Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme und Erstattung von zunächst gewährten Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wegen nicht angegebenen Vermögens in Form eines Aktiendepots. Betroffen sind die Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005
bis 31.10.2010. Der Beklagte verlangt die Erstattung eines Betrages von insgesamt 67.031,76 Euro.
Der am 00.00.1963 geborene Kläger war seit seiner Geburt bis zum 29.08.2011 mit erstem Wohnsitz in der U-Str. 00 in N gemeldet.
Dabei handelt es sich um sein Elternhaus, in dem der Kläger ein eigenes Zimmer mit Waschgelegenheit und WC bewohnte. Einen
Mietvertrag gab es nicht. Miete zahlte er hierfür im streitgegenständlichen Zeitraum nicht.
Seit dem 01.02.1999 hat der Kläger eine 2- Zimmer-Wohnung mit 69,7 m2 Wohnfläche in der M-Allee 00 in N1 angemietet. Ausweislich
des Mietvertrages fielen hierfür monatlich 870,00 DM Grundmiete zzgl. 66,00 DM Heizkosten zzgl. 297,00 DM Betriebskosten an.
Im Zeitpunkt des Antrags auf SGB II-Leistungen im September 2004 betrugen die Kosten der Unterkunft für diese Wohnung ausweislich der Erklärung des Klägers monatlich
445,00 Euro Grundmiete, 148,65 Euro Betriebskosten und 29,35 Euro Heizkosten. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt dezentral
mit einem Boiler. Im April 2004 meldete der Kläger die Wohnung in der M-Allee 00 in N1 als Nebenwohnung an. Der Kläger absolvierte
von 1984 bis 1990 ein Studium der Volkswirtschaft, von 1990 bis 1991 ein Auslandsstudium der English Studies in England und
war von 1994 bis 1998 als Angestellter in Luxemburg tätig. Der Kläger verdiente 1998 brutto 80.157,00 DM und 1999 brutto 114.762,00
DM. Nach Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses bezog der Kläger ab September 2001 bei der Arbeitsagentur in N
Arbeitslosengeld und ab 20.09.2002 Arbeitslosenhilfe bei der Arbeitsagentur N. Die Akten hierüber liegen ausweislich der Auskunft
der Bundesagentur für Arbeit vom 22.05.2019 nicht mehr vor.
Der Kläger war für die Zeit von August 2001 bis zum 18.05.2011 als Inhaber des Depots Nr. 00 mit dazugehörigem Referenzkonto
Nr. 000 - zunächst bei der Firma G S.A. (G), ab 2008 übernommen von der P Bank (P) - ausgewiesen. Mit Stichtag 18.05.2011
wurden auf Antrag des Klägers vom 12.05.2011 das Depotkonto und das Referenzkonto des Klägers bei der P aufgelöst und Wertpapiere
im Wert von 7.446,56 Euro auf das Depotkonto des Vaters des Klägers übertragen. Der Restbestand von 13,27 Euro wurde vom Referenzkonto
des Klägers an seinen Vater überwiesen. Gemäß § 12 Abs. 2 der am 03.08.2001 zwischen dem Kläger und G abgeschlossenen Vereinbarung
über die Ausführung von Wertpapier- und Termingeschäften bedurfte die Abtretung von Rechten, Ansprüchen und Forderungen, z.B.
Kontoguthaben und sonstigen Positionen des Kunden, die ihm gegen G zustanden, deren vorheriger schriftlicher Zustimmung; gleichlautend
die Bedingungen von P. Depot und Referenzkonto wiesen von der Zeit der Eröffnung im August 2001 bis zur wirksamen Übertragung
auf Konten des Vaters des Klägers mit Stichtag 18.05.2011 die folgenden Wertstellungen auf:
Depotstand zum - Referenzkontostand zum - Summe 16.08.2001: 46.016,27 Euro - 46.016,27 Euro 28.06.2002: 27.421,38 Euro - 28.06.2002:
1.955,33 Euro - 29.376,71 Euro 30.09.2002: 16.632,58 Euro - 30.09.2002: 2.059,02 Euro - 20.297,87 Euro 31.12.2002: 18.868,00
Euro - 31.12.2002: 11.180,72 Euro - 30.048,72 Euro 31.03.2003: 17.210,26 Euro - 31.03.2003: 9727,68 Euro - 26.937,94 Euro
30.06.2003: 22.847,96 Euro - 30.06.2003: 9750,35 Euro - 32.598,31 Euro 30.09.2003: 30.120,24 Euro - 30.09.2003: 8746,62 Euro
- 38.866,86 Euro 31.12.2003: 34.237,20 Euro - 31.12.2003: 5712,70 Euro - 39.949,90 Euro 30.09.2004: 42.532,21 Euro - 30.09.2004:
1.182,39 Euro - 43.714,60 Euro 31.12.2004: 48.820,41 Euro - 31.12.2004: 183,91 Euro - 49.004,32 Euro 30.06.2005: 76.252,12
Euro - 30.06.2005: 4.871,47 Euro - 81.123,59 Euro 31.12.2005: 95.948,17 Euro - 31.12.2005: 61,47 Euro - 96.009,64 Euro 30.06.2006:
43.250,76 Euro - 30.06.2006: 27.700,83 Euro - 70.951,59 Euro 31.12.2006: 41.788,82 Euro - 30.12.2006: 16.420,63 Euro - 58.209,45
Euro 29.06.2007:107.876,62 Euro - 29.06.2007: 423,40 Euro 108.300,02 Euro 31.12.2007: 53.186,73 Euro - 31.12.2007: 6,09 Euro
- 53.192,82 Euro 30.06.2008: 42.833,87 Euro - 30.06.2008: 413,23 Euro - 43.247,10 Euro 31.12.2008: 13.010,46 Euro - 31.12.2008:
-12,54 Euro - 12.997,92 Euro 30.06.2009: 15.863,47 Euro - 30.06.2009: - 35,46 Euro - 15.828,01 Euro 31.12.2009: 17.582,32
Euro - 31.12.2009: - 62,40 Euro - 17.519,92 Euro 30.06.2010: 17.361,71 Euro - 30.06.2010: 200,55 Euro - 17.562,26 Euro 31.12.2010:
14.481,79 Euro - 31.12.2010: 25,74 Euro - 14.507,53 Euro
5 Aus den Kontoauszügen des zu dem Depot gehörenden Referenzkontos ergeben sich die folgenden Zahlungsflüsse:
Überweisungen von dem Kläger auf das Referenzkonto: Am 16.08.2001 ein Betrag i.H.v. 46.016,27 Euro, am 31.01.2002 ein Betrag
i.H.v. 3.088,00 Euro, am 20.03.2002 ein Betrag i.H.v. 2.000,00 Euro und am 23.12.2002 ein Betrag i.H.v. 8.000,00 Euro.
Überweisungen von dem Vater des Klägers auf das Referenzkonto: Am 19.11.2002 ein Betrag i.H.v. 2.000,00 Euro, am 06.12.2002
ein Betrag i.H.v. 1.500,00 Euro, am 13.01.2005 ein Betrag i.H.v. 1.300,00 Euro, am 18.02.2005 ein Betrag i.H.v. 1.000,00 Euro,
am 17.03.2005 ein Betrag i.H.v. 1.000,00 Euro.
Überweisungen an den Vater des Klägers: Am 23.07.2008 ein Betrag i.H.v. 500,00 Euro.
Überweisungen an den Kläger jeweils mit dem Betreff "X C, Darlehen": Am 24.11.2010 ein Betrag i.H.v. 1.400,00 Euro, am 23.12.2010
ein Betrag i.H.v. 1.000,00 Euro, am 27.01.2011 ein Betrag i.H.v. 995,00 Euro, am 22.02.2011 ein Betrag i.H.v. 500,00 Euro,
am 18.03.2011 ein Betrag i.H.v. 5.750,00 Euro, am 27.04.2011 ein Betrag i.H.v. 750,00 Euro.
Seit 2003 übte der Kläger, zunächst im Nebenerwerb und ab Dezember 2005 im Haupterwerb, eine selbstständige Tätigkeit als
Investment Consultant aus. Hierfür nutzte er Teile der Räumlichkeiten der Wohnung in der M-Allee 00 in N1.
Am 02.09.2004 nahm der Kläger an einer Informationsveranstaltung über Leistungen, Voraussetzungen und Antragsverfahren zum
Arbeitslosengeld II teil. Unter dem 29.09.2004 beantragte er erstmals bei der Agentur für Arbeit X1, der Rechtsvorgängerin
der Beklagten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Nach der Auskunft der Agentur für Arbeit vom 22.05.2019 kann auch nicht aufgrund des Kürzels auf dem ersten SGB II-Antrag die damalige Sachbearbeiterin ermittelt werden. Die Anschriften der sich aus den verbis-Vermerken der Bundesagentur
für Arbeit ergebenden für den Kläger zuständigen Sachbearbeiter*innen, von denen teilweise nur die Nachnamen und auch keine
Geburtsdaten aus den Vermerken hervorgingen, konnten weder durch den Beklagten noch durch die Bundesagentur für Arbeit noch
durch eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt ermittelt werden.
Im Zusatzblatt 3 des Antrages vom 29.09.2004 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens unter Punkt 2.4 "Sparbriefe
/ Sonstige Wertpapiere / z.B. Aktien, Fonds- Anteile usw." gab der Kläger ein Vermögen i.H.v. 604,00 Euro in Form von Wertpapieren
und einen gesperrten VL-Vertrag mit einem Wert von ca. 1.300,00 Euro an. Die unter Punkt 8 formulierte Frage "Wurde Vermögen
im In- oder Ausland verschenkt oder gespendet oder auf eine andere Person übertragen" beantwortete der Kläger mit "nein".
Bei sämtlichen Folgeanträgen verneinte der Kläger die Frage nach Änderungen in den Vermögensverhältnissen.
Weiter gab der Kläger in dem Erstantrag unter Punkt "Allgemeine Daten des Antragstellers, Straße, Haus-Nr., PLZ-Wohnort" an
"U-Str. 00, N" und auf dem Zusatzblatt 1 zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung zu "Straße, Haus-Nr.,
PLZ-Wohnort" wiederum "U-Str. 00, N". Als Vermieter gab er Herrn Axel Klein an (den Vermieter der Wohnung in N1). Als Bedarfe
für Kosten der Unterkunft gab er die Miet- und Nebenkosten der Wohnung in N1 an. In sämtlichen Folgeanträgen kreuzte der Kläger
bei der Angabe "Die Wohnanschrift hat sich geändert" "nein" an.
Die Rechtsvorgänger des Beklagten, zunächst die Agentur für Arbeit X1 und sodann die Arbeitsgemeinschaft Kreis X1, bewilligten
dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.10.2010 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, insgesamt in Höhe von 67.031,76 Euro. Bezüglich der Aufstellung der bewilligten
Leistungen und der aufgehobenen Bescheide für die streitgegenständliche Zeit wird auf das Urteil des Sozialgerichts verwiesen.
Sämtliche Bescheide wurden dem Kläger in die U-Str. 00 in N übersandt, wie auch der gesamte Schriftverkehr seitens des Klägers
unter der Absenderadresse U-Str. 00 in N erfolgte.
