Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung, Übernahme von Energiekostenrückständen
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Übernahme seiner Energiekostenrückstände
(in Bezug auf Strom und Gas, mit dem er heizt) beim örtlichen Energieversorgungsunternehmen hat.
Der im Januar 1974 geborene Antragsteller ist ledig und von Beruf Fliesenleger. Er ist der Vater eines im August 2003 geborenen
Sohnes, der bei seiner Mutter lebt, die im selben Wohnort wie der Antragsteller wohnt.
Früher lebten der Antragsteller, sein Sohn und dessen Mutter zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft in einer Wohnung im G.,
die etwa 65 qm Wohnfläche hatte und aus drei Zimmern bestand. Diese Bedarfsgemeinschaft erhielt von der Antragsgegnerin in
der Zeit von Januar 2005 bis Dezember 2008 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch
Zweites Buch (SGB II) für verschiedene Leistungszeiträume in unterschiedlicher Höhen, die sich u. a. aus Arbeitsverdiensten
des Antragstellers in bestimmten Zeiträumen, Arbeitsverdiensten der damaligen Lebensgefährtin des Antragstellers in verschiedenen
Zeiträumen und einer etwa 5-monatigen Haft des Antragstellers im Laufe des Jahres 2005 ergaben. Bereits während dieser Zeit
ergaben sich Schwierigkeiten in der Leistungsgewährung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin, weil Arbeitseinkünfte
verspätet oder nicht mitgeteilt wurden, außerdem liefen Schulden bei den Vermietern und dem örtlichen Energieversorgungsunternehmen
auf. Zum Ende des Jahres 2008 trennte sich die Mutter des Sohnes des Antragstellers von ihm und bezog mit ihrem Sohn eine
eigene Wohnung.
Zum 01. Februar 2009 bezog der Antragsteller die auch jetzt innegehabte Wohnung, die aus drei Zimmern und einer Wohnfläche
von etwa 85 qm besteht, im Jahre 2005 errichtet wurde und sich über zwei Stockwerke erstreckt. Für Miete und Nebenkosten hatte
der Antragsteller zunächst 400,00 EURO monatlich an seine Vermieter zu zahlen; für den Bezug von Gas, mit dem auch eine Gasetagentherme
beheizt wird, hatte er monatlich 80,00 EURO und für den Bezug von Strom monatlich 65,00 EURO an Abschlagsbeträgen an das örtliche
Energieversorgungsunternehmen zu zahlen. In der Zeit vom 01. Januar bis 29. Juni 2009 erhielt der Antragsteller von der Antragsgegnerin
keine Leistungen, sondern bezog Arbeitslosengeld I.
Am 02. Juli 2009 hat der Antragsteller erneut bei der Antragsgegnerin die Gewährung von laufenden Leistungen beantragt. Dabei
stellte sich u. a. heraus, dass er seit dem Juni 2009 keine Miete mehr gezahlt hatte und unter dem 18. Mai 2009 vom örtlichen
Energieversorgungsunternehmen die Ankündigung einer Versorgungseinstellung vorlag, weil Zahlungsrückstände aufgelaufen waren.
Nachdem die Beklagte zunächst vergeblich vom Antragsteller die Vorlage verschiedener Unterlagen angefordert hatte, bewilligte
die Antragsgegnerin ihm mit Bescheid vom 03. September 2009 für den Bewilligungszeitraum vom 01. Juli bis 30. September 2009
monatliche Leistungen in Höhe von 832,67 EURO. Die Leistungsbewilligung wurde auf diesen Endzeitpunkt beschränkt, weil der
Antragsteller zuvor mitgeteilt hatte, dass er ab dem 01. September 2009 wiederum bei der Arbeitgeberin eine Beschäftigung
gefunden habe, bei der er auch schon früher und in den vergangenen Leistungszeiträumen zeitweise beschäftigt gewesen war.
