Prozeßkostenhilfe für Unterhaltsklage eines Sozialhilfeempfängers bei übergegangenen Ansprüchen
Gründe:
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die bei der Antragstellerin lebenden Söhne A. und B. hervorgegangen.
Die - für sich und beide Kinder Sozialhilfe beziehende - Antragstellerin hatte um Prozeßkostenhilfe für eine am 15.03.1994
eingereichte Klage gegen den Antragsgegner auf Zahlung von mtl. jeweils 320 DM Kindesunterhalt und von 1.000 DM Ehegattenunterhalt
ab Klagezustellung gebeten.
Das Familiengericht hat der Antragstellerin insoweit Prozeßkostenhilfe bewilligt als sie Getrenntlebendenunterhalt in Höhe
von monatlich 457,60 DM ab Klagezustellung begehrt. Im übrigen hat es die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert.
Zur Begründung der Prozeßkostenhilfeverweigerung hat es ausgeführt soweit Kindesunterhalt überhaupt und Trennungsunterhalt
in Hohe von mehr als 450 DM monatlich begehrt würden, sei die Rechtsverfolgung mutwillig, da insoweit die Ansprüche auf das
Sozialamt übergegangen seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, welche gegen die Neufassung des § 91
BSHG sowohl einfachgesetzliche als auch verfassungsrechtliche Bedenken erhebt.
II.
Die gemäß §
127 Abs.
2
ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Daß das Familiengericht die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe hinsichtlich des in Rede stehenden Kindesunterhalts und des 450
DM monatlich übersteigenden Trennungsunterhalts verweigert hat, hält den Angriffen der Beschwerde
Mutwillig - und damit nicht prozeßkostenhilfefähig - ist eine Rechtsverfolgung immer dann, wenn eine verständige, nicht hilfebedürftige
Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder die Partei den verfolgten Zweck auf einem billigeren Weg erreichen
könnte (Senatsbeschluß vom 27.11.1989, 6 WF 15 5/89, Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe Rz. 481 m.w.N.).
Hiervon ist vorliegend unter Berücksichtigung der Änderungen auszugehen, die § 91
BSHG durch das über Maßnahmen zur Bewältigung der finanziellen Erblasten im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands,
zur langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur
Entlastung der öffentlichen Haushalte (Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms -FKPG -) vom 23. Juni 1993
(BGBl 1993 Teil I, Seite 944) erfahren
Setzte bislang der Übergang des Unterhaltsanspruchs des Sozialhilfeempfängers auf den Sozialhilfeträger den Erlaß eines den
Anspruch überleitenden Verwaltungsaktes des Sozialhilfeträgers voraus, geht nunmehr der Unterhaltsanspruch des Sozialhilfeempfängers
mit der Erbringung der Sozialhilfe - und begrenzt durch deren Höhe - kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger über. Nach §
91 Abs. 3 S. 2 BSHG kann der Träger der Sozialhilfe nunmehr aufgrund gesetzlicher Ermächtigung (vgl. zum früheren Recht: BGH FamRZ 92, 797,799)
bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen, wenn die Hilfe voraussichtlich auf
längere Zeit gewahrt werden muß (zusammenfassende Darstellungen der Neuregelung des § 91
BSHG: Schellhorn/Schellhorn, FuR 93,261 ff, Strohal, DAVorm 93,1034).
Unbeschadet der dem Sozialhilfeträger jetzt gesetzlich eingeräumten Klagebefugnis ist jedoch im vorliegenden Fall die Befugnis
der getrennt lebenden Antragstellerin unberührt geblieben, künftig fällig werdenden Unterhalt der sich in ihrer Obhut befindenden
minderjährigen Kinder §
1629 Abs.
3
BGB im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. hierzu: Strohal a.a.0., S.1036; Schellhorn/Schellhorn, a.a.O., S.269, so auch für
das frühere (Überleitungs-)Recht: BGH, NJW 1982, 232; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 2. Aufl., Teil V, Rz. 169 m.w.N.; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der
familienrichterlichen Praxis, 2. Aufl., S. 1043). Ginge in diesem Fall der hier in Rede stehende Anspruch auf künftig fällig
werdenden Unterhalt nach Rechtshängigkeit wegen erbrachter, den Anspruch übersteigender Sozialhilfeleistungen kraft Gesetzes
auf den Sozialhilfeträger über, könnte der Rechtsstreit gemäß §
265
ZPO zwischen den ursprünglichen Parteien fortgesetzt werden, obwohl der Anspruch dann der Antragstellerin nicht mehr zustünde.
