Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft- und Heizkosten; Erforderlichkeit eines Umzugs
Gründe:
I. Die Antragstellerinnen begehren im Verfahren des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes, die Antragsgegnerin im Wege
der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die angemessenen Kosten für die neue Wohnung vollständig zu übernehmen, die Genossenschaftsanteile
darlehensweise zu übernehmen sowie den Umzug als notwendig anzuerkennen und die notwendigen Umzugskosten zu tragen. Ferner
begehrt sie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Die 1974 geborene Antragstellerin zu 1. zog zusammen mit ihrer im Jahr 2005 geborenen Tochter, der Antragstellerin zu 2.,
Mitte Mai 2008 nach D ... Sie stehen seit 1. Juni 2008 im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Die Antragstellerinnen bewohnen
seither eine ca. 53 m² große 3-Zimmer-Wohnung. Der monatliche Mietzins beträgt 315,00 EUR, die Vorauszahlung auf die Betriebskosten
45,00 EUR und die Vorauszahlung auf Heiz- und Warmwasserkosten 75,00 EUR. Hiervon übernahm die Antragsgegnerin 411,60 EUR.
Die Antragstellerin zu 1. nahm Mitte August 2008 eine selbständige Tätigkeit im Nebenerwerb auf und meldete dies am 30. Dezember
2008 gewerberechtlich an. Als Geschäftstätigkeit gab sie "Firmen-Service-Marketing, Durchführung von Werbemaßnahmen, Multimedia-Produktion"
an. Eine Kopie der Gewerbeanmeldung reichte sie am 23. Februar 2009 mit dem Fortzahlungsantrag ein. Die Antragstellerin zu
1. gab im Rahmen des Weiterbewilligungsverfahrens ferner an, dass sie am 10. Oktober 2008 bei der Agentur für Arbeit D. einen
Gründungszuschuss für die Zeit ab voraussichtlich März 2009 beantragt habe. Die Mietwohnung werde auch für die selbständige
Tätigkeit genutzt. Der PC-Platz und das Telefon befinde sich im Wohnzimmer. Mit Änderungsmitteilung vom 14. Juli 2009 teilte
die Antragstellerin zu 1. mit, dass sie ab 16. Juli 2009 die Tätigkeit einer selbständigen Medienberaterin mit einer wöchentlichen
Arbeitszeit von 35 Stunden aufnehme. Am 3. September 2009 teilte sie unter anderem mit, dass sie bei der Agentur für Arbeit
Einstiegsgeld für die Zeit ab 16. Juli 2009 beantragt habe.
Am 15. September 2009 beantragte die Antragstellerin zu 1. die "Genehmigung eines erforderlichen Umzugs und Umzugskostenbeihilfe".
Zur Begründung führte sie aus, dass auf Grund nachbarlicher Störungen durch die unmittelbar unter ihr wohnenden Bewohner in
dem Haus mit Straftatbeständen und mehrfachen persönlichen Gewaltandrohungen ein Leben in der derzeitigen Wohnung mit einem
Kind von 4 Jahren sozial und gesundheitlich, insbesondere psychisch, nicht mehr möglich sei. Diese Störungen und unzumutbaren
Zustände hätten bereits drei Wochen nach dem Einzug begonnen. Unter Benennung von Aktenzeichen verwies sie auf Anzeigen bei
der Polizei vom 19. Juni 2008 (wegen Lärm), vom 20. Juni 2008 (wegen Sachbeschädigung), vom 20. Juni 2008 (wegen Beleidigung),
vom 29. Mai 2009 (wegen Beleidigung) und vom 30. Mai 2009 (wegen Lärm). Sie wies außerdem darauf hin, dass die Nachbarn hinter
dem Haus einen Garten in einer Kleingartenanlage besitzen würden. Die Antragstellerin zu 1. bat zu beachten, dass sie wegen
ihrer freiberuflichen Tätigkeit (Homeoffice für Multimediaproduktion) ein separates, abschließbares Arbeitszimmer in der Wohnung
benötige. Dies stelle eine monatliche Kosteneinsparung in Höhe von ca. 250 bis 300 EUR für ein externes kleines Büro dar.
Dem Antrag war eine undatierte Wohnungsinformation der Wohnungsgenossenschaft C. eG über eine 4-Raum-Wohnung mit einer Wohnfläche
von 73,34 m² beigefügt. Danach beträgt die monatliche Nutzungsgebühr (kalt) 285,00 EUR. Die Betriebskosten betragen 80,00
EUR und die Heizkosten 75,00 EUR monatlich. Ferner sind für den Beitritt ein Betrag in Höhe von 60,00 EUR und 13 Anteile in
Höhe von insgesamt 2.080,00 EUR zu zahlen.
Mit Schreiben vom 17. September 2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1. mit, dass die Aufwendungen für diese
Wohnung für einen 2-Personen-Haushalt im Rahmen des § 22 Abs. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende
- (SGB II) unangemessen seien. In einem Klammerzusatz heißt es, dass Genossenschaftsanteile nicht übernommen werden könnten.
