Erstattung von Kosten für selbst beschaffte ambulante ärztliche Behandlungen und Arzneimittel
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Erstattung der Kosten für selbst
beschaffte ambulante ärztliche Behandlungen und Arzneimittel bei der Beklagten und beim SG ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte den Erstattungsanspruch iH von 511,06 Euro teilweise anerkannt.
Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Im Übrigen hat sie die Berufung aufrechterhalten und sich für den noch geltend
gemachten Betrag iH von 247,10 Euro auch auf einen Amtshaftungsanspruch berufen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es unter teilweiser Bezugnahme auf die SG-Entscheidung ausgeführt: Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe nicht, weil der Behandler E nicht zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen sei, es für den Freikauf von Arzneimitteln am fehlenden Nachweis einer ärztlichen Verordnung fehle und hinsichtlich
der Quittung über eine Zahlung von 30 Euro an K nicht ersichtlich sei, worauf diese geleistet worden seien. Soweit die Klägerin
ihren noch geltend gemachten Erstattungsanspruch auch auf eine Amtspflichtverletzung stütze, dürfe das LSG darüber nicht entscheiden.
Da die übrigen Anspruchsgrundlagen (insbesondere §
13 Abs
3 SGB V) kein stattgebendes Urteil rechtfertigten, sei die Klage bzw Berufung insoweit als unbegründet abzuweisen; eine Verweisung
wegen des Amtshaftungsanspruchs sei in Anbetracht des einheitlichen Streitgegenstandes nicht zulässig (Urteil vom 26.11.2020).
Der Senat hat der Klägerin für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S
beigeordnet (Beschluss vom 1.10.2021). Rechtsanwalt S hat die Nichtzulassungsbeschwerde im Namen der Klägerin eingelegt (9.11.2021) und später wieder zurückgenommen
(25.2.2022). Die Klägerin hat persönlich mitgeteilt, Rechtsanwalt S zu keiner Zeit bevollmächtigt zu haben. Seine Eingaben
seien ihr daher nicht zuzurechnen. Der Senat hat daraufhin die Beiordnung von Rechtsanwalt S aufgehoben und der Klägerin Rechtsanwalt
C beigeordnet (Beschluss vom 22.4.2022).
Mit ihrer (erneut) eingelegten Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG zu verwerfen.
1. Dabei kann dahinstehen, ob die Frist zur Einlegung der Beschwerde (§
160a Abs
1 Satz 2
SGG) gewahrt ist bzw ob insofern die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung (§
67 SGG) vorliegen. Jedenfalls entspricht die Begründung der Beschwerde nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des allein geltend gemachten
Verfahrensmangels.
2. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet
werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § 160a Nr 36 mwN; BSG vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 16 mwN). Daran fehlt es.
Die Klägerin macht geltend, das LSG habe gegen §
17a Abs
2 Satz 1
GVG iVm §
202 Satz 1
SGG verstoßen. Es hätte die Berufung hinsichtlich der nach dem Teilanerkenntnis noch anhängig gebliebenen Ansprüche nicht zurückweisen,
sondern den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht verweisen müssen. Es sei selbst davon ausgegangen, dass diese Ansprüche
nur im Wege der Amtshaftung durchsetzbar seien. Insofern handele es sich nicht mehr um einen Streitgegenstand, der Sozialrecht
und Zivilrecht umfasste, sondern nur noch um einen zivilrechtlichen Anspruch.
Dabei setzt sich die Klägerin nicht mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG, auf die sich auch das LSG berufen hat, auseinander. Nach dieser darf ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung
an das Zivilgericht vornehmen, weil einerseits das
GVG keine Teilverweisung kennt und andererseits der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine
solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig
ist. Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des
Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß §
17a Abs
2 GVG abzusehen (vgl BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23 f; BSG vom 31.10.2012 - B 13 R 437/11 B - juris RdNr 10 und 13; BSG vom 30.7.2014 - B 14 AS 8/14 B - juris RdNr 5; BSG vom 25.4.2019 - B 2 U 19/18 BH - juris RdNr 4; vgl auch BVerwG vom 19.11.1997 - 2 B 178.96 - juris RdNr 2).
Inwiefern vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung die unterbliebene Verweisung des Rechtsstreits durch das LSG verfahrensfehlerhaft
gewesen sein sollte, legt die Klägerin nicht schlüssig dar. Sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen schieden nach der Entscheidung
des LSG für die von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsansprüche nicht von vornherein aus. Das LSG hat vielmehr auch
für die nach dem angenommenen Teilanerkenntnis noch anhängig gebliebenen Erstattungsansprüche §
13 Abs
3 SGB V als einschlägige Rechtsgrundlage angesehen und geprüft, die Voraussetzungen im Ergebnis aber - unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe
des erstinstanzlichen Gerichtsbescheides - verneint. Hinsichtlich der Amtshaftungsansprüche hat es sich an einer Verweisung
des Rechtsstreits an das hierfür zuständige Landgericht gehindert gesehen und dabei auf die oben genannte Rechtsprechung des
BSG ausdrücklich Bezug genommen.
3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.