Anspruch auf Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie; sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
bei der Zurechnung einer Falschberatung durch eine Privatfirma
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Beihilfe zu Fahrtkosten nach Art. 56 § 2 b des Montanunionvertrages
(MUV).
Die Klägerin war bei der N. Stahlwerke GmbH i. K. (N.) bis zum 22. Juli 2002 beschäftigt. Anschließend übte sie eine Tätigkeit
bei der P. GmbH (P.) aus. Am 1. Juli 2004 nahm die Klägerin eine Beschäftigung bei der Gemeinde in P. auf.
Am 12. Juli 2004 stellte sie bei der Beklagten im Hinblick auf die seit dem 1. Juli 2004 begonnene Tätigkeit bei der Gemeinde
P. Antrag auf Beihilfe zu ihren Fahrtkosten.
Mit Bescheid vom 6. September 2004 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil die persönlichen Voraussetzungen für den Anspruch
auf Beihilfe zu den Fahrtkosten nicht vorlägen. Dem "Wiederbeschäftigten" könne bis zum Ablauf von 12 Monaten seit der Arbeitsaufnahme
eine Beihilfe zu den Kosten gewährt werden, die durch die tägliche Fahrt zwischen der Wohnung und der neuen Arbeitsstätte
entstehen. "Wiederbeschäftigter" in diesem Sinne sei ein Entlassener, der innerhalb von 12 Monaten seit der Entlassung eine
mehr als geringfügige Beschäftigung aufnehme. Da der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses bei der N. der 22. Juli 2002
gewesen sei, könnten Beihilfen zu den Fahrtkosten nur gewährt werden, wenn die neue Beschäftigung bis zum 22. Juli 2003 aufgenommen
werde. Da der Tag der Arbeitsaufnahme bei dem neuen Arbeitgeber allerdings der 1. Juli 2004 gewesen sei, könne ein Anspruch
nicht begründet werden.
Mit ihrem Widerspruch vom 22. September 2004 machte die Klägerin geltend, die P. habe sie informiert, bei Beschäftigungsbeginn
bis 22. Juli 2004 sei mit der Beklagten ein Anspruch auf Beihilfe für 12 Monate vereinbart worden. Die anderen Kollegen hätten
anscheinend nach dieser Vereinbarung entsprechende Leistungen erhalten. Daher sei die Gewährung der Fahrtkostenbeihilfe auch
bei ihr veranlasst, da die Arbeitsaufnahme zum 1. Juli 2004 erfolgt sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004 wies
die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies auf die inhaltlichen Ausführungen aus dem angefochtenen Ausgangsbescheid.
Mit der dagegen zum Sozialgericht Regensburg (SG) am 28. November 2004 erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, selbst wenn man die Rechtsauslegung der Beklagten hinsichtlich
der geltenden Fristen bzw. Zeiträume als richtig unterstelle, sei sie aufgrund des Verhaltens und Tätigwerdens der Firma P.
gebunden. Diese Firma habe sich als Vertreterin der Beklagten betätigt. Sie habe über die Höhe der Ansprüche informiert, sei
bei der Ausfüllung der Anträge behilflich gewesen. Zudem hätten Informationsveranstaltungen stattgefunden. Auch habe die Firma
der Klägerin den Arbeitsplatz bei der Gemeinde P. vermittelt. Sie habe daher für die Bundesagentur für Arbeit gehandelt. Dies
gelte insbesondere für die Mitteilung, es habe eine Verlängerung stattgefunden, nach der sowohl Lohn- und Gehaltsbeihilfe
als auch Beihilfe zu den Fahrtkosten in jedem Fall bis 22. Juli 2005 in Betracht kämen. Die Beklagte sei aufgrund des ihr
zurechenbaren Handelns in Form von Aufklärung, Beratung und Auskunft durch die Firma P. gehalten, diese Zusagen einzuhalten
und die entsprechenden Leistungen an die Klägerin zu zahlen. Jedenfalls stehe der Klägerin ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch
bzw. ein Erstattungsanspruch in Form eines Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beklagten zu.
