Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer abschließenden Festsetzung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015 und einer damit einhergehenden Erstattungsforderung.
Der 1969 geborene, unter gesetzlicher Betreuung stehende Kläger ist seit dem Jahr 2012 selbständig tätig im Bereich Dienstleistungen,
Messe- und Eventservice und bezieht seither ergänzend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Er ist Vater einer 2005 geborenen Tochter (L.S.), die in N. lebt. Der Kläger hatte im Jahr 2009 gegenüber
dem Jugendamt H. seine Pflicht zur Zahlung von Kindesunterhalt anerkannt und sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung
unterworfen (Jugendamtsurkunde vom 24.6.2009).
Am 4. November 2014 stellte der Kläger einen Weiterbewilligungsantrag und gab dabei Unterhaltsleistungen an seine Tochter
in Höhe von 292 Euro monatlich an. Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 2. Dezember 2014 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 30. April 2015 für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich
1.235,99 Euro, wobei er auf Bedarfsseite neben dem Regelbedarf und den Kosten der Unterkunft und Heizung einen unabweisbaren,
besonderen Bedarf von monatlich 195 Euro zur Ausübung des Umgangs des Klägers mit seiner Tochter einstellte. Auf Einkommensseite
berücksichtigte der Beklagte ein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 423,10 Euro monatlich, bereinigt um die
Freibeträge 258,48 Euro. Der Beklagte rechnete diesen Betrag aber nicht an, da es sich um „Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher
Unterhaltsverpflichtungen“ handele.
Am 3. August 2015 machte der Kläger abschließende Angaben zu seinem Einkommen aus Selbständigkeit im genannten Zeitraum. Als
erbrachte Unterhaltsleistungen gab er 0 Euro an. Der Kläger legte außerdem Kontoauszüge ab Januar 2015 vor. Aus ihnen ergaben
sich Überweisungen seiner Mutter an ihn in Höhe von insgesamt 905 Euro, im Einzelnen wie folgt und jeweils mit folgendem Betreff:
50 Euro am 5. Januar (Lager), 40 Euro am 8. Januar (f. L.), 35 Euro am 14. Januar (Rücklage), 50 Euro am 16. Januar (Rücklage),
50 Euro am 3. Februar (Lager), 50 Euro am 24. Februar (Miete Proberaum), 50 Euro am 3. März (Lager), 200 Euro am 10. März
(Rücklage Fahrkarte), 50 Euro am 8. April (Lager), 50 Euro am 4. Mai (Lager), 30 Euro am 5. Mai (L.), 30 Euro am 12. Mai (L.),
30 Euro am 20. Mai (L.), 50 Euro am 26. Mai (L.), 50 Euro am 1. Juni (Rücklage), 50 Euro am 1. Juni (Lager), 20 Euro am 19.
Juni (L.) sowie 20 Euro am 23. Juni 2015 (L.).
Mit Bescheid vom 3. Januar 2017 setzte daraufhin der Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015
wie folgt endgültig fest: Für Januar 1.019,37 Euro, für Februar 864,37 Euro, für März 1.019,37 Euro, für April 1.115,87 Euro,
für Mai 1.137,37 Euro und für Juni 995,37 Euro. Hierbei ging der Beklagte nun von Umgangskosten in Höhe von jeweils 155 Euro
im Januar und März, von 251,50 Euro im April, von 273 Euro im Mai, von 131 Euro im Juni und von 0 Euro im Februar aus. Bei
diesen Beträgen handelte es sich um die tatsächlich angefallenen Bahnfahrtkosten. Weiter berücksichtigte der Beklagte, ein
laufendes Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von (unbereinigt) monatlich 320,78 Euro. Nach Absetzung der Freibeträge
in Höhe von 144,16 Euro wurde ein Betrag von monatlich 176,62 Euro angerechnet.
Mit Bescheid vom 4. Januar 2017 forderte der Beklagte vom Kläger die Erstattung von insgesamt 5.052,92 Euro für den Zeitraum
vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2016. Davon entfiel auf den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 ein (rechnerisch
anhand der Teilbeträge ermittelter) Betrag von 1.264,22 Euro. Im Einzelnen waren zu erstatten 216,62 Euro für Januar, 371,62
für Februar, 216,62 für März, 120,12 Euro für April, 98,62 Euro für Mai und 240,62 Euro für Juni 2015.