Im Rahmen eines zweiten Kontenabrufersuchens (ein erstes war bereits im Juli 2009 durchgeführt worden; der schon mit Schreiben
vom 10.07.2009 erfolgten Aufforderung zur Vorlage der "Kontoauszüge aller Privat- und Geschäftskonten lückenlos" war der Kläger
nicht nachgekommen) erlangte der Beklagte unter dem 05.07.2010 erneut Kenntnis von in den Leistungsanträgen nicht angegebenen
Konten, die auf den Namen des Klägers liefen. Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger unter dem 28.09.2010 und dem 19.10.2010
mit, dass es sich bei diesen Konten u.a. um ein Depot (Nr. 00) mit einem Wert i.H.v. 17.361,71 Euro (Stichtag 30.06.2010)
nebst zugehörigem Referenzkonto handele. Er legte auf Aufforderung des Beklagten entsprechende Kontounterlagen, insbesondere
des Depotkontos, mit Schreiben vom 19.10.2010 vor.
Mit Bescheiden vom 25.10.2010 setzte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.07.2009
bis 31.12.2009 auf 0,- Euro fest und forderte den Betrag i.H.v. 4.801,50 Euro vom Kläger zurück. Mit Bescheid vom 24.06.2009
seien dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt worden. Im Rahmen der endgültigen Entscheidung sei festgestellt worden, dass kein Anspruch auf die Leistungen bestehe.
Hiergegen wendete sich der Kläger mit Widersprüchen vom 31.10.2010. Es scheine ein Missverständnis vorzuliegen. Mit Schreiben
vom 14.11.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Widersprüche vom 31.10.2010 von den Widerspruchsbescheiden vom
11.11.2011 und vom 14.11.2011 mit umfasst seien.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 29.10.2010 hob der Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 29.06.2010 mit Wirkung ab 01.11.2010 auf. Der Kläger verfüge über Vermögenswerte i.H.v. 17.849,00 Euro.
In einer persönlichen Vorsprache am 09.11.2010 erklärte der Kläger, dass er die Aktien auf dem Depot Nr. 00 im Jahr 2002 an
seinen Vater abgetreten habe. Er habe die Aktien lediglich bis zum heutigen Zeitpunkt verwaltet. Er habe damals von seinem
Vater den Auftrag erhalten, die Aktien für ihn zu verwalten. Die Abtretung habe den Grund, dass er im Jahre 1991 ein Auto
gekauft habe, das ihm durch ein Darlehen seines Vaters (14.000,00 DM) finanziert worden sei. Weiterhin habe ihn sein Vater
im Studium unterstützt (Essen, Trinken, Studiengebühren, Auslandssemester). Diese finanzielle Unterstützung habe er durch
die Abtretung der Aktien wieder beglichen. Dazu reichte der Kläger einen von ihm und seinem Vater unterschriebenen Abtretungs-
und Vermögensverwaltungsvertrag mit folgendem Wortlaut ein:
"Abtretungs- und Vermögensverwaltungsvertrag Hiermit werden alle zur Zeit bestehenden Darlehnsverträge, zwischen dem Darlehnsgeber
- X C - und dem Darlehnsnehmer - E C - aufgelößt. Die Rückzahlung der gewährten Darlehn erfolgt durch die Abtretung der Vermögenswerte
des Depots und des entsprechenden Korrespondenzkontos von E C bei G mit der Depotnummer 0-000. Mit der Abtretung sind sämtliche
Forderungen, die sich aus oben aufgeführten Darlehnsverträgen ergeben beglichen. Als Äquivalent für die Zinsen aus dem Darlehn
wird die Möglichkeit von zu erzielenden Kursgewinnen akzeptiert, zukünftige Vermögenswertänderungen des Depots - Erhöhung
und Minderung - sind hierbei eingeschlossen. Die Dispositionsvollmacht für das Depot liegt bei E C. Bartransaktionen können
nur nach Rücksprache mit X C getätigt werden. Die Anlageentscheidungen werden ausschließlich von E C getroffen. Die hier getroffenen
Vereinbarungen gelten unbegrenzt. N, im August 2002"
Eine Zustimmung der Bank zu der Abtretung wurde nicht eingeholt. Der Kläger trägt vor, die Abtretung an den Vater mehrmals
telefonisch gegenüber G angesprochen zu haben; schriftliche Unterlagen gibt es nach Auskunft der P vom 14.08.2015 hierzu nicht.
Weiter reichte der Kläger einen von ihm und seinem Vater unterschriebenen Darlehensvertrag mit folgendem Wortlaut ein:
"Darlehnsvertrag Der Darlehnsgeber - X C - gewährt dem Darlehnsnehmer - E C - für den Autokauf ein Darlehn i.H.v. 14.000 DM.
Als Darlehnszins wird der derzeitig übliche Marktzins vereinbart. Die Zinsen werden in einer Summe bei Rückzahlung des Darlehns
beglichen. Die Laufzeit des Darlehns beträgt 15 Jahre. Eine vorzeitige Tilgung ist jederzeit möglich. N, im August 1991"
Weiterhin reichte der Kläger einen Kaufvertrag für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug vom 24.08.1991 ein, mit welchem sein Vater
von einem Herrn H für 14.000 DM einen PKW erwarb.
Am 16.11.2010 und am 24.11.2010 suchte der Außendienst des Beklagten die von dem Kläger angegebene Wohnadresse in der U-Str.
00 in N auf, um die vom Kläger als Betriebsausgaben geltend gemachten Raumkosten i.H.v. monatlich 181,75 Euro zu überprüfen.
Am 24.11.2010 traf der Außendienst des Beklagten dort den Kläger an. Der Außendienstmitarbeiter hielt fest, dass der Kläger
zugegeben habe, sich nur äußerst selten in der U-Str. 00 in N aufzuhalten. Er habe seinen eigentlichen Wohnsitz in N1, dort
sei sein Lebensmittelpunkt; in der U-Str. 00 habe er nur seinen Zweitwohnsitz gemeldet. Der Kläger erklärte hierzu im Eilverfahren
vor dem Sozialgericht Duisburg gegenüber dem Gericht, dass die Sachverhaltsdarstellung in dem Bericht unzutreffend sei (Schriftsatz
vom 04.08.2011, S 45 AS 2079/11 ER). Die Mitarbeiter des Beklagten hätten mit drei Personen vor der Wohnung in N gestanden. Sie hätten ihn nach seinem Büro
gefragt. Daraufhin habe er mitgeteilt, dass sein Büro in N1 sei. Er habe auch mitgeteilt, dass er mit erstem Wohnsitz in N
und mit zweitem Wohnsitz in N1 gemeldet sei, was auch belegbar sei. Wären die Mitarbeiter nach Terminvereinbarung dort erschienen,
hätte dieses Gespräch in einer ruhigeren Atmosphäre stattfinden können und es wäre nicht zu dieser Verwechslung durch die
Mitarbeiter des Beklagten gekommen. Ihm habe an diesem Tag die Ruhe für diese Angelegenheit gefehlt, da gleichzeitig der medizinische
Dienst der Pflegeversicherung in dem Haushalt der Eltern gewesen sei, um die Pflegestufe seiner Mutter festzustellen. Wenn
dieser Vermerk des Außendienstes, der aufgrund des falschen Zeitpunktes des Besuchs zu Missverständnissen geführt habe, der
einzige Beleg für das Fehlen des gewöhnlichen Aufenthaltes in N sei, hätte eine Niederschrift über seine angebliche Aussage
aufgenommen und von ihm gegengezeichnet werden müssen.
Mit Schreiben vom 11.03.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, die für den Zeitraum 01.01.2005 bis
31.10.2010 gewährten Leistungen i.H.v. insgesamt 67.031,76 Euro vollständig von ihm zurückzufordern, weil er sich nicht in
N aufhalte. Der Kläger habe seit dem 01.02.1999 seinen Hauptwohnsitz in N1 (M-Allee 00). Er habe die Kosten der Unterkunft
und Heizung für die Wohnung in N1 und als Wohnadresse die Adresse des Vaters angegeben. Sein gewöhnlicher Aufenthalt sei nicht
in N gewesen. Somit sei eine Zuständigkeit des Beklagten nicht gegeben.
Der Kläger habe darüber hinaus bei Antragstellung verwertbares Vermögen gehabt, das er nicht angegeben habe. Die Beklagte
gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 25.03.2011 nahm der Kläger hierzu Stellung. Er teilte mit, er sei seit seiner Geburt ununterbrochen bei
dem Einwohnermeldeamt in N mit erstem Wohnsitz gemeldet. Als er 2001 Arbeitslosengeld beantragt habe, habe er dies an seinem
ersten Wohnsitz in N getan. Als das Arbeitslosengeld ausgelaufen sei, habe er im September 2002 seinen Antrag auf Arbeitslosenhilfe
und auch alle nachfolgenden Weiterbewilligungsanträge ebenso in N gestellt. Seinen zweiten Wohnsitz in N1 habe er in erster
Linie aus beruflichen Gründen. Diese auch gewerblich genutzte Wohnung sei bei dem dortigen Einwohnermeldeamt als Nebenwohnung
gemeldet. Seine komplette private und teilweise auch die geschäftliche Post liefen über N und auch bei allen sonstigen Angelegenheiten
wie Krankenversicherung, Bank und Ähnlichem sei N als erster Wohnsitz angegeben. Schon allein deshalb müsse er ständig in
N sein. Dies auch nicht zuletzt deshalb, weil er seinen Vater bei der Pflege seiner Mutter unterstütze, die an Demenz erkrankt
sei und Pflegestufe II erreicht habe. N sei sein Hauptbezugspunkt. Insofern glaube er, dass man N auch als seinen gewöhnlichen
Aufenthaltsort bezeichnen könne. Ferner habe er bei seiner Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe im September 2002 alle Konten
und Depots angegeben sowie Unterlagen vorgelegt bzw. den entsprechenden Sachverhalt erläutert und darauf vertraut, dass alles
korrekt und auch bei den nachfolgenden Anträgen bekannt gewesen sei. Man habe ihm im Vorfeld von Seiten der Bundesanstalt
für Arbeit gesagt, dass abgetretene Depots, auch wenn sie auf seinen Namen lauteten, nicht seinem Vermögen zugerechnet würden,
da sie durch Abtretung nicht mehr sein Vermögen seien. Dies sei ihm auch bei Antragstellung bestätigt worden. Hierauf habe
er vertraut.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13.04.2011 hob der Beklagte die Bewilligungen für Kosten der Unterkunft und Heizung
für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.10.2010 in Höhe von insgesamt 32.951,80 Euro gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) auf und forderte die gewährten Leistungen gemäß § 50 SGB X vom Kläger zurück. Gemäß § 36 SGB II sei für Leistungen der Grundsicherung die Agentur für Arbeit bzw. der kommunale Träger zuständig, in deren/dessen Bezirk
der erwerbsfähige Hilfebedürftige seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Der Kläger habe bereits seit Antragstellung bzw. seit
dem 01.02.1999 seinen Wohnsitz in N1. Soweit der Kläger angebe, sein gewöhnlicher Aufenthaltsort sei auch N, seien hier keine
Kosten der Unterkunft entstanden. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag vom 29.09.2004
zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe.
Mit weiterem Bescheid vom 13.04.2011 hob der Beklagte die Bewilligungen für Regelleistung und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.10.2010 gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X in Höhe von insgesamt 34.079,96 Euro auf und forderte die gewährten Leistungen gemäß § 50 SGB X von dem Kläger zurück. Der Kläger habe bei Antragstellung verwertbares Vermögen gehabt, welches er nicht angegeben habe.