Der zwischen der Klägerin, dem Konkursverwalter der N. und der Firma P. geschlossene dreiseitige Vertrag vom 15. Juli 2002
enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 1 Ziff. 1.1: Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren die Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses aus den im Interessenausgleich
und im Sozialplan vom 15. Juli 2002 genannten betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 22. Juli 2002.
§ 1 Ziff. 1.2: Der Arbeitnehmer erklärt, dass er aufgrund dieser einvernehmlichen Beendigung auf das Führen von Bestandsstreitigkeiten
gegen seinen Arbeitgeber (ausgenommen § 2 Ziff. 2.4 dieses Vertrages) verzichtet.
§ 1 Ziff. 1.4: Mit Abschluss dieses Vertrages sind nach Auszahlung der Vergütung bis 22. Juli 2002, des Resturlaubs 2002 und
der Zeitguthaben aus den Arbeitszeitkonten alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erloschen.
§ 2 Ziff. 2.1: Arbeitnehmer und P. vereinbaren den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 23. Juli
2002 bis zum 30. Juni 2004.
§ 2 Ziff. 2.3: Geschäftsgrundlage für das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und der P. ist die Gewährung von Strukturkurzarbeitergeld
durch die Arbeitsverwaltung.
§ 5 Ziff. 5.1: Mit Unterschrift unter diesen Vertrag erklärt der Arbeitnehmer ausdrücklich sein Einverständnis mit der Kurzarbeit/Kurzarbeit
Null (0 Stunden Arbeit). Im Rahmen der Kurzarbeit hat er sich beim zuständigen Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden und an
angebotenen Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, die von Seiten des Arbeitsamtes oder der P. vorgeschlagen werden,
teilzunehmen.
Das Informationsblatt der Firma P. Nr. 2 hatte unter Ziffer 7. folgenden Inhalt:
7. MUV-Leistungen:
Wenn Sie aus der P. in ein neues Arbeitsverhältnis ausscheiden oder Ihren Arbeitsvertrag ruhend stellen, und Ihr in dem neuen
Arbeitsverhältnis erzielter bzw. vereinbarter Lohn oder Ihr Gehalt unter Ihrem bisherigen Einkommen bei der N. liegen, haben
Sie Anspruch auf MUV-Mittel als Ausgleichsleistungen.
Die Höhe der Ausgleichsleistungen durch MUV kann 50% der Differenz zwischen Ihrem alten und dem neuen Einkommen betragen,
maximal jedoch 409,00 EUR pro Monat. Der Anspruch ist auf 12 Monate innerhalb eines Zeitraumes von 24 Monaten nach dem Ausscheiden
aus der N. befristet. Während dieser Befristung können Sie darüber hinaus 51 EUR Fahrtkostenzuschuss (bei PKW-Nutzung) oder
Fahrgeld nach Beleg bei Nutzung des ÖPNV (maximal jedoch ebenfalls 51 EUR) oder eine einmalige Umzugsbeihilfe von 1.023 EUR
beantragen.
Vertiefte Informationen über MUV können Sie aus dem Informationsblatt 13 (Anpassungsbeihilfen für Arbeitnehmer des Steinkohlen-
und Braunkohlenbergbaus sowie der Eisen- und Stahlindustrie) für Arbeitnehmer des Arbeitsamtes entnehmen.
Die Formulare für die Beantragung der MUV-Leistungen beim Arbeitsamt liegen in der Geschäftsstelle der P. im Schlößl vor.
Die Mitarbeiter dort sind Ihnen beim Ausfüllen des Antrages behilflich. Die P. leitet die Anträge dann an das Arbeitsamt weiter.
Das Informationsblatt Nr. 3 hatte unter Ziffer 4 folgenden Inhalt:
Das örtliche Arbeitsamt hat uns gebeten, Sie anzuhalten in allen Fragen bezüglich Abfindung, MUV, Arbeitslosengeldbezug und
dessen Berechnungsgrundlage, sowie Qualifizierung und die hierfür notwendige Mittelverfügbarkeit, sich vorrangig an uns (Geschäftsstelle
SuRo, Projektleitung oder Verwaltung) zu wenden. Wir sind uns sicher, die meisten Ihrer Fragen kompetent beantworten zu können.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. Juli 2006 abgewiesen. Ein Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten stehe der Klägerin nicht
zu. Sie habe nicht innerhalb von 12 Monaten seit der Entlassung bei der N. eine mehr als geringfügige Beschäftigung aufgenommen.