Die Antragsgegnerin hielt zudem den Umzug nicht für notwendig, weil die Antragstellerin zu 1. nur aus persönlichen Gründen
mit ihren Nachbarn ausziehen möchte. Ein separates Arbeitszimmer werde bei einer Angemessenheitsprüfung für einen 2-Personen-Haushalt
nicht mit berücksichtigt.
Die Antragstellerbevollmächtigte legte hiergegen am 25. September 2009 Widerspruch ein.
Die Antragstellerbevollmächtigte hat ferner am 29. September 2009 Namens der Antragstellerin zu 1. Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung gestellt. Sie hat begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
die angemessenen Kosten für die neue Wohnung vollständig zu übernehmen, die Genossenschaftsanteile darlehensweise zu übernehmen
sowie den Umzug als notwendig anzuerkennen und die notwendigen Umzugskosten zu tragen. Ergänzend zu dem Vortrag im Verwaltungsverfahren
hat sie unter anderem vorgetragen, dass die Genossenschaftsanteile im Rahmen des § 22 Abs. 3 SGB II zu übernehmen seien. Diese
Vorschrift sehe auch keine Beschränkung hinsichtlich der Höhe der zu übernehmenden Kaution vor. Die Vorschrift des §
551 des Bürgerlichen Gesetzbuches (
BGB) über Mietsicherheiten sei nicht auf Genossenschaftswohnungen anzuwenden. Schließlich hat sie mitgeteilt, dass der Antragstellerin
zu 1. die derzeitige Wohnung wegen Mietstückstandes in Höhe von 1.152,60 EUR mit Schreiben vom 11. September 2009 fristlos
gekündigt worden sei.
Die Antragsgegnerin hat ihre Rechtsauffassung aus dem Schreiben vom 15. September 2009 vertieft dargestellt und die Auffassung
vertreten, dass die Antragstellerin zu 1. weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund nachgewiesen habe.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2009 den Antrag abgelehnt. Weder sei ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund
glaubhaft gemacht worden. In Bezug auf den Anordnungsgrund hat es ausgeführt, dass der Umzug nicht erforderlich sei. Die Erforderlichkeit
ergebe sich nicht bereits aus der Kündigung des Mietverhältnisses, weil das Räumungsverlangen gegebenenfalls gemäß §
569 Abs.
3 Nr.
2 BGB zu Fall gebracht werden könne. Ein etwaiges Mietschuldendarlehen gemäß §
22 Abs. 5 SGB II sei nicht beantragt. Die Erforderlichkeit könne auch nicht auf Grund der geschilderten nachbarlichen Störungen
angenommen werden, weil diese nicht glaubhaft gemacht worden seien. Es sei auch nicht zu verkennen, dass die Strafanzeigen
vor geraumer Zeit gestellt worden seien, dass seither keine neuen Umstände mitgeteilt worden seien, die ein Verbleib in der
bisherigen Wohnung unzumutbar machen würden, und dass die Antragstellerin zu 1. mietvertragliche Rechte in Anspruch genommen
hätte, um die Störungen zu beenden. Letzteres hätte aber ein Mieter getan, der für seine Wohnung und die mit einem Wohnungswechsel
anfallenden Kosten selbst aufkommen müsse. Die Erforderlichkeit folge auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin die Unterkunftskosten
für die derzeitige Wohnung nicht in vollem Umfang übernehme. Neben der fehlenden Erforderlichkeit des Umzuges seien auch die
Aufwendungen für die neue Wohnung nicht angemessen, weil sie die Kostenobergrenzen nach den Beschlüssen des kommunalen Trägers
überschritten. Es sei nicht vorgetragen worden, dass anderer Wohnraum innerhalb der Kostenobergrenze nicht zu erlangen gewesen
sei. Es würden sich deshalb Ausführungen zur Angemessenheit der Aufwendungen für die anzumietende Unterkunft im Übrigen, insbesondere
zur Höhe der Genossenschaftsanteile, erübrigen. Ein Anspruch auf Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten sei ebenfalls nicht
glaubhaft gemacht. Die Zusicherung zur Übernahme dieser Kosten sei unter anderem zu erteilen, wenn der Umzug notwendig sei.
An der Notwendigkeit fehle es aber, wenn der Umzug in eine kostenunangemessene Unterkunft erfolgen solle.
Die Antragstellerbevollmächtigte hat am 12. November 2009 Beschwerde eingelegt. Sie schildert mit knappen Worten Vorkommnisse
in der Nacht des 20. August 2008, am 2. Juni 2008 und am 29. Mai 2009. Sie bestreitet, dass in naheliegender Zeit anderer
Wohnraum hätte gefunden werden können. Die Mietkosten für die neue Wohnung lägen unter der der bisherigen Wohnung. Die Mietkosten
für die neue Wohnung lägen bei 440,00 EUR, die für die bisherige Wohnung bei 446,52 EUR (435,00 EUR [Miete] + 11,52 EUR [Kabelgebühren]).