Unter dem 29. Oktober 2009 übersandte der Energieversorger an den Antragsteller eine Abrechnung für den Bezug von Strom und
Erdgas (Strom: 472,08 EURO; Erdgas 434,89 EURO) und berücksichtigte die bis zum 26. Oktober 2009 eingegangenen Abschlagszahlungen
von 627,20 EURO, so dass sich ein Nachzahlungsbetrag von 288,77 EURO ergab. Die Abschlagsbeträge ab dem 15. November 2009
wurden auf monatlich insgesamt 140,00 EURO (Strom: 60,00 EURO; Erdgas: 80,00 EURO) vom Versorger festgesetzt. Mit Schreiben
vom 18. Januar 2010 kündigte der Versorger dem Antragsteller die Einstellung der Versorgungsleistungen an, weil einschließlich
der Mahnkosten Rückstände in Höhe von 714,77 EURO aufgelaufen waren. In einer Bescheinigung vom 05. Februar 2010 teilte die
Vermieterin des Antragstellers mit, dass er - der Antragsteller - für den Januar und Februar 2010 noch keine Miete gezahlt
habe. Mit Schreiben vom 04. Januar 2010 teilte die Arbeitgeberin des Antragstellers diesem unter der Überschrift "Kündigung"
mit, dass das bestehende Arbeitsverhältnis "fristgerecht zum 11. Januar 2010 aufgehoben" werde.
Am 01./09. Februar 2010 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin wiederum die Gewährung von laufenden Leistungen.
Mit Bewilligungsbescheid vom 11. Februar 2010 gewährte daraufhin die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Bewilligungszeitraum
vom 01. Februar bis einschließlich 30. Juni 2010 laufende Leistungen in Höhe von insgesamt 772,68 EURO und teilte dabei mit,
dass auf seinen Antrag hin die Miete direkt an seine Vermieterin überwiesen werde; außerdem wurden von den laufenden Leistungen
50,00 EURO im Wege der Verrechnung auf eine frühere Forderung der Bundesagentur für Arbeit abgezogen. Zudem wurde der Antragsteller
mit Schreiben vom 11. Februar 2010 aufgefordert, die unangemessen hohen Kosten seiner Unterkunft abzusenken, auch wurde von
der Antragsgegnerin angekündigt, dass ab dem 01. Juli 2010 nur noch eine Kaltmiete ohne Nebenkosten und ohne Heizkosten in
Höhe von 266,25 EURO und Heizkosten in Höhe von 42,40 EURO übernommen werden könnten. Später ändere die Antragsgegnerin mit
Änderungsbescheid vom 22. Februar 2010 die Leistungshöhe für den Februar 2010 auf 751,40 EURO und für die Monate März bis
Juni 2010 auf 801,40 EURO monatlich. Mit einem zweiten Änderungsbescheid vom 25. März 2010 wurden für den gesamten Bewilligungszeitraum
die Leistungen auf monatlich 832,67 EURO festgesetzt, weil bei einem monatlichen Regelsatz von 359,00 EURO nun von Kosten
der Unterkunft in Höhe von 473,67 EURO ausgegangen wurde.
Zuvor, nämlich bereits mit Schreiben vom 03. März 2010 hatte das örtliche Energieversorgungsunternehmen gegenüber dem Antragsteller
die Einstellung der Versorgungsleistungen zum 09. März 2010 angekündigt, weil offene Forderungen von 1.063,77 EURO bestünden.