Mangels Treuhandvermerk oder dergleichen sei von einer Vermögensinhaberschaft des Klägers auszugehen. Aufgrund dessen habe
kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestanden. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil der Kläger in seinem Antrag vom 29.09.2004 zumindest grob fahrlässig
falsche Angaben gemacht habe. Soweit er im Rahmen der Anhörung vorgetragen habe, dass er bei Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe
im September 2002 alle Konten und Depots angegeben habe, sei festzuhalten, dass es sich um zwei unterschiedliche Leistungen
von zwei getrennten Behörden gehandelt habe. Der Kläger sei zur Bekanntgabe aller Konten gegenüber der Arbeitsgemeinschaft
Kreis X1 bzw. ab 01.01.2011 gegenüber dem Jobcenter Kreis X1 als Rechtsnachfolger verpflichtet gewesen. Hierüber sei der Kläger
im Hauptantrag und im Merkblatt informiert worden, so dass sogar von vorsätzlichem Verschweigen ausgegangen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 11.11.2011 und vom 14.11.2011 wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers vom 27.04.2011
als unbegründet zurück. Die von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsentscheidungen seien gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X zurückzunehmen gewesen. Der Kläger habe grob fahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht und die Rechtswidrigkeit
des Verwaltungsaktes infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Soweit die Entscheidung aufgehoben worden sei, seien bereits
erbrachte Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Nach §
335 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (
SGB III) habe der Kläger die zur Kranken- und Pflegeversicherung erbrachten Beiträge zu erstatten, weil die Beiträge zu Unrecht gezahlt
worden seien und ein weiteres Kranken-/Pflegeversicherungsverhältnis für den gleichen Zeitraum nicht bestanden habe. In der
von der Aufhebung betroffenen Zeit seien - wie im Einzelnen monatsweise aufgeschlüsselt - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
i.H.v. 34.079,96 Euro zu Unrecht erbracht worden (Regelleistung i.H.v. 24.470,00 Euro, Beiträge Krankenversicherung i.H.v.
8.490,86 Euro, Beiträge Pflegeversicherung i.H.v. 1.119,10 Euro). Dieser Betrag sei zu erstatten. Weiter seien Kosten der
Unterkunft und Heizung i.H.v. 32.951,80 Euro - wie im Einzelnen monatsweise aufgeschlüsselt - zu Unrecht erbracht worden.
Dieser Betrag sei zu erstatten.
Der Beklagte lehnte den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 21.12.2010 (Leistungszeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2011)
mit Bescheid vom 17.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2011 ab. Der Beklagte sei nicht zuständig, da
der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in N1 habe. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner unter dem 01.12.2011 bei
dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage (S 5 AS 4985/14 WA). Gegen den Gerichtsbescheid vom 17.11.2016, mit dem seinem Begehren für die Zeit ab 18.05.2011 entsprochen worden ist,
legte der Kläger Berufung ein, die der erkennende Senat mit Urteil vom 23.01.2020 zurückgewiesen hat (L 6 AS 2394/16).
Mit Schriftsatz vom 27.05.2011 beantragte der Kläger unter der Adresse U-Str. 00 in N bei dem Sozialgericht Duisburg, den
Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm die Regelleistung nach dem SGB II ab dem 27.05.2011 auszuzahlen (S 45 AS 2079/11 ER). Er sei hilfebedürftig. Er sei seit August 2002 nicht mehr Vermögensinhaber des Depots bei der P Bank, da er dieses damals
nebst dazugehörigem Konto an seinen Vater abgetreten habe. Der Kläger gab am 25.05.2011 die folgende eigenhändig unterschriebene
eidesstattliche Versicherung zu der Depotabtretung ab:
"Die Abtretung erfolgte, um hierdurch Darlehensverbindlichkeiten bei meinem Vater auszugleichen. Die Darlehen resultierten
u.a. aus Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit meinem Studium und einem anschließenden Auslandsstudium sowie Urlauben. Hierzu
zählten Studiengebühren, Transfer-, Verpflegungs- und Unterkunftskosten sowie die Nutzung des väterlichen PKW's und damit
verbundene Kosten. Nach dem Studium zählten hierzu teilweise Verpflegung- und Unterkunftskosten und weitere Kosten sowie die
Kosten für den Kauf meines PKW's." Der Vater des Klägers gab in demselben Verfahren am 20.05.2011 eine im Wesentlichen wortgleiche,
eigenhändig unterschriebene eidesstattliche Versicherung zu der Depotabtretung ab.
Der Kläger trug weiter vor, hinsichtlich des Depots liege keine Scheinabtretung vor. Er sei beruflich als Vermögensverwalter
bzw. Vermittler solcher Dienstleistungen tätig und auf diesem Gebiet ausgebildet. Seine Verfügungsbefugnis bestehe, damit
er einen Zuwachs des väterlichen Vermögens bewirken könne. Unter dem 24.07.2011 gab der Kläger eine eigenhändig unterschriebene
weitere eidesstattliche Versicherung zur Vorlage bei dem Sozialgericht Duisburg ab mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:
"Meinen Lebensmittelpunkt sehe ich in N. Hier habe ich im elterlichen Einfamilienhaus ein Zimmer mit Waschgelegenheit und
WC. Ein Mietvertrag hierzu besteht nicht und es wird hierfür keine Miete gezahlt. Zudem habe ich aus beruflichen Gründen eine
Wohnung in N1 angemietet. Mir ist bekannt, dass eine falsche Versicherung strafbar ist. N 24.7.2011".
Auf ausdrückliche Nachfrage des Sozialgerichts vom 27.07.2011, wo er seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe, gab der Kläger unter
dem 31.07.2011 eine weitere eigenhändig unterschriebene eidesstattliche Versicherung zur Vorlage bei dem Sozialgericht Duisburg
ab mit - auszugsweise - folgendem Inhalt:
"Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich meinen Lebensmittelpunkt in N sehe, da ich hier u.a. meinen familiären und
sozialen Bezugspunkt und meinen ersten Wohnsitz habe. Ich schlafe in N und in N1, wobei zuletzt durch die eingeschränkte Mobilität,
aufgrund meiner finanziellen Lage und meiner persönlichen Situation, zunehmend in N1. Wenn ich in N bin nehme ich meine Mahlzeiten
in N ein. Im Moment überwiegend Mittagessen. Wenn ich in N1 bin nehme ich meine Mahlzeiten dort ein. Ich koche in N und in
N1 und bewahre auch an beiden Orten Lebensmittel auf. Meine Kleidung wasche ich in N und bewahre diese sowohl in N als auch
in N1 auf. Aufgrund der derzeitigen finanziellen und persönlichen Lage und der dadurch eingeschränkten Mobilität sowie der
beruflichen Gründe verbringe ich die meiste Zeit meines Tages zurzeit in N1. Meine Freizeit verbringe ich in N, N1 und an
anderen Orten. Aufgrund meiner bereits oben geschilderten Situation treffe ich kaum noch Freunde oder Bekannte. Die meisten
Freunde und Bekannten habe ich in N. Die Wohnung in N1 habe ich wegen der Nähe zum Arbeitsort angemietet und hier werden zur
Zeit ca. 9 qm gewerblich genutzt [ ...] Mir ist bekannt, dass eine falsche Versicherung strafbar ist. N, 31.7.11"
Im Rahmen der schriftlichen Zeugenbefragung erklärte der Vater des Klägers mit eigenhändig unterschriebenem Schreiben vom
07.08.2011 - auszugsweise - das Folgende:
"Mein Sohn hat immer seinen Lebensmittelpunkt in N gesehen, aufgrund der peinlichen Situationen, bedingt durch die Krankheit
meiner Frau gestaltet es sich jedoch zunehmend schwieriger. Obwohl mein Sohn oft vor Ort ist, da ich ihn dringend benötige,
weil ich in manchen Dingen nicht immer die Lage beherrsche. So zum Beispiel, wenn meine Frau fällt und ich sie dann nicht
mehr alleine aufrichten kann. Er übernachtet auch in N, nimmt seine Mahlzeiten auch in N ein und bewahrt seine Lebensmittel
und Kleidung auch in N auf. Im vergangenen Monat hat sich mein Sohn meiner Erinnerung nach etwa zwei bis dreimal in der Woche
bei uns aufgehalten und meist am Wochenende in unserem Haushalt gelebt. Die Richtigkeit meiner schriftlichen Aussage versichere
ich eidesstattlich durch nachstehende Unterschrift."
Auf der Grundlage u.a. der eidesstattlichen Versicherungen sprach das Sozialgericht dem Kläger mit rechtskräftigem Beschluss
vom 09.08.2011 vorläufige Leistungen gegen den Beklagten zu. Nach summarischer Prüfung sprächen die gewichtigeren Gründe für
einen gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers im Bezirk des Beklagten.
Unter dem 15.06.2011 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01.07.2011. Der Beklagte
lehnte den Antrag mit Bescheid vom 01.07.2011 ab. Hiergegen wandte sich der anwaltlich vertretene Kläger mit Widerspruch vom
08.07.2011. Sein gewöhnlicher Aufenthalt sei in N. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2011
als unbegründet zurück. Der Beklagte sei nicht zuständig, da der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in N1 habe. Hiergegen
wandte sich der anwaltlich vertretene Kläger mit seiner unter dem 10.10.2011 bei dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage
(S 5 AS 4984/14 WA). Der Beklagte sei örtlich zuständig, da er bis zum 28.08.2011 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in N gehabt habe. Zwar habe
er in N1 eine Wohnung angemietet, um dort seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Jedoch habe er ebenfalls die Unterkunftsmöglichkeit
im elterlichen Haus genutzt. Dieser elterliche Haushalt stelle seit seiner Geburt seinen Lebensmittelpunkt dar, sodass der
gewöhnliche Aufenthalt nicht durch die Anmietung einer Wohnung in N1 beendet worden sei. Dieses Klageverfahren hat das Sozialgericht
mit Beschluss vom 11.02.2016 mit dem Verfahren S 5 AS 4985/14 WA (s.o.) verbunden und unter diesem Aktenzeichen fortgeführt. Gegen den Gerichtsbescheid vom 17.11.2016 legte der Kläger
Berufung ein, die der erkennende Senat mit Urteil vom 23.01.2020 zurückgewiesen hat (L 6 AS 2394/16).
Am 29.08.2011 meldete der Kläger seinen Hauptwohnsitz in N1 an und beantragte dort laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II, die in der Folge von der Beigeladenen bewilligt wurden.
Mit seinen unter dem 18.11.2011 bei dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klagen, welche das Sozialgericht mit Beschluss vom
21.11.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, hat sich der Kläger gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide
des Beklagten für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.10.2010 gewandt. Der Beklagte sehe als Rechtsgrund für die Aufhebung § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB II. Diese Vorschrift setze zunächst voraus, dass eine rechtswidrige Entscheidung getroffen worden sei. Die von der Beklagten
angeführten Aufhebungsgründe erfüllten die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB II nicht.
Auf Aufforderung des Sozialgerichts, die geltend gemachten Darlehensverbindlichkeiten glaubhaft zu machen durch Auflistung
sämtlicher Darlehen, Darlegung des jeweiligen Zwecks sowie durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen zu Darlehensabreden,
Auszahlung der Darlehenssumme und Verwendung des Darlehens, erklärte der Kläger mit selbst verfasstem Schreiben vom 11.02.2012,
die meisten Darlehensabreden seien "in mündlicher, familiärer Absprache getroffen" worden. "Aufgrund der lang zurückliegenden
Zeiträume und der zum Teil nutzungsbedingten Darlehen, wie z.B. bei der Nutzung des väterlichen Pkw's von 1981- 1991 incl.