Im Hinblick auf den marginalen Unterschied von weniger als 10% im Verhältnis zum zulässigen Höchstbetrag und unter Einbeziehung
der Schwierigkeiten, die eine Suche nach einer angemessenen Wohnung beinhalte, sei die Antragsgegnerin verpflichtet, die begehrten
Kosten zu übernehmen und die Zusicherung abzugeben. Ferner wiederholt sie ihre Rechtsauffassung zur Übernahmefähigkeit von
Genossenschaftsanteilen.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Antragstellerbevollmächtigte zum Beleg dafür, dass ein weiterer Verbleib der Antragstellerinnen
in der bisherigen Wohnung unzumutbar ist, das Schreiben der Mutter der Antragstellerin zu 1. an die Antragsgegnerin vom 27.
Oktober 2009 sowie eine "Bestätigung von Hausbewohnern" vom 17. November 2009 vorgelegt. Zur Frage, ob die Antragstellerin
zu 1. nach telefonischen Beschwerden gegenüber der Hausverwaltung gebeten wurde, die Beschwerden schriftlich vorzulegen, sind
von der Antragstellerseite einerseits und der A. Grundbesitzverwaltungsgesellschaft mbH andererseits gegenteilige Angaben
gemacht worden.
Die Antragstellerbevollmächtigte beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgericht Dresden vom 12. Oktober 2009 aufzuheben und a) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Anordnung zu verpflichten, die angemessenen Kosten für die Wohnung E.-B. -Straße 5, D., vollständig zu übernehmen; b) die
Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Genossenschaftsanteile für die Wohnung E.-B.-Straße
5, D., darlehensweise zu übernehmen; c) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Umzug
von der Wohnung St. straße 68,. D., in die Wohnung E.-B. -Straße 5, D., als notwendig anzuerkennen und die notwendigen Umzugskosten
zu tragen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen und die beigezogene
Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II. 1. In das Rubrum war die im Jahr 2005 geborene Tochter der Antragstellerin zu 1. als weitere Antragstellerin aufzunehmen.
Beide Personen bilden gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft. Die Antragstellerin zu 2. bezieht
Sozialgeld. Beide wollen gemeinsam umziehen. Der Antrag vom 15. September 2009 an die Antragsgegnerin ist deshalb ebenso wie
der Antrag an das Sozialgericht und die Beschwerde dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin zu 1. die geltend gemachten
Ansprüche nicht nur für sich, sondern auch für die von ihr gesetzlich vertretene Antragstellerin zu 2. geltend machen will.
2. Die von der Antragstellerbevollmächtigten im Gerichtsverfahren gestellten Anträge sind sachdienlich dahingehend auszulegen
(vgl. § 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Erteilung einer Zusicherung gemäß
§ 22 Abs. 2 SGB II zur Übernahme der Mietkosten für die neue Wohnung sowie die Erteilung einer Zusicherung gemäß § 22 Abs.
3 SGB II zur Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten begehrt wird. Dies kommt in dem dritten im Verfahren
vor dem Sozialgericht gestellten Antrag zum Ausdruck.
Soweit in den ersten beiden Anträgen die Übernahme bestimmter Leistungen und damit eine Leistungsverpflichtung formuliert
ist, würde für einen solchen Leistungsausspruch im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits
deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil die Antragstellerinnen noch nicht umgezogen sind, mithin die formulierten Leistungsansprüche
offensichtlich noch nicht bestehen.
Die ersten beiden Anträge können auch nicht sachdienlich dahingehend ausgelegt werden, dass vorläufige Feststellungen (zur
Möglichkeit von vorläufigen Feststellungen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung: BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1985
- 2 BvR 1167, 1185, 1636/84, 308/85 und 2 Q 18/84 - BVerfGE 71, 305 [347]; SächsLSG, Beschluss vom 3. März 2008 - L 3 B 187/07 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 5, m. w. N.) des Inhalts begehrt werden, dass die Antragsgegnerin zur Übernahme der angesprochenen
Leistungen verpflichtet ist. Denn für solche vorläufigen Feststellungen würde ebenfalls das Rechtsschutzbedürfnis fehlen,
weil das damit angestrebte Rechtsschutzziel unmittelbar über die einstweilig anzuordnenden Zusicherungen gemäß § 22 Abs. 2
und 3 SGB II erreicht werden kann.
3. Die solchermaßen beschriebe Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Anträge auf Erlass
einstweiliger Anordnungen zu Recht abgelehnt.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß
§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch
der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert
werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.
Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung
gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte
Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg
haben würde. Dabei wird der Sachverhalt gemäß §
103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten ermittelt, soweit dies unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des
Rechtsschutzbegehrens geboten ist (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 7. Januar 2009 - L 3 B 349/08 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 23, m. w. N.; Krodel, NZS 2002, 234 ff., m. w. N.).
Die Antragsteller haben einen solchen Anordnungsanspruch weder in Bezug auf eine Zusicherung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II (a)
noch auf eine Zusicherung gemäß § 22 Abs. 3 SGB II (b) glaubhaft gemacht.
a) Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft
die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die
neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn
der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind; der für den Ort der neuen Unterkunft
örtlich zuständige kommunale Träger ist zu beteiligen. Vorliegend sind weder die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue
Unterkunft noch die Erforderlichkeit des Umzugs glaubhaft gemacht.
aa) Die Unterkunftskosten für die in Aussicht genommene neue Wohnung sind nicht angemessen.