Der Kläger legte am 30. Januar 2017 Widerspruch gegen beide Bescheide ein und bat um nähere Erläuterung der Berechnung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2018 (Gz.: W-12310/17 // W-03894/17), dem gesetzlichen Betreuer des Klägers am 30.
Januar 2018 zugegangen, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen des § 41a Abs. 6 SGB II lägen vor. Der Kläger habe im Januar einen Bedarf von 1.195,99 Euro, im Februar von 1.040,99 Euro, im März von 1.195,99 Euro,
im April von 1.292,49 Euro, im Mai von 1.313,99 Euro sowie im Juni 2015 von 1.171,99 Euro gehabt. Der Bedarf habe sich zusammengesetzt
aus 399 Euro Regelleistung, 641,99 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung sowie aus einem unabweisbaren, besonderen Mehrbedarf
(im Januar 155 Euro, im März 155 Euro, im April 251,50 Euro, im Mai 273 Euro und im Juni 131 Euro). Dem Bedarf habe Einkommen
gegenübergestanden. Dies sei hier der Überschuss aus der gewerblichen Tätigkeit des Klägers in Höhe von 1.924,67 Euro gewesen,
der sich aus den Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum in Höhe von 2.972,36 Euro abzüglich der im Bewilligungszeitraum
tatsächlich angefallenen notwendigen Betriebsausgaben von 1.047,69 Euro ergebe. Dabei seien die durch den Kläger in der abschließenden
Anlage EKS erklärten Geschäftszahlen zugrunde zu legen gewesen. Bei den Betriebseinnahmen berücksichtigte der Beklagte in
einer Tabelle im Widerspruchsbescheid auch „Zuwendungen von Dritten“ von Januar bis Juni 2015 in monatlicher Höhe von 125
Euro, 100 Euro, 250 Euro, 50 Euro, 190 Euro bzw. 140 Euro, wobei es sich um Überweisungen der Mutter des Klägers handelte.
Von den geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von 1.732,59 Euro seien 1.047,69 Euro als notwendig im Sinne von § 3 Abs. 2 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) anerkannt worden. Abzuweichen gewesen sei bei den Telefonkosten, den Betriebskosten für ein Kfz, den Fahrkarten für den
ÖPNV und den Kontoführungsgebühren. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 6 des Widerspruchsbescheides verwiesen. Es ergebe
sich danach ein monatliches (durchschnittliches) Bruttoeinkommen von 320,78 Euro. Von diesem sei ein Gesamtfreibetrag von
144,16 Euro abzusetzen (100 Euro nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II sowie 44,16 Euro [20 % von 220,78] nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 SGB II), sodass sich ein monatlich anzurechnendes Einkommen von 176,62 Euro ergebe. Daraus folgten jene monatlichen Ansprüche, wie
sie im endgültigen Bescheid vom 3. Januar 2017 festgesetzt und monatliche Überzahlungen, wie sie im Erstattungsbescheid vom
4. Januar 2016 festgestellt worden seien. Der Erstattungsanspruch bestehe in Höhe von insgesamt „1.635,84 EUR“.
Der Kläger hat am 28. Februar 2018 Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, er habe in H. einen Lagerraum angemietet, um eigene Sachen und solche seiner Mutter unterzustellen. Dieser
koste monatlich 88 Euro. Die Mutter beteilige sich mit monatlich 50 Euro an der Raummiete. Diese Kosten habe er als Betriebsausgaben
auch gar nicht geltend machen wollen. Die von seiner Mutter überwiesenen Gelder habe er auf ihrem Konto zurückgelegt, um diese
bei Bedarf abrufen zu können. Hierbei sei es bspw. um eine Fahrt nach B., eine Fahrt zum Kunden und die Bezahlung anfallender
Zahnarztkosten gegangen. Soweit bei den Überweisungen durch seine Mutter an ihn der Verwendungszweck „L.“ oder „L.“ angegeben
worden sei, sei dieses Geld an ihn überwiesen worden, um seiner Tochter bei den Umgangsterminen im Namen seiner Mutter (also
der Großmutter) etwas kaufen zu können. Da er selbständig sei und unregelmäßige Einnahmen habe, sei er gezwungen, Rücklagen
zu bilden, wenn er eine größere Einnahme habe. Denn u.a. müsse der Kindesunterhalt monatlich geleistet werden, dieser habe
oberste Priorität. Hinzu kämen kurzfristig notwendige Fahrten zu (potentiellen) Kunden, notwendige Reparaturen, Anschaffungen
etc., die nicht vorhersehbar seien, die Rückzahlung eines ihm gewährten Existenzgründerdarlehens, Gesundheitskosten und einiges
mehr. Sollten all diese Rücklagen nicht in Anspruch genommen werden, dann würden sie selbstverständlich auch in einer abschließenden
EKS auftauchen und könnten dann vom Beklagten als Einnahme verrechnet werden. Dem Beklagten entstehe also kein Nachteil. Ihm
selber werde hingegen durch die Verhinderung von Rücklagen die Ausübung seiner Tätigkeit unmöglich gemacht.
Mit Beschluss vom 18. November 2019 hat das Sozialgericht von dem vorliegenden Verfahren, das „den Erstattungsanspruch des
Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 30. Juni 2015“ betreffe, zwei weitere Verfahren, zum einen betreffend „den
Erstattungsanspruch des Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 30. Juni 2016“ (S 16 AS 3940/19 – Berufungsverfahren L 4 AS 314/20), zum anderen betreffend „die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2018“ (S 16 AS 3941/19 – Berufungsverfahren L 4 AS 315/20), abgetrennt.
Am 21. November 2019 hat vor dem Sozialgericht eine mündliche Verhandlung stattgefunden Der Kläger hat anschließend erklärt,
er begehre nur noch eine gerichtliche Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit einer Rücklagenbildung, da die entsprechenden
familienrechtlichen Regelungen mit den sozialrechtlichen nicht in Einklang stünden.
Der Kläger hatte erstinstanzlich zuletzt schriftsätzlich beantragt, den Erstattungsbescheid vom 4. Januar 2017 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2018, eingegangen am 30. Januar 2018, über die zu erstattenden Beträge in Höhe von
1.635,84 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 insoweit aufzuheben, als dass es ihm nicht gestattet
sei, mögliche Unterhaltszahlungen als Rücklagen von seinem zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen.
Das Sozialgericht hat – nach Anhörung der Beteiligten – die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. Oktober 2020, dem Kläger am
2. Oktober 2020 zugestellt, abgewiesen und dabei im Tatbestand den Klageantrag wie folgt wiedergegeben: Der Kläger beantrage,
„den Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2018 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsbetrag für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 30. Juni 2015 unter Berücksichtigung
der Rücklagenbildung für Unterhaltsverpflichtungen neu zu berechnen.“ Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die
angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Eine Rücklagenbildung während des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II sei nicht vorgesehen. Gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II seien Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer
notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen abzusetzen. Diese Voraussetzungen lägen nicht
vor. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass und ggf. in welcher Höhe eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung im Sinne der
Nr. 7 bestehe. Zudem sei in § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II auch keine Rücklagenbildung für eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung vorgesehen. Vielmehr komme der Absetzbetrag erst
dann zum Tragen, wenn der Unterhaltsbetrag auch tatsächlich gezahlt worden sei.
Der Kläger hat am 2. November 2020 Berufung eingelegt.
Er ist der Ansicht, er sei familienrechtlich dazu verpflichtet, für einen „Mehr-Unterhalt“, der sich ggf. aus Mehreinnahmen
ergebe, Rücklagen zu bilden. Zugleich sei ihm sozialrechtlich nicht gestattet, diese Rücklagen, so wie tatsächliche Unterhaltszahlungen,
als Aufwendungen bei der Berechnung der SGB II-Leistungen zu berücksichtigen. Das Fehlen einer Regelung im SGB II zur Rücklagenbildung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie
gegen das Gebot der Einheit der Rechtsordnung. Da er unregelmäßige Einnahmen habe, sei er gezwungen, Rücklagen für den Kindesunterhalt
zu bilden. Der Beklagte habe in der Vergangenheit stets Darlehen für solche Kosten abgelehnt, mit dem Hinweis, er, der Kläger,
müsse dafür Rücklagen bilden. Diese wolle der Beklagte ihm andererseits aber bei der EKS nicht zugutehalten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg (Az. S 16 AS 767/18) vom 1. Oktober 2020 und den Erstattungsbescheid vom 4. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar
2018 über die zu erstattenden Beträge in Höhe von 1.635,84 Euro für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er meint, der Gesetz- und Verordnungsgeber habe durch die speziellen Regelungen zur Errechnung des Einkommens selbständig
Tätiger in § 3 Alg II-V bereits eine Möglichkeit geschaffen, schwankende und unregelmäßig zufließende Einnahmen und Ausgaben angemessen zu berücksichtigen.
Im Rahmen der dort vorgesehenen Bildung des Durchschnittsgewinns aller Monate eines Bewilligungszeitraums sei es dem selbständig
tätigen Leistungsempfänger auch möglich, aus den Einnahmen Rücklagen für spätere Ausgaben zu bilden. Absetzbeträge für die
Begleichung laufender, aktueller (nicht rückständiger) Unterhaltsforderungen bestünden nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II lediglich vom zuvor festgestellten Gewinn. Unterhaltsforderungen seien private Forderungen und stellten keine Betriebsausgaben
dar, die von den Betriebseinnahmen vorweg absetzbar wären. Gleichwohl würden sie von dem aus dem prognostizierten Gewinn errechneten,
anzurechnenden Einkommen zunächst abgesetzt. Im Rahmen der abschließenden Festsetzung nach § 41a Abs. 3 SGB II sei dann deren tatsächliche Zahlung an die unterhaltsberechtigte Person der Höhe nach nachzuweisen. Im Bereich des SGB II seien lediglich tatsächliche Zahlungsflüsse im Rahmen des jeweiligen Bewilligungszeitraums maßgeblich. So seien z.B. Selbständige
auch verpflichtet, die Differenz aus der vereinnahmten Umsatzsteuer und Vorsteuer an das Finanzamt abzuführen, wobei es sich
unbestritten um eine notwendige Betriebsausgabe handele, dies allerdings nur in der Höhe, wie sie im jeweiligen Bewilligungszeitraum
auch gezahlt worden sei. Falle eine Umsatzsteuerzahlung noch in den vorherigen oder erst in den nächsten Bewilligungszeitraum,
sei diese auch nicht als absetzbare Betriebsausgabe zu berücksichtigen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 22.8.2013 – B 14 AS 1/13 R). Etwas Anderes könne auch nicht für die Unterhaltszahlungen gelten, bei denen es sich nicht einmal um Betriebsausgaben
nach § 3 Alg II-V handele, sondern um Absetzmöglichkeiten nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II.
Der Kläger wendet ein, Unterhaltsverpflichtungen stünden in der „Rangfolge“ vor dem SGB II. Der Umstand, dass ein Bewilligungszeitraum immer nur sechs Monate laufe, könne nicht dazu führen, dass er, der Kläger, dann
in den Monaten danach keinen Kindesunterhalt zahlen dürfe, obwohl er dafür im Bewilligungszeitraum hätte Rücklagen bilden
können. Hinsichtlich der Umsatzsteuerlast habe er eine Vereinbarung mit dem Finanzamt getroffen, dass er die vereinnahmte
Umsatzsteuer immer sofort nach Erhalt an das Finanzamt zahle und diese somit als Betriebsausgabe gelte. Aber auch hier wäre
er normalerweise verpflichtet, diese vereinnahmte Umsatzsteuer zunächst zurückzulegen, da diese Gelder nicht seine eigenen
seien.
Am 1. September 2022 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat stattgefunden, zu dem weder der Kläger noch sein
Prozessbevollmächtigte erschienen sind. Der Beklagte hat im Termin erklärt, dass er, anders als im Begründungsteil des Widerspruchsbescheides
dargestellt, für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015 Erstattung in Höhe von 1.264,22 Euro vom Kläger verlangt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die Akten zu den Verfahren L 4 AS 314/20 und L 4 AS 315/20, den Verwaltungsvorgang des Beklagten sowie die Sitzungsniederschrift vom 1. September 2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Der Senat war trotz Ausbleibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht gehindert, mündlich zu verhandeln und durch
Urteil zu entscheiden. Der Prozessbevollmächtigte war ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf die Folgen seines Fernbleibens
hingewiesen worden.
II.
Die statthafte (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz –
SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§
151 SGG) Berufung des Klägers hat im tenorierten Umfang Erfolg.
1.
Gegenstand des Verfahrens ist nach verständiger Würdigung des erstinstanzlich gestellten wörtlichen Antrags des Klägers unter
Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes (vgl. dazu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
123 Rn. 3) nicht allein der Erstattungsbescheid vom 4. Januar 2017, sondern auch der abschließende Festsetzungsbescheid vom 3.