Kraftstoff; ist eine genaue Zuordnung naturgemäß schwierig. Für Kost und Logis im elterlichen Einfamilienhaus in N, U-Str.
00, incl. Strom und Telefon wurden, von 04.1991-03.1994 und 04.1998-08.2002, monatliche Kosten in Höhe von durchschnittlich
400 Euro und von 03.1994-04.1998 in Höhe von durchschnittlich 150 Euro angesetzt." Lediglich für den Kauf des PKW lägen schriftliche
Unterlagen vor. In der Regel käme man bei Darlehensverträgen unter Verwandten erst im Zusammenhang mit Behördengängen in die
Pflicht der Formalisierung. Vor diesem Hintergrund sei auch der Abtretungsvertrag aus August 2002 zu betrachten. Auf den Hinweis
des Sozialgerichts im Erörterungstermin vom 03.03.2015, dass seine Eltern zivilrechtlich verpflichtet gewesen sein dürften,
ihm die Erstausbildung zu finanzieren, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 24.03.2015, die gewährten Darlehen seien nicht
zur Finanzierung der Erstausbildung, sondern zur Finanzierung der Zweitausbildung (Auslandsstudium) geleistet worden. Insoweit
habe keine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung der Eltern bestanden.
Mit Beschluss vom 18.02.2012 hat das Sozialgericht die Stadt N1 gemäß §§
75 Abs.
2,
106 Abs.
3 Nr.
6 SGG beigeladen.
Auf den Hinweis des Sozialgerichts vom 12.12.2014, zu den Wohnverhältnissen keine weiteren Ermittlungen anstellen und den
Vortrag des Klägers aus dem Eilverfahren (S 45 AS 2079/11 ER) als wahr unterstellen zu wollen mit der Folge, dass der Beklagte örtlich zuständig gewesen sei und Kosten der Unterkunft
nicht zu erbringen gewesen seien, hat der Kläger unter dem 14.01.2015 erklärt, die vorrangige Nutzung habe bei der Wohnung
in N1 gelegen. Bei dem Zimmer in N im elterlichen Haushalt handele es sich um einen ausgebauten Dachboden mit einer Grundfläche
von 15 m2. Seit 1994 (Auslandsaufenthalt des Klägers) werde dieser Raum zusätzlich auch durch seine Eltern mitgenutzt. Er
nutze diese Übernachtungsmöglichkeit, wenn er seine Eltern besuche oder dort sei, um seine Eltern zu pflegen. Zeitlich habe
er sich im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend in N1 aufgehalten. Anhand der beigefügten Stromabrechnungen sei ersichtlich,
dass er zwar sparsam mit seinem Stromverbrauch umgehe, jedoch durchschnittlich fast bei dem Durchschnittsstromverbrauch eines
Einpersonenhaushaltes in einem Mehrfamilienhaus liege. Dies sei ein Indiz dafür, dass die Wohnung in N1 nicht nur gelegentlich
genutzt werde, sondern als seine einzige Wohnung die vorrangige Unterkunft darstelle. Dieser Vortrag widerspreche nicht seinen
Angaben im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Möglicherweise nehme er "rückblickend eine andere Bewertung der Tatsachen
vor". Im Eilverfahren sei es zweckmäßig gewesen, schnell an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu kommen. Hierfür
sei der Rechtsweg gegen den Beklagten relativ einfach zu beschreiten gewesen. Eine erneute Antragstellung bei der "möglicherweise
auch aus heutiger Sicht zuständigen Beigeladenen hätte erhebliche Zeit in Anspruch genommen mit dem Ergebnis, dass der Lebensunterhalt
des Klägers während dieser Zeit akut gefährdet gewesen wäre." Der Begriff des Lebensmittelpunkts sei ein Begriff, der durchaus
der Wertung zugänglich sei. Die emotionale Sichtweise des Klägers müsse nicht mit der tatsächlich überwiegenden Nutzung übereinstimmen.
Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 03.03.2015 hat der Kläger vortragen lassen, sein Wohnort sei im streitgegenständlichen
Zeitraum in N1 gewesen; er habe sich in N nur aufgehalten, um seine Eltern zu besuchen. Er sei im streitgegenständlichen Zeitraum
hilfebedürftig gewesen. Die Annahme des Beklagten, er sei wegen des Vorhandenseins von verwertbarem Vermögen nicht hilfebedürftig,
lasse vollständig außen vor, dass er das in Rede stehende Depot lediglich treuhänderisch für seinen Vater betreut habe. Der
Abtretungsnachweis sei ebenso wie der Grund für die Abtretung urkundlich dokumentiert und nachgewiesen. Es habe sich um die
Rückzahlung von Darlehensverbindlichkeiten gegenüber seinem Vater gehandelt. Er habe die Abtretung des Depots an seinen Vater
gegenüber der Firma G mehrmals telefonisch angesprochen. Nur deswegen sei es möglich gewesen, dass von dem dortigen Konto
Überweisungen auf das Konto des Vaters getätigt worden seien. Selbst wenn die Abtretung wegen der Bank-AGB nichtig gewesen
sein sollte, hätte er die Falschangaben vorsätzlich oder grob fahrlässig machen müssen. Er hätte also die Nichtigkeit kennen
müssen. Dies werde von der Beklagten weder behauptet noch bewiesen. Nachdem der Kläger auf die Frage des Sozialgerichts im
Erörterungstermin keine Erklärung dazu abgegeben hat, aus welchem Grund er vier Monate nach der vorgetragenen Übertragung
des Depots an den Vater noch 8.000,00 Euro überwiesen habe, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 24.03.2015 erklärt, dass es
sich hierbei um den Ausgleich des Kursverlustes gehandelt habe. Zu dem Zeitpunkt der Depotabtretung habe der Kontoauszug zum
28.06.2002 vorgelegen, der einen Kurswert von 27.421,28 Euro ausgewiesen habe. Zum 30.09.2002 sei das Depot infolge von Kursrückgängen
nur noch 18.238,85 Euro wert gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide des Beklagten vom 13.04.2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.11.2011 und vom 14.11.2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Beklagte hat im Klageverfahren vorgetragen, die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung sei rechtswidrig gewesen.
Der Kläger habe bereits bei der ersten Antragstellung am 29.09.2004 als Wohnanschrift die U-Str. 00 in N eingetragen und dabei
angegeben, dass er Miete i.H.v. 445,00 Euro, Heizkosten i.H.v. 29,35 Euro und Nebenkosten i.H.v. 148,65 Euro für eine 69,7
m2 große Wohnung mit 53,97 m2 Wohnraum zu zahlen habe. Tatsächlich habe der Kläger im Bereich des Kreises X1 keine Kosten
der Unterkunft zu zahlen gehabt. Dem Kläger seien seit dem 01.01.2005 Kosten der Unterkunft durchgängig auf dieser falschen
Grundannahme gewährt worden, ohne dass der Kläger diesen falschen Sachverhalt aufgeklärt hätte. Die Kosten der Wohnung in
N1 wären im Zuständigkeitsbereich der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Bei seinen Eltern sei der Kläger keinen Unterkunftskosten
ausgesetzt gewesen. Als Unterkunftskosten im Sinne des § 22 SGB Il könnten lediglich diejenigen einer tatsächlich bewohnten
Unterkunft anerkannt werden. Da der Kläger die Wohnung in N1 angeblich nicht bewohnt habe, wären die Kosten definitiv nicht
in der bewilligten Höhe anerkannt worden. Auf die Mietkosten für die Wohnung in N1 habe auf der Bedarfsseite kein Anspruch
bestanden. Dabei gehe der Beklagte aber weiterhin davon aus, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt in N1 und nicht in N
gehabt habe.
Auch Regelbedarf sei dem Kläger nicht zu bewilligen gewesen. Das vorhandene Vermögen des Klägers habe ausgereicht, um seinen
Lebensunterhalt sicherzustellen. Der Kläger habe von Beginn an über ein Vermögen verfügt, das die ihm einzuräumenden Freibeträge
nach dem SGB II bei weitem überstiegen habe. Das Vorhandensein von Vermögen stehe in jedem Monat, in dem es noch vorhanden sei, einer Bedürftigkeit
entgegen. Die Abtretung sei nicht wirksam, da der Kläger bis zur tatsächlich gegenüber der Depotbank erklärten Übertragung
Inhaber der Wertpapiere gewesen sei. Angesichts des von dem Kläger absolvierten Studiums der Volkswirtschaft sei es nicht
glaubhaft, dass der Kläger sich nicht mit den rechtlichen Modalitäten einer Abtretung auseinandergesetzt habe und diese nicht
gekannt haben wolle. Dass der Kläger 400,00 Euro monatlich für die Zeit von April 1991 bis März 1994 und April 1998 bis August
2002 für Kost und Logis im elterlichen Einfamilienhaus zugrunde gelegt habe, sei allein deshalb schon nicht glaubhaft, weil
der Euro erst im Jahr 2002 eingeführt worden sei. Ein Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen bestehe nicht, da die
Leistungen an den Kläger nicht rechtmäßig gewesen seien.
Die Beigeladene hat im Klageverfahren vorgetragen, ihre Zuständigkeit sei jedenfalls für den Zeitraum vor dem 30.08.2011 nicht
gegeben. Der Kläger habe sich erst am 29.08.2011 in N1 angemeldet und schließlich sei der Kläger selbst der Ansicht, seinen
Lebensmittelpunkt in N gehabt zu haben, wie er es in den Schriftsätzen im Gerichtsverfahren stets unterstrichen habe. Unterkunftskosten
seien auch nur dann für eine einzige Unterkunft anzuerkennen, wenn der Leistungsberechtigte mehrere Unterkünfte angemietet
habe und rechtlich nutzen könne. Entscheidend sei die (vorrangig) tatsächlich genutzte Unterkunft und zwar auch dann, wenn
diese mietfrei bewohnt werden könne. Dies sei nach Aussage des Klägers gerade nicht N1. Die nach dem richterlichen Hinweis
vom 12.12.2014 getätigten Ausführungen des Klägers zum Lebensmittelpunkt stünden diametral zu der im Eilverfahren S 45 AS 2079/11 ER abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 24.07.2011 und zu den Ausführungen in den vorangegangenen Schriftsätzen
des hiesigen Verfahrens. Zudem sei der Kläger auf der Grundlage der nachvollziehbaren Unterlagen des Beklagten im streitgegenständlichen
Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen. Die Hilfebedürftigkeit sei vom Kläger zu beweisen. Es sei vollkommen unglaubhaft, dass
eine Abtretungsvereinbarung im Verhältnis zwischen Kläger und Vater schriftlich abgeschlossen worden sein soll, nicht aber
gegenüber der Bank. Wenn trotz der angeblichen schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Kläger und dessen Vater ausgerechnet
die schriftliche Anzeige gegenüber der Bank unterblieben sei, sei diese Situation als nicht nachvollziehbar und lebensfremd
einzuordnen. Die hieraus resultierenden Unklarheiten gingen allein zulasten des Klägers.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 19.01.2016 zur Frage der finanziellen Verhältnisse des Klägers im streitigen
Zeitraum Beweis erhoben durch Vernehmung der Schwester des Klägers, T F, als Zeugin; auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung
wird Bezug genommen. Der Vater des Klägers hat nach Belehrung durch das Sozialgericht mit Schreiben vom 14.01.2016 unter Aufrechterhaltung
seiner schriftlichen Aussagen im Übrigen von dem ihm als Vater des Klägers zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch
gemacht.
