Erreichbarkeit des Arbeitslosen, Nichtmitteilung der Beschäftigungsaufnahme
Gründe:
I
Im Streit ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 16. Mai bis 20. Juni 1999 und die
Erstattung des in dieser Zeit gezahlten Alg sowie der Ersatz der hierauf entfallenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Der Kläger bezog von der Beklagten ab 5. Oktober 1998 Alg (Bescheid vom 11. Oktober 1998). In der Zeit vom 16. bis 22. Mai
1999 war er als Reisebusfahrer für das (deutsche) Verkehrsunternehmen H. in Italien tätig; dies stellte die Beklagte jedoch
erst auf Grund einer Außenprüfung vom 11. Februar 2000 fest. Zuvor hatte der Kläger am 21. Juni 1999 wieder beim Arbeitsamt
vorgesprochen und am 24. Juni 1999 eine Beschäftigung aufgenommen.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 16. Mai bis 20. Juni 1999 auf und verlangte
die Erstattung von Alg in Höhe von 3.819,00 DM sowie den Ersatz von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von
899,64 DM (Bescheid vom 13. März 2000; Änderungsbescheid vom 2. Oktober 2000; Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2000).
Die hiergegen gerichtete Klage blieb erst- und zweitinstanzlich erfolglos (Urteil des Sozialgerichts >SG< vom 26. Februar
2000; Urteil des Landessozialgerichts >LSG< vom 12. Mai 2005). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt,
die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Alg gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) wegen wesentlicher Änderung der Sach- und Rechtslage aufgehoben. In der Zeit vom 16. bis 22. Mai 1999 sei der Kläger nicht
mehr arbeitslos gewesen, weil er in dieser Zeit mangels Erreichbarkeit unter der von ihm angegebenen Wohnadresse nicht verfügbar
gewesen sei und damit nicht die Voraussetzungen der Beschäftigungssuche erfüllt habe (§§ 117, 118, 119 Sozialgesetzbuch Drittes
Buch - Arbeitsförderung - >SGB III<). Die Beklagte habe die Bewilligung der Leistung für diesen Zeitraum gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X iVm §
60 Abs
1 Nr
2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (
SGB I) aufheben dürfen, weil der Kläger seinen Aufenthalt im Ausland grob fahrlässig nicht mitgeteilt habe. In der Zeit vom 23.
Mai bis 20. Juni 1999 sei der Kläger zwar wieder arbeitslos iS des §
118 SGB III gewesen; jedoch sei die Wirkung der Arbeitslosmeldung (§
117 Abs
1 Satz 2
SGB III) gemäß §
122 Abs
2 Nr
2 SGB III mit der Aufnahme der Beschäftigung als Busfahrer erloschen. Bei dieser Tätigkeit handele es sich nach den vom Bundessozialgericht
(BSG) entwickelten Kriterien um eine fremdnützige Arbeit im Rahmen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses. Ob die Beklagte
allerdings - wie im Falle der Aufhebung für die Zeit vom 16. bis 22. Mai 1999 - ihre Entscheidung auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X stützen könne, sei zweifelhaft, weil die Anwendung dieser Vorschrift voraussetze, dass die Verletzung der Mitteilungspflicht
kausal für die Überzahlung geworden sei. Hätte der Kläger jedoch die Aufnahme einer Beschäftigung mitgeteilt, wäre seine Arbeitslosmeldung
wirksam geblieben. Allerdings greife § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X ein. Der Kläger sei zumindest grob fahrlässig in Unkenntnis darüber gewesen, dass ihm Alg bis zu einer erneuten Arbeitslosmeldung
nach Aufnahme einer Beschäftigung nicht zustehe. Für einen Leser des dem Kläger ausgehändigten Merkblattes für Arbeitslose
könnten keine Zweifel daran bestehen, dass die Aufnahme einer Beschäftigung von erheblicher Bedeutung für den Alg-Anspruch
sei und dieser sogar für längere Zeit entfallen könne.
Der Kläger rügt eine Verletzung des §
122 Abs
2 SGB III und des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X. Er ist der Ansicht, in der Zeit vom 16. bis 22. Mai 1999 erreichbar und deshalb auch verfügbar gewesen zu sein, weil seine
Ehefrau bei einer evtl notwendigen und dringenden telefonischen Kontaktaufnahme über das von ihm mitgeführte Mobiltelefon
sofort mit ihm hätte in Verbindung treten können, sodass er sich bei der Beklagten hätte melden können. Selbst wenn man hinsichtlich
des Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alg (Arbeitslosigkeit; Arbeitslosmeldung) der Beklagten und
dem LSG folge, sei er nicht bösgläubig iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X gewesen.