Gemäß der Forderungsaufstellung, die vom Energieversorger unter dem 22. März 2010 vorgelegt wurde, ergab sich, dass der Antragsteller
weder die Nachforderung von etwa 288,00 EURO aus der Rechnung des Versorgers vom 29. Oktober 2009 noch die seitdem geforderten
monatlichen Vorauszahlungsbeträge von 140,00 EURO geleistet hatte. Am 08. und 11. März 2010 begab sich daraufhin der Antragsteller
zur Antragsgegnerin und beantragte mündlich die Übernahme seiner Schulden beim Energieversorger aus Mitteln des SGB II. Dies
wurde zunächst am 11. und danach am 15. März 2010 von Mitarbeitern der Antragsgegnerin mündlich abgelehnt, da es sich bei
der vom Antragsteller bewohnten Wohnung nicht um eine angemessene Unterkunft handele und es somit an einer Rechtfertigung
der Schuldenübernahme fehle. Später erfolgte unter dem 19. März 2010 eine schriftliche Ablehnung dieses Antrags. Gegen die
Versagung der Leistungen legte der Antragsteller bereits mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18. März 2010 Widerspruch
ein und führte zur Begründung aus, dass jedenfalls zunächst für die Zeit ab (erneuter) Antragstellung und zwar für die Zeit
von 6 Monaten die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu übernehmen seien. Es stelle eine Umgehung der betreffenden
gesetzlichen Regelung dar, wenn er - der Antragsteller - durch die Verweigerung des entsprechenden Darlehens - gleichsam durch
die Hintertür - dazu gezwungen werde, vor der 6-monatigen Übergangszeit die Wohnung zu verlassen. Außerdem sei die Versorgung
mit Strom und Gas zur Wahrung des Umgangsrechts mit seinem Sohn erforderlich, der ihn in der Regel jedes Wochenende besuche.
Am 19. März 2010 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Aurich um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht und sein Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft.
Nach Anhörung der Antragsgegnerin, die auf die Nichtzahlung der Abschläge beim Versorger durch den Antragsteller ab November
2009 hinwies, obwohl er bis einschließlich Januar 2010 in einem entgeltlichen Arbeitsverhältnis gestanden habe, verpflichtete
das SG Aurich die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 14. April 2010, die Energieversorgungsschulden in Höhe von 1.063,77 EURO
als Darlehen im Wege einer direkten Überweisung an den Versorger zu übernehmen. Zur Begründung hat das SG Aurich ausgeführt,
dass die Übernahme der Energiekostenrückstände deswegen gerechtfertigt sei, weil es sonst dem Antragsteller in unzumutbarer
Weise erschwert würde, sein Umgangsrecht mit seinem Sohn am Wochenende wahrzunehmen. Auch spreche für die Schuldenübernahme,
dass der Antragsteller sich das erste Mal in einer derartigen Situation befinde und die Schulden zu einem Zeitpunkt entstanden
seien, in dem er nicht im Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB II gestanden habe, es somit nicht zu einer zweckwidrigen
Verwendung öffentlicher Leistungen gekommen sei. Dass die gegenwärtige vom Antragsteller innegehabte Wohnung unangemessen
teuer sei, könne dem Begehren nicht entgegen gehalten werden, da es sich lediglich um die Übernahme von Energiekosten, die
rückständig seien, handele. Denn bei der Übernahme von Energiekostenrückständen werde ein Widerspruch zur Regelung in § 22
Abs. 1 SGB II nicht geschaffen, weil damit nicht eine unangemessen teure Wohnung weiter aus Mitteln des SGB II finanziert
werde. Auch könne von unangemessen hohen Heizungskosten im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden, da nach dem bundesweiten
Heizkostenspiegel für eine Fläche von etwa 50 qm (der für einen Alleinstehenden angemessenen Wohnfläche) Heizungskosten von
etwa 80,00 EURO monatlich, wie sie dem Antragsteller in Rechnung gestellt würden, durchaus noch angemessen wären.
Gegen den ihr am 15. April 2010 zugestellten Beschluss führt die Antragsgegnerin am 2. April 2010 Beschwerde. Sie macht geltend:
Die behauptete Wahrnehmung des Umgangsrechts dürfte nicht dazu führen, dass nicht gerechtfertigte Energiekostenrückstände
stets übernommen werden müssten, weil sonst einer Umgehung des Anspruchs auf lediglich angemessene Energiekosten Tür und Tor
geöffnet werde. Zudem habe hier der Antragsteller durch die Nichtzahlung der monatlichen Abschläge während der Zeit seiner
Berufstätigkeit die Rückstände selbst verursacht, tatsächlich seien die Heizungskosten auch zu hoch. Denn nach dem bei ihr
verwandten kommunalen Heizkostenspiegel wären Heizkosten lediglich bis zur Höhe von etwa 42,40 EURO als angemessen anzusehen.
