Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf 0 Euro
Berücksichtigung von Angaben eines Leistungsempfängers im Widerspruchsverfahren
Hinweis auf Unvollständigkeit von Unterlagen
Mitwirkungsbereitschaft eines Leistungsempfängers
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die endgültige Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf 0,00 Euro und
die Erstattung von vorläufig bewilligten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.059,84 Euro für den Leistungszeitraum März 2016
bis einschließlich August 2016.
Der Kläger ist 1957 geboren und war nach eigenen Angaben bereits seit 2012 als Selbständiger im Bereich des Büro-, Buchführungs-
und Lohnbuchführungs-Service tätig. Er bezog von dem Beklagten im Jahr 2015 ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bewohnte eine Wohnung zu einer monatlichen Gesamtmiete von 821,35 Euro und erzielte aus Untervermietung ein Einkommen
in Höhe von 404,88 Euro, so dass sein Anteil an den Kosten der Unterkunft monatlich 416,47 Euro betrug.
Der Kläger beantragte am 1. März 2016 bei dem Beklagten die Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Er erwarte ab März 2016 monatliche Einkünfte (Betriebseinnahmen) aus der selbständigen Tätigkeit in Höhe von 1.000,00 Euro
und einen monatlichen Gewinn zwischen 108,51 Euro und 775,09 Euro.
Mit Bescheid vom 2. März 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II für den Zeitraum März 2016 bis August 2016 in Höhe von monatlich 176,64 Euro. Der Beklagte berücksichtigte ein monatliches
Durchschnittseinkommen in Höhe von 904,79 Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 416,47 Euro. Eine abschließende
Entscheidung sei erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum feststünden. Der Kläger
erhalte einen Bescheid, sobald über seinen Antrag endgültig entschieden werde und sein Anspruch von dem vorläufig bewilligten
abweiche. Die bis dahin gezahlten vorläufigen Leistungen würden auf die zustehende Leistung angerechnet, zu viel gezahlte
Leistungen seien zu erstatten (Hinweis auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
2 SGB III).
Der Beklagte forderte den Kläger am 1. Februar 2017 unter Bezugnahme auf seine Mitwirkungspflichten auf, den Nachweis über
die tatsächlichen Einkünfte und Ausgaben für die selbständige Tätigkeit für die Monate März 2016 bis August 2016 spätestens
bis zum 1. März 2017 vorzulegen. Am 21. April 2017 und 12. Mai 2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, den beigefügten
Vordruck „Anlage EKS“ mit abschließenden Angaben zu seinen Einkünften und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit für den
o.g Zeitraum bis zum 7. Mai 2017 bzw. bis zum 29. Mai 2017 nebst den entsprechenden Belegen bei dem Beklagten ausgefüllt einzureichen.
Er teilte ergänzend mit, nach Ablauf der letzten Frist werde der Leistungsanspruch in der Höhe festgesetzt, „soweit es ohne
Ihre Mitwirkung möglich ist“. Für Monate ohne entsprechende Nachweise bestehe kein Leistungsanspruch. Die für diese Monate
vorläufig gewährten Leistungen seien vollständig zu erstatten (Hinweis auf § 41a Abs. 3 SGB II).
Die angeforderten Nachweise befinden sich nicht bei der vom Beklagten als Verwaltungsvorgang überreichten „Behelfsakte“.
Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 setzte der Beklagte unter Berufung auf § 41a Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB II (in der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung) die Leistungen des Klägers für den Zeitraum vom 1. März 2016 bis zum 31.
August 2016 auf 0,00 Euro fest. Der Kläger habe trotz zweimaliger fristgebundener Aufforderung, die zum Erlass einer abschließenden
Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen, die Anlage EKS sei mit den abschließenden Angaben für
den o.g. Zeitraum nicht fristgerecht eingereicht worden.
Mit weiterem Bescheid gleichen Datums setzte der Beklagte im Hinblick auf den auf 0,00 Euro festgesetzten Leistungsanspruch
für den genannten Zeitraum einen Erstattungsbetrag in Höhe von monatlich 176,64 Euro, damit insgesamt 1.059,84 Euro unter
Berufung auf § 41a Abs. 6 SGB II (in der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung) gegenüber dem Kläger fest.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 3. Juli 2017 Widerspruch. Er sei vom 25. Mai 2017 bis zum 18. Juni 2017 im Urlaub gewesen,
habe aber die angeforderten Unterlagen bereits mit einfacher Post Anfang Februar 2017 an den Beklagten versandt. Er habe sie
nun erneut an den Beklagten mit einem Begleitschreiben mit gesonderter Post verschickt.
