Versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis einer Kommanditistin bei einer Tätigkeit als Prokuristin in einer Kommanditgesellschaft
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die vom Sozialgericht (SG) getroffene Feststellung, wonach die Klägerin bei der Beigeladenen nicht in einem abhängigen, sondern in einem selbständigen
Beschäftigungsverhältnis steht.
Die beigeladene Familiengesellschaft in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft ist seit Generationen im Verlagsgeschäft
tätig. Die Gesellschaftsanteile der Beigeladenen werden zu jeweils 50 % von den Mitgliedern zweier Familienstämme gehalten:
Der Familienstamm "J. senior" wird durch J. als Komplementär (mit einem Anteil am Gesellschaftsvermögen von 3 %) und als Kommanditisten
durch die Klägerin (mit einem Anteil von 31 %) sowie durch K. und L. M. (mit einem Anteil von jeweils 8 %) vertreten. Auf
Seiten des Familienstamms "N. " gehören der Gesellschaft O. als weiterer Komplementär (mit einem Anteil von 25,577 %) sowie
als Kommanditisten P. (mit 14,231 % Anteil) und Q. (mit 10,192 % Anteil) an.
Maßgeblich ist für die Gesellschaft der Gesellschaftsvertrag vom 20. Januar 1965. Das dort vorgesehene besondere Gesellschaftsorgan
in Form eines Beirates (vgl. insbesondere § 3 des Vertrages) ist seit rund 20 Jahren nicht mehr konstituiert. Hinsichtlich
der Gewinn- und Verlustverteilung sieht § 8 des Gesellschaftsvertrages vor, dass den Komplementären die Hälfte des "Reingewinns"
als Leistungsvergütung und Haftungsabgeltung zusteht; die zweite Hälfte des Gewinns ist auf alle Gesellschafter nach Maßgabe
ihrer Kapitalanteile zu verteilen. Nach § 14 Abs. 1 des Vertrages hat jeder Familienstamm das Recht, dass bis zu zwei der
seinem Stamm angehörenden Gesellschafter (oder deren Abkömmlinge) als Komplementäre tätig werden; beide Stämme machen derzeit
von diesem Recht nur bezüglich jeweils eines Komplementärs Gebrauch.
§ 3 des Vertrages sieht die Einrichtung eines Direktoriums vor, dem die Komplementäre angehören. Soweit nach § 14 des Vertrages
unter den dort geregelten Voraussetzungen auch die Entsendung von Nicht-Komplementären in das Direktorium vorgesehen ist,
wird von dieser Möglichkeit seit Jahrzehnten jedenfalls kein Gebrauch gemacht. Nach § 3 Abs. 1 des Vertrages wird die Gesellschaft
durch die Komplementäre vertreten, denen auch die Geschäftsführung obliegt. Sie sind dabei u.a. auch an die Beschlüsse des
Direktoriums gebunden (wobei das Direktorium jedenfalls seit rund 20 Jahren aus eben diesen Komplementären besteht, so dass
diese, soweit nach Aktenlage erkennbar, gar nicht gesondert als Direktorium zusammentreten).
Die Rechte der Kommanditisten aus §§ 161 und 164 HGB werden in § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages eingeschränkt.
Mit Wirkung zum 1. Februar 2005 trat die Klägerin als Verlagskauffrau in den Dienst der Beigeladenen. Unter dem 7. Januar
2005 wurde ein (vier Zeilen umfassender) "Anstellungsvertrag" abgeschlossen, der ein monatliches Bruttogehalt von 3.250 EUR,
eine wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden und 28 Urlaubstage im Jahr vorsah. Die Klägerin ist zur Prokuristin bestellt
worden; sie ist als solche zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berechtigt.
Die Beigeladene verfügt über vier Fachabteilungen: Die Abteilung "Zeitschriften" leitet der Komplementär O., die Abteilung
"Buchverlag" leiten seit Anfang 2007 dieser und die Klägerin gemeinsam, die Abteilungen "Sprachzeitungen" (seit Anfang 2006)
und "Kunst & Design" (seit Anfang 2007) leitet die Klägerin.