Hinzu komme, dass auch die sonstigen Kosten der vom Antragsteller inne gehabten Wohnung als zu hoch anzusehen seien, da letztlich
die Wohnung für eine Person zu groß sei.
Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegen getreten und macht insbesondere geltend, dass der von der Antragsgegnerin angeführte
Mietspiegel nicht als Maßstab für angemessene Kosten der Unterkunft herangezogen werden könne, weil praktisch dieser Mietspiegel
nicht den Anforderungen an ein "schlüssiges Konzept" entspreche, wie es vom Bundessozialgericht (BSG) gefordert werde, und
zudem tatsächlich kein ausreichend großer Wohnungsbestand zur Verfügung stehe, um es den zahlreichen Leistungsbeziehern zu
ermöglichen, schon jetzt preisgünstigen Wohnraum im Gebiet der Antragsgegnerin zu finden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgänge,
die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, ergänzend Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Die Beschwerde ist zulässig, obwohl die Antragsgegnerin dem
Beschluss des SG Aurich vom 14. April 2010 nachgekommen ist (dazu unter 1.); die Beschwerde ist auch begründet, weil der Antragsteller
nach Ansicht des Senats einen Anordnungsanspruch auf Übernahme der Energiekostenschulden nicht glaubhaft dargelegt hat (dazu
unter 2.).
1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin nicht nach §
173 Abs.
3 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ausgeschlossen ist, da die in Streit stehenden Leistungen für die Energiekostenrückstände den Berufungsschwellenwert von
750,00 EURO deutlich übersteigen.
Für die Beschwerde der Antragsgegnerin liegt auch ein Rechtsschutzbedürfnis vor. Zwar hat sich der Regelungsgehalt der vom
SG Aurich erlassenen einstweiligen Anordnung durch Zeitablauf erschöpft, auch hat die Antragsgegnerin die angeordnete Zahlungen
tatsächlich erbracht, so dass für sie eine Verpflichtung aus der Regelung nicht mehr besteht und auch zu ihren Lasten nicht
mehr eine Vollstreckung seitens des Antragstellers droht. Gleichwohl kann in seinem solchen Fall nach Auffassung des Senats
das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde des Leistungsträgers nicht mit der Begründung verneint werden, dass die einstweilige
Anordnung stets nur einen Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen der Geldleistung geschaffen habe und dass die Frage,
ob dem Antragsteller als Begünstigten die Leistung endgültig zustehe, abschließend in einem Hauptsacheverfahren (sei es durch
einen bestandskräftigen Widerspruchsbescheid oder ein Urteil) geklärt werden müsse. Entgegen dieser von verschiedenen Beschwerdegerichten
vertretenen Ansicht (vgl.: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2006 - L 14 B 771/06 AS ER - ; LSG Hamburg, Beschluss vom 29. Mai 2007 - L 5 B 591/06 ER AS - in: NZS 2008, 168; LSG Berlin-Brandenburg - 25. Senat - Beschluss vom 09. April 2008 - L 25 B 543/08 AS ER - in: ZFSH/SGB 2008, 347; LSG Niedersachsen-Bremen - 6. Senat - Beschluss vom 15. April 2009 - L 6 AS 15/09 B ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 10. Juli 2009 - L 7 AS 323/09 B ER - mit zustimmender Anm. von Plagemann/Stiegler in: juris PR-SozR 5/2010 Anm. 6) schließt sich der erkennende Senat der
Auffassung des 15. Senats des erkennenden Gerichts an (vgl. Beschluss vom 29. Oktober 2009 - L 15 AS 327/09 B ER), dass in derartigen Fällen ein Rechtsschutzbedürfnis der belasteten Behörde nicht verneint werden kann. Denn am Rechtsschutzbedürfnis
fehlt es im Allgemeinen nur dann, wenn das Rechtsmittel für den Rechtsmittelführer offensichtlich keinerlei rechtliche oder
tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BSG, Urteil vom 24. August 2008 - B 9/9
a SB 8/06 R - mwN. in: SozR 4-3250 § 69 Nr. 8). In Fällen der vorliegenden Art ist nicht ersichtlich, dass eine Beschwerde
des Leistungsträgers gegen die ihn zur Leistung verpflichtenden einstweiligen Anordnung offensichtlich keinerlei Vorteile