Ebenfalls mit Schreiben vom 3. Juli 2017, bei dem Beklagten eingegangen am 6. Juli 2017 (Überschrift: „Anlage zum Widerspruch:
Abschluss EKS 09/2015 bis 02/2016, Abschluss EKS 03/2016 bis 08/2016 sowie Abschluss EKS 09/16 bis 02/17“), teilte der Kläger
dem Beklagten mit: „Wie angekündigt erhalten Sie hier mit gesonderter Post noch einmal die Abschluss-EKS für den Zeitraum
09/15 bis 02/16 und 03/16 bis 08/16 mit den dazugehörenden Kontoauszügen und den Einnahme-Überschussrechnungen aus der Buchhaltung.“
In der dem Senat übersandten „Behelfsakte“ ist danach allein die Abschluss-EKS ab September 2016 eingeheftet; Unterlagen zum
streitigen Zeitraum März bis August 2016 enthält die Akte nicht.
Beruhend darauf bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 8. August 2017 dem Kläger (nur) für den (Anschluss-) Zeitraum vom
1. September 2016 bis zum 28. Februar 2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes „nach Vorlage der abschließenden
Angaben aus selbständiger Tätigkeit“.
Der Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 6. Juli 2017 um Übersendung der Unterlagen und Nachweise zu seiner Urlaubsabwesenheit.
Soweit der Kläger über Unterlagen verfüge, mit denen er die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides belegen könne, werde
er gebeten, Kopien dieser Unterlagen bis zum 30. Juli 2017 einzureichen (Az.: W-96202-03245/17).
Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 27. Juli 2017, vorab per FAX eingegangen am 28. Juli 2017, sowie mit Einschreiben,
eingegangen am 3. August 2017, unter Bezugnahme auf seinen Widerspruch und die Aufforderung des Beklagten vom 6. Juli 2017
mit, die vom Beklagten monierten fehlenden Unterlagen hätten diesem nach seiner Erläuterung vom 3. Juli 2017 schon vorliegen
müssen.
Mit formlosem Schreiben vom 4. August 2017 übersandte der Beklagte an den Kläger dessen „abschließende Unterlagen aus Selbständigkeit
für die Zeit (…) vom 01.03.2016 bis zum 31.08.2016 zu (seiner) Entlastung“ zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2017 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 7. Juni 2017 zurück.
Rechtsgrundlage der endgültigen Festsetzung sei § 41a Abs. 3 SGB II. Mit einer nachträglichen Vorlage von Unterlagen nach der Wirksamkeit des Ausgangsbescheides, so geschehen mit Widerspruchsschreiben
des Klägers vom 3. Juli 2017, könne die Festsetzung des Anspruchs nicht mehr mit dem Vortrag erfolgreich angegriffen werden,
dass ein anderes Einkommen erzielt worden sei, da der Grundsicherungsträger gemäß § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II zu dieser Festsetzung berechtigt sei. Nach Bekanntgabe der Entscheidung eingereichte Unterlagen wie auch die Frage, ob der
Kläger tatsächlich hilfebedürftig sei, spielten für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung keine Rolle. Der Differenzbetrag zwischen
der aufgrund der vorläufigen Bewilligung gewährten und tatsächlich zur Auszahlung gelangten Leistungen und dem nunmehr abgelehnten
Leistungsanspruch sei zu erstatten.
Der Kläger hat am 31. August 2017 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Er habe sämtliche geforderte Unterlagen fristgerecht
am 17. Februar 2017 und erneut im Widerspruchsverfahren an den Beklagten übersandt.
Der Beklagte hat am 14. September 2017 die Leistungsakte an das Sozialgericht übersandt.
Mit Urteil vom 29. Januar 2018 hat das Sozialgericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Bescheide
des Beklagten aufgehoben und zur erneuten Entscheidung über den endgültigen Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum März bis August 2016 an den Beklagten zurückverwiesen. Nach der Übergangsvorschrift des § 80 Abs. 2 Nr. 2 SGB II sei für die abschließende Entscheidung über zunächst vorläufig beschiedene Leistungsansprüche für Bewilligungszeiträume,
die vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet seien, wie dies vorliegend der Fall sei, § 41a SGB II, der mit Wirkung vom 1. August 2016 neu in das SGB II eingefügt worden sei, anzuwenden. Nach Abs. 3 dieser Regelung entschieden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die zunächst vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend
festzustellenden entspreche oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantrage. Sie und die mit
ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen seien nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes verpflichtet, die von den Trägern
der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Erlass der abschließenden Entscheidung geforderten leistungsrechtlichen Tatsachen
nachzuweisen. Kämen sie ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung – trotz Fristsetzung und
schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen – nicht nach, setzten die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsanspruch
für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in der seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen
seien. Für die übrigen Kalendermonate werde festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestehe. Die Voraussetzungen für
eine endgültige Festsetzungsentscheidung lägen im Fall des Klägers vor. Der Kläger sei in dem streitgegenständlichen Leistungszeitraum
leistungsberechtigt und hilfebedürftig. Die vorläufig bewilligte Leistung entspreche nicht der abschließend festzustellenden,
da entweder aufgrund der von den vorläufigen Angaben abweichenden Angaben des Klägers in der abschließenden Anlage EKS ein
anderweitiges Einkommen anzusetzen gewesen sei oder aber aufgrund der Vorschrift des § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II festzustellen gewesen sei, dass ein Leistungsanspruch nicht bestanden habe. Der Beklagte habe den Kläger auch gemäß der Vorschrift
aufgefordert, seine abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit einzureichen. Die Aufforderung habe auch
eine Fristsetzung sowie einen ausreichenden Rechtsfolgenhinweis enthalten. Der Beklagte sei allerdings nicht berechtigt gewesen
festzustellen, dass kein Leistungsanspruch bestanden habe. Dabei könne dahinstehen, ob der Kläger die angeforderten Unterlagen
bereits im Februar 2017 durch Einwurf in einen Postbriefkasten an den Beklagten tatsächlich übersandt habe. Jedenfalls hätte
der Beklagte dem Kläger aufgrund der Tatsache, dass dieser in seinem Widerspruchsschreiben vorgetragen habe, die Unterlagen
mit Post vom gleichen Tage noch einmal übersandt zu haben, vor Erlass der Entscheidung nach § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II darauf hinweisen müssen, dass die Unterlagen bei dem Beklagten nicht eingegangen seien. Denn der Kläger sei ausweislich seines
Widerspruchsschreibens davon ausgegangen, mit dieser erneuten Übersendung seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen zu sein.
Gehe der Beklagte davon aus, dass die Unterlagen (erneut) nicht vorgelegen hätten, hätte er den Kläger auf dieses Mitwirkungsversäumnis
hinweisen müssen. Es handele sich bei der Berechtigung des Grundsicherungsträgers, über einen Leistungsanspruch ohne eigene
Ermittlungen zu entscheiden, um eine spezielle Form der Versagungsentscheidung i.S. des §
66 SGB I. In jedem Fall seien im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung der Bestimmung des § 41a SGB II die zur Verletzung der Mitwirkungserfordernisse und der Versagungsentscheidung nach den §§
60 ff.
SGB I entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Nach diesen könne ein Leistungsberechtigter nach Einstellung des Verwaltungsverfahrens
darauf vertrauen, dass er auf Mitwirkungsversäumnisse schriftlich hingewiesen werde und zudem Gelegenheit erhalte, das Versäumte
nachzuholen (Hinweis auf B 14 AS 56/08 R). In der Folge sei einem Leistungsberechtigten jedenfalls dann, wenn er für den Grundsicherungsträger erkennbar davon ausgegangen
sei, seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen zu sein, gleichzeitig aber die notwendige Mitwirkungshandlung nicht erbracht
sei, ohne dass ein Verschulden erkennbar sei, vor Erlass einer auf das Mitwirkungsversäumnis folgenden Entscheidung ein entsprechender
Hinweis zu erteilen. Ausgehend davon habe der Beklagte den Kläger zwar mehrfach auf die Mitwirkungspflichten und die Folgen
einer Fristversäumnis hingewiesen. Er habe den Kläger aber nicht darauf hingewiesen, dass trotz der entsprechenden Feststellung
des Klägers in seinem Widerspruchsschreiben tatsächlich kein separates weiteres Schreiben mit den Unterlagen eingegangen sei.
In der Folge habe der Kläger keine Möglichkeit gehabt, durch zügige Neuübersendung der Unterlagen der vom Beklagten ausgesprochenen
Rechtsfolge zu entgehen. Der Beklagte sei auch gehalten, die nach Erlass seiner Entscheidung im Widerspruchsverfahren übersandten
Unterlagen zu beachten. § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II stehe dem nicht entgegen. Mit der darin verwendeten Formulierung „bis zur abschließenden Entscheidung“ sei der Zeitpunkt
der Widerspruchsentscheidung gemeint. Gemäß §§
85,
95 SGG stelle der Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides die Entscheidung dar, die Gegenstand des gerichtlichen Rechtsschutzes
sei. Ein früherer Zeitpunkt einer Präklusion finde im Gesetz keine ausreichende Rechtsgrundlage. Die Pflicht zur erneuten
Sachprüfung entspreche schließlich dem Wesen des Widerspruchverfahrens. Auch das mit der Regelung des § 41a SGB II erklärte gesetzgeberische Ziel der Beschleunigung der Festsetzungsentscheidungen nach vorläufiger Bewilligung werde mit dieser
Interpretation hinreichend erreicht. Vor diesem Hintergrund sei auch die Erstattungsentscheidung des Beklagten rechtswidrig.
Die Kammer habe von der Möglichkeit des §
131 Abs.
5 SGG Gebrauch gemacht. Für die Feststellung des Leistungsanspruchs des Klägers sei eine weitere Sachaufklärung durch Auswertung
der endgültigen EKS für den streitigen Zeitraum erforderlich. Insbesondere sei auszuwerten, ob und in welchem Umfang der Kläger
Betriebsausgaben geltend gemacht habe und diese anzuerkennen seien. Diese Ermittlungen seien erheblich und eine Feststellung
des Beklagten unter Berücksichtigung der Belange beider Beteiligter sachdienlich. Es könnte zwar auch eine Auswertung durch
das Gericht erfolgen. Gleichzeitig liege aber ein gravierendes Ermittlungsdefizit des Beklagten vor, was durch das Gericht
nachgeholt werden müsste. So seien ggf. auch höhere Leistungen zu bewilligen und deshalb die Erstattungsforderung neu festzusetzen.
Die Entscheidung erfolge fristgemäß innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Akten des Beklagten (Hinweis auf §
131 Abs.
5 Satz 5
SGG). Die Kammer habe von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und berücksichtigt, dass der Beklagte durch die vorherige Befassung
mit dem Unternehmen des Klägers besser geeignet sei, den Nachweis der betrieblichen Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit
der vom Kläger vorgelegten Betriebseinnahmen und -ausgaben, anhand der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung (Alg II-VO)
einzuschätzen. Der Zurückverweisung stehe die Regelung des § 41a Abs. 5 SGB II nicht entgegen. Die Kammer habe mit ihrer Entscheidung die vor dem Ablauf der Jahresfrist seit Ende des Bewilligungszeitraums
getroffene Festsetzungsentscheidung des Beklagten zwar aufgehoben. Gleichwohl sei noch eine Neufestsetzungsentscheidung des
Beklagten möglich, zumal der Kläger mit seinem Widerspruch gemäß § 41a Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 SGB II eine abschließende Entscheidung beantragt habe. Mit Rechtskraft des Urteils gälten die vorläufigen Bewilligungsentscheidungen
nicht als abschließend festgesetzt.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 6. Februar 2018 zugestellte Urteil am 9. Februar 2018 Berufung eingelegt. Seine (Mitwirkungs-)Aufforderungen
seien hinreichend bestimmt gewesen. Die Unterlagen des Klägers seien weder vor noch während des Widerspruchsverfahrens bei
dem Beklagten eingegangen. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht nachgekommen.
Es komme nicht darauf an, ob die Rechtsfolgen des §
67 SGB I im Bereich des § 41a SGB II zur Anwendung gelangten. Die Rechtsfolgen des § 41a Abs. 3 SGB II seien in diesem Fall zwingend. Außerdem seien die Unterlagen, von denen der Kläger behaupte, sie am 17. Februar 2017 auf
den Postweg gebracht zu haben, unvollständig. Erst mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2017 seien im Gerichtsverfahren die Anlage
EKS, die Einnahme- Überschussrechnung sowie die erforderlichen Kontoauszüge vom Kläger vollständig eingereicht worden, die
Belege für Einnahmen und Ausgaben hingegen nicht. Die im Klageverfahren eingereichten Belege seien für die geltend gemachten
betrieblichen Ausgaben nicht plausibel. Aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12. September 2018 (B 4 AS 39/18 R), wonach § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II keine Präklusion für das Widerspruchsverfahren anordne, folge vor diesem Hintergrund im Fall des Klägers keine andere Beurteilung.
Eine weitere Aufforderung habe durch den Beklagten vor Erlass des Widerspruchsbescheides nicht erfolgen müssen.
Der Kläger hat am 12. Mai 2020 Anschlussberufung eingelegt.
Der Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2018 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen sowie
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2018 zu ändern, die Bescheide (Festsetzungsbescheid und Erstattungsbescheid)
vom 7. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen,
dem Kläger für den Zeitraum vom 1. März 2016 bis zum 31. August 2016 Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen.
Er habe die vom Beklagten geforderten Unterlagen mit Schreiben vom 13. Februar 2017 am 17. Februar 2017 in den Postbriefkasten
des Plaza-Centers (Frankfurter Allee Ecke Voigtstraße) eingeworfen. Dies könne die Augenzeugin Y bestätigen. Einzelne Belege
für die betrieblichen Ausgaben hätte er zuvor für vergangene Bewilligungszeiträume in Absprache mit dem Beklagten diesem nur
nach dessen erster Durchsicht seiner Angaben und auf ausdrückliche (Einzel-)Anforderung übersandt. Die Unterlagen, die er
am 3. Juli 2017 erneut an den Beklagten übersandt habe, seien ohne Bearbeitung an ihn zurückgesandt worden.
Der Berichterstatter des zuvor zuständigen 32. Senats hat am 12. Mai 2020 einen Erörterungstermin in der Sache durchgeführt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Beratung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat durfte ohne mündliche Verhandlung gemäß §
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
124 Abs.
2 SGG entscheiden, denn die Beteiligten haben dazu ihr Einverständnis erklärt.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bescheide des Beklagten vom
7. Juni 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung
über den endgültigen Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom März 2016 bis einschließlich August 2016 zurückverwiesen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§
153 Abs.
2 SGG). Zu ergänzen und zu betonen bleibt:
1. Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers ist im Umfang des erstinstanzlichen Tenors begründet. Er hat
Anspruch auf Aufhebung des Festsetzungs- sowie des Erstattungsbescheides des Beklagten vom 7. Juni 2017 und eine neue endgültige
Entscheidung des Beklagten über seinen Leistungsanspruch für die Zeit vom März 2016 bis einschließlich August 2016.
a. Rechtsgrundlage für die Bescheide ist – wie das Sozialgericht unter Anwendung von § 80 Abs. 2 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ausgeführt hat – § 41a Abs. 3 SGB II in der Fassung ab dem 1. August 2016. Die Bestimmung findet ungeschmälert Anwendung, weil der streitige Bewilligungszeitraum
vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet war.
Der Beklagte war nicht berechtigt, nach § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II für den streitigen Zeitraum festzustellen, dass ein Leistungsanspruch für den Kläger nicht bestand.
Notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung einer solchen Feststellung ist, dass der Bezieher vorläufiger Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes trotz einer vom Träger der Grundsicherung hierzu gesetzten angemessenen Frist und schriftlicher
Belehrung über die Rechtsfolgen seiner Pflicht nicht bzw. zumindest nicht vollständig nachkommt, über die vom Träger der Grundsicherung
geforderten leistungserheblichen Tatsachen Auskunft zu geben und die für die abschließende Entscheidung notwendigen leistungserheblichen
Tatsachen nachzuweisen. Die Fristversäumnis führt nach Abs. 3 Satz 3 dazu, dass die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend festsetzen, in welcher seine Voraussetzungen
ganz oder teilweise (mit den dem Träger der Grundsicherung vorliegenden Unterlagen) nachgewiesen wurden. Satz 4 mit der Nullfestsetzung
kommt dann für die übrigen Monate zur Anwendung. Die Rechtsfolge des Satz 4 soll nach Vorstellung des Gesetzgebers auch dann
gelten, wenn nach dem materiellen Recht der Leistungsanspruch für alle Monate des Bewilligungszeitraums nur einheitlich festgestellt
werden kann wie nach § 3 (Abs. 4) Alg II-VO (BT-Drs. 18/8041, S. 51 – Zu Nummer 36).
b. Ausgehend davon hat der Beklagte dem Kläger eine angemessene Frist zur Auskunft und zum Nachweis der entscheidungserheblichen
Tatsachen gesetzt, konkret für die Angaben und Nachweise zu seinen Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit,
und auf die möglichen Rechtsfolgen der Fristversäumnis unzweideutig hingewiesen.
Die Aufforderungen des Beklagten an den Kläger waren für den Leistungszeitraum noch hinreichend konkretisiert. Der Träger
der Grundsicherung muss Leistungsberechtigten für die abschließende Entscheidung über den Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung
die benötigten leistungserheblichen Tatsachen so mitteilen, dass diese zweifelsfrei und möglichst ohne weitere Nachfragen
erkennen können, welche Auskünfte sie geben müssen und ob und wenn ja, welche Nachweise zum Beleg ihrer Angaben sie bei dem
Träger einreichen müssen. Die Aufforderung muss dazu hinreichend konkret erfolgen (Klerks in: Münder/Geiger, SGB II - Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGB II § 41a Rn. 52, beck-online). Das Erfordernis ergibt sich bereits mit Blick auf die möglichen Rechtsfolgen, die § 41a Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II an die nicht vollständige Angabe und den Beleg der leistungserheblichen Tatsachen für Leistungsberechtigte stellt (dazu oben).
Leistungsberechtigte müssen mit der Aufforderung in die Lage versetzt werden, ihren Mitwirkungsobliegenheiten nachzukommen.
Ob es sich bei einer Aufforderung um einen Verwaltungsakt handelt und deshalb die (strengen) Anforderungen der Bestimmtheit
des § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zur Anwendung gelangen, kann offenbleiben (ablehnend zum Aufforderungsschreiben nach §
66 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch –
SGB I, Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB I, 3. Aufl., §
60 SGB I, Rn. 71). Der Beklagte hat den Kläger zuerst mit dem Schreiben vom 1. Februar 2017 aufgefordert, seine tatsächlichen Einkünfte
und Ausgaben für den streitgegenständlichen Zeitraum auf dem Zusatzfragebogen anzugeben und die „dazugehörigen Belege vorzulegen“.
Zwar wurden die „Belege“ nicht näher konkretisiert. Abzustellen ist auch im Fall des § 41a SGB II auf die Erkenntnismöglichkeit eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers (Schütze/Engelmann, 9. Aufl. 2020, SGB X § 33 Rn. 13). Ausgehend davon ist für den Adressaten, ein selbständig tätiger Leistungsempfänger, hinreichend klar, dass es sich
bei den angeforderten Belegen um solche Rechnungen/Quittungen für Einkünfte und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit handelte.
Im Fall des Klägers ist zudem zu beachten, dass er bereits in vorhergehenden Bewilligungszeiträumen vorläufige Leistungen
bezogen hatte und daher bereits früher zu Angaben für abschließende Entscheidungen aufgefordert worden war (so bereits die
von ihm beispielhaft eingereichte Aufforderung vom 19. November 2015 sowie auch die zeitgleich am 1. Februar 2017 übersandte
Aufforderung des Beklagten, betreffend den Leistungszeitraum 1. März 2015 bis 31. August 2015). Soweit die Folgeaufforderungen
(vom 21. April 2017 und 12. Mai 2017) nur noch „entsprechende Unterlagen“ benennen, muss die erste Aufforderung für ihre Auslegung
herangezogen werden und ergibt sich aus dem Textzusammenhang hinreichend deutlich, dass auch damit Nachweise zum Beleg für
Betriebseinnahmen und -ausgaben gemeint waren.
c. Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats spätestens mit seinem Schreiben vom 3. Juli 2017, eingegangen bei dem Beklagten
am 6. Juli 2017 und überschrieben mit „Anlage zum Widerspruch: (…) Abschluss EKS 03/2016 bis 08/2016 (…)“, die leistungserheblichen
Unterlagen (Kontoauszüge und Einnahmen-Überschussrechnung) zu dem streitigen Leistungszeitraum eingereicht. Dies ergibt sich
zum einen aus dem aktenkundigen Schreiben selbst, vor allem aber der Mitteilung des Beklagten vom 4. August 2017, mit dem
dieser die genannten Unterlagen an den Kläger nach der Entscheidung über den Widerspruch zurücksandte. Damit waren zum Zeitpunkt
des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 die vom Beklagten geforderten Erklärungen und Nachweise zumindest teilweise bei
diesem eingegangen und aktenkundig. Ein früherer Zugang bereits im Februar 2017 ist möglich, aber nicht nachgewiesen. Das
gilt auch bei Berücksichtigung der vom Kläger für die Tatsache eine Posteinwurfs bereits im Februar 2017 benannten Zeugin.
Denn diese Zeugin könnte nur den Einwurf von Unterlagen an den Beklagten in einen Postbriefkasten bezeugen, dagegen nicht
den tatsächlichen Zugang bei dem Beklagten. Nach § 41a Abs. 3 Satz 2 SGB II ist ein Nachweis gegenüber dem Beklagten erst geführt, wenn er Kenntnis erlangen kann, d.h. die Erklärung nebst Nachweisen
in seinen Machtbereich gelangt und ihm damit nach den allgemeinen Grundsätzen für Willenserklärungen zugegangen ist. Das Übermittlungsrisiko,
damit des Verlusts auf dem Postweg, trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der einzelne Leistungsberechtigte (vgl. §
130 Abs.
1 Bürgerliches Gesetzbuch).
Der Beklagte war auch verpflichtet, die erst im Widerspruchsverfahren getätigten Angaben des Klägers im Rahmen der Behördenentscheidung
gemäß § 41a Abs. 3 SGB II noch zu berücksichtigen (näher Bundessozialgericht, Urteil vom 12. September 2018 – B 4 AS 39/17 R, Rdnr. 35 - 43).