Diese wäre indes gehalten, dem Anspruchsübergang durch entsprechende Umstellung des Antrags Rechnung zu tragen (vgl. hierzu:
9. Senat des hiesigen Oberlandesgerichts, Urteil vom 10.11.1993, 9 UF 85/93; Göppinger/Wax, a.a.O., Rz. 3033). Insoweit bedürfte es daher zur klageweisen Verfolgung des hier in Rede stehenden Anspruchs
durch die Antragstellerin selbst weder einer (treuhänderischen) Rückübertragung des Anspruchs von dem Sozialhilfeträger auf
die Antragstellerin noch einer in ihrer rechtlichen Zulässigkeit höchst umstrittenen Ermächtigung der Antragstellerin zur
Geltendmachung des Anspruchs, der sog. "gewillkürten Prozeßstandschaft (gegen die Zulässigkeit einer gewillkürten Prozeßstandschaft
in Überleitungs/-Übergangsfällen etwa: Seetzen, NJW 1978, 1350, 1353; Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., Rz. 3033, 3043; OLG Hamburg, 1. FamS., FamRZ 1988, 843, OLG Hamburg, 7. FamS., FamRZ 1990,417; Schellhorn/Schellhorn, FuR 1993,269 f, wohl auch. Strohal, DAVorm 1993,1038; a.A.:
OLG NJW-RR 1991,776, KG, FamRZ 1988,300; OLG Stuttgart, FamRZ 1994,384; Kalthoener/Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe,
Rz. 38 jeweils m.w.N.). Ob daher im hier gegebenen Fall ein "rückübertragener" Anspruch geltend gemacht werden soll kann für
die im Rahmen des Verfahrens auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe vorab zu beantwortende Frage nach der Mutwilligkeit der
Rechtsverfolgung offenbleiben.
Angesichts der nunmehr gemäß § 91 Abs. 3 S.2 BSHG für den Träger der Sozialhilfe ausdrücklich eröffneten Möglichkeit, den hier in Rede stehenden künftigen Unterhalt unter
Inanspruchnahme der Gerichtskosten-Vorschußfreiheit (§ 2 Abs. 1
GKG, vgl. OLG Hamburg FamRZ 1990, 417,418) im eigenen Namen einzuklagen, erscheint - jedenfalls in dem hier gegebenen Fall fortlaufenden Sozialhilfebezugs in einer
den beanspruchten (künftigen) Unterhalts übersteigenden Höhe - die Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin selbst mutwillig
i.S. von §
114
ZPO.
Eine verständige, nicht der Prozeßkostenhilfe bedürftige Partei würde nämlich unter diesen Umständen - insbesondere in Anbetracht
des ohne zeitliche Begrenzung gewährten, den in Rede stehenden Unterhaltsbedarf deckenden Sozialhilfebezugs - davon absehen,
den entsprechenden Anspruch auf künftigen Unterhalt in gleicher Weise, d.h. durch Erhebung einer Klage im eigenen Namen und
auf eigenes Kostenrisiko, zu verfolgen (vgl. hierzu: Senatsbeschlüsse vom 14.12.1993, 6 WF 84/93 = FamRZ 1994,636, vom 07.01.1994, 6 WF 91/93
und vom 03.05.1994, 6 WF 23/94).
In dem letztgenannten Beschluß vom 03.05.1994.(6 WF 23/94) hat der Senat ausdrücklich ausgeführt, daß die möglicherweise auftretende Aufspaltung des einheitlichen Unterhaltsanspruchs
eine hinzunehmende und angesichts der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der Ansprüche auch hinnehmbare
gesetzgeberische Folge ist. An dieser Auffassung hält der Senat auch angesichts des dies angreifenden Beschwerdevorbringens
fest.
Soweit die Beschwerde die Neuregelung des § 91
BSHG mit der Erwägung angreift für die Sozialämter seien zur Durchsetzung der Unterhaltsanprüche die Zivilgerichte zuständig,
familiengerichtliche Streitigkeiten seien aber den dafür besonders bestellten Familiengerichten zugewiesen, die übergeleiteten
Sockelbeträge müßten daher "vor dem an und für sich nicht zuständigen Zivilgericht durchgesetzt werden", verkennt die Antragstellerin,
daß die Neuregelung des § 91
BSHG insoweit darin besteht, auch für die öffentlich-rechtlichen Fragen, die sich aus der Anwendung des § 91
BSHG ergeben, den Zivilrechtsweg zu eröffnen. "Zivilgerichte" sind indes auch die Familiengerichte, denen die Klärung von Unterhaltsstreitigkeiten
der hier in Rede stehenden Art obliegt (vgl. hierzu: Schellhorn/Schellhorn FuR 93,270; Scholz, FamRZ 1994, 2; Künkel, FamRZ 1994, 548).
Wie die erwähnten Senatsentscheidungen zu § 91
BSHG Nf. belegen, bestehen aus der Sicht des Senats keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung , so daß auch
keine Veranlassung besteht, der Anregung der Antragstellerin folgend, ein konkretes Normenkontrollverfahren einzuleiten.
Die Beschwerde war somit mit dem sich aus §
127 Abs.
4
ZPO ergebenden Kostenausspruch zurückzuweisen.