Tatbestand:
Der Kläger begehrt Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. Dezember 2013 bis zum 31. Januar 2014.
Der 1955 geborene Kläger war als Betriebsschlosser und Monteur bei der E-GmbH in M (Geschäftsführer: E; nachfolgend Arbeitgeberin)
im Umfang von 40 Wochen-stunden seit 1992 beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 3. August 1992). Die Arbeitgeberin kündigte das
Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2014 (Kündigungsschreiben vom 6. Januar 2014) unter Hinweis auf die am 23. Dezember 2013
beim Amtsgericht (AG) Potsdam beantragte Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Seit Dezember 2013 zahlte die Arbeitgeberin dem
Kläger das Gehalt nicht mehr aus. Im November 2013 betrug sein Gesamtbruttogehalt 2.864,23 EUR. Am 6. Januar 2014 beantragte
der Kläger bei der Beklagten die Zahlung von Insolvenzgeld.
Das AG Potsdam bestellte mit Beschluss vom 29. Januar 2014 - 35 IN 847/13 - betreffend das Vermögen der Arbeitgeberin Rechtsanwalt L zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Das Insolvenzverfahren wurde
am 28. Februar 2014 eröffnet unter Ernennung jenes Rechtsanwalts zum Insolvenzverwalter.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 11. März 2014 einen Vorschuss auf das zu erwartende Insolvenzgeld in Höhe
von 1.400 EUR verbunden mit dem Hinweis, dass dieses zu erstatten sei, soweit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur
in geringerer Höhe zuerkannt würde.
Im vom Kläger, vertreten durch die im vorliegenden Verfahren beigeladenen Rechtsanwälte, gegen seine frühere Arbeitgeberin
(dortige Beklagte zu 1.), erweitert auf die E T GmbH (Geschäftsführer E, nachfolgend: Rechtsnachfolgerin, dortige Beklagte
zu 2.) geführten Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Potsdam (ArbG - 9 Ca 36/14 -; Klageerhebung am 9. Januar 2014) erging gegen die dortigen Beklagten das (nur gegenüber der - vormaligen - Beklagten zu
1., vertreten durch den Insolvenzverwalter, rechtskräftige) Urteil vom 15. Dezember 2014, mit dem festgestellt wurde, dass
das zwischen dem Kläger und der ursprünglichen Beklagten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2. übergegangen
und ungekündigt fortbestehe. Die Beklagte zu 2. wurde ferner verurteilt, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Betriebsschlosser
mit Montagetätigkeiten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den vorstehenden Feststellungstenor weiter zu beschäftigen.
Im Übrigen, soweit die Feststellung eines Betriebsübergangs vom Kläger bereits zum 1. Januar 2014 begehrt worden sei, wies
es die Klage ab. Ausweislich der Entscheidungsgründe sei das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge Betriebsübergangs gemäß
§
613a Abs.
1 Satz 1
BGB spätestens zum 6. März 2014 (Eintragung im Handelsregister HRB 26882 P) auf die Beklagte zu 2. übergegangen. Wegen des Urteils, insbesondere der Entscheidungsgründe, wird im Übrigen auf
Bl. 225 bis 235 der Akten des ArbG Potsdam - 9 Ca 36/14 - Bezug genommen.
Im Zuge des allein von der Rechtsnachfolgerin geführten Berufungsverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg erklärten der Kläger und die nur noch beteiligte Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit hinsichtlich des
Weiterbeschäftigungsanspruchs in der Hauptsache für erledigt. Das LAG stellte mit Beschluss vom 19. Oktober 2015 - 16 Sa 590/15 - das Zustandekommen eines Vergleichs zwischen dem Kläger und der Rechtsnachfolgerin fest, wonach Einigkeit bestehe, dass
das Arbeitsverhältnis des Klägers am 31. Januar 2014 geendet habe, die Rechtsnachfolgerin an ihn zum Ausgleich des Verlustes
des Arbeitsplatzes eine Abfindung entsprechend des Kündigungsschutzgesetzes in Höhe von 15.000 EUR zahle und hiermit alle Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung unabhängig
vom Rechtsgrund ausgeglichen seien.
Der Insolvenzverwalter lehnte mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 gegenüber der Beklagten die von jener angeforderte Ausstellung
einer Insolvenzbescheinigung für den Kläger ab, weil mit dem geschlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleich alle Ansprüche aus
dem Arbeitsverhältnis mit seiner Beendigung ausgeglichen seien; es beständen danach keine Lohn und Gehaltsrückstände.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2015 (Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2016) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers
auf Zahlung von Insolvenzgeld ab und forderte zugleich die Erstattung des geleisteten Vorschusses in Höhe von 1.400 EUR. Ein
Anspruch auf Insolvenzgeld bestehe nicht, weil ausweislich des Vergleichs vor dem LAG vom 19. Oktober 2015 alle Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung - gleich aus welchem Rechtsgrund
- ausgeglichen sein. Der geleistete Vorschuss sei zu erstatten.
Die nachfolgende Klage hat das Sozialgericht (SG) Cottbus mit Urteil vom 19. Juli 2018 abgewiesen mit der Begründung, ein Anspruch des Klägers auf Insolvenzgeld für den Monat
Februar 2014 bestehe schon deswegen nicht, weil das Arbeitsverhältnis ausweislich des Vergleichs zum 31. Januar 2014 geendet
habe. Hinsichtlich des Insolvenzgeldzeitraums Dezember 2013 bis Januar 2014 bestehe wegen der Verzichtsklausel im arbeitsgerichtlichen
Vergleich, wonach der Kläger keine noch offenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt gegenüber der Arbeitgeberin mehr habe, kein Anspruch
auf Insolvenzgeld. Die Rechtsnachfolgerin hafte gegenüber dem Kläger aufgrund des Betriebsübergangs zwar als Gesamtschuldnerin.
Aufgrund des wirksamen Vergleichs, insbesondere der Verzichtsklausel, sei der Kläger jedoch nicht mehr berechtigt, Arbeitsentgelt
zu fordern. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin am 28. Februar 2014 seien durch den
geschlossenen Vergleich im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Arbeitsentgeltansprüche, die den Insolvenzgeldzeitraum umfassten,
erledigt worden. Dieser Vergleich sei auch gegenüber der Beklagten wirksam.
Mit seiner Berufung vom 3. September 2018 gegen das ihm am 3. August 2018 zugestellte Urteil macht der Kläger geltend, die
Lohnansprüche seien im Arbeitsgerichtsprozess nicht anhängig gemacht worden; die sogenannte Ausgleichsklausel sei lediglich
bei Gelegenheit und im Kündigungsschutzverfahren abgeschlossen worden; insofern behalte er sich Haftungsansprüche gegen den
vormaligen Prozessbevollmächtigten, den jetzigen Beigeladenen vor, die bereits vorgerichtlich angezeigt worden seien. Ein
Verzicht auf die Lohnansprüche sei schon deswegen auszuschließen, da der Arbeitgeberin aufgrund der Mitteilung der Beklagten
über den Insolvenzantrag der gesetzliche Forderungsübergang bekannt gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 19. Juli 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2015 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Dezember
2013 bis zum 31. Januar 2014 Insolvenzgeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Geschehensabläufe sprächen für einen Betriebsübergang mit der Folge, dass mit dem arbeitsgerichtlichen
Vergleich vom 19. Oktober 2015 sämtliche Ansprüche des Klägers, und zwar gleich aus welchem Rechtsgrund und auch gegenüber
der früheren Arbeitgeberin ausgeglichen seien, der Kläger also weder gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin noch gegen über
der Rechtsnachfolgerin weitere Ansprüche geltend machen könne.
Die Beigeladenen haben sich nicht zum Verfahren geäußert.
Auf entsprechende Anforderung der Berichterstatterin hat der vormalige Insolvenzverwalter die Stellungnahme vom 11. April
2019 übersandt; wegen deren Inhalt wird auf B. 113f. der Gerichtsakten verwiesen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den zwischen dem Kläger und der Rechtsnachfolgerin beim LAG geschlossenen und mit Beschluss vom 19. Oktober 2015 festgestellten Vergleich genehmigt. Auf das Sitzungsprotokoll vom 22.
Januar 2020 wird insofern Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die
Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Arbeitsgerichts Potsdam - 9 Ca 36/14 - und die Verwaltungsakten der Beklag-ten haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (vgl. §§
143 f., 151
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet. Das SG hat die Klage, eine statthafte Anfechtungs- und kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. §
54 Abs.
1 und 4
SGG) zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld nach dem
Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (
SGB III) für die allein streitgegenständlichen Monate Dezember 2013 und Januar 2014. Der gegenständliche Bescheid der Beklagten vom
14. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger auch
insofern nicht, als die Beklagte neben der Ablehnung von Insolvenzgeld die Rückforderung des gewährten Vorschusses in Höhe
von 1.400 EUR verfügt hat.
Gemäß §
165 Abs.
1 Satz 1
SGB III (Gesetz vom 20. Dezember 2011, BGBl. I S. 2854) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, die im Inland beschäftigt waren, hier im Rahmen der allein in Betracht kommenden
Tatbestandsalternative der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Nr. 1), wenn sie für die
vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Diese Voraussetzungen sind nicht
sämtlich erfüllt. Der Kläger hat aufgrund des mit Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 19. Oktober 2015 - 16 Sa 590/15 - festgestellten Vergleichs aus dem bis zum 31. Januar 2014 fortbestehenden Arbeitsverhältnis keine Ansprüche mehr auf Arbeitsentgelt.
Zwar liegt ein Insolvenzereignis i.S.d. §
165 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB III vor, nachdem über das Vermögen der Arbeitgeberin mit Beschluss des AG Potsdam vom 28. Februar 2014 - 35 IN 847/13 - das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Der Insolvenzgeldzeitraum umfasst längstens die vorausgehenden drei Monate
des Arbeitsverhältnisses (§
165 Abs.
1 Satz 1
SGB III). War das Arbeitsverhältnis, wie hier, vor dem Insolvenztag bereits beendet, endet die Dreimonatsfrist mit dem (dann mitzuzählenden)
letzten Tag des Arbeitsverhältnisses. Für das Ende des Arbeitsverhältnisses ist das rechtliche, nicht das faktische Ende maßgebend
(vgl. m.w.N. das Urteil des Senats vom 13. Juni 2018 - L 18 AL 52/16 - juris Rn. 19). Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete ausweislich des vom LAG festgestellten Vergleichs mit der nach Betriebsübergang gemäß §
613a Abs.
1 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) in die Rechte und Pflichten der Arbeitgeberin eingetretenen Rechtsnachfolgerin einvernehmlich zum 31. Januar 2014.
Zwar hatte der Kläger seinem Vortrag zufolge im danach maßgeblichen Insolvenzgeldzeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 31. Januar
2014 zunächst noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt, welche, soweit sie bestanden, gemäß §
169 SGB III mit Antragstellung bei der Beklagten auf diese kraft gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Zum insolvenzgeldfähigen
Arbeitsentgelt gehören gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 SGB IIII alle Ansprüche auf Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht
auf ihre Bezeichnung. Ausgefallen ist Arbeitsentgelt i.S.d. §
165 Abs.
1 Satz 1
SGB III, wenn es beim Eintritt des Insolvenzereignisses rückständig, durchsetzbar und dem Insolvenzgeldzeitraum zeitlich zuzuordnen
ist. Zu den hiernach zugrunde zu legenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören grundsätzlich alle Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis,
und zwar auch die sich aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich zwischen dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergebenden Ansprüche
auf Arbeitsentgelt. Eine konkrete Höhe gegebenenfalls ausgefallenen Arbeitsentgelts kann hier indes, zumal eine Insolvenzgeldbescheinigung
seitens des bereits am 29. Januar 2014 vom AG Potsdam vorläufig eingesetzten Insolvenzverwalters nicht ausgestellt worden
war, offenbleiben. Denn ein Anspruch des Arbeitnehmers - hier des Klägers - auf Arbeitsentgelt besteht nicht mehr, wenn der
Arbeitnehmer im Wege des arbeitsgerichtlichen Vergleichs auf vermeintliche Arbeitsentgeltansprüche verzichtet, die den Insolvenzgeldzeitraum
umfassen (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 1994 - 10 RAr 1/93 - juris Rn. 28, wonach der seinerzeit streitige, vorliegend aber vergleichbare Konkursausfallgeld-Anspruch entfiel, wenn
der im arbeitsgerichtlichen Verfahren abgeschlossene Vergleich u.a. die Arbeitsentgeltansprüche des Konkursausfallgeld-Zeitraums
umfasste und damit erledigt hat). So liegt es hier. Im Übrigen hat das Bundessozialgericht, dessen Rechtsprechung der Senat
seiner Entscheidung zugrunde legt, die Bindungswirkung arbeitsgerichtlicher Urteile im Konkursausfallgeldverfahren dahingehend
präzisiert, dass dem Arbeitnehmer rechtskräftig zugesprochenes Arbeitsentgelt die Obergrenze seines Konkursausfallgeldanspruchs
darstellt (BSG, Urteil vom 9. Mai 1995 - 10 RAr 5/94 - juris Rn. 22). Nichts Abweichendes gilt, wenn sich die Arbeitsgerichtsparteien auf die verbleibenden Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis vergleichsweise verfahrensbeendigend verständigen und dies der Beklagten gegenüber als Anspruchsinhaberin
(vgl. §
169 Satz 1
SGB III) wirksam ist, welches hier jedenfalls mit der nach §
185 Abs.
2 Satz 1
BGB erklärten Genehmigung des Vergleichs durch die Beklagte der Fall ist. Denn damit ist keine andere Vermögenslage hergestellt
als sie bei Zahlung vor dem Insolvenzgeldzeitpunkt bestanden hätte (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 1994 - 10 RAr 1/93 - a.a.O. Rn. 28).
Dahinstehen kann, dass die ursprüngliche Klage vor dem ArbG vom Kläger nicht wegen der rückständigen Lohnzahlung erhoben worden
war. Ausreichend ist vielmehr, dass sich - wie hier - der vom LAG festgestellte Vergleich im Rahmen der den Arbeitsgerichtsparteien eingeräumten Dispositionsbefugnis hält (vgl. BAG, Beschluss
vom 17. Oktober 1963 - 1 ABR 2/63 - juris Rn. 14, 16; Schwab/Weth, Arbeitsgerichtsgesetz, 5. Auflage 2018 § 46 Rn. 22). Dies gilt sodann auch im Verhältnis zum Sozialleistungsträger (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 1995 - 10 RAr 5/94 - a.a.O. Rn. 21f.). Vorliegend war die Rechtsnachfolgerin insbesondere, und zwar auf Seiten der vormals zwei Beklagten zwischenzeitlich
ausschließlich aktivlegitimiert, den Rechtsstreit einvernehmlich und umfassend vor dem LAG mit dem Kläger, und zwar auch in Bezug auf vermeintliche Arbeitsentgeltansprüche betreffend den vorliegenden Streitzeitraum
zu beenden, da diese infolge des nach dem 31. Januar 2014 stattgefundenen Betriebsübergangs gemäß §
613a Abs.
1 Satz 1
BGB in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Kläger eingetreten ist.
Die frühere Arbeitgeberin existierte im Zeitpunkt des Vergleichsbeschlusses vom 19. Oktober 2015 dagegen nicht mehr.
Gemäß §
613a Abs.
1 Satz 1
BGB tritt dann, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht, dieser in die Rechte
und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Dass dies hier der Fall ist, folgt
zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des vorliegenden Verfahrens. Dahinstehen kann, dass gemäß §
613a Abs.
2 Satz 1
BGB der bisherige Arbeitgeber grundsätzlich neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1 als Gesamtschuldner haftet,
soweit sie vor dem Zeit-punkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden.
Nach der Stellungnahme des früheren Insolvenzverwalters vom 11. April 2019 - das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Arbeitgeberin wurde am 4. September 2018 durch entsprechenden Beschluss des AG Potsdam aufgehoben -, an deren Richtigkeit
zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, zumal sich entsprechende Umstände auch aus den beigezogenen Prozessakten des ArbG
ergeben, war der Geschäftsbetrieb der Arbeitgeberin bei Insolvenzantragstellung im Dezember 2013 noch nicht vollständig eingestellt,
wurde vielmehr unter der vermögensrechtlichen Aufsicht des seinerzeit noch vorläufigen Insolvenzverwalters fortgesetzt. Nachdem
sich im eröffneten Insolvenzverfahren gezeigt habe, dass eine Fortführung des Geschäftsbetriebes nicht mehr wirtschaftlich
vertretbar gewesen sei, sei mit der Rechtsnachfolgerin eine Vereinbarung über die Übernahme der Mitarbeiter, der Kfz-Leasingverträge,
des vorhandenen Warenlagers und des beweglichen Anlagevermögens getroffen worden. Die Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens
seien nach Eröffnung des Verfahrens im Auftrag des Insolvenzverwalters an die Rechtsnachfolgerin veräußert worden. Schließlich
sei auch das restliche Warenlager von jener nebst den Leasingverträgen und der Arbeitnehmer im Sinne einer übertragenden Sanierung
übernommen worden. Diese Angaben stimmen mit den Feststellungen des ArbG, wie sie sich ausweislich der Entscheidungsgründe
des nicht insgesamt rechtskräftigen Urteils vom 9. Januar 2014 - 9 Ca 36/17 - darstellen, überein, zumal die Rechtsnachfolgerin weitgehend identische Betriebszwecke verfolgte wie die frühere Arbeitgeberin,
welches sich insbesondere aus dem entsprechenden Handelsregistereintrag vom 6. März 2014 (HRB 26882 P) erschließt, und schließlich sämtliche Mitarbeiter, soweit die Arbeitgeberin nicht zuvor die Kündigung ausgesprochen
hatte, weiterbeschäftigt wurden.