Der Kläger kam – auch nach seinen eigenen Einlassungen – seiner Übermittlungspflicht nur teilweise nach. Er hat die Belege
für die Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht bis zur Entscheidung über den Widerspruch eingereicht, obwohl er dazu vom Beklagten
zu Recht aufgefordert war. § 41a Abs. 3 SGB II fordert nach seinem Wortlaut nicht nur, dass Tatsachen vom Leistungsberechtigten anzugeben, sondern auch nachzuweisen sind.
Auch die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass zum Nachweis von leistungserheblichen Tatsachen auch Unterlagen vorgelegt
werden sollen (BT-Drs. 18/8041, S. 53 – Zu Nummer 36). Es kann offen bleiben, ob der Kläger sich auf die Tatsache berufen
konnte, dass der Beklagte für frühere Bewilligungszeiträume teilweise die alleinige Einreichung von EKS und Einnahmen-/Überschussrechnungen
ausreichen ließ oder dem Kläger nach Einreichung der oben genannten Erklärungen/Aufstellungen noch eine weitere Aufforderung
schickte, mit welcher er nur konkrete einzelne Belege über getätigte betriebliche Aufwendungen anforderte (so die Aufforderung
vom 19. November 2015). Eine Verwaltungspraxis, die sich im Rahmen der endgültigen Entscheidung allein auf die Behauptung
von Betriebsausgaben des Leistungsberechtigten stützte, wäre möglicherweise rechtswidrig und schon deshalb unbeachtlich. Der
Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz ermöglicht keine Gleichbehandlung im Unrecht. Einen solchen Anspruch kennt die Rechtsordnung nicht (Bundessozialgericht,
Urteil vom 21. Mai 2003, B 6 KA 32/02 R; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Februar 1993, 8 C 20/92). Ebenso wenig gibt es einen Vertrauensschutz auf die Weiterführung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis (Bundessozialgericht,
Urteil vom 16. Januar 1979 - 5 RKnU 5/77).
Der Beklagte hätte den Kläger vor Erlass eines die Leistung vollständig ablehnenden „Null-Bescheides“ aber – und das ist entscheidend
– darauf hinweisen müssen, dass ihm die Unterlagen nicht bzw. nicht vollständig vorlagen. Dies hat das Sozialgericht völlig
zu Recht entschieden. Noch in seinem Schreiben an den Beklagten vom 27. Juli 2017, eingegangen per FAX am 28. Juli 2017, damit
vor der Widerspruchsentscheidung des Beklagten, hat der Kläger mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass dem Beklagten die angeforderten
Unterlagen für die endgültige Leistungsfestsetzung aufgrund seiner Übersendung vom 3. Juli 2017 vorliegen. Das war ja auch
teilweise der Fall, denn der Beklagte selbst bestätigte den Eingang von Unterlagen zur selbständigen Tätigkeit für den streitbefangenen
Zeitraum in seinem Schreiben vom 4. August 2017 (dazu oben). In einer solchen Sachlage darf der Beklagte nicht ohne weitere
Reaktion gegenüber dem Kläger einfach die Festsetzung nach § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II mit seiner ablehnenden Widerspruchsentscheidung bestätigen. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 41a Abs. 3 SGB II. Es handelt sich dabei - wie das Bundessozialgericht näher verdeutlicht hat - gerade nicht um eine Präklusionsvorschrift,
sondern um eine Verfahrensbeschleunigungsvorschrift, die sich spezieller Mitwirkungsobliegenheiten bedient (vgl. Bundessozialgericht,
Urteil vom 12. September 2018 – B 4 AS 39/17 R Rdnr. 39 ff.). Insbesondere bei einer ausschließlich an einen Fristablauf anknüpfenden Nullfeststellung muss auch von Verfassungs
wegen sichergestellt sein, dass nicht zu vertretende Fristversäumnisse keine nachteiligen Rechtsfolgen auslösen (Bundessozialgericht,
aaO, Rdnr. 40). Dies bedingt aus Sicht des Senats, dass die Behörde nicht quasi „sehenden Auges“ eine solche Feststellung
zum Nachteil eines Leistungsberechtigten vornimmt, der einerseits Unterlagen eingereicht hat und erkennbar, wenn auch irrigerweise,
davon ausgeht, alle erforderlichen Unterlagen bereits eingereicht zu haben, und andererseits gleichzeitig mehrfach seine Bereitschaft
zum Ausdruck bringt, Fehlendes unverzüglich nachzureichen. In diesem speziellen Fall muss es ihm vor Erlass des Widerspruchsbescheides
noch ermöglicht werden, binnen einer ggf. sehr kurz bemessenen Nachfrist und einer konkreten Anforderung die noch fehlenden
Belege einzureichen. Der Fall ist das positive Spiegelbild der Konstellation, in welcher Leistungsberechtigte es von vornherein
vollständig verweigern, die geforderten Unterlagen einzureichen und es deshalb auf die von der Behörde gesetzte Frist nicht
ankommt (dazu Bundessozialgericht, aaO, Rdnr. 39). Die Behörde darf daher nicht kraft ihres Herrschaftswissens (die Unterlagen
sind zwar eingegangen, aber noch unvollständig) die Unterlagen unberücksichtigt lassen und eine Nullfestsetzung bestätigen.
