2003 (anschließendes Klageverfahren mit dem Az.: S
6 AL 526/03/Berufungsverfahren mit dem Az.: L 8 AL 484/05). Vom 14.02.2004 bis zum 31.12.2004 bezahlte die Beklagte Alhi (Bescheid vom 20.03.2006).
Die 1977 geborene Klägerin meldete sich am 01.09.2003 arbeitslos. Bei der Beratung gab sie laut BewA - Vermerk vom 01.09.2003
an, in den letzten eineinhalb Jahren krank gewesen zu sein. Sie habe jedoch kein Krankengeld erhalten. Jetzt fühle sie sich
wieder arbeitsfähig. Krankenkasse und Beklagte seien sich nicht einig, wer zahlen müsse.
Mit Bescheid vom 10.09.2003 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Alhi ab. Ein bestehender Anspruch auf Alhi erlösche, wenn
seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen sei (§ 196 Nr.2
SGB III). Ein Verlängerungstatbestand für die Erlöschensfrist läge nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe in der
Vorfrist von einem Jahr kein Alg bezogen. Verlängerungstatbestände für die Erweiterung der Vorfrist lägen nicht vor. Ein neuer
Anspruch auf Alhi sei nicht entstanden. Der ursprünglich am 09.06.1999 entstandene Anspruch auf Alhi sei erloschen, da seit
dem letzten Tage des Bezugs von Alhi am 12.10.2000 ein Jahr vergangen sei.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) unter dem Az.: S 6 AL 526/03 erhoben und zur Begründung angeführt, im Jahr 2000 zuletzt Alhi bezogen zu haben. Da sich Arbeitsamt und Krankenkasse nicht
einig seien, wer für sie bezahlen müsse, sei eine Lücke entstanden. Diese Lücke müsste aber früher oder später gefüllt werden,
denn es sei nur offen, wer für diesen Zeitraum zuständig sei. Es müsse somit die Zuständigkeit geklärt werden. Somit habe
sie nun auch wieder einen Anspruch auf Alhi. Es könne doch nicht sein, dass die Zuständigkeit auf dem Rücken eines Arbeitslosen
ausgetragen werden könne.
Am 05.07.2005 hat die Beklagte ab 01.09.2003 Arbeitslosengeld (Alg) für den Rest der Anspruchsdauer geleistet, zuvor aber
ab 19.03.2002 den Anspruch nicht weiter erfüllt, weil es an der Meldung gefehlt habe (Säumniszeitbescheid vom 05.07.2005).
Der im Klageverfahren streitige Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sei durch die Zahlung von Alg erfüllt.
Mit Urteil vom 16.11.2005 wies das SG die Klage ab. Der Klägerin fehle es zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Alhi am Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte habe,
nachdem aufgrund des Krankengeldbezuges ein neuer Anspruch auf Alg entstanden war, ordnungsgemäß ab 01.03.2002 Alg bewilligt.
Nachdem die Leistungsbewilligung wegen Meldeversäumnissen aufgehoben worden war, habe sie aufgrund der mit der Antragstellung
auf Alhi am 01.09.2003 erneut erfolgten Arbeitslosmeldung ab 01.09.2003 für die Restanspruchsdauer wiederum Alg bewilligt.
Dieser Anspruch sei am 14.02.2004 erschöpft. Für die Geltendmachung eines weiteren Leistungsanspruchs direkt beim SG fehle es der Klägerin an einem Rechtsschutzbedürfnis. Zunächst habe sie gegenüber der Beklagten den ordnungsgemäß ausgefüllten
Antrag auf Alhi abzugeben, damit diese eine Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Alhi treffen könne.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die sie im weiteren Verlauf nicht begründete.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 16.11.2005 sowie des Bescheides
vom 19.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2003 Arbeitslosenhilfe ab dem 01.09.2003 bis zum 14.02.2004
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Für die Zeit vom 01.09.2003 bis 13.02.2004 bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da die Klägerin für diese Zeit bereits Leistungen
erhalten habe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ist vorhanden, auch wenn sie für den hier streitigen Zeitraum Arbeitslosengeld (Alg)
erhalten hat. Anders als durch eine Klage bzw. Berufung kann die Klägerin ihren behaupten Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi)
nicht durchsetzen, da die Beklagte diesen weiterhin verneint (vgl. §
54 Abs.
1 S. 2
Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Dabei legt der Senat den Antrag der Klägerin dahin gehend aus, dass sie ab 14.02.2004 keine Arbeitslosenhilfe mehr beantragt,
nachdem dieser Anspruch erfüllt worden ist.
Die Ablehnung für die vorangegangenen Zeiträume enthebt aber das SG nicht der Prüfung des Anspruchs auf Alhi dem Grunde nach.
Gegenstand des Verfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.11.2005, mit welchem der Bescheid der Beklagten
vom 19.09.2003/Widerspruchsbescheid vom 26.11.2003 bestätigt worden ist. Dieser Bescheid hat zum Gegenstand die Versagung
von Arbeitslosenhilfe ab dem 01.09.2003 ohne ein Ende zu nennen. Damit hat die Beklagte eine Regelung ohne zeitliche Begrenzung
(ohne Benennung eines Endzeitpunktes) getroffen. Zwar soll nach § 190 Abs. 3 Satz 1
SGB III in der bis zum 31.03.2004 geltenden Fassung die Alhi "jeweils für längstens ein Jahr bewilligt werden" und sind vor einer
erneuten Bewilligung die Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der den Alhi-Anspruch
ablehnende Bescheid der Beklagten nur auf den Zeitraum eines Jahres bezieht und mangels Dauerwirkung nur eine zeitlich eingeschränkte
Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erfordert (vgl. BSG SozR 4100 § 138 Nr. 26 - zur Vorgängervorschrift des § 139a Arbeitsförderungsgesetz). Allgemein betrachtet ist damit nicht nur eine im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ablehnung des Anspruchs auf Alhi
bezogen auf den betreffenden Beginnenszeitpunkt, sondern die gesamte Folgezeit bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
beim LSG Gegenstand des Verfahrens.