Januar 2017, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2018. Die vorläufige Bewilligung vom 2. Dezember
2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. April 2015 hatte sich durch Erlass des Bescheides vom 3. Januar 2017 erledigt
(vgl. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch; vgl. BSG, Urteil vom 30.3.2017 – B 14 AS 18/16 R). Eine Abänderung des Bescheides vom 3. Januar 2017 hatte der anwaltlich vertretene Kläger zwar zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich
beantragt, und das Sozialgericht hat im Tatbestand des angefochtenen Gerichtsbescheides – im Übrigen unter Außerachtlassung
des zuletzt gestellten schriftsätzlichen Antrags des Klägervertreters – einen Klageantrag formuliert, der auf die Abänderung
des vorläufigen, bereits erledigten Bewilligungsbescheides vom 2. Dezember 2014 gerichtet war. Aus dem Vorbringen des Klägers
und dem Gesamtzusammenhang wird aber noch hinreichend deutlich, dass mit der Klage nicht allein die Aufhebung des Erstattungsbescheides
begehrt wird. Denn der im Mittelpunkt stehende Einwand des Klägers, der Beklagte hätte die Bildung von Rücklagen anerkennen
müssen, zielt nicht auf eine behauptete Rechtswidrigkeit der Erstattungsforderung als solcher, sondern auf die Berechnung
der abschließend bewilligten Leistungen und damit auf den Bescheid vom 3. Januar 2017. In diesem Sinne hatte zuvor auch der
Beklagte den Widerspruch des Klägers verstanden und beschieden. Soweit es den Erstattungsbescheid vom 4. Januar 2017 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2018 betrifft, regelt dieser insgesamt die Erstattung für den Zeitraum vom 1. Januar
2015 bis zum 30. Juni 2016. Streitgegenständlich im Sinne einer Teilanfechtung ist im vorliegenden Verfahren aber lediglich
der mit dem abschließenden Festsetzungsbescheid vom 3. Januar 2017 korrespondierende Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 30.
Juni 2015.
2.
Die Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Alt. 1 und 2, §
56 SGG, vgl. dazu BSG, Urteil vom 8.2.2017 – B 14 AS 22/16 R) bzw. die isolierte Anfechtungsklage, soweit sich die Klage gegen den Erstattungsbescheid richtet. Das Vorverfahren (§
78 Abs.
1 Satz 1
SGG) ist durchgeführt und die Klage fristgerecht (§
87 Abs.
1 Satz 1, Abs.
2 SGG) erhoben worden.
3.
Die Klage ist teilweise begründet. Der abschließende Festsetzungsbescheid vom 3. Januar 2017 ist zugunsten des Klägers abzuändern
(a.), sodass auch der Erstattungsbetrag geringer ausfällt, als vom Beklagten mit Bescheid vom 4. Januar 2017 verfügt (b.).
a.
Der Bescheid vom 3. Januar 2017 ist teilweise rechtswidrig. Dem Kläger standen in den Monaten Januar, Februar sowie April
bis Juni 2015 höhere Leistungen zu, als durch den Beklagten abschließend bewilligt.
aa.
Rechtsgrundlage für den Festsetzungsbescheid ist § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II (in der ab 1.4.2011 geltenden und insoweit bis zur Aufhebung durch das 9. SGB II-Änderungsgesetz unveränderten Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl. I 850) i.V.m. §
328 Abs.
2 und Abs.
3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III). Der am 1. August 2016 in Kraft getretene § 41a SGB II (i.d.F. v. 26.7.2016) findet hier keine Anwendung. Der Grundsicherungsträger hatte vielmehr in Bezug auf vor dem 1. August
2016 beendete Bewilligungszeiträume nochmals nach alter Rechtslage abschließend über die Leistungsansprüche zu entscheiden
(dazu ausführlich BSG, Urteil vom 12.9.2018 – B 4 AS 39/17).