bringen kann. Denn der Leistungsträger ist auch schon durch die Verpflichtung zur vorläufigen Leistungserbringung beschwert.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Hauptsacheverfahren erfahrungsgemäß bei der gegenwärtigen Belastung der Sozialgerichtsbarkeit
mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann und dass für die Dauer eines solchen Verfahrens eine Rückforderung der vorläufig erbrachten
Leistungen auch dann ausgeschlossen ist, wenn die einstweilige Anordnung zu Unrecht ergangen ist und zudem der Begünstige
- hier der Antragsteller - zu Einkommen und Vermögen während dieser Zeit erlangt sein sollte, das ihm ein Leben unabhängig
von laufenden Hilfeleistungen nach dem SGB II ermöglicht. Dies kann dann im Einzelfall dazu führen, dass ein nach der materiellen
Rechtslage an sich gegebener Rückforderungsanspruch nicht mehr realisiert werden könnte, auch wenn ein zu Vermögen gelangter
ehemaliger Leistungsbezieher sich in seinen Vermögensverhältnissen während der Dauer eines Hauptsacheverfahrens wieder maßgeblich
verschlechtert (vgl. zur Rückforderung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2007 - L 12 B 49/07 AS ER -).
Hinzu kommt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis des belasteten Leistungsträgers an der Überprüfung einer zugunsten eines Antragstellers
ergangenen einstweiligen Anordnung auch darin liegen kann, dass die erstinstanzlich entschiedene Rechtsfrage auch für zukünftige
Leistungsansprüche dieses oder anderer Hilfebezieher entscheidungserheblich ist. Eine Bestätigung der Rechtsauffassung des
erstinstanzlichen Gerichtes durch das Beschwerdegericht kann nämlich dazu führen, dass der betreffende Leistungsträger sich
in späteren Zeiträumen oder vergleichbaren Fällen an der Rechtsaufassung des Beschwerdegerichts - zumindest vorläufig - orientiert,
so dass weitere Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vermieden werden können. Unter derartigen Umständen besteht auch
die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Hauptsacheverfahren durch die Beschwerdeentscheidung erledigt.
Schließlich ist auch sonst für den Senat keinerlei gesetzliche Grundlage erkennbar, aufgrund derer von einer Beschränkung
des Rechtsschutzes (abgesehen vom Schwellenwert, der in §
172 SGG angesprochen ist) der unterlegenen Behörde ausschließlich auf des Hauptsacheverfahren ausgegangen werden könnte. Die Beschwerde
setzt lediglich voraus, dass der Beschwerdeführer sein Begehren auf eine vorläufige Regelung beschränkt und nicht bereits
im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine endgültige Klärung begehrt oder dass er von sich aus - ohne den Druck der
ihn belastenden Entscheidung des Sozialgerichts - freiwillig dem Begehren des Antragstellers durch einen begünstigenden Verwaltungsakt
nachgekommen ist (vgl. dazu OVG Berlin, Beschluss vom 15. September 1997 - 2 SN 11/97 - in: NVwZ 1998, 85; OVG Weimar, Beschluss vom 17. Juli 1997 - 2 ZEO 356/97 - in: FEVS 48, 129, 131). Auch im Zivilrecht entspricht es vorherrschender
Auffassung, dass das zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung Geleistete den Rechtsstreit nicht erledigt (vgl. BGH, Urteil
vom 16. November 1993 - X ZR 7/92 - in: NJW 1994, 942) und die Beschwer des Rechtsmittelführers nicht entfällt (vgl. Heßler in: Zöller,
ZPO, 28. Auflage, Rdn. 27 vor §
511). Da die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung entfaltet, muss eine Behörde, die sich rechtstreu verhalten will, der durch
das Sozialgericht ausgesprochenen Verpflichtung durch die einstweilige Anordnung nachgekommen und ist darauf verwiesen, in
die Beschwerde zu gehen, wenn sie der angefochtene Beschluss nicht überzeugt. Es kann daher auch nicht im wohl verstandenen
Interesse des erstinstanzlich obsiegenden Antragstellers liegen, wenn ein Leistungsträger unter vorübergehender Missachtung
des erstinstanzlichen Beschlusses veranlasst wäre, auf eine einstweilige Anordnung keinerlei Leistungen zu erbringen, um sich
dadurch die Beschwerdemöglichkeit zu erhalten.