Mit Urteil vom 19.01.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Aufhebung
der Bewilligungsentscheidungen durch den Beklagten finde ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit §
330 Abs.
2 SGB III und § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 SGB X. Danach sei ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt habe (begünstigender
Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit er von
Anfang an rechtswidrig sei, wenn der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen könne, weil der Verwaltungsakt
auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht
habe.
Die angefochtenen Verwaltungsakte seien formell rechtmäßig. Der Beklagte sei trotz des vor Erlass der Widerspruchsbescheide
erfolgten Umzugs des Klägers am 29.08.2011 in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen für den Erlass der Rücknahmeverwaltungsakte
zuständig gewesen. Gemäß § 76 Abs. 3 SGB II habe der Beklagte als Rechtsnachfolger der Bewilligungsbehörden als zuständiger Rechtsträger gehandelt. Der Beklagte habe
den Kläger vor Erlass der Verwaltungsakte mit Schreiben vom 11.03.2011 i.S.v. § 24 SGB X angehört. Die Verwaltungsakte seien hinreichend bestimmt i.S.v. § 33 SGB X, da sie den Zeitraum, für den Leistungen aufgehoben würden, und die aufgehobenen Beträge sowie den Adressaten und die erlassende
Behörde unzweifelhaft erkennen ließen.
Die angefochtenen Rücknahmeverwaltungsakte seien materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen von § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. §
330 Abs.
2 SGB III und § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 SGB X lägen vor. Die mit den streitgegenständlichen Rücknahmeverwaltungsakten aufgehobenen Bewilligungsentscheidungen seien begünstigende
Verwaltungsakte, die von Anfang an rechtswidrig gewesen seien. Der Kläger könne sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen,
weil die Bewilligungsentscheidungen auf Angaben beruhten, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung
unrichtig gemacht habe.
Die mit den streitgegenständlichen Rücknahmeverwaltungsakten aufgehobenen Bewilligungsentscheidungen seien bereits im Zeitpunkt
ihres jeweiligen Erlasses materiell rechtswidrig gewesen. Da die übrigen Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II nicht in Zweifel stünden, sei zwischen den Beteiligten die Frage der Hilfebedürftigkeit des Klägers streitig. Der Kläger
sei zur Überzeugung des erkennenden Gerichts im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum zu keinem Zeitpunkt hilfebedürftig
gewesen, weil er Inhaber eines Depots nebst dazugehörigem Referenzkonto mit Vermögenswerten zwischen 14.507,53 Euro und 108.300,02
Euro gewesen sei. Dabei handele es sich um berücksichtigungsfähiges Vermögen des Klägers. Dieses sei auch verwertbar gewesen.
Eine Verwertung des Vermögens habe für den Kläger keine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II bedeutet. Das Vermögen des Klägers habe während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums die Freibeträge überstiegen.
Als Vermögen seien alle verwertbaren Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert zu berücksichtigen. Dies seien hier die Guthaben
auf dem Depot Nr. 00 und auf dem dazugehörigen Referenzkonto Nr. 000 bei G/P. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum
Inhaber dieser Vermögenswerte gewesen. Im August 2002 sei keine wirksame Abtretung an den Vater des Klägers erfolgt. Der Kläger
habe zwar ein von ihm und seinem Vater unterschriebenes Schriftstück datiert mit "Im August 2002" vorgelegt, das "die Abtretung
der Vermögenswerte des Depots und des entsprechenden Korrespondenzkontos von E C bei G mit der Deponummer 0-000" zum Inhalt
habe. Diese Vereinbarung sei gemäß §
399 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) als Abtretung unwirksam. Gemäß §
399, 2. Alt.
BGB könne eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen sei.
Die Abtretbarkeit könne als Minus zum vollständigen Ausschluss auch nur beschränkt, etwa nur unter bestimmten Voraussetzungen
- wie hier einem Zustimmungsvorbehalt (sog. abgeschwächter Abtretungsausschluss) - zugelassen werden. Gemäß § 12 Abs. 2 der
unter dem 03.08.2001 abgeschlossenen Vereinbarung zwischen dem Kläger und G über die Ausführung von Wertpapier- und Termingeschäften
wie auch gemäß § 13 Abs. 2 der Spezialbedingungen über die Ausführung von Wertpapier- und Termingeschäften von P bedürfe es
zur Abtretung von Rechten, Ansprüchen und Forderungen, z.B. Kontoguthaben und sonstigen Positionen des Kunden, die ihm gegen
die Bank zustehen, deren vorheriger schriftlicher Zustimmung. Eine solche Zustimmung sei weder von G noch P erteilt worden.
Der Kläger habe auch nicht vorgetragen noch ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass er sich um eine Zustimmung von G oder von
P bemüht habe. Vielmehr habe er vorgetragen, die Abtretung sei lediglich telefonisch von ihm gegenüber der Bank angesprochen
worden. Schriftliche Unterlagen hierzu gebe es nicht. Soweit der Kläger meine, die Überweisungen auf das Konto seines Vaters
seien nur möglich gewesen, weil er die Abtretung gegenüber der Bank erwähnt habe, trage dies nicht, denn der Kontoinhaber
- hier der Kläger - könne Anweisungen zur Überweisung auf jedes beliebige Konto erteilen; es sei für eine wirksame Überweisung
mitnichten Voraussetzung, dass der Anweisende Inhaber beider Konten sein müsse. Unmittelbare Wirkung des "abgeschwächten Abtretungsausschlusses"
sei, dass eine ohne Zustimmung erfolgte Abtretung schlechthin unwirksam sei; die Unwirksamkeit der Abtretung gelte gegenüber
jedem.
Das Vermögen sei auch verwertbar gewesen. Einer Verwertbarkeit der Guthaben auf dem Depot- und dem Referenzkonto hätten weder
tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegengestanden. Sowohl das Depot als auch das Referenzkonto seien nach den Bestimmungen
von G und P jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündbar gewesen (§ 16 der Vereinbarung über die Ausführung von
Wertpapier- und Termingeschäften mit G, Nr. 18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von G und Nr. 18 der Allgemeinen Regelungen
in den Geschäftsbedingungen von P). Der Verwertung der Guthaben habe zur Überzeugung des Gerichts auch nicht ein Treuhandverhältnis
zwischen dem Kläger und seinem Vater entgegengestanden. Soweit in dem unwirksamen Abtretungsvertrag als Minus ein Treuhandvertrag
enthalten sein könne, sei dieser gemäß §
117 BGB nichtig. Nach §
117 BGB sei eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben sei und mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben
werde, nichtig. Zur Überzeugung der Kammer lägen hier solche Scheinerklärungen des Klägers und seines Vaters vor. Das Gericht
sei der Überzeugung, dass der Kläger und sein Vater einvernehmlich nur den äußeren Schein der Übertragung/treuhänderischen
Verwaltung hervorrufen, nicht aber die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen hätten eintreten lassen wollen. Der Abtretungsvertrag
sei zur Überzeugung des Gerichts ausschließlich mit dem Ziel abgeschlossen worden, das Vermögen gegenüber dem Sozialleistungsträger
nicht als Vermögen des Klägers angeben zu müssen, nicht aber, um das Vermögen zivilrechtlich wirksam zu übertragen. Die Nichteinholung
der Zustimmung der Bank zu der vorgetragenen Abtretung in Zusammenschau mit dem Umstand der Beantragung und des Bezuges von
Arbeitslosenhilfe ab September 2002 drängten aus Sicht des erkennenden Gerichts die Annahme auf, dass es sich vorliegend um
ein Scheingeschäft i.S.v. §
117 BGB handele. Angesichts des sechsjährigen Studiums der Volkswirtschaft und der Tätigkeit des Klägers als Investment Consultant
halte es das Gericht für lebensfremd, dass bei einer rechtsverbindlich gewollten Abtretung eine Zustimmung der Bank nicht
eingeholt worden sei. Das Gericht sei mit der Beigeladenen der Überzeugung, dass es völlig unplausibel sei, eine Abtretungsvereinbarung
schriftlich im Verhältnis zwischen Kläger und Vater des Klägers abzuschließen, dies aber nicht schriftlich gegenüber der Bank
zumindest anzuzeigen. In diesem Fall sei aus Sicht des erkennenden Gerichts die zivilrechtliche Regelung nicht ernsthaft gewollt
und es liege ein Scheingeschäft ausschließlich mit dem Ziel der Erlangung von Sozialleistungen vor. Selbst wenn kein Scheingeschäft
vorliegen sollte, seien jedenfalls die an die Wirksamkeitsvoraussetzungen einer zwischen nahen Angehörigen getroffenen treuhänderischen
Abrede anzulegenden Maßstäbe nicht erfüllt. Wegen der Manipulationsmöglichkeiten und Missbrauchsgefahren, die mit verdeckten
Treuhandverhältnissen typischerweise verbunden seien, sei bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich bestehe,
ein strenger Maßstab anzulegen. Hiernach müssten (u.a.) die Beweggründe für die Treuhandkonstruktion nachvollziehbar sein
und der Treuhandvertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was zwischen fremden
Dritten üblich sei. Hier fehle es aus Sicht des Gerichts an beiden Voraussetzungen. Die Beweggründe für die Treuhandkonstruktion
seien - anders als der Kläger meine - nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe nicht glaubhaft vorgetragen, dass dem Vertrag
aus August 2002 Darlehen in entsprechender Höhe zugrunde gelegen hätten. Es sei dem Kläger nicht gelungen, den Abschluss von
Darlehensverträgen plausibel darzulegen. Gemäß §
488 Abs.
1 BGB werde der Darlehensgeber durch den Darlehensvertrag verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten
Höhe zur Verfügung zu stellen; der Darlehensnehmer sei verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit
das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen. Das Gericht habe ernsthafte Zweifel an einer Verpflichtung des Klägers,
die (angeblichen) Darlehen zurückzuzahlen. Ein ernsthaftes Zahlungsverlangen des Vaters vermöge das Gericht dem Sachvortrag
des Klägers nicht zu entnehmen. Der Kläger trage vor, er habe das Depot mit Geldern eröffnet, die er aus seinen früheren Angestelltenverhältnissen
als Lohn erhalten habe. Es erscheine dem Gericht nicht plausibel, dass der Kläger zur Begleichung seiner (angeblichen) Schulden
die Gelder nicht unmittelbar an den Vater gezahlt habe. Selbst wenn es dem Kläger darum gegangen sein sollte, das väterliche
Vermögen durch die Verwaltung eines Depots zu vermehren, sei es für das erkennende Gericht überhaupt nicht nachvollziehbar,
warum der Kläger das Depot dann nicht von Anfang an auf den Namen des Vaters angelegt habe.