Die Klägerin und die beiden Komplementäre treffen sich regelmäßig in etwa monatlichem Abstand zu sog. Geschäftsleitungstreffen,
bei denen grundsätzlich bedeutsame Fragen wie auch etwa Personalangelegenheiten erörtert und beschlossen werden.
Bei der Beigeladenen sind etwa 40 Mitarbeiter tätig. Ihr Aktivkapital beläuft sich auf etwa 4,3 Millionen Euro, wobei sie
für ca. 1,7 Millionen Euro Guthaben bei Kreditinstituten u.ä. unterhält.
Den Antrag der Klägerin vom Januar 2007 auf Feststellung einer nicht versicherungspflichtigen (selbständigen) Tätigkeit lehnte
die Beklagte mit Bescheid vom 29. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2008 mit der Begründung
ab, dass die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen stehe.
Mit der am 23. Dezember 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie über eine faktische Unabhängigkeit
bei ihren geschäftlichen Entscheidungen verfüge und die Geschicke der Gesellschaft "für den von ihr vertretenen Familienstamm"
eigenverantwortlich lenke. Sie unterliege keinen persönlichen Weisungen. Es sei letztlich nur Ausdruck hanseatischer Familientradition,
dass in ihrem Familienstamm die Position eines Komplementärs weiterhin durch den 86jährigen Seniorpartner J. wahrgenommen
werde.
Die Beklagte orientiere sich unzulässigerweise nur unzureichend an den tatsächlichen Verhältnissen und vernachlässige, dass
sie keinem Weisungsrecht unterliege. Insbesondere berücksichtige die Beklagte nicht die Rechtsprechung, wonach Mitglieder
einer Familiengesellschaft dann nicht als abhängig Beschäftigte anzusehen seien, wenn sie gewissermaßen "Kopf und Seele der
Gesellschaft" seien.
Nach Vernehmung des Komplementärs J. als Zeugen hat das Sozialgericht Bremen mit Urteil vom 15. Oktober 2009, der Beklagten
zugestellt am 20. November 2009, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass die Klägerin seit Februar
2005 bei der Beigeladenen in einem selbständigen und nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Für eine selbständige
Tätigkeit spreche bereits ihre Beteiligung am Kapitalvermögen der Beigeladenen in Höhe von 31 %. Auch sei sie eine der drei
entscheidenden Personen in dem Unternehmen. Diese und damit auch die Klägerin träfen für ihren Bereich jeweils selbständige
Entscheidungen und seien keinesfalls weisungsabhängig.
Mit ihrer am 21. Dezember 2009, einem Montag, eingelegten Berufung macht die Beklagte demgegenüber geltend, dass sich eine
Verpflichtung der Klägerin zur Mitarbeit in dem Unternehmen aus dem Anstellungsvertrag vom 7. Januar 2005 ergebe. Zudem könne
die Klägerin nach den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen mit ihrer Kommanditisteneinlage von 31 % keinen der Annahme
eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses entgegenstehenden maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der KG ausüben.
Mit Bescheid vom 30. März 2010 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide dahingehend ergänzt, dass die Klägerin der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 15. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag und unterstützt der Sache nach das Begehren der Klägerin.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie faktisch die unternehmerische Verantwortung für ihren Familienstamm von ihrem
Großvater übernommen habe. Sie zähle zu den drei entscheidenden geschäftsleitenden Persönlichkeiten bei der Beigeladenen.
Sie selbst leite eigenverantwortlich insbesondere den Bereich der Sprachzeitungen. In Bezug auf Zeit, Dauer und Ort ihrer
Arbeit unterliege sie keinen Weisungen. Einen erheblichen Teil ihrer Tätigkeit übe sie - insbesondere nach der vor wenigen
Monaten erfolgten Geburt eines Kindes - von zu Hause aus aus. Sie arbeite weiterhin mehr als die vertraglich vorgesehenen
39 Wochenstunden und nehme den vorgesehenen Jahresurlaub nur teilweise in Anspruch. Im Gegensatz zu den beiden Komplementären
verfüge sie über spezielle Kenntnisse insbesondere im Bereich der modernen Medien. Der Komplementär J. betrachte sie als seine
Nachfolgerin.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt,
dass die Klägerin bei der Beigeladenen in einem abhängigen und - wie sie in dem nach §
96 SGG in das Berufungsverfahren einbezogenen Ergänzungsbescheid vom 30. März 2010 klargestellt hat - versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
steht. Die demgegenüber vom Sozialgericht getroffene Feststellung einer selbständigen Tätigkeit ist rechtswidrig.
Nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung
sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV). Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung
in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des
Arbeitgebers (vgl. dazu und zum Folgenden: BSG, U. v. 04. Juli 2007 - B 11a AL 5/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 8 mwN). Demgegenüber
ist die selbständige Tätigkeit in erster Linie durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte,
die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (siehe zur Verfassungsmäßigkeit
der Abgrenzung Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Im vorliegenden Zusammenhang spricht bereits der förmliche Abschluss eines Anstellungsvertrages, mit dem sich die Klägerin
allen Pflichten einer Arbeitnehmerin unterworfen und arbeitsrechtlich alle Ansprüche einer solchen einschließlich insbesondere
des Rechts auf bezahlten Erholungsurlaubs und auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EntgFG) erworben hat, für das
Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Namentlich ist durch diesen Arbeitsvertrag, dessen Rechtswirksamkeit in keiner Weise
durch seine relative Kürze tangiert wird, eine rechtliche Weisungsabhängigkeit der Klägerin jedenfalls im Sinne einer funktionsgerecht
dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess begründet worden. Ein Überschreiten der nach dem Vertragstext vorgesehenen Arbeitszeit
durch längere Wochenarbeitszeiten und/oder kürzere Urlaubszeiten ist auch bei vielen (insbesondere leitenden) Angestellten
anzutreffen und berührt nicht die rechtliche Einordnung des Tätigkeitsverhältnisses.
Schon angesichts des förmlich abgeschlossenen Anstellungsvertrages, in dessen Ausführung die Beigeladene auch regelmäßig das
vereinbarte Monatsgehalt an die Klägerin zahlt, kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Klägerin lediglich auf Grund
gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung Seewald in Kasseler Kommentar, §
7 SGB IV, Rn. 92) tätig wird; der Gesellschaftsvertrag weist vielmehr die Geschäftsführung den Komplementären zu und trifft keine
Regelungen über eine Mitarbeit von Kommanditisten.
Besondere Fachkenntnisse haben als solche kein derartiges Gewicht, um daraus eine selbständige Tätigkeit abzuleiten. Es ist
vielmehr durchaus üblich, dass Geschäftsführer (und andere insbesondere leitende Angestellte) spezielle Fachkenntnisse aufweisen;
diese sind vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung dieser Aufgabe bzw. für die Anstellung (BSG, U. v. 30. Juni 1999
- B 2 U 35/98 R - SozR 3-2200 § 723 Nr. 4).
Die vorstehend erläuterten Grundsätze zieht die Rechtsprechung insbesondere auch zur Beurteilung der Frage heran, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer
einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (BSG, aaO. mwN). Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft
ist nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen. Bei einem am Stammkapital der
Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer sind der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen
Einflusses auf die Gesellschaft die wesentlichen Merkmale. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt
sind, hat das BSG dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen,
die eine Weisungsgebundenheit im Einzelfall ausnahmsweise aufheben. Entsprechendes gilt auch für Geschäftsführer, die zwar
zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine so genannte Sperrminorität
verfügen. Auch für diesen Personenkreis ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen (BSG, aaO. mwN). Eine
hiervon abweichende Beurteilung kommt wiederum nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls den Schluss zulassen,
es liege keine Weisungsgebundenheit vor.
Die vorstehend erläuterte Rechtsprechung zum Einordnung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist im Wege des Erst-recht-Schlusses
auch bei der Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene heranzuziehen. Die Klägerin ist nicht einmal förmlich
zur Geschäftsführung der Beigeladenen berufen; die Geschäftsführung obliegt vielmehr nach § 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (entsprechend § 164 HGB) den Komplementären, die mangels der Ernennung anderweitiger Mitglieder nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages
zugleich das Direktorium bilden.