Beschäftigungsende bei der N. sei der 22. Juli 2002 gewesen, eine neue Beschäftigung habe die Klägerin erst am 1. Juli 2004
aufgenommen. Eine Zurechnung einer möglicherweise fehlerhaften Beratung zu Lasten der Beklagten könne nicht angenommen werden.
Mit der dagegen eingelegten Berufung vom 25. August 2006 macht die Klägerin geltend, die Tätigkeit bei der Firma P. sei nichts
anderes, als die Fortsetzung der ursprünglichen Tätigkeit bei der in Insolvenz gefallenen M ... Zudem sei die Firma mit Wirkung
für und gegen die Beklagte tätig geworden. Eine falsche Beratung sei der Beklagten zuzurechnen. Sie habe auf die Belehrungen
und Aufklärungen durch die Firma P. vertraut. Die Tätigkeit bei der Gemeinde P. ab dem 1. Juli 2004 sei von der Anzahl der
Arbeitsstunden her und infolgedessen auch vom Gehalt her gesehen niedriger gewesen als bei der Firma P ... Zudem hätte sich
die Klägerin arbeitslos melden können und hätte ein höheres Arbeitslosengeld bekommen.
Dem hält die Beklagte entgegen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der N. habe laut Vertrag am 22. Juli 2002 geendet.
Damit sei die Klägerin "Entlassene". Ein "Wiederbeschäftigter" sei ein Entlassener, der innerhalb von 12 Monaten seit der
Entlassung eine mehr als geringfügige Beschäftigung aufnehme. Eine solche habe die Klägerin aber erst am 1. Juli 2004 aufgenommen
und damit ungefähr 23 Monate nach ihrer Entlassung. Soweit die Klägerin vortrage, bei einer Informationsveranstaltung am 26.
Februar 2004 sei den ehemaligen Mitarbeitern der N. und auch der Klägerin selbst mitgeteilt worden, dass aufgrund einer Erweiterung
der entsprechenden Vorschriften bzw. einer zusätzlichen Vereinbarung der Zeitraum bis einschließlich 22. Juli 2005 verlängert
werden solle, sei zu beachten, dass dies von der Klägerin bisher nicht belegt sei. Die Informationen durch die Firma P. seien
korrekt erfolgt. Zudem sei diese Firma nicht die verlängerte Hand der Arbeitsverwaltung gewesen. Auch gehe aus dem dreiseitigen
Vertrag vom 15. Juli 2002 hervor, dass bei der Firma P. der Beschäftigungsanspruch der Klägerin entfallen sei und die Geschäftsgrundlage
die Gewährung von Strukturkurzarbeitergeld durch die Beklagte war.
Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber wegen Falschberatung hat die Klägerin weder vor dem Arbeitsgericht noch
vor dem Zivilgericht geltend gemacht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 13. Juli 2006 sowie den Bescheid vom 6. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid
vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Fahrtkostenbeihilfe gemäß Antrag vom 12. Juli
2004 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist nicht begründet.
Gegenstand der Berufung ist der Bescheid vom 6. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2004
mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Juli 2004 Fahrtkostenbeihilfe zu zahlen.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Fahrtkostenbeihilfe nach Nummer 6.1 der Richtlinie über die
Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von Maßnahmen im Sinne des Artikels 56 § 2 Buchstabe
b des Montanunionsvertrages in der Fassung der Änderungsrichtlinie vom 1. Februar 2002 betroffen werden noch aufgrund eines
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Nach Artikel 56 § 2 b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EKGS) vom 18. April
1951 der Fassung der Änderung vom 26. Januar 1960 (Bundesgesetzblatt II Seite 1573) kann die Hohe Behörde eine nicht rückzahlungspflichtige Beihilfe bewilligen, wenn in den Absatzbedingungen der Kohle oder
Stahlindustrie grundlegende Änderungen eintreten, die nicht unmittelbar auf die Einrichtung des gemeinsamen Marktes zurückzuführen
sind, die aber einzelne Unternehmen zwingen, ihre Tätigkeit endgültig einzustellen, einzuschränken oder zu ändern um beizutragen
unter anderem zur Zahlung von Entschädigungen die es den Arbeitnehmern ermöglichen, ihre Wiederbeschäftigung abzuwarten aber
auch zu Gewährung von Beihilfen an die Arbeitnehmer für die Kosten zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes. Diese Voraussetzungen
waren offensichtlich bei der Insolvenz der N. gegeben.
