Tatbestand
Der Kläger rügt, dass der Beklagte personenbezogene Daten ohne seine Einwilligung an das Jobcenter Kreis P. weitergegeben
habe.
Der unter gesetzlicher Betreuung stehende Kläger bewohnte bis Anfang Oktober 2018 eine Wohnung in Elmshorn und bezog beim
Jobcenter Kreis P. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach dem Verlust der Wohnung und einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in G. ab Mitte Januar 2019 zog der Kläger im weiteren
Verlauf des Jahres 2019 nach H. und erhält seither Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Da der Rentenversicherungsträger die volle Erwerbsminderung des Klägers festgestellt hat, hat der Beklagte
nunmehr nur noch bis Ende September 2022 Leistungen bewilligt und bereits Ende August 2022 das Grundsicherungs- und Sozialamt
über den Leistungsfall des Klägers in Kenntnis gesetzt.
Am 13. Oktober 2020 hat der Kläger im Antragsdienst des Sozialgerichts Hamburg vorgesprochen, Klage erhoben und vorgetragen,
der Beklagte habe seine personenbezogenen Daten an das Jobcenter Kreis P. und das Amtsgericht Elmshorn weitergegeben.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verpflichten, es zu unterlassen, personenbezogene Daten an das Jobcenter Kreis
P. herauszugeben.
Der Beklagte hat eingewandt, es sei nicht zu erkennen, welche datenschutzrechtlichen Bestimmungen verletzt worden seien; damit
bestehe auch keine Wiederholungsgefahr.
Das Sozialgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 14. Juli 2021 gefragt, was genau er beanstande, um welche Datenweitergabe
es genau gehe und wann diese stattgefunden habe. Der Kläger hat hierauf nicht reagiert.
Das Sozialgericht hat daraufhin, nach Anhörung der Beteiligten, die Klage durch Gerichtsbescheid vom 1. Oktober 2021 abgewiesen
und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig. Zwar sei für sie der Rechtsweg zum Sozialgericht eröffnet.
Dies ergebe sich aus § 81b des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach für Klagen der betroffenen Person gegen einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter wegen eines Verstoßes
gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 oder der darin enthaltenen Rechte
der betroffenen Person bei der Verarbeitung von Sozialdaten im Zusammenhang mit einer Angelegenheit nach §
51 Absatz
1 und
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet sei. Doch verlangten die Rechtsordnung im Allgemeine und
der Datenschutzrechtsbehelf des § 81b SGB X im Besonderen, dass ein Kläger geltend mache, konkret in eigenen (Datenschutz-) Rechten betroffen zu sein. Hieran fehle es
im vorliegenden Fall. Der Kläger mache nicht deutlich, welcher konkrete Vorgang der Verarbeitung von welchen ihn betreffenden
Daten er beanstande. Es werde auch nicht klar, ob eine Datenweitergabe an das Amtsgericht Elmshorn oder das Jobcenter Elmshorn
beanstandet werde. Damit sei sein Anliegen nicht prüfbar und ein konkretes Rechtsschutzziel nicht erkennbar.
Der Kläger hat am 12. Oktober 2021 Berufung eingelegt.
Er erklärt, er beanstande konkret, dass der Beklagte das Jobcenter Kreis P. über ein gegen ihn verhängtes Hausverbot widerrechtlich
in Kenntnis gesetzt habe, woraufhin ihm auch das Jobcenter Kreis P. ein Hausverbot erteilt und überdies der Staatsanwaltschaft
Itzehoe das Bestehen der Hausverbote mitgeteilt habe. Damit seien die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 81b SGB X erfüllt. Der Beklagte habe mit der Weitergabe der personenbezogenen Daten seine Schutzrechte – die des Klägers – nach der
Verordnung (EU) 2016/679 verletzt. Der Beklagte habe auch das gesetzliche Verfahren nach den Art. 33f. VO (EU) 2016/679 nicht
eingehalten, denn er, der Kläger, sei von der Datenschutzverletzung nicht unterrichtet worden. Eine Benachrichtigung sei erforderlich
gewesen da ein hohes Risiko für die persönlichen Rechte und Freiheiten des Klägers bestanden habe. Gegen ihn sei sodann aufgrund
der Datenübermittlung ein erneutes Hausverbot durch eine andere Behörde verhängt worden. Das Sozialgericht habe daher die
Klage nicht als unzulässig abweisen dürfen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Oktober 2020 zu verpflichten es zu
unterlassen, künftig personenbezogene Daten an das Jobcenter Kreis P. herauszugeben sowie ihn für die erfolgte Datenschutzverletzung
zu entschädigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Berichterstatter hat den Kläger mit Schreiben vom 27. April 2022 um Erläuterung gebeten, ob es um das vom Beklagten am
11. Juli 2019 oder um das vom Jobcenter Kreis P. am 9. August 2019 gegen den Kläger verhängte Hausverbot gehe. Letzteres sei
Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Hamburg zum Az. S 22 AS 3629/19 gewesen, und der hiesige Beklagte habe im dortigen Verfahren erklärt, dem Kläger sei durch den Standort H.- N. am 11. Juli
2019 zwar ein Hausverbot erteilt worden, ein Austausch mit dem Jobcenter Kreis P. habe aber nicht stattgefunden.