Im vorliegenden Falle hat aber die Beklagte über Folgezeiträume weitere eigenständige Entscheidungen getroffen. Mit Bescheid
vom 20.03.2006 bezahlte die Beklagte vom 14.02.2004 bis zum 31.12.2004 Alhi. Damit wurde der hier streitgegenständliche Bescheid
zwar abgeändert. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Streitgegenstand bei Dauerrechtsverhältnissen, wonach §§
153 Abs.
1,
96 SGG entsprechend anzuwenden ist, wenn der neue Verwaltungsakt zwar nicht denselben Streitgegenstand betrifft, er aber im Rahmen
eines Dauerrechtsverhältnisses ergeht und einen weiteren Zeitraum erfasst, bezieht sich auf Fallgestaltungen, in denen Arbeitslosenhilfe
zuerkannt worden ist (sog. Bewilligungsbescheide oder Änderungsbescheide z.B. Folgebescheide über die Höhe der Alhi auf Grund
einer neuen Leistungsentgeltverordnung, vgl. Urteile vom 02.12.1984, Az.:7 RAr 86/83 und 09.12.2004, Az.: B 7 AL 22/04 R). Allerdings konnte die Klägerin weiterhin unter Geltung des Dispositionsgrundsatzes (§
123 SGG) ihr Klagebegehren beschränken. Dies hat sie auch getan, denn gegen den Bewilligungsbescheid auf Alhi hat sie keinen Rechtsbehelf
ergriffen.
Nicht Gegenstand des Verfahrens geworden sind die Bescheide vom 05.07.2005 über Alg. Sie beziehen sich auf einen neuen Antrag,
eine andere Leistungsart und einen neuen Anspruchszeitraum, welcher zudem durch einen neuen Lebenssachverhalt, den Erwerb
einer neuen Anwartschaft auf Alg geprägt ist. Der Bewilligungsbescheid vom 05.07.2005 bezeichnet einen Beginn der Leistung
am 01.03.2002 (Zahlbetrag 118,44 Euro) sowie eine Bezugsdauer von 240 Tagen. Mit gleichem Datum erging ein Aufhebungsbescheid
ab 19.03.2002 wegen Meldeversäumnisses, Eintritt einer Säumniszeit (Rechtsstreit beim Sozialgericht Landshut S 6 AL 526/03). Ein weiterer Bewilligungsbescheid nimmt die Zahlung ab 01.09.2003 für 166 Tage wieder auf. Letzteren hat die Klägerin selbst
verständlich auch nicht angefochten. Die genannten Bescheide regeln in keinster Weise einen Anspruch auf Alhi, etwa in dem
Sinne, dass sie deren Ablehnung wiederholen.
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
Ein Anspruch der Klägerin auf Alhi ab 01.09.2003 besteht nicht.
Gemäß § 198
SGB III (Grundsatz) sind die Vorschriften über das Arbeitslosengeld insbesondere hinsichtlich der wesentlichen Anspruchselemente
und Leistungsumstände entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Arbeitslosenhilfe nicht entgegenstehen. Darüber
hinaus besteht das Erfordernis einer Anknüpfung an versicherungsrechtliche Voraussetzungen. So haben gemäß § 190 Abs. 1
SGB III Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi haben, die arbeitslos sind (Nr. 1.), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben Nr. 2.),
einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr.3.), in der Vorfrist Alg bezogen
haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (Nr.4.)
und bedürftig sind (Nr.5.).
Hier hat die Klägerin einen Anspruch auf Alg erworben. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Erfüllung dieses Anspruchs
ab 19.03.2002 nicht mehr erfolgt. Jedenfalls ab 01.09.2003, dem hier maßgeblichen Zeitpunkt wurde dieser Anspruch auf Alg
erfüllt.
In dieser Sache konnten Missbrauchsgebühren (§
192 Abs.
1 Nr.
2 SGG) wegen Weiterführung des Berufungsverfahrens letztlich nur deswegen nicht verhängt werden, weil der Klägerbevollmächtigte
entgegen ordentlicher Gepflogenheiten im Rechtswesen nicht zur mündlicher Verhandlung erschienen ist. Deswegen konnte ihm
die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels nicht deutlich vor Augen geführt werden.
Für die Zeit ab dem 01.03.2002 und damit auch ab dem 19.03.2002 ist insgesamt mit Erfüllung der Anwartschaftszeit und dem
Erwerb eines Anspruchs auf Alg ein Anspruch auf Alhi erloschen (vgl. § 196
SGB III). Der Anspruch auf Alhi erlischt, wenn 1. der Arbeitslose durch Erfüllung der Anwartschaftszeit einen Anspruch auf Alg erwirbt,
2. seit dem letzten Tag des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen ist. Beide Tatbestände liegen bei der Klägerin vor. Sie hat
dem Grunde nach ab dem 01.03.2002 einen Anspruch auf Alg erworben und zuletzt bis zum 16.11.2000 - demnach über ein Jahr zuvor
- Alhi bezogen.
Die Berufung ist damit unbegründet.
Kosten sind nicht zu erstatten (§
193 SGG).
Die Revision ist nicht zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG).