Klagebefugnis im sozialgerichtlichen Verfahren; substantiierter Tatsachenvortrag zur Beschwer durch Kläger
Tatbestand:
Der 1943 geborene Kläger hat am 31. Januar 2008 beim Sozialgericht Landshut (SG) gegen die Bundesagentur für Arbeit Klage erhoben auf Zahlung von 4.440,00 DM. Im folgenden Schriftwechsel mit dem SG hat er als Beträge 6.820,00 Euro sowie 16.350,00 Euro genannt. Die Beklagte hat am 28. März 2008 unter Bezugnahme auf ein
früheres Verfahren des Klägers vor dem Sozialgericht München mitgeteilt, nach den Beratungsvermerken sei die letzte persönlichen
Vorsprache des Klägers am 7. April 2000 erfolgt. Er beziehe seit 1. Januar 2000 Erwerbsunfähigkeitsrente. Bei der Regionaldirektion
Bayern seien Vorgänge des Klägers nicht gefunden worden.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 5. März 2009 die Klage als unzulässig abgewiesen. Ersichtlich
liege kein, den geltend gemachten Zahlungsanspruch von 2.270,14 Euro (früher 4.440,00 DM) ablehnender Bescheid der Beklagten
vor, so dass die Erhebung einer Leistungsklage ohne weiteres Vorbringen und nähere Begründung unzulässig sei.
Mit der am 26. März 2009 eingegangenen Berufung macht der Kläger unter anderem geltend, die Beklagte und der Rentenversicherungsträger
hätten Zahlungen zu leisten - er nennt hier Beträge von 7.210,00 DM, 8.000,00 Euro, 115.200,00 Euro -, eine Krankenkasse schulde
ihm Ersatz von Behandlungskosten und Arzneimitteln (7.770,00 Euro). Er sei schwerbehindert und krank.
Die Beklagte hat hierzu mitgeteilt, das Begehren des Klägers und die Ausführungen in der Berufungsbegründung seien nicht verständlich;
eine Leistungsakte über den Kläger liege nicht vor. Sie hat die noch vorhandenen Unterlagen (Werdegang/Beratungsvermerke)
und die Forderungsakte des Forderungsmanagements übersandt.
Sie beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet; der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden.
Das Rechtsschutzbegehren des Klägers, soweit es überhaupt verständlich ist, bezieht sich auf die Zahlung höherer Beträge durch
Sozialleistungsträger. Die hierfür einschlägige Klageart ist die Leistungsklage gemäß §
54 Abs.
4 SGG. Die hier geregelte unechte Leistungsklage (kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage) setzt voraus, dass der in Anspruch
genommene Sozialleistungsträger eine Leistung durch Verwaltungsakt abgelehnt hat. Besteht ein Leistungsanspruch wird dieser
Verwaltungsakt durch das Urteil beseitigt und der Leistungsträger wird unmittelbar zur Leistung verurteilt.
Im vorliegenden Fall ist schon nicht ersichtlich, dass die Beklagte beziehungsweise ein anderer Leistungsträger eine im Zusammenhang
mit den angegebenen Beträgen stehende Zahlung (Sozialleistung in Form einer Geldleistung bzw. Rückerstattung) durch Verwaltungsakt
abgelehnt haben. Es fehlt somit an der für die Klageart erforderliche Voraussetzung der formellen Beschwer. Gemäß §
54 Abs.
2 SGG ist der Kläger beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig
ist. Die Beschwer erfordert, dass der angegriffene Verwaltungsakt in eigene rechtlich anerkannte und geschützte Rechtsposition
eingreift (Bundessozialgericht vom 17. Juni 2009, Die Leistungen, Beilage 2009, 229 ff.). Die Beschwer setzt also die Behauptung
des Klägers voraus, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig und er sei durch diesen in seinen rechtlich geschützten Interessen
verletzt. Hierzu muss der Kläger substantiiert konkrete Tatsachen vortragen, aus denen sich eine denkbare Rechtsverletzung
ergibt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
54, Rdnr. 9,10,12 m.w.N.). Es ist unklar, aus welchem leistungsrechtlichen Grund die Beklagte Zahlungen an den Kläger leisten
sollte.
Den von der Beklagten übersandten Unterlagen (Beratungsvermerken/Werdegang und Forderungsmanagement) ist keine Verwaltungsentscheidung
zu entnehmen, die die geltend gemachten Leistungen betreffen könnte. Das letzte Schreiben der Beklagten (Regionaldirektion
Bayern Forderungsmanagement) vom 16. Januar 2008 an den Kläger ergibt, dass er die letzte Ratenzahlung in Höhe von 113,61
Euro am 31. Juli 2003 geleistet hat und dass damit die Forderung der Beklagten gegen ihn beglichen ist. Den Beratungsvermerken
ist zu entnehmen, dass zuletzt am 28. Januar 2000 eine Arbeitslosmeldung des Klägers erfasst worden ist. Bei einer persönlichen
Vorsprache am 7. Juni 2006 hat der Kläger eine genaue Aufstellung über Arbeitslosengeldzahlungen vor dem Jahr 2000 beantragt.
Ferner genügt die Klage nicht den Anforderungen an den Inhalt einer Klageschrift (§
92 SGG); insbesondere lässt sich dem Schreiben des Klägers nicht ein konkretes Klageziel entnehmen. Es bleibt unverständlich, welche
Behörde welche konkreten Leistungen gewähren soll (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
92 Rdnr. 11, 12). Seinen sprachlich unzureichenden Ausführungen ist nicht zu entnehmen, welche Leistung in welcher Höhe geltend
gemacht wird.
Ebenso wenig sind die Hinweise des Klägers auf Zahlungsverpflichtungen anderer Leistungsträger im Bereich der Unfallversicherung,
Rentenversicherung, Krankenversicherung verständlich. Neben der formellen Beschwer fehlt also auch ein substantiiertes Rechtsschutzbegehren
des Klägers.
Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1, 2
SGG).