Feststellung des Fortbestehens einer Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit erstrebt der Kläger primär die Feststellung des Fortbestehens
der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Für den Fall des Nichtbestehens wendet er sich gegen
die Höhe der Beiträge im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft in der GKV.
Der Kläger war bis zum 31.10.2017 über seine Ehefrau bei der Beklagten im Rahmen der Familienversicherung gesetzlich kranken-
und pflegeversichert. In dieser Zeit verfügte er über Einkünfte aus dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Hessen
iHv rund 128 Euro und eines Versicherungsvereins aG iHv rund 163 Euro. Zum 1.11.2017 wurde ihm wegen der Vollendung des 65.
Lebensjahres Regelaltersrente iHv monatlich 312,19 Euro gewährt. Entsprechend seinem Antrag auf freiwillige Versicherung setzte
die beklagte Krankenkasse ausgehend von der Mindestbemessungsgrundlage iHv 991,67 Euro einen monatlichen Beitrag zur GKV iHv
153,37 Euro fest. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG-Gerichtsbescheid vom 29.4.2020; LSG-Urteil vom 1.7.2021). Der beitragsfreien Familienversicherung stehe das die maßgebende Grenze übersteigende Gesamteinkommen entgegen. Diese Einkommensgrenze
sei nicht verfassungswidrig. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil
des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG in entsprechender Anwendung von §
169 Satz 2 und
3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN).
Der Kläger formuliert auf Seite 7 der Beschwerdebegründung vom 6.10.2021 folgende Fragen:
"Ist die zum Ausschluss aus der Familienversicherung führende Einkommen gem. §
10 Abs.
1 S. 1 Nr.
5 SGB V mit Art
3 Abs. I
GG vereinbar?
Ist die Beitragspflicht freiwillig versicherter Rentner nach Maßgabe der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage auf der Grundlage
von §
240 Abs.
1 und 4
SGB V und §§ 2, 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze mit Art
3 Abs. I
GG vereinbar?"
Der Ausschluss aus dem Kreis der familienversicherten Rentner sei mit finanziellen Belastungen verbunden, "die in mehrfacher
Weise über die der gesetzlichen Pflichtversicherung und natürlich weiterhin Familienversicherten hinausgehen" würden. Er bewirke
über §§
240,
248 SGB V, dass freiwillig Versicherte bei geringen Einkünften einen Mindestbeitrag leisten müssten, "der über dem von pflichtversicherten
Rentnern liegenden Beitrag" liege, und dass die Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen mit dem vollen und nicht
nur mit dem halben Beitragssatz belastet seien. Damit habe die durch §
10 Abs
1 Satz 1 Nr
5 SGB V festgelegte Einkommensgrenze im Rentenalter bei solchen Personen, "die nicht ausschließlich eine gesetzliche Rente beziehen,
finanzielle Nachteile zur Folge". Hierfür gebe es keinen Rechtfertigungsgrund. Die Rechtsfrage sei für Rentner mit geringem
Einkommen nicht abschließend geklärt. Entscheidungen seien bisher nur "im Zusammenhang mit Schüler bzw. Selbstständige und
Bezieherin von Eltern- bzw. Erziehungsgeld ergangen." "Im Vergleich zu der Gruppe der anderen freiwillig versicherten Rentner"
müsse er "mit einer geringen Rente einen wesentlichen höheren Beitragsanteil selbst finanzieren, weshalb kein Vergleich zu
diesen Gruppen möglich" sei.
1. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Zweifelhaft
ist, ob darin abstrakt-generelle Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten
revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert werden. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar,
damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
2. Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend dar. Wird - wie hier -
in der Beschwerde eine Verletzung des Gleichheitssatzes geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung unter Einbeziehung
der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG Beschluss vom 22.8.1975 - B 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; ferner zB BSG Beschluss vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen
Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Wird in der Beschwerde eine Verletzung des Gleichheitssatzes
geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG darlegen, worin die für
eine Gleich- bzw Ungleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale bestehen sollen (vgl BVerfG <Dreier-Ausschuss> - 2 BvR 1037/81- Beschluss vom 8.6.1982 - SozR 1500 § 160a Nr 45). Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger bildet bereits keine hinreichend abgrenzbaren Vergleichsgruppen, indem er lediglich von "familienversicherten Rentnern"
spricht. Soweit er in seiner ersten Frage die Verfassungsgemäßheit der Einkommensgrenze für die beitragsfreie Familienversicherung
in Zweifel zieht, befasst er sich trotz der ausführlichen Hinweise des LSG nicht hinreichend mit der hierzu bereits ergangenen
Rechtsprechung des BSG (ua Urteil vom 29.6.2016 - B 12 KR 1/15 R - SozR 4-2500 § 10 Nr 12). Er zitiert zwar aus diesem Urteil (RdNr 24 f). Zu der von ihm aufgeworfenen Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einkommensgrenze unterlässt er aber eine Auseinandersetzung
mit den hierzu gemachten Ausführungen (RdNr 31 f). Hinsichtlich der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder nach einer Mindestbemessungsgrundlage unterlässt der Kläger ebenfalls
die gebotene Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen, umfangreichen Rechtsprechung des BSG (zB Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2; BSG Urteil vom 26.5.2004 - B 12 P 6/03 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 1) und des BVerfG (zB Kammerbeschluss vom 19.12.1994 - 1 BvR 1688/94 - SozR 3-1300 § 40 Nr 3). Soweit er schließlich im Kern seines Vorbringens auf seine angespannte Einkommenssituation verweist, legt er nicht hinreichend
dar, inwieweit dies vor dem Hintergrund der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung oder der Sozialhilfe
zwingt, ihm eine Fortsetzung der beitragsfreien Familienversicherung zu ermöglichen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.