Der Angemessenheitsbegriff in § 22 Abs. 2 SGB II entspricht dem in § 22 Abs. 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes
bestimmt sich die Frage, ob Aufwendungen für eine Unterkunft angemessen sind, nach der sogenannten Produkttheorie (vgl. BSG,
Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rdnr. 20 = JURIS-Dokument Rdnr. 20). Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ergibt sich als
Produkt aus der für den Hilfebedürftigen abstrakt bemessenen angemessenen Wohnungsgröße und dem angemessenen Wohnungsstandard,
der sich im Mietzins pro m² niederschlägt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 Rdnr. 19 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rdnr. 19 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 19 ff). Der sich danach ergebende Mietpreis ist
nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008
- SozR 4-4200 § 22 Nr. 8 Rdnr. 13 = JURIS-Dokument Rdnr. 13). In den Mietzins fließen die Grundmiete und die Betriebskostenvorauszahlung
ein. Hingegen sind die Kosten für die Heizung nicht zu berücksichtigen, wie sich aus § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II ergibt.
Ferner haben auf Grund der gesetzessystematischen Trennung die Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne von § 22 Abs. 3 SGB II
außer Ansatz zu bleiben.
Der erkennende Senat legt im Rahmen dieses Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes die Werte aus dem Beschluss des Stadtrates
der Landeshauptstadt D. vom 24. Januar 2008 (AZ. V2198-SR62-08) zugrunde. Gegen die dort festgelegten Werte sind weder von
den Antragstellerinnen Bedenken geltend gemacht worden noch erscheinen die Werte offensichtlich unzutreffend.
Nach Nummer 2.2.1 i. V. m. Anlage 1 Tabelle 1 dieses Beschlusses ist für einen 2-Personen-Haushalt eine Bruttokaltmiete in
Höhe von 336,60 EUR angemessen. Dieser Betrag wird von den Unterkunftskosten für die in Aussicht genommene Genossenschaftswohnung
überschritten. Diese betragen 365,00 EUR und setzen sich aus der Grundmiete in Höhe von 285,00 EUR sowie der Betriebskostenvorauszahlung
in Höhe von 80,00 EUR zusammen.
Der erkennende Senat lässt ausdrücklich offen, ob unangemessene Unterkunftskosten rechnerisch dadurch reduziert werden können,
dass Flächen, die beruflich genutzt werden sollen, herausgerechnet werden. Dieser Ansatz wäre überhaupt nur dann in Betracht
zu ziehen, wenn einerseits die beruflich zu nutzenden Flächen klar bezeichnet wären und andererseits eine Finanzierung dieses
Flächenanteils gesichert wäre (vgl. insoweit zu einer eventuell möglichen einer Kostenübernahme nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB
II in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung: BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr. 1 Rdnr. 18 = JURIS-Dokument Rdnr. 18). Nur bei einer solchen finanziellen Sicherung bestünde nicht
die Gefahr, dass Schulden für Unterkunftskosten entstehen. Insoweit wurde von der Antragstellerseite allerdings nur in Bezug
auf die Erforderlichkeit eines Umzugs der Bedarf für ein Arbeitszimmer geltend gemacht, ohne Näheres hierzu anzugeben.
Von Antragstellerseite ist schließlich auch nicht glaubhaft gemacht worden, dass es keine konkrete Unterkunftsalternative
zu der ins Auge gefassten Genossenschaftswohnung gibt. Es wurden lediglich unsubstantiiert Schwierigkeiten bei einer Suche
nach einer angemessenen Wohnung behauptet.
bb) Ebenfalls ist die Erforderlichkeit des geplanten Umzugs nicht glaubhaft gemacht.
Ein Umzug ist erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II, wenn er durch einen vernünftigen Grund gerechtfertigt ist, oder
mit anderen Worten, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger
leiten lassen würde (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 16. April 2008 - L 3 B 136/08 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 7; LSG Baden Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2008 - L 7 AS 1300/08 - JURIS-Dokument Rdnr. 27, m. w. N; OVG der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 24. November 2008 - S 2 B 558/08, S 2 B 559/08 - JURIS-Dokument Rdnr. 12; vgl. Berlit, in: Münder [Hrsg.], SGB II [3. Aufl., 2009], § 22 Rdnr. 84, m. w. N.; Piepenstock,
in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [2. Aufl., 2007], § 22 Rdnr. 96, m. w. N.; so auch zur Notwendigkeit eines Umzugs im
Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 8 SGB XII: SächsLSG, Beschluss vom 26. Oktober 2009 - L 3 B 768/08 SO-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 28). Es ist nicht ausreichend, wenn der Umzug lediglich sinnvoll oder wünschenswert ist (vgl.
SächsLSG, Beschluss vom 16. April 2008, aaO.).
Aus dem Begriff der Erforderlichkeit folgt aber auch, dass ein vernünftiger Grund für den Umzug erst dann anerkannt werden
kann, wenn das durch den vorgetragenen Grund definierte Ziel des Umzugs zumutbar nicht auf andere Weise als durch einen Umzug
erreicht werden kann (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 16. April 2008, aaO.; SG Berlin, Beschluss vom 25. Mai 2007 - S 63 AS 10511/07 ER - JURIS-Dokument Rdnr. 5). Dies korrespondiert mit der in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II statuierten allgemeinen Obliegenheit
des Hilfebedürftigen zur Selbsthilfe. Danach ist der Hilfebedürftige vor einer Leistungsgewährung auf die Ausschöpfung aller
zumutbaren Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit zu verweisen. Der Hilfebedürftige soll
zu "umfassender Eigenaktivität" (vgl. Berlit, in: Münder [Hrsg.], SGB II [3. Aufl., 2009], § 2 Rdnr. 8) angehalten werden.