Die Hinweispflicht galt im Fall des Klägers umso mehr, als der Beklagte zeitnah auf der Grundlage der Einreichung der EKS
des Klägers für den früheren Zeitraum vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 trotz fehlender Belege (vgl. den handschriftlichen
Vermerk auf Bl. 138 VA) mit Bescheid vom 21. April 2017 Leistungen endgültig und teilweise höher als die zunächst vorläufig
bewilligten festgesetzt hatte.
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Sozialgericht das Verfahren zum Erlass eines Verwaltungsaktes gemäß §
131 Abs.
5 SGG im Rahmen seines Ermessens an den Beklagten zurückverwiesen hat, ohne die Sache selbst spruchreif gemacht zu haben. Die Anschlussberufung
des Klägers bleibt daher ohne Erfolg. Es kann offen bleiben, ob für sie schon deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil
der Kläger sich vor dem Sozialgericht auf den Hinweis des Sozialgerichts, wonach dieses beabsichtige, im Wege des §
131 Abs.
5 SGG zu entscheiden, in seinem Schriftsatz vom 21. November 2017 „mit der angekündigten Vorgehensweise des Gerichts einverstanden“
erklärt hat. Der Kläger hat jedenfalls keinen Anspruch auf die Verurteilung des Beklagten zur endgültigen Bewilligung von
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom März 2016 bis einschließlich August 2016.
Die Voraussetzungen für die Zurückverweisung liegen vor, insbesondere war die Frist des §
131 Abs.
5 Satz 5
SGG zum Zeitpunkt der Ermessensentscheidung durch das Sozialgericht gewahrt und es bedarf für die zu treffende abschließende
Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers (auch dem Grunde nach) weiterer Ermittlungen, nämlich der Auswertung der
vom Kläger eingereichten Unterlagen, ggf. der Anforderung von Einzelbelegen. Die Zurückverweisung durch das Sozialgericht
war unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich. Zu berücksichtigen ist, dass der Beklagte die vom Kläger
bereits im Widerspruchsverfahren eingereichten Unterlagen zu den Betriebseinnahmen und -ausgaben gänzlich ungeprüft gelassen
hat und sie deshalb im Rahmen der Herstellung der Spruchreife zur sachgerechten Prozessvertretung genauso durchzuarbeiten
hätte wie das Gericht. Dass die damit intendierte Entlastung des Gerichts mit den Interessen des Klägers unvereinbar wäre,
hat dieser – auch mit der Anschlussberufung – nicht geltend gemacht und ist auch für den Senat nicht ersichtlich (vgl. zu
dieser Überlegung, Bundessozialgericht, aaO, Rdnr. 16). Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung
zu Gunsten des Klägers vor, die allein die Herstellung der Spruchreife als rechtmäßig erscheinen lassen. Das gilt auch in
Ansehung des Klageziels des Klägers, der ein Grundurteil begehrt, sowie von Sinn und Zweck des § 41a SGB II, wonach Leistungsberechtigte Anspruch auf eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch haben. Der Beklagte hat
die eingeleitete abschließende Feststellung des Leistungsanspruchs des Klägers für den streitbegangenen Zeitraum durch Verwaltungsakt
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Sozialgerichts und des Senats abzuschließen (BSG, Urteil vom 12. September 2018 – B 4 AS 39/17 R Rdnr. 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt sowohl die erfolglose Berufung des Beklagten als auch die für den Kläger im Ergebnis erfolglos erhobene
Anschlussberufung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§
160 Abs.
2 SGG).