Der Klägerin ist als Kommanditistin und Prokuristin lediglich in der innerbetrieblichen Praxis eine Mitwirkung an der Geschäftsführung
eingeräumt worden; insbesondere nimmt sie an den regelmäßigen Geschäftsleitungstreffen teil. Selbst wenn sie unter diesem
Gesichtspunkt rechtlich wie eine Geschäftsführerin anzusehen sein sollte, ist diese faktische Stellung jedenfalls lediglich
mit einer Minderheitsbeteiligung am Kapital verbunden.
Diese Minderheitsbeteiligung von 31 % ist nicht mit einer Sperrminorität verbunden. § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages
sieht - auch nur bezogen auf Beschlüsse der Gesellschafterversammlung - eine solche Sperrminorität lediglich für Komplementäre
(mit einer Kapitalbeteiligung von mehr als 10 %) vor.
Dementsprechend hat die Klägerin keine rechtliche Handhabe, ihr missliebige Weisungen oder auch nur im eventuellen Streitfall
ihre Entlassung zu verhindern. Die Kündigung des mit ihr bestehenden Anstellungsvertrages und/oder der Entzug der Prokura
erst recht der faktische Ausschluss von künftigen Geschäftsleitungstreffen - fielen als Maßnahmen der Geschäftsführung in
die Zuständigkeit der Komplementäre. Der Gesellschaftsvertrag sieht diesbezüglich zwar eine Bindung an Beschlüsse des (seit
Jahrzehnten mit den Komplementären personenidentischen) Direktoriums vor; eine Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung
für solche Geschäftsführungsmaßnahmen ist hingegen nicht vorgesehen; im Übrigen hat die Klägerin auf der Gesellschafterversammlung
auch keine Mehrheit.
Selbst wenn § 14 des Gesellschaftsvertrages unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin den überwiegenden Teil der auf
den Familienstamm "J. senior" entfallenden Gesellschaftsanteile innehat, dahingehend zu interpretieren sein mag, dass sie
persönlich für ihre Person die Einräumung der Rechtsposition einer (dann zugleich dem Direktorium angehörenden) Komplementärin
oder die Entsendung eines von ihr auszuwählenden weiteren Direktoriumsmitgliedes beanspruchen könnte, würde auch unter Einbeziehung
einer solchen Gestaltungsmöglichkeit noch keine Rechtsmacht zur Verhinderung missliebiger Geschäftsführungsmaßnahmen im vorstehend
erläuterten Sinne begründet werden. Auch bei Ausübung entsprechender Gestaltungsrechte hätte die Klägerin bzw. ein von ihr
bestelltes weiteres Mitglied im Direktorium lediglich 25 % der Stimmen im Direktorium (§ 3 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages);
wobei für Entscheidungen dieses Gremiums die einfache Mehrheit reicht (§ 3 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages). Mit dem Stimmenanteil
von 25 % im Direktorium wäre mithin auch keine Sperrminorität verbunden.
§ 14 des Gesellschaftsvertrages räumt der Klägerin auch unter Berücksichtigung des ihr gehörenden überwiegenden Teils der
auf den Familienstamm "J. senior" entfallenden Gesellschaftsanteile ebenfalls nicht die Rechtsmacht ein, den derzeitigen Komplementär
dieses Familienstammes J. abzuberufen und durch ihre eigene Person oder eine andere von einer persönlich auszuwählende Person
zu ersetzen. § 13 des Gesellschaftsvertrages sieht vielmehr lediglich ein Anspruch der dort genannten Komplementäre auf Umwandlung
ihrer Rechtsstellung in diejenige eines Kommanditisten vor; dieser Anspruch kann nach den vertraglichen Bestimmungen nur von
den Komplementären persönlich und nicht von anderen Gesellschaftern geltend gemacht werden; ansonsten käme ein Ausschluss
nur aus wichtigem Grund nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 in Betracht.