Nach Ziffer 1 der Richtlinie über die Gewährung von Beihilfen für Arbeitnehmer der Eisen- und Stahlindustrie, die von Maßnahmen
im Sinne des Artikels 56 § 2 Buchstabe b des Montanunionsvertrages betroffen werden in der Fassung der Änderungsrichtlinie
vom 1. Februar 2002 (BAnz. Nr. 29, Seite 2501) gilt: Treten in den Absatzbedingungen der Eisen- und Stahlindustrie grundlegende
Änderungen ein, die nicht unmittelbar auf die Errichtung des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl zurückzuführen sind,
die aber einzelne Unternehmen zwingen, endgültig ihre Tätigkeit einzustellen, einzuschränken oder zu ändern (Artikel 56 §
2 b des Montanunionvertrages), so können für die davon betroffenen entlassenen oder versetzten Arbeitnehmer Beihilfen nach
Maßgabe dieser Richtlinie gewährt werden.
Nach Ziffer 6.1 Satz 1 RLEuS können dem Wiederbeschäftigten sowie dem Versetzten bis zum Ablauf von 12 Monaten seit der Arbeitsaufnahme
eine Beihilfe zu den Kosten gewährt werden, die durch die tägliche Fahrt zwischen der Wohnung und der neuen Arbeitsstätte
entstehen. Nach S. 2 umfasst die Beihilfe die vollen täglichen Fahrkosten, höchstens 51 EUR monatlich.
Nach der Legaldefinition der Nummer 2.1.5 der RLEuS ist "Wiederbeschäftigter" ein Entlassener, der innerhalb von 12 Monaten
seit der Entlassung eine mehr als geringfügige Beschäftigung (§
8 SGB IV) aufnimmt.
Nach der Legaldefinition der Nummer 2.1.4 Satz 1RLEuS ist "Entlassener" ein Arbeitnehmer, dessen Beschäftigungsverhältnis
mit dem Unternehmen bis zum Ablauf des 12. Monats seit Beginn der Stilllegungsmaßnahme beendet worden ist.
Nach Satz 4 der Nummer 2.1.4 RLEuS gilt der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis mit einem EGKS - Unternehmen während der
Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen weiterhin bestehen bleibt, erst nach Ablauf der Maßnahme als Entlassener.
Im vorliegenden Fall war die Klägerin Entlassene, da ihr Arbeitsverhältnis mit der N. zum 23. Juli 2002 beendet worden ist.
Das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P. wurde durch den so genannten dreiseitigen Vertrag vom 15. Juli 2002 geregelt.
Mit diesem Vertrag sind alle Ansprüche aus dem Vertrag der Klägerin mit der N. erloschen (vergleiche § 1 Ziffer 1.4 Satz 1).
Zudem wurde unter § 5 Ziffer 5.1 durch die Klägerin ihr Einverständnis mit Kurzarbeit (Kurzarbeit Null/Null Stunden Arbeit)
erklärt.
Die Klägerin kann daher nicht als wiederbeschäftigte Entlassene angesehen werden, weil ihr Beschäftigungsverhältnis mit einem
Unternehmen der europäischen Kohle- und Stahlindustrie am 22. Juli 2002 endete und sie eine Wiederbeschäftigung erst am 1.
Juli 2004 aufgenommen hat. Die Firma P. selbst war nach dem handelsregisterlich eingetragenen und tatsächlich praktiziertem
Geschäftsgegenstand kein Unternehmen der Europäischen Kohle- und Stahlindustrie, weil sie sich mit der Qualifizierung, Aus-,
Fort- und Weiterbildung von Personen im Strukturwandel befasst hat.