Nach alledem lässt sich nach Ansicht des Senats ein Rechtsschutzinteresse des Leistungsträgers an einer Beschwerdeentscheidung
nicht verneinen, auch wenn er der einstweiligen Anordnung des erstinstanzlichen Gerichts Folge geleistet hat (so auch: LSG
Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2007 - L 12 B 49/07 AS ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. September 2007 - L 32 B 1565/07 AS ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2008 - L 23 B 26/08 SO ER - in: ZFSH/SGB 2008, 426; LSG Sachsen, Beschluss vom 3. November 2008 - L 7 B 405/07 AS ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Januar 2009 - L 2 B 442/07 AS ER -; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Auflage 2008, §
86 b Rdn. 47).
2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch zur Übernahme von Energiekostenrückständen nicht glaubhaft gemacht.
Der Anspruch zur Übernahme von Energiekostenrückständen durch die Gewährung eines Darlehens des Leistungsträgers beurteilt
sich nach § 22 Abs. 5 SGB II (in der nunmehr geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 24. März 2006, BGBl. I, Seite 558 ff, mit welchem die frühere Verweisung auf § 34 SGB XII beseitigt worden ist). Nach Satz 1 dieser Vorschrift können Schulden
übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt
ist, sofern für den Antragsteller Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden. Dabei ist es in der Rechtsprechung
anerkannt, dass eine vergleichbare Notlage wie der Verlust der Unterkunft mit drohender Obdachlosigkeit auch dann gegeben
ist, wenn für eine Wohnung die Sperrung der Energiezufuhr droht (sowohl bei Strom für die Beleuchtung und den Betrieb elektrischer
Geräte, als auch bei Gas für Kochfeuerung und Heizung), denn diese kann zu einer faktischen Unbewohnbarkeit einer Wohnung
insbesondere in der kalten Jahreszeit führen (vgl. dazu u. a. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Mai 2009 - L 7 AS 546/09 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Dezember 2008 - L 7 B 384/08 AS - in: ZFSH/SGB 2009, 43). Gem. Satz 2 der Regelung verengt sich das der Verwaltung eingeräumte Ermessen mit der Folge,
dass die Rückstände übernommen werden sollen, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und wenn anderenfalls Wohnungslosigkeit
(oder eine vergleichbare Notlage) einzutreten droht.
Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 22 Abs. 5 SGB II wird deutlich, dass zunächst das in beiden
Sätzen der Regelung enthaltene Tatbestandsmerkmal der "Rechtfertigung" erfüllt sein muss, bevor eine Entscheidung im (intendierten)
Ermessen des Leistungsträgers zu erfolgen hat. Bei dem Tatbestandsmerkmal der Rechtfertigung handelt es sich um ein unbestimmten
Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt; er zielt darauf ab, die objektive Geeignetheit
der Schuldenübernahme zur Sicherung der Unterkunft festzustellen und zu klären, ob der Hilfesuchende alle Möglichkeiten der
Selbsthilfe (auch unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Situation und seines Schonvermögens) ausgeschöpft hat. Dies
ergibt sich aus § 22 Abs. 5 Satz 3 SGB II, wonach der Einsatz auch des sonst freigestellten Schonvermögens im Grundfreibetrag
zur Sicherung der Unterkunft und damit zum Ausgleich der Rückstände verlangt wird. Zur Frage der Rechtfertigung gehört auch
der Gesichtspunkt, dass grundsätzlich die Übernahme von Rückständen (bei Miete und Energiekosten) nicht gerechtfertigt ist,
wenn dies zur Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft führen würde. Denn es kann nicht Sinn der Regelung sein,
die Vorschriften zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft dadurch gegenstandslos werden zu lassen, dass auf diesem Weg