6
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2000 idF des Änderungsbescheids vom 2. Oktober 2000, beide in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 11. Oktober 2000, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG
begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz >SGG<). Zwar hat das LSG zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg an den Kläger für den gesamten
streitigen Zeitraum entfallen sind. Ob die Beklagte auch berechtigt war, die Bewilligung von Alg gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 SGB X iVm §
330 Abs
3 Satz 1
SGB III mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, kann der Senat nicht entscheiden. Zu Unrecht hat das LSG bei der Anwendung
dieser Vorschriften einen objektiven, statt eines subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs angewandt; es fehlen deshalb ausreichende
tatsächliche Feststellungen (§
163 SGG) dazu, ob dem Kläger unter Anwendung eines subjektiven Maßstabs grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Darüber hinaus
fehlen Feststellungen zur Höhe der Erstattungsforderung (§ 50 Abs 1 SGB X) und der Ersatzforderung bezüglich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (§
335 Abs
1 SGB III).
Die Entscheidung der Beklagten beruht auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 SGB X iVm §
330 Abs
3 Satz 1
SGB III (idF des Arbeitsförderungsreformgesetzes >AFRG< vom 24. März 1997 - BGBl I 594). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung
bei einer wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Änderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, mit
Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen
Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht
nachgekommen ist (Nr 2) oder wusste bzw nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt
hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist (Nr 4). Ermessen ist auch in so genannten atypischen Fällen nicht auszuüben (§
330 Abs
3 SGB III).
Zu Recht hat das LSG für die Zeit vom 16. bis 22. Mai 1999 bereits deshalb einen Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen bejaht,
weil der Kläger wegen fehlender Erreichbarkeit nicht mehr arbeitslos iS des § 117 Abs 1 Nr 1 (idF des AFRG), §
118 Abs
1 Nr 2 (hier idF, die §
118 durch das 1.
SGB III-ÄndG vom 16. Dezember 1997 - BGBl 2970 - erhalten hat), § 119 Abs 1 Nr
2 iVm Abs
2 und Abs
3 Nr
3 (ebenfalls idF des 1.
SGB III-ÄndG)
SGB III und iVm § 1 Abs 1 Satz 2 der Erreichbarkeits-Anordnung (ErreichbarkeitsAnO) vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1685) war. Nach § 1 Abs 1 Satz 2 ErreichbarkeitsAnO hat der Arbeitslose sicherzustellen, dass das Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) ihn
persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung)
durch Briefpost erreichen kann. Hierzu hat das LSG zutreffend ausgeführt, dass diese Voraussetzungen nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG (SozR 3-4100 § 103 Nr 22; BSGE 88, 172 = SozR 3-4300 § 119 Nr 3 und 4) dann nicht erfüllt sind, wenn ein Kontakt zum Arbeitslosen lediglich über eine Mittelsperson
möglich ist. Dies gilt insbesondere bei einem Aufenthalt, den der Arbeitslose nicht einmal mitgeteilt hat, außerhalb der Wohnanschrift.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Nicht entscheidungserheblich ist, ob die Arbeitslosigkeit auch entfallen ist wegen fehlender objektiver Verfügbarkeit des
Klägers, wegen fehlender Arbeitsbereitschaft oder fehlenden Eigenbemühungen bzw wegen fehlender Beschäftigungslosigkeit (vgl
zur Begriffspyramide der gesetzlichen Regelung Söhngen in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
119 Rz 3, Stand September 2005). Insbesondere ist ohne Bedeutung, ob die vom Kläger aufgenommene Tätigkeit als Busfahrer mindestens