Auch die Fiktion des Satz 4 der Nummer 2.1.4 RLEuS findet vorliegend keine Anwendung, denn zum einen hat die Klägerin bei
der Firma P. keine Qualifizierungsmaßnahmen durchlaufen und zum anderen handelt es sich bei der Firma P. eben nicht um ein
Arbeitsverhältnis mit einem EGKS - Unternehmen, also einem Unternehmen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl.
Bei der Klägerin kommt auch die Zahlung einer Fahrtkostenbeihilfe aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht
in Betracht.
Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln
entwickelte Rechtsinstitut tritt - iS des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Leistungsträger durch
Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und
Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges
Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (stRspr vgl BSG Urteil vom 5. April 2000 - B 5 RJ 50/98 R - SozR 3-1200 § 14 Nr 29, S 95 mwN; BSG Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R - veröffentlicht in JURIS).
Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch von der Rechtsprechung des BSG bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt
sind:
(1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen
muss,
(2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten,
(3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und
(4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (stRspr - vgl mwN BSG Urteile
vom 26. Januar 2000 - B 13 RJ 37/98 R - SozR 3-5910 § 91a Nr 7, S 37, vom 15. August 2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3-3100 § 60 Nr 3, S 6 und vom 1. April 2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 jeweils RdNr 31).
Es liegt keine Pflichtverletzung der Beklagten also der Bundesagentur für Arbeit vor, die sie selbst durch einen Mitarbeiter
begangen hätte oder die ihr zuzurechnen wäre.
Von der Klägerin wird vorgetragen, am 26.02.04 habe eine Informationsveranstaltung in A-Stadt stattgefunden, zu der am 17.02.04
schriftlich geladen worden sei. An dieser Informationsveranstaltung, die auch u. a. die Beratung von ausscheidenden Mitarbeitern
hinsichtlich des Erhaltes von Beihilfen zum Gegenstand hatte, hätten nicht nur Vertreter der P., sondern auch Vertreter des
Arbeitsamtes S., des Sozialamtes B-Stadt, der IG-Metall B-Stadt und Mitarbeiter der P., so auch die Klägerin, teilgenommen.
Im Rahmen dieser Informationsveranstaltung sei unter Hinweis auf die bislang erfolgten Informationen sowohl mündlich als auch
schriftlich gegenüber den Arbeitnehmern, d. h. auch gegenüber der Klägerin, nochmals festgehalten worden, dass diese Übergangsbeihilfen
grundsätzlich für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Beendigung der Tätigkeit bei der N., d. h. grundsätzlich bis 22.07.04
gewährt hätten werden sollen, wobei jedoch aufgrund einer Erweiterung der entsprechenden Vorschriften bzw. einer zusätzlichen
Vereinbarung dieser Zeitraum verlängert werden solle bis einschließlich 22.07.05, also eine zusätzliche Verlängerung von einem
Jahr anstelle von ursprünglich zwei Jahren, somit drei Jahre, eintreten solle. Konkretisiert worden sei dieser Hinweis dahingehend,
dass derjenige Mitarbeiter, der bis 22.07.04, also bis an sich zum ursprünglichen Ende der Förderung, seinen entsprechenden
Förderungsantrag einreichen werde, in den Genuß dieser Förderung/Beihilfe käme bis einschließlich 22.07.05.
Selbst wenn man dies als richtig unterstellt, sieht der Senat in diesem Sachverhalt keine Pflichtverletzung. Hinsichtlich
der Dauer der Förderung wurde - wie vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragen - nur dahingehend aufgeklärt, dass
eine Verlängerung des Förderungszeitraums bis zum 22. 7. 2005 erfolgen solle. Eine Verlängerung durch eine Erweiterung der
entsprechenden Vorschriften oder durch eine zusätzliche Vereinbarung ist jedoch nicht erfolgt.
Zudem hat die Firma P. in den von ihr herausgegebenen Formblättern die Rechtslage nicht falsch sondern richtig dargestellt.