zu teure Unterkunftskosten nachträglich doch übernommen werden (vgl. Beschluss des Senats vom 4. September 2009 - L 13 AS 252/09 B ER - m. w. N. in: FEVS 61, 237). Sind diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, so steht die Entscheidung im Ermessen der
Antragsgegnerin, so dass auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Verpflichtung der Antragsgegnerin
zur darlehensweise Übernahme der Schulden nur erfolgen kann, wenn die zu treffende Ermessensentscheidung für den Antragsteller
voraussichtlich positiv ausfallen wird. Dabei sind bei der Betätigung des Ermessens in einer umfassenden Gesamtschau die Umstände
des Einzelfalls zu berücksichtigen, und zwar die Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des eventuell von
der Räumung (oder der Energiesperre) bedrohten Personenkreises (insbesondere die Frage der Betroffenheit von Kleinkindern
oder Behinderten), dass in der Vergangenheit von dem Hilfesuchenden gezeigte Verhalten (erstmaliger oder wiederholter Rückstand,
eigene Bemühungen, entstandene Rückstände auszugleichen) und ein erkennbarer Wille zur Selbsthilfe (etwa durch das Bemühen
um vertretbare Ratenzahlungen bei den Gläubigern). In diesem Rahmen kann es bei der Ermessensbetätigung - insbesondere bei
Anwendung von Satz 2 der Vorschrift - darauf ankommen, ob der Leistungsberechtigte ein missbräuchliches Verhalten an den Tag
gelegt hat. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Hilfesuchende seine Mieten oder Energiekostenvorauszahlungen
bewusst im Vertrauen darauf nicht leistet, dass diese später doch vom Leistungsträger darlehensweise nach der hier in Rede
stehenden Vorschrift übernommen würden. Eine gezielte Herbeiführung der Notlage zu Lasten des Leistungsträgers kann nicht
hingenommen werden (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Oktober 2006 - L 9 AS 529/06 ER -; Streichsbier in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage, § 34 Rdn. 7 zu der Parallelvorschrift des § 34 SGB XII). Das
Ermessen ist auch bei einer unmittelbar drohenden Sperre der Energiezufuhr nicht reduziert, wenn sich der Hilfesuchende ein
sozialwidriges, unwirtschaftliches und die Möglichkeiten der Selbsthilfe ignorierendes Verhalten entgegenhalten lassen muss
(vgl. Berlit in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rdn. 118; wohl anderer Ansicht: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom
28. Mai 2009 - L 7 AS 546/09 B ER -).
Ausgehend von diesen Überlegungen (vgl. dazu: Beschluss des Senats vom 4. September 2009 - L 13 AS 252/09 B ER -) kann es dahinstehen, ob die von der Antragsgegnerin vertretene Ansicht zutreffend ist, die bislang von ihr berücksichtigten
Heizkosten für die Wohnung des Antragstellers seien überhöht, müssten vielmehr nach einem eigenen "kommunalen" Heizkostenspiegel
beurteilt werden. Ebenso kann es für das vorliegende Verfahren offen bleiben, ob die von der Antragsgegnerin ermittelten Mietobergrenzen
dem von der Rechtsprechung des BSG geforderten "schlüssigen Konzept" entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b
AS 44/06 R - in: FEVS 60, 145 - und Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - sowie Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -). Denn die 85 qm Wohnfläche umfassende Wohnung des Antragstellers ist für ihn als Einzelperson unangemessen groß und
hat für ihn sowohl in der Vergangenheit als auch gegenwärtig stets überhöhte Kosten hinsichtlich der Miete und der Energievorauszahlungen
verursacht, die er mehrfach schon nicht hat ausgleichen können. So hat er im Februar 2009 die betreffende Dreizimmerwohnung
bezogen und war schon seit dem Juni 2009 nicht mehr in der Lage, die Mietkosten zuzahlen, obwohl er im Bezug von Leistungen