Es erscheine dem Gericht auch nicht plausibel, dass zwar einerseits der Abtretungs- und Vermögensverwaltungsvertrag sowie
ein Darlehensvertrag über einen Pkw-Kaufpreis schriftlich, alle anderen Darlehensabreden über nicht unerhebliche Beträge (Studiengebühren,
Urlaube, Transferkosten) nur mündlich abgeschlossen worden seien. Wenn der Kläger vortrage, man käme bei Darlehensverträgen
unter Verwandten erst im Zusammenhang mit Behördengängen in die Pflicht der Formalisierung und vor diesem Hintergrund sei
auch der Abtretungsvertrag aus August 2002 zu betrachten, trage dies nicht zur Plausibilität bei. Gerade in einem solchen
Fall hätte es sich dem Kläger und seinem Vater aufdrängen müssen, im Abtretungsvertrag aus August 2002 die Darlehen im Einzelnen
unter Angabe von Grund und Höhe aufzulisten; zumal die geschilderten Vorgänge im August 2002 überwiegend weniger als zehn
Jahre zurückgelegen hätten und aus Sicht des Gerichts bei einem tatsächlich ernsthaft bestehenden Rückzahlungsverlangen des
Vaters des Klägers nach Grund und Höhe noch hätten rekonstruierbar sein müssen. Der Sachvortrag des Klägers sei insoweit teilweise
widersprüchlich. In der eidesstattlichen Versicherung von Mai 2011 habe der Kläger noch inhaltsgleich mit seinem Vater erklärt,
die Darlehensverträge resultierten "u.a. aus Verbindlichkeiten mit seinem Studium und einem anschließenden Auslandsstudium".
Diese im Rahmen einer strafbewehrten (§
156 StGB) eidesstattlichen Versicherung - und damit wohl gut überlegt - abgegebenen Erklärungen werte die Kammer einstimmig dahin,
dass damit - zumindest auch - Ausbildungskosten des Erststudiums gemeint gewesen seien. Diese Angaben habe der Kläger mit
Schriftsatz vom 24.02.2012 wiederholt. Nach dem Hinweis des Gerichts im Erörterungstermin am 03.03.2015, dass die Eltern des
Klägers gemäß §§
1601 ff.
BGB verpflichtet gewesen seien, diesem zumindest die Erstausbildung zu finanzieren, habe dieser schriftsätzlich gegenüber dem
Gericht abweichend vom Inhalt der selbst verfassten und eigenhändig unterschriebenen eidesstattlichen Versicherung und des
schriftsätzlichen Vortrages vom 24.02.2012 erklärt, die gewährten Darlehen seien nicht zur Finanzierung der Erstausbildung,
sondern nur zur Finanzierung der Zweitausbildung (Auslandsstudium) geleistet worden.
Soweit nicht schon Widersprüchlichkeit vorliege, sei der Sachvortrag zu weiteren Darlehensverträgen nicht hinreichend substantiiert.
Weder der konkrete Inhalt der Abreden (insbesondere die jeweilige Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) noch der
Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse sei substantiiert dargelegt worden. Lediglich für den Kauf des Pkw lägen schriftliche
Unterlagen vor. Es fehle damit nicht nur an einer Konkretisierung der einzelnen Vertragsabschlüsse, sondern auch an einer
Festlegung der Darlehenshöhen und der Rückzahlungsmodalitäten. Dies genüge den Anforderungen an den glaubhaften Vortrag zum
Abschluss von Darlehensverträgen nicht.
Darüber hinaus entspreche weder der Treuhandvertrag noch seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem,
was zwischen fremden Dritten üblich sei. Es sei unter Fremden aus Sicht des Gerichts lebensfremd anzunehmen, dass der Treugeber
bei einer Summe über (vermeintlich) knapp 30.000,00 Euro (Stand zum 28.06.2002: 27.421,38 Euro Depotwert zzgl. 1.955,33 Euro
Guthaben auf dem Referenzkonto) nicht seinen Herausgabeanspruch schriftlich fixiere und nicht schriftlich dokumentiert habe,
dass er das Treugut bei Tod oder Insolvenz des Treuhänders ebenso wenig verliere wie im Falle der Zwangsvollstreckung in das
Vermögen des Treuhänders. Auf der anderen Seite werde der Treuhänder regeln wollen, ob und ggf. in welcher Höhe er bei Verlust
des Treuguts hafte, ob er für seine Bemühungen (und sein evtl. Haftungsrisiko) ein Entgelt oder eine Aufwandsentschädigung
erhalte und wie mit den Früchten des Treuguts (z.B. Zinsen) steuerrechtlich umzugehen sei. Zwar trügen der Kläger und sein
Vater vor, eine Abtretung vorgenommen haben zu wollen, die solche Abreden grundsätzlich entbehrlich machte. Aus Sicht des
Gerichts habe sich vor dem Hintergrund der nicht erfolgten Umschreibung des Depots und des Referenzkontos auf den Vater angesichts
des Bildungsstandes des Klägers und seiner beruflichen Tätigkeit eine solche Regelung allerdings aufdrängen müssen.
Auch die Vermögenszu- und -abgänge entsprächen nicht der Durchführung eines Treuhandvertrages unter fremden Dritten. Zwar
habe der Vater des Klägers in der Zeit vom 19.11.2002 bis 17.03.2005 Einzahlungen auf das Referenzkonto i.H.v. insgesamt 6.800,00
Euro vorgenommen und sei am 23.07.2008 eine Überweisung an den Vater des Klägers i.H.v. 500,00 Euro erfolgt. Dem stünden jedoch
ab dem 24.11.2010 bis zum 27.04.2011 Überweisungen an den Kläger i.H.v. insgesamt 10.395,00 Euro gegenüber. Statt nach der
Einstellung der Leistungen durch den Beklagten zum 01.11.2010 unmittelbar gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen,
habe der Kläger - vorgeblich darlehensweise - zunächst auf die Depotvermögenswerte zurückgegriffen, um sodann nach Ablauf
von mehr als sechs Monaten unter dem 27.05.2011 erstmals gerichtlichen Eilrechtsschutz mit dem Antrag auf Gewährung vorläufiger
Leistungen in Anspruch zu nehmen (S 45 AS 2079/11 ER). Es sei für das Gericht nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund dem Kläger Darlehen über derart hohe Beträge gewährt
worden sein sollten. Soweit der Kläger hiermit von der Zeugin F gewährte Darlehen beglichen habe, sei dem Gericht nicht nachvollziehbar,
aus welchem Grund bei einer bestehenden finanziellen Notlage die Darlehenstilgung aus vorgeblichen Fremdmitteln erfolgt sei,
obwohl die Zeugin kein Rückzahlungsverlangen geäußert habe.
Eine Verwertung des Vermögens habe für den Kläger keine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II bedeutet. Für außergewöhnliche Umstände ergäben sich hier keine Anhaltspunkte. Der Wert des Vermögens des Klägers habe im
gesamten streitgegenständlichen Zeitraum die für den Kläger geltenden Freibeträge überstiegen.
Der Kläger könne sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil die aufgehobenen Bewilligungsbescheide auf Angaben
beruhten, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe, § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X. Der Kläger habe unter dem 29.09.2004 erstmals bei der Agentur für Arbeit X1, der Rechtsvorgängerin des Beklagten, Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beantragt. In Zusatzblatt 3 zum Antrag habe der Kläger unter Punkt 2.4 "Sparbriefe / Sonstige Wertpapiere /z.B. Aktien, Fonds-Anteile
usw." ein Vermögen i.H.v. 604,00 Euro in Form von Wertpapieren und einen gesperrten VL-Vertrag mit einem Wert von ca. 1.300,00
Euro angegeben. Die unter Punkt 8 formulierte Frage "Wurde Vermögen im In- oder Ausland verschenkt oder gespendet oder auf
eine andere Person übertragen" habe der Kläger mit "nein" beantwortet und das so ausgefüllte Formular unter der vorgedruckten
Angabe "Ich versichere, dass die Angaben zutreffen. Änderungen werde ich unverzüglich mitteilen." eigenhändig mit Datum vom
29.09.2004 unterschrieben. In den Folgeanträgen habe der Kläger die Frage nach Änderungen in den Vermögensverhältnissen verneint,
womit er die Richtigkeit der Angaben im Erstantrag konkludent bestätigt habe. Diese Angaben seien unrichtig gewesen. Der Kläger
sei im Zeitpunkt der Antragstellung Inhaber von Vermögenswerten von knapp 44.000,00 Euro (Stand Depot und Referenzkonto zum
30.09.2004: 43.714,60 Euro) gewesen und habe gemeint, dieses im August 2002 an seinen Vater übertragen zu haben.
Die unrichtigen Angaben seien jedenfalls grob fahrlässig erfolgt. Die Fragestellung in dem Formular sei im Hinblick auf den
Bildungsstand (Studium der Volkswirtschaft und Auslandsstudium) des Klägers für diesen hinreichend verständlich und klar gewesen.
Der Kläger habe anzugeben gehabt, welches Vermögen er gehabt habe und ob er Vermögen übertragen habe. Dass zu dem Vermögen
auch Bankguthaben, Wertpapiere, Aktien und Fondsanteile gehörten, sei in dem Formular unmissverständlich an exponierter Stelle
hervorgehoben. Wenn der Kläger vortrage, man habe ihm im Vorfeld von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit gesagt, dass abgetretene
Depots, auch wenn sie auf seinen Namen lauteten, nicht seinem Vermögen zugerechnet würden, da sie durch Abtretung nicht mehr
sein Vermögen seien, was ihm auch bei Antragstellung bestätigt worden sei, entlaste ihn dies nicht. Vielmehr zeige dies, dass
der Kläger sich Gedanken darüber gemacht habe, wie der Grundsicherungsträger mit abgetretenem Vermögen umgehe. Gerade vor
diesem Hintergrund habe es dem Kläger ohne jede weitere Überlegung klar sein müssen, dass zumindest die Frage "Wurde Vermögen
im In- oder Ausland verschenkt oder gespendet oder auf eine andere Person übertragen" von ihm mit "Ja" zu beantworten gewesen
sei.
Welche Angaben der Kläger bei seiner Antragstellung auf Arbeitslosenhilfe im September 2002 gemacht habe, könne das Gericht
nicht überprüfen. Die Akten hierüber seien vernichtet. Selbst wenn der Kläger hier vollumfängliche Angaben gemacht haben sollte,
entlaste ihn dies nicht. Der Kläger habe im September 2004 eine völlig neue Sozialleistung beantragt und habe hierfür einen
entsprechenden Antrag ausfüllen müssen, in dem sämtliche relevanten Daten aus sich heraus verständlich anzugeben gewesen seien.
Zudem ergebe sich diese Verpflichtung zweifelsfrei und angesichts des Bildungsstandes des Klägers auch für diesen unmissverständlich
aus dem von ihm am 29.09.2004 eigenhändig unterschriebenen Hauptantrag. Dem Kläger sei diese Pflicht offensichtlich auch klar
gewesen, da er in diesem Zusatzblatt 3 zur Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens unter Punkt 2.4 (Sparbriefe /
Sonstige Wertpapiere /z.B. Aktien, Fonds-Anteile usw.) ein Vermögen i.H.v. 604,00 Euro in Form von Wertpapieren und einen
gesperrten VL-Vertrag mit einem Wert von ca. 1.300,00 Euro angegeben habe und sich nicht etwa auf eine Nichtangabe beschränkt
habe, weil er - nach eigenem Vortrag - diese Angaben schon bei der Beantragung von Arbeitslosenhilfe gemacht habe.
Die von dem Beklagten nach § 45 SGB X einzuhaltenden Fristen seien gewahrt worden.
Soweit der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden die mit Bescheid vom 30.12.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 06.02.2009 für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 und mit Bescheid vom 29.06.2010 für den Zeitraum 01.07.2010 bis
31.10.2010 gewährten vorläufigen Bewilligungen gemäß § 45 SGB X zurücknehme, sei dies aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden. Auch insoweit beurteile sich aus Sicht des erkennenden Gerichts
die Rechtmäßigkeit der geänderten Leistungsbewilligung nach § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X und nicht ausschließlich an den für die abschließende Entscheidung nach vorangegangener vorläufiger Bewilligung maßgebenden
Vorschriften des § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 SGB III.