Hierzu gehört insbesondere die Verfolgung und Durchsetzung von Ansprüchen gegen andere (vgl. Berlit, aaO., § 2 Rdnr. 14).
In diesem Sinne ist der angestrebte Umzug der Antragstellerinnen nicht erforderlich.
(1) Die fristlose Kündigung im Schreiben vom 11. September 2009 begründet nicht die Erforderlichkeit des Umzuges.
Zwar ist anerkannt, dass der bevorstehende Verlust der Wohnung einen Umzug erforderlich macht. Die kann beispielsweise der
Fall sein, wenn die Räumung bevorsteht (vgl. Berlit, aaO., § 22 Rdnr. 84) oder wenn der bisherige Hauptmieter die Wohnung
kündigt und dem bisherigen Untermieter kein eigens Nutzungsrecht mehr an der Wohnung zusteht (vgl. SG Dortmund, Urteil vom
20. Oktober 2008 - S 31 AS 282/07 - JURIS-Dokument Rdnr. 14; Berlit, aaO.).
Auf Grund einer fristlosen Kündigung des Mietvertrages wegen Mietrückständen steht jedoch noch nicht der Verlust der bisherigen
Wohnung bevor. Grundlage für die ausgesprochene fristlose Kündigung wegen der Mietrückstände ist §
543 Abs.
2 Satz 1 Nr.
3 Buchst. a und b
BGB i. V. m. §
543 Abs.
3 Satz 2 Nr.
3 BGB. Die Antragstellerin zu 1. kann diese Kündigung jedoch zu Fall bringen, worauf bereits das Sozialgericht hingewiesen hat.
Denn nach §
569 Abs.
3 Nr.
2 Satz 1
BGB wird die Kündigung dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit
des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach §
546 Abs.
1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Selbst wenn die Unwirksamkeit der Kündigung nicht gemäß §
569 Abs.
3 Nr.
2 Satz 1
BGB bewirkt wird, ist der Verlust der Wohnung noch nicht ohne weiteres zu besorgen. Denn gemäß §
545 Satz 1
BGB verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, wenn der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache
fortsetzt und nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt.
Eine solche Erklärung, die auch bereits vor dem Fristbeginn abgegeben werden kann (vgl. Schilling, in: Münchener Kommentar,
Bürgerliches Gesetzbuch, Band 3 [4. Aufl., 2004], §
545 Rdnr. 16), hat die Vermieterin vorliegend noch nicht abgegeben.
Und selbst wenn §
545 BGB wegen einer entgegenstehenden Erklärung einer Vertragspartei nicht zur Anwendung kommt, kann im Einzelfall auf Grund des
Verhaltens der Beteiligten das alte Mietverhältnis stillschweigend fortgesetzt oder ein neues Mietverhältnis konkludent begründet
werden (vgl. Schilling, aaO., § 545 Rdnr. 11, m. w. N.). Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Vermieter nach der
Kündigung Mietzahlungen unbeanstandet entgegen nimmt oder über längere Zeit auf eine Räumungsklage verzichtet (vgl. SächsLSG,
Beschluss vom 22. April 2008 - L 3 B 30/08 AS-ER - [n. v.]).
(2) Die Erforderlichkeit des Umzugs ist auch nicht auf der Grundlage der Angaben der Antragstellerseite in Bezug auf die nachbarlichen
Konflikte und die hierzu vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht.
Ein Umzug kann dann erforderlich sein, wenn ein Konflikt mit anderen Hausbewohnern nicht behebbar ist und auf Grund dessen
ein weiterer Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zumutbar erscheint (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Juni
2007 - L 28 B 676/07 AS ER, L 28 B 843/07 AS PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 10; SG Berlin, Beschluss vom 25. Mai 2007 - S 63 AS 10511/07 ER - JURIS-Dokument Rdnr. 6; Berlit, aaO. § 22 Rdnr. 84).
Vorliegend ist bereits eine solche zugespitzte Konfliktsituation nicht glaubhaft gemacht. Zwar geht aus den nunmehr vorliegenden
Unterlagen hervor, dass es Störungen im nachbarschaftlichen Verhältnis zwischen den Antragstellerinnen und der Familie Scheffler/Pfeiffer,
die in der Wohnung unter ihnen leben, gibt. So bestätigte unter anderem auch die Hausverwaltung auf gerichtliche Anfrage im
Schreiben vom 12. Januar 2010, dass sich die Antragstellerin zu 1. über Ruhestörungen und persönliche Beleidigungen im September/Oktober
2008 und im Februar 2009 beschwert habe. Die Angaben der Antragstellerseite zum Konflikt mit der Familie Scheffler/Pfeiffer
bleiben jedoch weiter im Vagen, obwohl bereits die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung vom 6. Oktober 2009 auf fehlende
Nachweise und sodann das Sozialgericht im Beschluss vom 12. Oktober 2009 auf die fehlende Glaubhaftmachung hingewiesen hat.