Selbst wenn man von einem Beratungsfehler durch die Firma P. ausgehen sollte, wäre ein Beratungsfehler durch Mitarbeiter der
Firma P. der Beklagten nicht zuzurechnen. Das Bundessozialgericht hat wiederholt entschieden, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
infolge unterbliebener oder unvollständiger Beratung auch dann gegeben sein kann, wenn die Pflichtverletzung als tatsächlicher
Vorgang in dem Verhalten einer nicht mit dem Beklagten Sozialleistungsträger identischen anderen Stelle oder Person ("Dritten")
bestand, sofern dieses Verhalten dem Sozialleistungsträger als eigene Verletzung rechtlich zuzurechnen ist (vergleiche z.B.
BSG, Urteil vom 29. Oktober 1991 Az.: 13/5 RJ 38/89 zitiert nach juris). Bejaht wurde die Möglichkeit der Zurechnung dann, wenn der Sozialleistungsträger seinem gesetzlichen
Auftrag zur Beratung durch eine in den Ablauf eingeschaltete andere Person oder Behörde erfüllte, so zum Beispiel ein Versicherungsamt
(BSG aaO.). Eine Zurechnung setzt jedoch voraus, dass der betreffende Leistungsträger ebenfalls arbeitsteilig beziehungsweise
funktionell in den Ablauf beziehungsweise in die Wahrnehmung der Aufgaben des zuständigen Leistungsträgers eingebunden ist
(BSG Urteil vom 15. August 2000,Az.: B 9 VG 1/99 R zitiert nach juris).
Die Firma P. war weder arbeitsteilig noch funktionell in den Ablauf und die Wahrnehmung der Aufgaben der Bundesagentur für
Arbeit eingebunden. Die Gesellschaft hatte nach § 2 ihrer Satzung den Zweck der Qualifizierung, Ausbildung, Fortbildung und
Weiterbildung von Personen im Strukturwandel, von Personen, die von ihren ehemaligen Arbeitgebern freigesetzt wurden und/oder
Unterstruktur Kurzarbeitergeld laufen. Zwar hat die Gesellschaft tatsächlich ihre Arbeitnehmer beraten, diese Beratungstätigkeit
kann aber nicht der Beklagten zugerechnet werden. Und die Beklagte hat möglicherweise, wie in der Information Nr. 3 angeführt,
die Firma P. gebeten, die Arbeitnehmer anzuhalten, sich vorrangig an die Firma P. zu wenden. Alleine aus der Formulierung:
"wir sind uns sicher, die meisten ihrer Fragen kompetent beantworten zu können" wird klar, dass eine letztgültige Beratung
und verbindliche Beratung nur durch das örtliche Arbeitsamt erfolgen konnte. Die Firma P. hat nicht für sich in Anspruch genommen,
alle Fragen kompetent beantworten zu können.
Selbst wenn man die übrigen Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unterstellen sollte, scheitert ein
Anspruch der Klägerin auf Fahrtkostenbeihilfe auch daran, dass eine Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die
Pflichtverletzung eingetreten wäre, nicht in Betracht kommt. Es gibt keine Rechtsgrundlage, die einen Anspruch der Klägerin
auf Fahrtkostenbeihilfe bis zum 22. Juli 2005 begründen könnte. Das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 22. Juli 2002 beendet.
Eine Änderung der Regelungen über die Gewährung von Fahrtkostenbeihilfe aber auch Lohn- und Gehaltsbeihilfe ist nicht vorgenommen
worden.
Auch die Voraussetzungen einer Zusicherung nach § 34 Sozialgesetzbuch X (SGB X) liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt
später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Im vorliegenden Fall hat
die Beklagte keine Zusage erteilt, der Klägerin Fahrkostenbeihilfe zu zahlen auch nicht schriftlich. Zudem ist in keinem Informationsblatt
der Beklagten oder in einem der Informationsblätter der Firma P. die Rechtslage unrichtig dargestellt worden.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in §
160 Abs.
2 Ziffer 1 und 2
SGG genannten Gründe vorliegt. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung, noch weicht die Entscheidung des Senats
von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
ab.