Mit den Bescheiden vom 13.04.2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.11.2011 und vom 14.11.2011 habe der Beklagte
nicht nur die Aufhebung der genannten Bewilligungsentscheidungen verfügt, sondern nach Auffassung der Kammer zugleich eine
endgültige Entscheidung dahingehend getroffen, dass dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum keine Leistungen zustünden.
Zwar enthielten die hier streitgegenständlichen Bescheide keine ausdrückliche abschließende Regelung. Mit der vollständigen
Aufhebung der Leistungen für den gesamten Bezugszeitraum im Hinblick auf vorhandenes Vermögen und einen abweichenden Wohnort
bringe der Beklagte aus Sicht des Gerichts allerdings zweifelsfrei und unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Leistungen
für den fraglichen Zeitraum endgültig gänzlich verweigert würden. Im Hinblick auf die mit Bescheid vom 13.12.2006 für den
Zeitraum 01.01.2007 bis 30.06.2007, mit Bescheid vom 26.06.2007 für den Zeitraum 01.07.2007 bis 31.12.2007 und mit Bescheid
vom 18.12.2007 für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2008 erfolgten Bewilligungen von "Zahlungen unter Vorbehalt" habe
das Gericht Zweifel, ob die Bezeichnung "Zahlungen unter Vorbehalt" unter Berücksichtigung der allgemeinen Auslegungskriterien
als vorläufige Bewilligung i.S.v. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 SGB III qualifiziert werden könne. Dies könne jedoch offen bleiben. Denn selbst wenn man eine Vorläufigkeit der Bewilligungen annähme,
stünde diese der Rücknahme aus den o.g. Gründen nach Auffassung der Kammer nicht entgegen. Soweit der Beklagte mit den angefochtenen
Bescheiden den Bescheid vom 24.06.2009 und 18.12.2009 aufhebe, mit dem der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.07.2009
bis 31.07.2009 vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 800,25 Euro monatlich bewilligt habe, seien
die Bescheide vom 13.04.2011 gemäß §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen die Bescheide vom 25.10.2010 und somit Gegenstand der hier angefochtenen Widerspruchsbescheide
und des Gerichtsverfahrens geworden.
Auch die Erstattung sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für das Erstattungsverlangen in Bezug auf die Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes sei § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X. Die Voraussetzungen für eine verringerte Erstattungspflicht nach Maßgabe von § 40 Abs. 4 SGB II lägen nicht vor, da auf den Kläger der Vertrauensausschlusstatbestand nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X zutreffe. Soweit der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden die im Februar 2010 bescheidlos erfolgte Nachzahlung von Betriebskosten
i.H.v. 160,63 Euro erstattet verlange, sei dies nicht zu beanstanden. Diese seien gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 50 Abs. 2 SGB X und § 45 SGB X entsprechend den obigen Ausführungen zu erstatten. Der Beklagte fordere zu Recht von dem Kläger auch die Erstattung der geleisteten
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die gemäß § 40 Abs. 2 Nr.
5 SGB lI i.V.m. §
335 Abs.
1 und Abs.
5 SGB III von dem Kläger zu ersetzen seien, da die Entscheidungen über die Leistungen rückwirkend aufgehoben und die Leistungen zurückgefordert
worden seien.
Der Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 SGB X stehe - anders als der Kläger meine - § 107 SGB X nicht entgegen. Ein Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Beigeladene bestehe hier nicht. Ein Erstattungsanspruch des
Beklagten gegen die Beigeladene scheide aus, weil die Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden seien. Wie oben dargelegt,
sei der Kläger nicht hilfebedürftig gewesen.
Gegen das am 18.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.03.2016 Berufung eingelegt. Er bezieht sich zur Begründung
zunächst auf seinen Vortrag aus dem Klageverfahren. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor, es sei nicht zutreffend, dass
Überweisungen von dem Depotkonto auf jedes beliebige Konto möglich seien, sondern nur auf ein Referenzkonto, das auf den eigenen
Namen lauten müsse. Er habe nichts von der notwendigen Zustimmung zur Abtretung gewusst, dies sei bei der groben Fahrlässigkeit
nicht berücksichtigt worden. Das Darlehen seines Vaters sei nicht für das Erststudium gewährt worden. Die Benennung der Darlehensbeträge
bzw. der Berechnung in Euro- statt in DM-Beträgen erkläre sich damit, dass die "Formalisierung" der Beträge erst im Jahr 2002
erfolgt sei. Aufgrund des ersten Kontenabrufverfahrens vom 10.07.2009 sei die Jahresfrist abgelaufen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.01.2016 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 13.04.2011 in Gestalt
der Widerspruchsbescheide vom 11.11.2011 und vom 14.11.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte sowie die Beigeladene halten das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
In dem am 27.06.2019 durchgeführten Erörterungstermin hat der Senat erneut die Zeugin F vernommen. Bezüglich des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen. Im Erörterungstermin hat der Kläger folgende Beweisanträge durch Vorlage
eines entsprechenden Schriftstückes gestellt:
1. Der Geschäftsführer des Beklagten wird als Zeuge vernommen zu folgenden Fragen:
A. Name und ladungsfähige Anschrift der Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin des Beklagten, welche den Antrag des Klägers vom
29.09.2004 aufgenommen hat.
B. War es üblich, dass bei der erstmaligen Bewilligung von Arbeitslosengeld zwei durch die Rechtsvorgängerin des Beklagten
im Jahr 2004 auf Unterlagen zurückgegriffen wurde, welche sich in der Leistungsakte der Arbeitslosenhilfe befunden haben?
2. Der Geschäftsführer der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Kreis X1 wird als Zeuge vernommen zu folgenden Fragen:
A. Name und ladungsfähige Anschrift der Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Kreis X1, welche den
Antrag des Klägers vom 29.09.2004 aufgenommen hat.
B. War es üblich, dass bei der erstmaligen Bewilligung von Arbeitslosengeld zwei durch die Bundesagentur für Arbeit, Agentur
für Arbeit Kreis X1 im Jahr 2004 auf Unterlagen zurückgegriffen wurde, welche sich in der Leistungsakte der Arbeitslosenhilfe
befunden haben?
3. Die Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeitskreis X1, welche den Antrag des Klägers vom 29.09.2004
aufgenommen hat wird als Zeuge vernommen zu folgenden Fragen:
A. Hat der Kläger im Rahmen der Antragstellung am 29.09.2004 das Aktiendepot und die Übertragung bzw. Treuhandschaft angegeben?
B. Wurde bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld zwei im Jahr 2004 auf Unterlagen aus der Arbeitslosenhilfe insbesondere
auf die Leistungsakte zurückgegriffen?
In der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2020 hat der Kläger erklärt:
"Ich halte die zum Erörterungstermin vom 27.06.2019 zur Gerichtsakte gereichten Beweisanträge ausdrücklich aufrecht und stelle
des Weiteren noch folgenden Beweisantrag:
Die geschäftsführende Person der Agentur für Arbeit in X1 als Zeuge zu hören zu folgenden Fragen:
a) Ist die Arbeitslosenhilfeakte noch vorhanden oder bereits vernichtet?
b) Falls die Akte vernichtet ist, wann diese vernichtet wurde."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Verwaltungsakten des Beklagten
sowie der beigezogenen Vorprozessakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 13.04.2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide
vom 11.11.2011 und vom 14.11.2011, mit denen der Beklagte sämtliche Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.01.2005
bis zum 31.10.2010 vollständig aufgehoben und einen Betrag von insgesamt 67.031,76 Euro erstattet verlangt hat.
Die Bescheide vom 13.04.2011 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.11.2011 und vom 14.11.2011 sind formell und materiell
rechtmäßig.
Die Bescheide sind formell rechtmäßig.
Der Kläger ist vor Erlass der Verwaltungsakte mit Schreiben vom 11.03.2011 zu der beabsichtigten Aufhebung der Leistungsgewährung
und dem Erstattungsverlangen gemäß § 24 SGB X angehört worden. Der Verwaltungsakt in der Gestalt der Widerspruchbescheide ist auch hinreichend bestimmt.
Auch materiell sind die streitbefangenen Bescheide rechtmäßig.
Bei den Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.10.2010 handelte es sich um von Anfang an rechtswidrige,
begünstigende Verwaltungsakte i.S.d § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Kläger erfüllte bereits bei Erstantragstellung am 29.09.2004 und auch bei jedem Weiterbewilligungsantrag bis Oktober
2010 nicht alle Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II, weil er nicht hilfebedürftig i.S.d. §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II war. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen
oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer
Sozialleistungen, erhält. Der Kläger verfügte bei Erstantragstellung und über den gesamten streitbefangenen Zeitraum hinweg
über verwertbares Vermögen i.S.d. § 12 SGB II, das oberhalb der für ihn geltenden Vermögensfreigrenzen lag und ausreichte, um seinen monatlichen Bedarf i.S.d. SGB II zu decken.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Eigentumsübertragung von Aktien, die bei einer Depotbank bzw. der
in der Regel von dort aus beauftragten Wertpapiersammelbank hinterlegt sind, zusätzlich zu der schuldrechtlichen Einigung
zwischen Verkäufer und Erwerber einer dinglichen Übertragung bedarf (z.B. durch Abtretung des gegen die Wertpapiersammelbank
gerichteten Herausgabeanspruchs; vgl. hierzu ausführlich: Mentz, Fröhling: Die Formen rechtsgeschäftlicher Übertragung von
Aktien, NZG 2002, S. 201 ff.). Die bei Aktien erforderliche dingliche Übertragung ist hier schon deswegen nicht erfolgt, weil die Depotbank der Übertragung
nicht ausdrücklich zugestimmt und zudem erklärt hat, es lägen keinerlei Unterlagen darüber vor, dass der Kläger eine Abtretung
an den Vater in Gesprächen mit Mitarbeitern der Bank erwähnt habe. Der Kläger war mithin über den gesamten streitigen Zeitraum
hinweg in vollem Umfang verfügungsbefugter Inhaber des Aktendepots sowie des zugehörigen Referenzkontos.
Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass er den Vortrag des Klägers insgesamt als wenig glaubhaft ansieht.
Vielmehr zeigt der Verlauf des Verfahrens, dass der Kläger bereit ist, den jeweiligen Situationen angepasste Vorträge und
Handlungen vorzunehmen, sei es zu seinem Lebensmittelpunkt, sei es zu den Kosten der Unterkunft, sei es zu dem Verlauf der
Antragstellungen und der behaupteten Übertragung des Aktiendepots, das zeitnah zur bevorstehenden Beantragung der ebenfalls
vermögensabhängigen Arbeitslosenhilfe erfolgt sein soll. Das kann letztlich aber dahinstehen, da - wie oben und vom Sozialgericht
ausführlich dargelegt - es bereits an einer wirksamen Übertragung des Aktiendepots nebst Referenzkonto mangelt und das Vermögen
somit in seiner vollen Höhe im gesamten Streitzeitraum zur Verfügung stand.