Belegbar ist lediglich zum einen die Beschädigung der Wohnungstür der Antragstellerinnen am 20. Juni 2008 gegen 00:30 Uhr
mit einem Schaden in Höhe von 373,86 EUR. Ob dieser Schaden allerdings von Matthias Scheffler und Madeleine Pfeiffer verursacht
wurde, die nach den Angaben der Antragstellerin zu 1. in ihrer Anzeige mehrfach lautstark und gewaltsam gegen die Eingangstür
getreten haben sollen, konnte nicht festgestellt werden. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft D. konnte der Tatnachweis
nicht geführt werden, weil sich zu dieser Zeit weitere Personen in der Wohnung Scheffler/Pfeiffer aufgehalten hatten (vgl.
Einstellungsbeschluss vom 24. September 2008, Az.: 312 Js 43012/08). Zum anderen ergibt sich aus dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft D. vom 8. Oktober 2009 (Az.: 312 Js 42991/09), dass es ein Ermittlungsverfahren gegen Matthias Scheffler und Madeleine Pfeiffer gab, weil diese die Antragstellerinnen
am 29. Mai 2009 beleidigt haben sollen. Das Verfahren wurde eingestellt, weil die Antragstellerin zu 1. keinen Strafantrag
gestellt hatte. Soweit Matthias Scheffler die Antragstellerin zu 1. mit der Ankündigung einer Vergewaltigung bedroht haben
soll, wurde das Verfahren eingestellt, weil sich nicht habe feststellen lassen, wie sich der Vorgang tatsächlich zugetragen
habe.
Eine vorsätzliche Sachbeschädigung, die ein Nachbar begangen hat, kann eine erhebliche Störung des nachbarschaftlichen Wohnfriedens
darstellen, die einen Umzug erforderlich erscheinen lassen kann. Vorliegend lässt sich allerdings nicht feststellen, wer die
Sachbeschädigung an der Wohnungstür der Antragstellerin zu 1. verursacht hat. Dafür, dass es nicht Matthias Scheffler, sondern
ein Besucher der Familie Scheffler/Pfeiffer war, spricht, dass es nach dem zur Anzeige gebrachten Vorfall im Juni 2008 keinen
ähnlich gelagerten Vorfall mehr gab.
Zur Anzeige vom 19. Juni 2008 wegen Lärms wurden keine Angaben gemacht. Es lässt sich nur vermuten, dass es sich hierbei um
das Schreien des Kindes der Familie Scheffler/Pfeiffer am 2. Juni 2008 um 00:35 Uhr, das heißt zweieinhalb Wochen vor der
Anzeige, gehandelt haben könnte. Dieses Vorkommnis hat die Antragstellerbevollmächtigte in der Beschwerdeschrift mit einem
Satz angesprochen. Aus dem Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft D. vom 24. September 2008 ergibt sich hierzu, dass
dem Tatvorwurf der Misshandlung Schutzbefohlener zugrunde gelegen habe, dass das Kind geschrien habe und von ihren Eltern
angeschrien worden sei, und dass Eltern in Gegenwart des Kindes geraucht und Alkohol konsumiert hätten. Die Staatsanwaltschaft
stellte aber auch auf Grund von Ermittlungen fest, dass das Kind Entwicklungsrückstände aufweise.
Sowohl zur Anzeige vom 20. Juni 2008 wegen Beleidigung als auch der Anzeige vom 30. Mai 2009 wegen Lärms wurden von Antragstellerseite
überhaupt keine näheren Angaben gemacht.
Außer den am 6. Januar 2010 vorgelegten beiden Einstellungsbeschlüssen der Staatsanwaltschaft geben auch die weiteren, ebenfalls
erst im Beschwerdeverfahren - kommentarlos - vorgelegten Unterlagen keinen näheren Aufschluss über Umfang und Intensität der
Störungen des nachbarschaftlichen Verhältnisses zwischen den Antragstellerinnen und der Familie Scheffler/Pfeiffer.
Die Mutter der Antragstellerin zu 1., Anita Zachert, führte zwar in ihrem an die Antragsgegnerin gerichteten Schreiben vom
27. Oktober 2009 aus, dass in der Wohnung der Familie Scheffler/Pfeiffer mit einem Kleinkind Tag und Nacht Unruhe herrsche.
Poltern von Gegenständen, lautes Geschrei von beiden Erwachsenen, Weinen und Lachen von der Frau sei zu hören. Nachts in der
3. Stunde sei sie durch den unerträglichen Lärm und den Schwingungen von Wand und Fußboden aus ihrem Schlaf gerissen worden.
Das Enkelkind gehe mit Angst an der Wohnungstür dieser Mitmieter vorbei. Von Antragstellerseite wurde hierzu allerdings nicht
erläutert, auf welcher Erkenntnisgrundlage diese Mitteilungen erfolgten. Erläuterungen, zum Beispiel zu Zeitpunkt, zeitlicher
Dauer und Häufigkeit von Besuchen oder etwaigen Übernachtungen der Mutter bei den Antragstellerinnen, hätten sich insbesondere
deshalb aufdrängen müssen, weil die Wohnung der Mutter der Antragstellerin zu 1. mehr als 5 km von der Wohnung der Antragstellerinnen
entfernt ist.
