Reduzierung von Übergangsleistungen
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob die Beklagte zu Recht Übergangsleistungen jährlich um 1/5 reduziert
gewährt hat.
Die Beklagte erkannte bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach Nr 5101 der Anlage 1 zur
Berufskrankheiten-Verordnung an. Zum Ausgleich seines Minderverdienstes gewährte sie ihm ab der Aufgabe seiner Tätigkeit als Dachdecker und Spengler Übergangsleistungen,
deren Berechnung im ersten Jahr seinen vollen Minderverdienst, im zweiten Jahr 4/5, im dritten Jahr 3/5, im vierten Jahr 2/5
und im fünften Jahr 1/5 seines Minderverdienstes berücksichtigte. Den gegen diese Kürzungen eingelegten Widerspruch wies die
Beklagte zurück. Das SG hat die Klage auf Gewährung höherer Übergangsleistungen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 10.12.2014) und das LSG die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 2.3.2022).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
ein Zulassungsgrund (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz oder Vorliegen eines Verfahrensmangels, §
160 Abs
2 Nr
1,
2 oder 3
SGG) nicht formgerecht dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3).
Grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Rechtsfrage
sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb ihre Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt, die Rechtsfrage also entscheidungserheblich
ist (stRspr; zB BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 2 U 197/21 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger formuliert bereits keine über den Einzelfall hinausgehende abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung oder Anwendbarkeit
einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts oder zu deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Soweit der Beschwerdebegründung
zu entnehmen ist, dass der Kläger Klärungsbedarf dazu sieht, ob zu Recht in der Praxis der Unfallversicherungsträger bei Übergangsleistungen
in allen Fällen eine Kürzung um jeweils 1/5 erfolgt und deshalb eine echte Ermessensausübung in der überwiegenden Anzahl der
Fälle nicht mehr stattfindet, ist diese Frage so allgemein gehalten, dass an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge
nicht geprüft werden könnten. Zur Beantwortung einer derart offenen Frage ist das BSG als Rechtsprechungsorgan nicht berufen, da es nicht abstrakt die juristischen Fragen aufzubereiten bzw rechtsgutachterlich
zu klären und losgelöst von der konkreten Rechtssache zu entscheiden hat. Des Weiteren wird auch nicht hinreichend eine mögliche
Klärungsbedürftigkeit und die Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren dargelegt.
Auch den Zulassungsgrund einer möglichen Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz bzw das Nichtübereinstimmen
tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt
nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz
des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG aufgestellt hat (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34, juris RdNr 13 mwN). Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass diese Voraussetzungen vorliegen könnten. Zwar werden die Urteile des
Senats vom 4.12.2001 (B 2 U 6/01 R - HVBG RdSchr VB 39/2002) sowie vom 22.3.2011 (B 2 U 12/10 R - BSGE 108, 28 = SozR 4-5670 § 3 Nr 1) benannt. Es fehlen jedoch Ausführungen dazu, ob und aus welchen Gründen das LSG einem in diesen Urteilen enthaltenen Rechtssatz
widersprochen haben könnte.
Schließlich wird auch kein Verfahrensmangel aufgezeigt, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.