des Arbeitslosengeldes I stand bzw. später ab September 2009 Arbeit hatte. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Antragsteller
stets wieder bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin Arbeit findet und es zu Aufhebungsverträgen mit ihr kommt. Auch hat der Antragsteller
den Rückstand aus der Jahresabrechnung vom 29. Oktober 2009 über 288,59 EURO nicht zum Anlass genommen, diesen Rückstand oder
die vorgesehenen Abschläge ab November 2009 zu zahlen, obwohl er zunächst im Winter wieder Arbeit gefunden hatte und ihm dann
ab dem 1. Februar 2010 Leistungen bewilligt wurden, die auch die laufenden Kosten der Unterkunft berücksichtigten. Hinzu kommt,
dass der Antragsteller bereits verschiedentlich in der Vergangenheit erhebliche Rückstände beim Energieversorgungsunternehmen
hat auflaufen lassen (im Oktober 2006: Blatt 141 der Verwaltungsakte Band I); Ankündigung der Versorgungseinstellung im Mai
2009, Blatt 113 Verwaltungsakte Band II). Entgegen der Ansicht des SG Aurich können daher Energiekostenrückstände unter den
gleichen Voraussetzungen abgelehnt werden, wie dies bei der Übernahme von Mietschulden grundsätzlich der Fall sein kann.
Nach Ansicht des Senats spricht es bei der Betätigung des Ermessens auch nicht ausschlaggebend für das Anliegen des Antragstellers,
dass er sich wohl darum bemüht, regelmäßig das Umgangsrecht mit seinem Sohn H. wahrzunehmen. Abgesehen davon, dass der Antragsteller
lediglich sein Umgangsrecht, aber nicht die tatsächliche Ausübung glaubhaft dargelegt hat, kommt es bei einem alleinstehenden
36-jährigen Mann zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinem 7-jährigen Sohn nicht entscheidend darauf an, ob er über
eine große oder über eine kleine Wohnung verfügt. Vielmehr könnte er das Umgangsrecht auch dann ausüben, wenn er lediglich
in einem möblierten Zimmer wohnen würde, auch kann das Umgangsrecht zumindest zeitweilig auch außerhalb der Wohnung ausgeübt
werden.
Auch kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Hilfesuchende öffentliche Leistungen zweckwidrig verwandt hat. Denn vielmehr
ist bei der Gesamtschau der Umstände in die Ermessenbetätigung einzustellen, aus welchen Gründen es zu den Rückständen gekommen
ist. Hier deuten diese Umstände dahin, dass es der Antragsteller über längere Zeit vorgezogen hat, keine Abschlagszahlungen
zu leisten, obwohl er zunächst über Einkommen aus Arbeitslosengeld I und später über Einkünfte aufgrund eigener Arbeitsleistung
verfügte. Das lässt die Vermutung zu, der Antragsteller habe seine Einkünfte ohne Rücksicht auf diese Verpflichtungen ausgegeben
oder er habe stattdessen die Einnahmen zur Tilgung von Schulden verwendet. In beiden Situationen spricht einiges für die Annahme,
dass der Antragsteller - wie in der Vergangenheit - es hat darauf ankommen lassen, dass später Leistungen zur Begleichung
seiner Schulden für den Bezug von Energie darlehensweise aus Transfergeldern, die der Leistungsträger aus öffentlichen Steuermitteln
zur Verfügung gestellt erhält, ihm zugute kommen.
Schließlich kann entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht der Umstand zu einer anderen Entscheidung führen, dass ihm
mit dem Bewilligungsbescheid vom 11. Februar 2010 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 22. Februar 2010 und 25. März
2010 für den Bewilligungszeitraum Februar bis einschließlich Juni 2010 laufende Leistungen unter Einschluss der Kosten der
Unterkunft und Heizung gewährt werden. Dies ist nach § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II Voraussetzung für die Schuldenübernahme; dieser
Gesichtspunkt ersetzt aber nicht die notwendige Prüfung der Rechtfertigung und der Betätigung des Ermessens in Bezug auf die
Übernahme von Energierückständen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).