Bei dem Aktiendepot handelte es sich auch um verwertbares Vermögen i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB II, da es einen frei handelbaren Vermögenswert darstellt (vgl. Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 23.05.2012, B 14 AS 100/11 R). Der Kläger konnte sowohl das Depot als auch das Referenzkonto nach den Bestimmungen von G und P jederzeit ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist kündigen (§ 16 der Vereinbarung über die Ausführung von Wertpapier- und Termingeschäften mit G, Nr.
18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von G und Nr. 18 der Allgemeinen Regelungen in den Geschäftsbedingungen von P).
Die Verwertung des Aktiendepots war auch nicht unwirtschaftlich (vgl. zur grundsätzlichen Wirtschaftlichkeit der Verwertung
von Aktiendepots: (Landessozialgericht (LSG) NRW, Urteil vom 24.09.2012, L 19 AS 575/12 m.w.N.) und stellte keine besondere Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Halbs. 2 SGB II dar. Außergewöhnliche Umstände, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte, sind
nicht ersichtlich.
Im gesamten streitigen Zeitraum verfügte der Kläger über ein Vermögen zwischen 12.997,92 Euro und 108.300,02 Euro. Dies ergibt
sich aus den Angaben des Klägers, die durch die vorgelegten Unterlagen belegt sind und im Urteil des Sozialgerichts im Einzelnen
zutreffend dokumentiert sind. Während des Rückforderungszeitraums lagen die individuellen Vermögensfreigrenzen des Klägers
nach § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 SGB II in der jeweils geltenden Fassung abhängig vom Lebensalter des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R, juris Rn. 11) jeweils unterhalb des vorhandenen Vermögens. So ergab sich beispielsweise zum Stichtag 31.12.2008 das niedrigste
Vermögen im Streitzeitraum i.H.v. 12.997,92 Euro, demgegenüber betrug der Vermögensfreibetrag des Klägers 7.500,00 Euro (45
Lebensjahre x 150,00 Euro zzgl. 750,00 Euro für notwendige Anschaffungen; vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 4 SGB II). Der jeweilige Vermögensfreibetrag wird in den vorhergehenden Jahren schon angesichts der deutlich darüber liegenden Vermögensbeträge
nicht berührt. Auch in den nachfolgenden Jahren wird der sich aufgrund des Lebensalters jährlich um 150,00 Euro erhöhende
Vermögensfreibetrag jeweils deutlich überstiegen. Vorhandene Schulden sind für die Berücksichtigung des Vermögens unbeachtlich.
Denn im Rahmen einer Bedürftigkeitsprüfung nach dem SGB II erfolgt wegen der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge grundsätzlich keine Saldierung der Aktiva und Passiva (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14 AS 27/07 R, Rn. 44). Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Verbindlichkeit unmittelbar auf dem Vermögensgegenstand lastet (etwa eine auf
ein Grundstück eingetragene Hypothek). Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte, auch der Kläger hat derartiges nicht vorgetragen.
Daher kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob tatsächlich Darlehensverbindlichkeiten gegenüber dem Vater
des Klägers bestanden.
Ob das Vermögen zur Deckung der Bedarfe des Klägers über den gesamten Rücknahmezeitraum ausgereicht hätte, ist für die anfängliche
Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Alg II-Bewilligungen unbeachtlich. Maßgeblich für die Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen
Bewilligungen als Voraussetzung für deren Rücknahme nach § 45 SGB X ist die Situation bei ihrem Erlass. In der Situation der Leistungsbewilligung ist vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares
Vermögen so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden ist (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 25.04.2018, B 14 AS 15/17 R). Von einem fiktiven Vermögensverbrauch kann daher nicht ausgegangen werden.
Der Kläger kann sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf den Bestand der Verwaltungsakte berufen, weil der
Ausschlussgrund des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegt. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die
er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat. Die aufgehobenen Leistungsbewilligungen
sind nur erfolgt, weil der Kläger weder bei der Erstantragstellung noch bei den Weiterbewilligungsanträgen Angaben über das
in seinem Vermögen befindliche Aktiendepot gemacht hat.
Fehlerhafte Angaben im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X schließen den Vertrauensschutz nur dann aus, wenn ihre Fehlerhaftigkeit vorwerfbar ist. Vorwerfbar ist die fehlerhafte Angabe
nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten. Vorsätzlich sind wissentlich und willentlich falsch gemachte Angaben
(Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 52). Nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 2. Halbs. SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht
anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSG, Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00R). Dabei gilt kein objektiver abstrakter Sorgfaltsmaßstab, sondern vielmehr ein individueller.
Das Maß der Fahrlässigkeit bestimmt sich insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und dem Einsichtsvermögen
des Einzelnen sowie den besonderen Umständen des Falles.
Der Kläger hat objektiv falsche Angaben im Rahmen des Leistungsantrages gemacht, als er das Aktiendepot bei der Erstantragstellung
auf Leistungen nach dem SGB II nicht angegeben hat. Soweit der Kläger vorträgt, er sei davon ausgegangen, dass eine wirksame Übertragung des Depots an seinen
Vater erfolgt sei, so hat der Senat aus den vom Sozialgericht ausgeführten Gründen, denen er sich nach Prüfung anschließt,
hieran schon erhebliche Zweifel. Jedenfalls hat der Kläger aber in seinem Antrag vom 29.09.2004 angegeben, er habe kein Vermögen
verschenkt oder gespendet oder auf eine andere Person übertragen. Selbst unter Berücksichtigung seines Vortrages, er sei davon
ausgegangen, das Aktiendepot wirksam auf seinen Vater übertragen zu haben, wäre diese Angabe ebenfalls objektiv falsch gewesen.
Nach Überzeugung des Senats hat er dies zumindest grob fahrlässig getan. Der Kläger hat erfolgreich Volkswirtschaft studiert,
ein Auslandsstudium absolviert und im Ausland gearbeitet. Er übt zudem seit 2003 eine selbständige Tätigkeit als Investment
Consultant aus. Dies lässt auf ein hohes Maß an individuellen Fähigkeiten schließen. Im Rahmen seiner individuellen Fähigkeiten,
an denen der Senat auch nach dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung keinerlei Zweifel hat, konnte der Kläger
schon mit einfachsten Überlegungen erkennen, dass er jedenfalls die Frage nach (vermeintlich) übertragenem Vermögen unzutreffend
beantwortet hat.
Der Senat musste den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen des Klägers nicht nachgehen. Die Fragen sind
zum Teil als geklärt anzusehen bzw. zielen auf einen Sachverhalt ab, der nicht entscheidungserheblich ist, und betreffen ein
unerreichbares Beweismittel.
Die Vernehmung des Geschäftsführers des Beklagten bzw. des Geschäftsführers der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit
Kreis X1, als Zeugen zur Ermittlung der ladungsfähigen Anschrift der Mitarbeiterin der Rechtsvorgängerin des Beklagten, welche
den Antrag des Klägers am 29.09.2004 aufgenommen hat, ist als Beweismittel ungeeignet. Die Bundesagentur hat im schriftlichen
Verfahren mitgeteilt, dass die nicht namentlich benannte Mitarbeiterin nicht mehr ermittelbar ist. Auch auf weitere Nachfrage
des Senats, ob es sich bei der Mitarbeiterin ggf. um eine Frau oder einen Herrn I gehandelt habe (der Name ergab sich aus
einem in der Verwaltungsakte des Beklagten befindlichen Vermerk des Programms verbis), hat die Bundesagentur mitgeteilt, dass
keine Aussage getroffen werden könne, da weitere Angaben fehlten.
Die Vernehmung des Geschäftsführers des Beklagten bzw. des Geschäftsführers der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit
Kreis X1, als Zeugen zur Beantwortung der Frage, ob es üblich gewesen sei, bei der erstmaligen Bewilligung von Alg II durch
die Rechtsvorgängerin des Beklagten bzw. die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Kreis X1, im Jahr 2004 auf Unterlagen
zurückzugreifen, welche sich in der Leistungsakte der Arbeitslosenhilfe befunden haben, ist nicht geeignet, den Vorwurf der
groben Fahrlässigkeit des Klägers zu widerlegen. Die Frage, ob es eine grundsätzliche Praxis im Jahr 2004 gab, kann schon
nicht zur positiven Beantwortung der Frage, ob im konkreten Fall des Klägers diese Praxis angewandt wurde, führen.
Dem Antrag, die Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Kreis X1, als Zeugin zu vernehmen, war schon
deswegen nicht nachzukommen, da die erforderliche Benennung der Zeugin mit Angabe der ladungsfähigen Personalien und der ladungsfähigen
Anschrift nicht erfolgt ist (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 10.05.2000, B 6 KA 49/99 B). Eine Ermittlung des Namens und der Anschrift der Zeugin ist auch weder durch den Beklagten noch durch die Bundesagentur
für Arbeit möglich gewesen (s.o.). Ohne nähere Anhaltspunkte ist die Zeugin für den Senat ebenfalls nicht ermittelbar. Zudem
sind die vom Kläger benannten Beweisfragen unbeachtlich, da es auf die Beantwortung der Fragen aus der rechtlichen Sicht des
Senats nicht ankommt. Der Kläger hat - wie oben ausgeführt - eine ausdrücklich im Formular gestellte Frage aus seiner Sicht
wahrheitswidrig beantwortet. Damit hat er die Leistungsbewilligung grob fahrlässig herbeigeführt. Dies reicht zur Überzeugung
des Senats zur Annahme der groben Fahrlässigkeit aus. Gleiches gilt für die Frage nach dem Rückgriff auf Unterlagen aus der
Arbeitslosenhilfe, insbesondere der Leistungsakte bei der Beantragung von SGB II-Leistungen im Jahr 2004. Auch hier ist der Senat der Überzeugung, dass es auf diese Tatsache nicht ankommt.
Soweit der Kläger weiter beantragt hat, die geschäftsführende Person der Agentur für Arbeit im X1 als Zeugen zu hören zu den
Fragen, ob die Arbeitslosenhilfeakte noch vorhanden oder bereits vernichtet ist und ggf. wann die Akte vernichtet wurde, ist
der Senat der Überzeugung, dass zum einen bereits durch die schriftliche Auskunft der Bundeagentur für Arbeit offenkundig
geklärt ist, dass die Arbeitslosenhilfeakte des Klägers vernichtet ist. Zum anderen sagt der Umstand, ob im Jahr 2004 grundsätzlich
auf die Leistungsakte der Arbeitslosenhilfe bei der Antragstellung für Leistungen nach dem SGB II zurückgegriffen wurde, nichts darüber aus, ob dies im Fall des Klägers so geschehen ist. Insofern ist eine Vernehmung von
Zeugen zu dieser Frage nicht erheblich.
Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sind erfüllt, insbesondere wurde die Jahresfrist
nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Der Beklagte erlangte im Juli 2009 erstmals Kenntnis von dem Vorhandensein weiterer Konten des Klägers durch
eine Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern. Der schon mit Schreiben vom 10.07.2009 erfolgten Aufforderung zur Vorlage
der "Kontoauszüge aller Privat- und Geschäftskonten lückenlos" war der Kläger nicht nachgekommen. Erst durch ein erneutes
Kontenabrufverfahren im Juli 2010 und die daraufhin vom Beklagten mit Schreiben vom 02.09.2010 angeforderten Kontoauszüge
des Depotkontos, die der Kläger mit Schreiben vom 19.10.2010 erstmals einreichte, wurde der Beklagte in die Lage versetzt,
den Sachverhalt umfassend zu würdigen. Die streitgegenständlichen Rücknahme- und Erstattungsbescheide wurden am 13.04.2011
und damit innerhalb der Jahresfrist erlassen.