15 Stunden pro Woche umfasste (§
118 Abs
2 und
3 SGB III).
Dem LSG ist auch darin zuzustimmen, dass für die Zeit vom 23. Mai bis 20. Juni 1999 die Voraussetzungen des §
117 Abs
1 Nr
2 SGB III iVm §
122 Abs
2 Nr
2 SGB III (hier idF, die §
122 durch das Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 6. April 1998 - BGBl I 688 - erhalten
hat) nicht mehr erfüllt sind; die Wirkung der Arbeitslosmeldung war erloschen, weil der Kläger am 16. Mai 1999 eine Beschäftigung
aufgenommen hat, die er dem Arbeitsamt nicht nur nicht unverzüglich, sondern sogar überhaupt nicht gemeldet hat. Ohne Bedeutung
ist, ob die Versicherungspflichtigkeit der Beschäftigung gemäß §
8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) zu verneinen ist. Hierauf kommt es nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 13/4941 S 176 zu Nr 122 Abs 2) ausdrücklich nicht
an. Vielmehr knüpft die Norm ausschließlich an die Unterbrechung der Arbeitslosigkeit an (BT-Drucks aaO; Spellbrink in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
122 Rz 47, Stand Oktober 2005). Es kann deshalb vorliegend auch insoweit dahinstehen, ob die Aufnahme der Tätigkeit die Beschäftigungslosigkeit
des Klägers beendet hat, weil sie mindestens 15 Stunden pro Woche umfasste (§
118 Abs
2 und
3 SGB III). Die Arbeitslosigkeit ist bereits - wie oben ausgeführt - wegen fehlender Erreichbarkeit zu verneinen.
Nach der Rechtsprechung des erkennenden und des 11. Senats (vgl insbesondere BSGE 82, 118 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 8) ist der Kernbestand eines (leistungsrechtlichen) Beschäftigungsverhältnisses iS des §
118 Abs
1 Nr
1 SGB III und damit auch des §
122 Abs
2 Nr
2 SGB III eine faktische Beziehung, die die Leistung von Arbeit unter persönlicher Abhängigkeit von einem anderen zum Inhalt hat, wobei
sich diese Abhängigkeit auf der einen Seite in der tatsächlichen Verfügungsmacht (Direktionsrecht) und auf der anderen Seite
in der faktischen Dienstbereitschaft auswirkt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist das Beschäftigungsverhältnis
im leistungsrechtlichen Sinne nicht mit dem Arbeitsverhältnis gleichzusetzen (BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 6; BSGE 60, 168, 170 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nr 18 und 19). Zu unterscheiden ist es auch vom beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis
der Arbeitslosenversicherung (BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 6; BSGE 59, 183, 185 ff = SozR 4100 § 168 Nr 19; BSGE 73, 126, 128 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5). Typisch für das leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis ist zwar das - funktionierende
- beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis, dh die Beschäftigung als Arbeitnehmer gegen Entgelt oder zur Berufsausbildung.
So muss es indes nicht liegen; auch entgeltliche Beschäftigungsverhältnisse, die nicht der Beitragspflicht unterliegen, sowie
unentgeltliche Beschäftigungsverhältnisse werden erfasst (BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 6; BSGE 42, 76, 81 f = SozR 4100 § 101 Nr 2; BSG SozR 4100 § 101 Nr 7). Entscheidend ist, dass Gegenstand des Verhältnisses gerade die Leistung
fremdnütziger Arbeit von wirtschaftlichem Wert im Rahmen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses ist (BSG SozR 4100
§ 101 Nr 7).
Diese Voraussetzung hat das LSG unter Verwertung der von ihm ermittelten Tatsachen zu Recht angenommen. Der Kläger war während
der gesamten Reisezeit als Busfahrer vollständig in die Organisation der Reise durch H. eingebunden. Es handelte sich auch
nicht um eine reine Gefälligkeitshandlung. Denn - wie das LSG ausgeführt hat - hat der Kläger nicht nur aus reiner Freundschaft
gehandelt, sondern die Gelegenheit genutzt, um einen seit längerem in Aussicht genommenen Kururlaub in Italien zu nehmen und
für den Erhalt seiner Personenbeförderungserlaubnis notwendige Fahrzeiten zurückzulegen; dabei hat er weder Fahrtkosten getragen
noch die Übernachtungen und Mahlzeiten gezahlt. Zu den tatsächlichen Feststellungen des LSG sind keine Verfahrensrügen erhoben
worden.
Soweit das LSG jedoch die Voraussetzung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 SGB X bejaht hat, ist eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht möglich. Das LSG hat entgegen der ständigen Rechtsprechung
des BSG bei der Beurteilung einer groben Fahrlässigkeit des Klägers keinen subjektiven (vgl dazu nur BSG, Urteile vom 25.
April 1990 - 7 RAr 20/89 - und 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - mwN), sondern einen objektiven Fahrlässigkeitsmaßstab angelegt. Dies geht insbesondere daraus hervor, dass die Revisionszulassung
ausdrücklich "wegen der Auslegung der Vertrauensschutzbestimmungen des SGB X einschließlich der daran knüpfenden Gestaltung des Merkblatts" erfolgt ist. Der Senat ist deshalb nicht in der Lage, über
die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 und 4 SGB X zu befinden. Allerdings folgt der Senat für die Zeit vom 23. Mai bis 20. Juni 1999 nicht den Ausführungen des LSG.