Die zunächst durch Bescheid vom 2. Dezember 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. April 2015 erfolgte vorläufige
Bewilligung durch den Beklagten in Höhe von monatlich 1.235,99 Euro für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015 beruhte
auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3 SGB III. Hiernach konnte der Grundsicherungsträger über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn – wie hier
wegen der ungewissen Einnahmen und Ausgaben des Klägers aus selbständiger Tätigkeit – zur Feststellung der Voraussetzungen
des Anspruchs auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich war, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit vorlagen und der Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen,
nicht zu vertreten hatte. Dies zielte, ebenso wie die hierfür nunmehr vorgesehene gebundene Entscheidung nach § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II auf eine Zwischenregelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage (BSG, a.a.O.). Der Grundsicherungsträger hatte dann die vorläufige Entscheidung auf Antrag der berechtigten Person für endgültig
zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern war (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
2 SGB III), oder eine abschließende Entscheidung zu treffen, wenn – wie hier – ein Leistungsanspruch in abweichender Höhe zuerkannt
wurde, wobei auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen dann auf die zustehende Leistung anzurechnen sind
(vgl. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
3 SGB III).
bb.
Die Voraussetzungen für eine abschließende nach einer vorläufigen Entscheidung waren hier erfüllt. Die vorläufige Entscheidung
war durch den Beklagten zu ändern. Denn zum einen war in den Monaten Januar bis März und Juni 2015 ein geringerer Bedarf des
Klägers anzuerkennen (1). Zum anderen hatte der Kläger Einkommen in anderer als prognostizierter Höhe erzielt und überdies
im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2015 tatsächlich keinen Unterhalt gezahlt. Hinsichtlich des Umfangs der Einkommensanrechnung
war der Festsetzungsbescheid vom 3. Januar 2017 indes teilweise abzuändern (2).
(1)
Der Beklagte hat im endgültigen Bescheid zutreffend – und vom Kläger auch nicht angegriffen – einen geringeren Bedarf angesetzt,
da die nachgewiesenen Kosten für den Umgang des Klägers mit seiner Tochter in den Monaten Januar (155 Euro), Februar (0 Euro),
März (155 Euro) und Juni 2015 (131 Euro) unterhalb des vorläufig berücksichtigten monatlichen Betrags von 195 Euro lagen.
Die in den Monaten April und Mai 2015 entstandenen höheren Umgangskosten (251,50 bzw. 273 Euro) hat der Beklagte hingegen
bei der endgültigen Festsetzung anerkannt.
(2)
Soweit es das Einkommen betrifft, hatte der Beklagte bei der vorläufigen Bewilligung auf Grundlage der eingereichten vorläufigen
EKS einen Gewinn von 423,10 Euro, bereinigt 258,48 Euro, zugrunde gelegt. Im Rahmen der endgültigen Festsetzung berücksichtigte
der Beklagte sodann, neben den – unstreitigen – Betriebseinnahmen in Höhe von 1.848,13 Euro zzgl. der vereinnahmten Umsatzsteuer
(269,23 Euro) auch „Zuwendungen von Dritten“; dies waren die Zahlungen, die der Kläger von seiner Mutter erhalten hatte, wobei
der Beklagte im Januar 2015 nur 125 Euro statt der insgesamt zugeflossenen 175 Euro anrechnete. Es ergaben sich damit aus
Sicht des Beklagten monatliche durchschnittliche Betriebseinnahmen von 495,39 Euro. Verwiesen wird hier auf die Berechnung
auf Seite 5 des Widerspruchsbescheides.
Die durch den Beklagten vorgenommene Einkommensanrechnung ist teilweise zu korrigieren.
Die im Bewilligungszeitraum erfolgten Überweisungen der Mutter sind zunächst nicht als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit
zu qualifizieren. Betriebseinahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielte
Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Alg II-V). Dies schließt alle Zuflüsse in Geld oder Geldeswert ein, die aus der konkret ausgeübten Tätigkeit herrühren, also die Umsatzerlöse.
Zuflüsse aus anderen Gründen bleiben außer Betracht (LSG Thüringen. Urteil vom 7.12.2016 – L 4 AS 1442/15). Betriebseinnahmen müssen, damit ein Bezug zu der selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Alg II-V besteht und danach eine Zuordnung als zu berücksichtigendes Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit vorzunehmen ist, einen
objektiven Anknüpfungspunkt zu der selbständigen Tätigkeit selbst haben und aus ihr heraus entspringen (LSG Niedersachsen-Bremen,
Urteil vom 23.4.2012 – L 9 AS 757/11). Daran mangelt es aber bei den Überweisungen der Mutter. Diese Zahlungen waren deshalb nicht bei der Bildung des durchschnittlichen
monatlichen Einkommens aus der Selbständigkeit zu berücksichtigen, sondern jeweils als anderes Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Infolgedessen reduzierten sich die Betriebseinnahmen im Bewilligungszeitraum auf 2.117,36 Euro und damit auf durchschnittlich
monatlich 352,89 Euro. Abzüglich der vom Beklagten anerkannten, vom Kläger nicht (mehr) angezweifelten und auch sonst keinen
Bedenken unterliegenden Betriebsausgaben in Höhe von monatlich 174,62 Euro ergibt sich ein Gewinn von monatlich 178,27 Euro
und schließlich nach Abzug des Grundfreibetrages von 100 Euro nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II sowie des weiteren Freibetrages von hier 15,63 Euro nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 SGB II ein anzurechnendes monatliches Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von 62,54 Euro.