Der Kläger hat sich dazu nicht schriftlich geäußert.
Am 11. Juli 2022 hat ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts stattgefunden. Der Beklagte hat darin wiederholt, dass ein
Austausch über das am 11. Juli 2019 gegen den Kläger verhängte Hausverbot mit dem Jobcenter Kreis P. weder zuvor noch im Nachhinein
stattgefunden habe.
Der Berichterstatter hat im Termin die Beteiligten zur beabsichtigten Übertragung der Berufung nach §
153 Abs.
5 SGG angehört. Der Kläger hat erklärt, damit nicht einverstanden zu sein. Mit Beschluss vom 12. Juli 2022 hat der Senat die angekündigte
Übertragung vorgenommen.
Am 19. September 2022 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Der Beklagte hat darin erklärt, das am 11.
Juli 2019 verhängte Hausverbot sei in V. hinterlegt worden, einer Software der Bundesagentur für Arbeit, mit der Daten für
die Bereiche Vermittlung, Beratung und Integration eines Leistungsberechtigten erfasst, bereitgestellt und aktualisiert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll dieser Verhandlung, die Prozessakte sowie
den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte (§§
143,
144 SGG) und auch sonst zulässige Berufung, über die das Gericht durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden
kann, da der Senat das Verfahren nach §
153 Abs.
5 SGG übertragen hat, bleibt ohne Erfolg.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. Oktober 2020 zu Recht abgewiesen. Die Klage ist bereits unzulässig
(1.), im Übrigen aber auch unbegründet (2.).
1.
Soweit das Sozialgericht die Zulässigkeit der Klage deshalb verneint hatte, da es an einem erkennbaren Rechtsschutzziel fehle,
hat der Kläger jedenfalls im Berufungsverfahren hinreichend deutlich gemacht, welches vermeintliche Verhalten des Beklagten
er beanstande. Er meint, der Beklagte habe das Jobcenter Kreis P. über das am 11. Juli 2019 gegen ihn verhängte Hausverbot
in Kenntnis gesetzt und damit widerrechtlich personenbezogene Daten übermittelt.
Gleichwohl erweist sich die Klage als unzulässig. Der Kläger begehrt ausdrücklich die Verpflichtung des Beklagten, es zu unterlassen,
künftig personenbezogene Daten an das Jobcenter Kreis P. herauszugeben. Dieses Klageziel kann er grundsätzlich im Wege einer
sogenannten (vorbeugenden) Unterlassungsklage (vgl. zur uneinheitlichen Terminologie Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
54 Rn. 42) verfolgen, deren Zulässigkeit als besondere Form der Leistungsklage (§
54 Abs.
5 SGG) allgemein anerkannt ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.4.2015 – B 4 AS 39/14 R –, m.w.N.). Die (vorbeugende) Unterlassungsklage erfordert allerdings ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse einschließlich
einer Wiederholungsgefahr. Dafür muss ein erneutes, als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Gegenseite ernstlich zu befürchten
sein. Es muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung
mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw. ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes
Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz
verwiesen werden kann (BSG, a.a.O.).
Vorliegend mangelt es an der erforderlichen Wiederholungsgefahr. Eine künftige Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers
an das Jobcenter Kreis P. durch den Beklagten ist schon deshalb fernliegend, da der Kläger nunmehr bereits seit mehreren Jahren
nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Kreis P. wohnt und überdies aller Voraussicht nach vom Sozialhilfeträger
in H. Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beziehen wird.
2.
Nur ergänzend ist deshalb anzumerken, dass die Klage auch unbegründet sein dürfte.
Nach § 67b Abs. 1 Satz 1 SGB X (i.d.F. v. 17.7.2017) ist die Speicherung, Veränderung, Nutzung, Übermittlung, Einschränkung der Verarbeitung und Löschung
von Sozialdaten durch die in §
35 des
Ersten Buches genannten Stellen (nur) zulässig, soweit die nachfolgenden Vorschriften oder eine andere Rechtsvorschrift in diesem Gesetzbuch
es erlauben oder anordnen.
Der Senat hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Beklagte im Zusammenhang mit dem am 11. Juli 2019 verhängten
Hausverbot personenbezogene Daten des Klägers an das Jobcenter Kreis P. übermittelt hat, wie vom Kläger behauptet wird. In
den Verwaltungsakten finden sich keine entsprechenden Nachweise. Beide Leistungsträger haben dies bestritten, und weitere
Ermittlungsansätze vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Nichterweislichkeit der vom Kläger behaupteten Tatsache geht zu
seinen Lasten, da es sich um für ihn günstige Umstände handelt, aus denen er seinen Anspruch herleitet. Entsprechendes gilt
für die Möglichkeit, dass sich das Jobcenter Kreis P. im Programm V. über das vom Beklagten gegen den Kläger verhängte Hausverbot
informiert haben könnte. Die Klage wäre daher auch in der Sache abzuweisen gewesen.
Aus diesem Grunde ist – abgesehen vom insoweit nicht eröffneten Rechtsweg zu den Sozialgerichten – auch kein Raum für die
vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren beantragte Entschädigung für die behauptete Datenschutzverletzung.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
III.
Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.