Entsprechendes gilt für die "Bestätigung von Hausbewohnern" vom 17. November 2009. Dort wird ausgeführt, dass es den Antragstellerinnen
"aufgrund der unruhigen Wohngegend durch mehrere sich wiederholende laute Ruhestörungen zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten
sowie persönlichen Beleidigungen durch gewalttätig aggressive Mitbewohner des Hauses nicht mehr möglich, und auch nicht mehr
gesundheitlich tragbar [sei], vor allem für die Entwicklung des Kindes, weiterhin hier wohnen zu bleiben. Seit Ende Juni 2008
lebt die Familie Zachert aufgrund eines Wohnungseinbruchversuchs und mehrfacher Androhung von Vergewaltigung durch diese Hausbewohner
in Angst und Schrecken vor weiteren Vorkommnissen."
Auch zu diesem Schreiben wurden von Antragstellerseite keine Erläuterungen abgegeben. So ist bereits offen, ob die Personen,
die die Unterschriften geleistet haben, das Schriftstück auf Grund eigenen Erlebens oder auf Grund von Informationen vom Hörensagen
unterschrieben haben. Denn die "Bestätigung" wurde nach dem Briefkopf von der Antragstellerin zu 1. selbst verfasst. Diese
insoweit fehlenden Erläuterungen wären insbesondere auch deshalb erforderlich gewesen, eine Familie, die in einem Haus auf
der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt, und eine weitere Person, deren Wohnanschrift unbekannt ist und die nach einem handschriftlichen
Zusatz ein Bekannter dieser Familie ist, unterschrieben haben. Zudem fällt auf, dass nur zwei von vier Familien aus dem Haus
der Antragstellerinnen die "Bestätigung" unterschrieben haben. Dies lässt den Schluss zu, dass zumindest ein Teil der Mitbewohner
die nachbarlichen Konflikte als nicht gravierend angesehen haben. In diese Richtung deutet auch die Stellungnahme der Hausverwaltung.
Sie teilte in ihrem Schreiben vom 12. Januar 2010 mit, dass sich die Antragstellerin zu 1. über Ruhestörungen und persönliche
Beleidigungen im September/Oktober 2008 und im Februar 2009 beschwert habe. Andere Mieter des Hauses hätten auf Nachfragen
die Belästigungen, insbesondere die Lärmbelästigungen, nicht bestätigt. Es ist schließlich auch festzustellen, dass die Ruhestörungen
weder im Antrag vom 11. September 2009 noch im Verfahren vor dem Sozialgericht explizit angesprochen waren.
Da die Beschreibungen der Störungen des nachbarschaftlichen Verhältnisses im Vagen bleiben, kann auch nicht beurteilt werden,
ob der Umzug möglicherweise im Interesse des Wohles der Antragstellerin zu 2. erforderlich sein könnte.
Von Antragstellerseite wurde auch nicht glaubhaft gemacht, dass das zu Gebote stehende unternommen worden wäre, um den Störungen
Abhilfe zu schaffen oder zumindest für eine Beruhigung der Situation zu sorgen (vgl. hierzu: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss
vom 6. Juni 2007 - L 28 B 676/07 AS ER, L 28 B 843/07 AS PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 10; SG Berlin, Beschluss vom 25. Mai 2007 - S 63 AS 10511/07 ER - JURIS-Dokument Rdnr. 6; Berlit, aaO. § 22 Rdnr. 84). Nach dem insoweit unspezifizierten Vortrag der Antragstellerseite
und der Stellungnahme der Hausverwaltung im Schreiben vom 12. Januar 2010 steht lediglich fest, dass sich die Antragstellerin
zu 1. gegenüber der Hausverwaltung telefonisch beschwert hat. Schon zu den Zeitpunkten und den Inhalten der Beschwerden wurde
aber von Antragstellerseite nichts glaubhaft gemacht. Insoweit ist allerdings festzustellen, dass sich die von der Hausverwaltung
mitgeteilten Zeitpunkte der Telefonanrufe nicht mit den Zeitpunkten decken, zu denen die von der Antragstellerin zu 1. angesprochenen
Auseinandersetzungen mit der Familie Scheffler/Pfeiffer stattfanden.
(3) Ein Umzug kann schließlich auch aus beruflichen Gründen erforderlich sein (vgl. Berlit, aaO.). Nach Aktenlage deutet einiges
darauf hin, dass der Mitte September 2009 gegenüber der Antragsgegnerin geäußerte Umzugswunsch maßgebend von der Mitte Juli
2009 aufgenommenen selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 1. motiviert ist.
Die Mitte Juli 2009 aufgenommene selbständige Tätigkeit der Antragstellerin lässt allerdings einen Umzug in eine Wohnung mit
einem separaten, abschließbaren Arbeitszimmer lediglich sinnvoll erscheinen. Erforderlich im oben beschriebenen Sinn ist der
Umzug hingegen nicht, weil die Ausübung der selbständigen Tätigkeit nicht davon abhängt, dass sich das Arbeitszimmer in der
Wohnung befindet.
cc) Soweit die Antragstellerbevollmächtigte geltend macht, die Zusicherung sei zur Vermeidung einer unbilligen Härte zu erteilen,
wird in der Sache die Erteilung der Zusicherung im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II begehrt.