Bei der Würdigung des mit Beschluss des LAG vom 19. Oktober 2015 festgestellten Vergleichs ist neben der prozessbeendenden Erklärung die private Vereinbarung nach allgemeinen
Grundsätzen auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 1994 - 10 RAr 1/03, a.a.O. Rn. 29). Indes lässt die entsprechende Regelung des Vergleichsbeschlusses zu Ziffer 3.: "Danach ist der vorliegende
Rechtsstreit erledigt, alle Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung - gleich aus welchem Rechtsgrund
- sind hiermit ausgeglichen" nur den alleinigen, auch vom SG zu Recht gezogenen Schluss zu, dass über den gerichtlichen Vergleich hinausgehend keine Ansprüche des Klägers mehr aus dem
früheren Arbeitsverhältnis bestehen sollten, insbesondere keine solche mehr auf Arbeitsentgelt im gegenständlichen Insolvenzgeldzeitraum.
Hiergegen kann insbesondere nicht mit Erfolg eingewandt werden, die Arbeitsgerichtsparteien hätten etwaige Lohnansprüche ausklammern
wollen, soweit diese auf die Beklagte im Wege der Legalzession übergegangen seien. Abgesehen davon, dass der Forderungsübergang
nach §
169 Satz 1
SGB III die arbeitsrechtliche Natur des Anspruchs gerade nicht ändert (vgl. Kühl in Brand
SGB III, 7. Auflage 2015, §
169 Rn. 6), ist schon nach Wortlaut und dem erkennbaren Zweck des Vergleichs, sämtliche Ansprüche aus dem früheren - einvernehmlich
zum 31. Januar 2014 beendeten - Arbeitsverhältnis abschließend zu regeln, das Gegenteil der Fall. Denn andernfalls hätte die
Rechtsnachfolgerin angesichts des ihr bekannten Insolvenzgeldverfahrens bei Personenidentität des Geschäftsführers - Dieter
Exner - mit einer gegebenenfalls arbeitsgerichtlichen Inanspruchnahme durch die Beklagte rechnen müssen und auch der Kläger
hätte im Falle eines möglichen Rückfalls des Entgeltanspruchs (vgl. Kühn, a.a.O.) an ihn seine vermeintlichen Lohnansprüche
gegenüber der Rechtsnachfolgerin weiterverfolgen müssen. Das solches entgegen der Formulierung, alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis
und seiner Beendigung gleich aus welchem Rechtsgrund seien hiermit ausgeglichen, gewollt gewesen wäre, ist dem Vergleich,
der gerade keinen Vorbehalt hinsichtlich des Insolvenzgeldzeitraums enthält, nicht im Ansatz zu entnehmen.
Mithin hat der Kläger hiernach keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung von Insolvenzgeld mit der Folge, dass diese
mit dem angefochtenen Bescheid gemäß §
42 Abs.
2 Sätze 1 und 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil (
SGB I) - auch zu Recht die Erstattung des in Höhe von 1.400 EUR bereits gezahlten Vorschusses gefordert hat. Danach sind Vorschüsse
auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit sie diese übersteigen, wie hier mangels Insolvenzgeldanspruchs, sind sie vom
Empfänger, dem Kläger, zu erstatten.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG; die Beigeladenen haben sich nicht zum Verfahren geäußert.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 oder 2
SGG liegen nicht vor.