In diesem Zusammenhang ist nach der erläuterten BSG-Rechtsprechung entscheidend darauf abzustellen, dass aus den erläuterten
Gründen der Klägerin die Rechtsmacht zur Verhinderung missliebiger Geschäftsführungsmaßnahmen fehlt. Hingegen kommt es nicht
darauf an, dass solche Maßnahmen bislang von den Geschäftsführern nicht getroffen worden sind.
Besondere Umstände, aufgrund derer gleichwohl vom Fehlen einer Weisungsgebundenheit auszugehen sein könnte, sind nicht ersichtlich.
Soweit in der Rechtsprechung erörtert wird, dass ein Geschäftsführer nach Maßgabe einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen
Einzelfalles aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach
eigenem Gutdünken führen könnte, ohne dass ihn die (weiteren) Gesellschafter daran hindern, und dass in solchen Fällen es
an der für eine beitragspflichtige Beschäftigung unabdingbaren Voraussetzung der persönlichen Abhängigkeit fehlen könne (BSG;
U. v. 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 - BB 1989, 72), handelt es sich um vom Fall der Klägerin grundlegend abweichende Fallkonstellationen. Im vorliegenden Zusammenhang ist
nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin auch nur tatsächlich die Möglichkeit eröffnet sein könnte, das Familienunternehmen
wie eine Alleininhaberin zu führen. Selbst relativ überschaubare Geschäftsführungsmaßnahmen wie die Erhöhung des Gehalts eines
Mitarbeiters vermag die Klägerin nicht einmal für die von ihr geführten Abteilung selbst abschließend zu treffen, sie bedürfen
vielmehr in der Unternehmenspraxis der Zustimmung durch die beiden Komplementäre. Diese nehmen aktiv und regelmäßig an der
Geschäftsführung teil und nehmen weiterhin bestimmenden Einfluss auf die maßgeblichen Grundentscheidungen. Dies belegen letztlich
der eigene Vortrag der Klägerin und die von ihr vorgelegten Protokolle der Geschäftsleitungstreffen.
Wenn die Komplementäre mithin schon routinemäßig regelmäßig in die laufende Geschäftsführung eingebunden sind, dann ist erst
recht zu erwarten, dass sie im eventuellen (bislang in tatsächlicher Hinsicht, soweit nach Aktenlage beurteilbar, sehr fernliegenden)
Falle einer Krisensituation ihre Interessen und die - im Gesellschaftsvertrag sorgsam austarierten - Interessen der jeweiligen
Familienstämme im Rahmen der ihnen obliegenden Geschäftsführung persönlich wahren werden. Ungeachtet des, soweit nach Aktenlage
ersichtlich, guten persönlichen Verhältnisses zwischen der Klägerin und den Komplementären ist gerade vor dem Hintergrund
eines traditionsreichen hanseatischen Familienunternehmens zu erwarten, dass die Komplementäre im eventuellen Falle einer
nicht einvernehmlich zu lösenden Krisenlage die ihnen aufgetragene Geschäftsführung im Interesse des Unternehmenserhalts erforderlichenfalls
auch im Widerstreit zu persönlichen Interessen der Klägerin wahrnehmen werden.
Gerade eine tatsächliche Handhabung in dem auch von der Klägerin geltend gemachten Sinne, dass die Gesellschafter (bzw. im
vorliegenden Zusammenhang die Komplementäre und die Klägerin als faktische Teilnehmer an den Geschäftsleitungstreffen) die
wesentlichen Entscheidungen im Betrieb einvernehmlich treffen, belegt im Ergebnis auch die tatsächliche Ausübung des Einflusses
im Sinne einer regelmäßigen Kontrolle der Tätigkeit der einzelnen (Mit-)Geschäftsführer unter Einschluss der in Geschäftsführungstätigkeiten
faktisch mit eingebundenen Klägerin durch die Gesellschaft. Eine Bindung der Klägerin an die Entscheidungen der Gesamtheit
der Gesellschafter und insoweit ihre Weisungsgebundenheit bei der geschäftsführenden Tätigkeit wird dadurch gerade bestätigt
(vgl. BSG, U. v. 04. Juli 2007, aaO.) und nicht etwa, wie die Klägerin geltend macht, widerlegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht gegeben.