Diesbezüglich ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass das der Antragsgegnerin eingeräumte Ermessen auf Grund der Besonderheiten
des Einzelfalles so weit reduziert ist, dass allein die Erteilung der Zusicherung als rechtmäßige Entscheidung in Betracht
kommt. Denn es wurden keine Umstände geltend gemacht, die nicht bereits im Zusammenhang mit der Prüfung der Erforderlichkeit
des Umzuges oder der Angemessenheit der Unterkunftskosten hätten berücksichtigt werden müssen.
b) Die Antragstellerinnen haben auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung gemäß § 22 Abs. 3 SGB II hinsichtlich
der Übernahme von Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten.
aa) Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den
bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch
den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll gemäß § 22 Abs. 3 Satz
2 SGB II erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und
wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz
1 SGB II soll eine Mietkaution als Darlehen erbracht werden.
Zwar handelt es sich bei den Genossenschaftsanteilen und dem Eintrittsgeld in eine Genossenschaft um Wohnungsbeschaffungskosten
im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II (vgl. SächsLSG, Urteil vom 15. Januar 2009 - L 3 AS 29/08 - JURIS-Dokument Rdnr. 66; SächsLSG, Beschluss vom 29. September 2008 - L 2 B 611/08 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 24, m. w. N.; Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 22 Rdnr. 84). Denn
unter den Begriff der Wohnungsbeschaffungskosten, der weit auszulegen ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 Rdnr. 13, m. w. N. = JURIS-Dokument Rdnr. 13), fallen alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Wohnung
anfallen (vgl. Piepenstock, aaO., § 22 Rdnr. 124). Für die hiervon abweichende Praxis der der Antragsgegnerin, Genossenschaftsanteile
generell, das heißt unabhängig von deren Höhe, nicht zu übernehmen, bietet das SGB II keine Grundlage.
Vorliegend besteht aber bereits deshalb kein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten,
weil der Umzug in eine Wohnung mit unangemessenen Unterkunftskosten erfolgen soll und damit nicht notwendig ist (vgl. Berlit,
aaO., § 22 Rdnr. 107, m. w. N.).
Auch die anderen in § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II genannten Tatbestandsvoraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Weder hat
die Antragsgegnerin noch ist der Umzug aus anderen Gründen notwendig oder kann ohne die Zusicherung keine Unterkunft in einem
angemessenen Zeitraum gefunden werden. Insoweit wird auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Zusicherung nach § 22 Abs.
2 SGB II verwiesen.
Da aus den genannten Gründen kein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten besteht,
kann dahingestellt bleiben, ob im Falle der Antragstellerinnen die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Bezug einer Genossenschaftswohnung
in der geforderten Höhe von der Antragsgegnerin zu übernehmen wären. Ausgehend von der monatlichen Gesamtmiete in Höhe von
440,00 EUR würden diese zusätzlichen Kosten fast auf das 5fache belaufen. Wenn die Regelungen über die Mietsicherheiten aus
§
551 Abs.
1 BGB herangezogen würden, wäre die Quote noch deutlich höher. Selbst wenn die Vorschrift des §
551 BGB wegen der unterschiedlichen Funktionen von Genossenschaftsanteilen und Eintrittsgeld einerseits sowie Mietkaution andererseits
auf Genossenschaftswohnungen nicht anwendbar sein sollte (vgl. hierzu SächsLSG, Beschluss vom 29. September 2008 - L 2 B 611/08 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 26 ff.; Piepenstock, aaO., § 22 Rdnr. 127), wäre damit noch nicht die Frage beantwortet, ob
es nicht auch hinsichtlich der Kosten, die mit dem Beitritt zu einer Genossenschaft verbunden sind, Grenzen für die Pflicht
des kommunalen Trägers zur Übernahme solcher Kosten auf Grund der in § 3 Abs. 1 Satz 4 SGB II verankerten Grundsätze von Wirtschaftlichkeit
und Sparsamkeit gibt.
bb) Der Antrag auf Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten war bereits deshalb abzulehnen, weil keine konkrete
Kostenaufstellung vorgelegt wurde.
Ebenso wie sich ein Antrag auf Erteilung einer Zusicherung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II stets auf ein konkretisiertes Wohnungsangebot
beziehen muss (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 29. Oktober 2009 - L 3 AS 20/09 - JURIS-Dokument Rdnr. 23, m. w. N.), muss sich ein Antrag auf Erteilung einer Zusicherung gemäß § 22 Abs. 3 SGB II auf eine
konkrete Aufstellung der anfallenden Umzugskosten beziehen. Denn nur dann kann geprüft werden, ob der Anspruch auf Übernahme
der Umzugskosten, der auf die notwendigen und angemessenen Kosten beschränkt ist (vgl. hierzu SächsLSG, Beschluss vom 19.
September 2007 - L 3 B 411/06 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 18, m. w. N.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG.
5. Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.