Entgegen der Ansicht des LSG verlangt die Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X nicht, dass die Verletzung der Mitteilungspflicht in dem vom LSG angenommenen Sinne ursächlich für die Überzahlung war. Dies
ergibt sich bereits aus dem von § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X abweichenden Wortlaut (dort: "beruht auf"). Eine solche Forderung kann auch nicht der Formulierung "soweit" in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X entnommen werden (Eicher in Eicher/Schlegel,
SGB III, § 330 Rz 9, Stand Oktober 2005; aA Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl 2005, §
48 RdNr 23, Warschull in LPK-
SGB III, § 48 RdNr 64 und Rüfner in Wannagat, SGB X, § 48 RdNr 52, Stand Dezember 1997). Die gesetzliche Regelung verlangt nach ihrem Sinn und Zweck vielmehr lediglich, dass der Verstoß
gegen eine Mitteilungspflicht in einem "Pflichtwidrigkeitszusammenhang" mit der Leistungsgewährung steht. Es reicht also nicht
jeder Verstoß gegen §
60 Abs
1 SGB I aus, sondern nur der gegen eine Mitteilungspflicht, die die Leistungserbringung gerade im konkreten Kontext verhindern soll.
Die Mitteilungspflicht des §
60 Abs
1 SGB I dient dazu, der Behörde die Überprüfung des Leistungsfalls zu ermöglichen (Coseriu/Jakob in Praxiskommentar
SGB III, 2. Aufl 2004, §
330 RdNr 300). Insoweit kann nicht bezweifelt werden, dass die Pflicht, die Aufnahme einer Beschäftigung mitzuteilen, jedenfalls
die Zahlung von Alg für die Zeit der Beschäftigung verhindern soll.
Nichts anderes gilt für die Zeit nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Nach der Gesetzesbegründung zu §
122 Abs
2 Nr
2 SGB III (BT-Drucks 13/4941 S 176) soll eine persönliche Arbeitslosmeldung dann - entgegen der Grundregelung in §
122 Abs
2 Nr
1 SGB III - nicht mehr fortwirken, wenn der Arbeitslose seinen Anzeigepflichten nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist; auch
die in §
122 Abs
2 Nr
2 SGB III normierte Mitteilungspflicht soll also verhindern, dass Leistungsempfängern, die ihre Beschäftigung dem Arbeitsamt verschweigen,
ungerechtfertigte Vorteile erwachsen. Die Argumentation des LSG, die Anwendung des § 48 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB X verlange, dass bei der geforderten Meldung ein Alg-Anspruch nicht bestehe, würde sowohl das Ziel des §
122 Abs
2 Nr
2 SGB III als auch des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X konterkarieren.
Der Entscheidung des Senats steht nicht das Urteil des BSG zu § 152 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) aF entgegen, nach der ein Empfänger zur Rückzahlung nur verpflichtet war, soweit er die Gewährung der Leistung dadurch herbeigeführt
hat, dass er es vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen hat, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich
sind, unverzüglich anzuzeigen (BSGE 47, 28 ff = SozR 1500 § 86 Nr 1; vgl auch BSG SozR 4100 § 152 Nr 10). Der Wortlaut des § 152 AFG unterscheidet sich in diesem Punkt von der Regelung des § 48 SGB X (dies verkennen Wiesner, Warschull und Rüfner, aaO). Schließlich weicht der Senat auch nicht von einer Entscheidung des 4.
Senats ab (BSGE 77, 253, 267 = SozR 3-8570 § 13 Nr 1). Dort wird zwar ausgeführt, die Rentenbewilligung könne nicht wegen eines Verstoßes gegen die
Mitwirkungspflicht rückwirkend aufgehoben werden, weil die Verletzung der Mitwirkungspflicht (im Rahmen des Anhörungsverfahrens)
nicht zu einer Verzögerung der Aufhebungsentscheidung der Beklagten geführt habe; daher sei der Klägerin "kein vom Vertrauensschutz
nicht umfasster Vorteil verblieben". Gerade diese Formulierung macht deutlich, dass der 4. Senat nicht als zusätzliche gesetzliche
Voraussetzung Kausalität verlangt, sondern nur den bezeichneten Pflichtwidrigkeitszusammenhang verneint hat.
Das LSG wird im Übrigen ggf über die Höhe der Erstattungsforderung nach § 50 Abs 1 SGB X und über den Ersatzanspruch nach §
335 Abs
1 SGB III (idF des 1.
SGB III-ÄndG) sowie über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.