Bei den Überweisungen der Mutter des Klägers sind nach Auffassung des Senats jene nicht als Einkommen zu berücksichtigen,
die im Betreff auf die Tochter des Klägers („L.“, „L.“) bzw. die Kosten für einen gemeinsamen Lagerraum Bezug nehmen („Lager“).
Dies sind die die Überweisungen von 40 Euro am 8. Januar 2015, von jeweils 30 Euro am 5., 12. und 20. Mai 2015, von 50 Euro
am 26. Mai 2015 sowie von jeweils 20 Euro am 19. und 23. Juni 2015. Der Kläger hat glaubhaft geäußert, dass erstere Überweisungen
allein zu dem Zweck erfolgt seien, um ihm zu ermöglichen, seiner Tochter anlässlich der Wahrnehmung seines Umgangsrechtes
im Namen der Großmutter etwas kaufen zu können. Dafür spricht bereits der Betreff; plausibel erscheint dies aber auch, da
die Großmutter angesichts der räumlichen Entfernung zu ihrer Enkelin selten selbst Gelegenheit gehabt haben dürfte, diese
zu beschenken. Der Senat hat ebenso wenig Anlass, an den Angaben des Klägers zu zweifeln, dass die weiteren Zahlungen („Lager“)
für einen Lagerraum gedacht gewesen seien, in dem er und seine Mutter Sachen untergestellt hätten, weshalb sich seine Mutter
an der monatlichen Miete von 80 Euro in einer Höhe von 50 Euro beteiligt habe. Dafür sprechen auch die Regelmäßigkeit und
die gleichbleibende Höhe der Überweisungen durch die Mutter.
Anlass, die weiteren Überweisungen der Mutter bei der Einkommensermittlung unberücksichtigt zu lassen – dies betrifft im streitbefangenen
Zeitraum die Überweisung von 35 Euro am 14. Januar 2015 („Rücklage“), 50 Euro am 16. Januar 2015 („Rücklage“), 50 Euro am
24. Februar 2015 („Miete Proberaum“), 200 Euro am 10. März 2015 („Rücklage Fahrkarte“) sowie 50 Euro am 1. Juni 2015 („Rücklage“)
– gibt es nicht. Soweit der Kläger erklärt hat, es habe sich bei sämtlichen von seiner Mutter zugeflossenen Beträgen um Geld
gehandelt, das er auf ihrem Konto zurückgelegt habe, um es bei Bedarf abrufen zu können, fehlt es sowohl an einem substantiierten
Vortrag dazu, wann, in welchem Umfang und aus welchen Mitteln dies erfolgt sein sollte, als auch an jedem Nachweis über die
behaupteten Vorgänge. Die genannten Einzelzahlungen der Mutter müssen deshalb als Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II betrachtet werden, da davon auszugehen ist, dass es sich um Geld handelt, das der Kläger in der Bedarfszeit wertmäßig dazu
erhalten hatte (vgl. BSG, Urteil vom 8.5.2019 – B 14 AS 15/18 R).
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang erklärt hat, er sei wegen unregelmäßiger Einkünfte gezwungen, Rücklagen zu bilden,
um seinen Unterhaltspflichten nachzukommen, ist zunächst einmal festzustellen, dass er nach seinen eigenen Angaben im streitbefangenen
Zeitraum keinerlei Unterhalt gezahlt hatte. Nur ergänzend ist daher anzumerken, dass nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II (hier i.d.F. v. 21.3.2013) nur tatsächlich getätigte Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis
zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegen Betrag vom Einkommen
abzusetzen sind, so wie es der Beklagte auch getan hat. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in Höhe dieser Aufwendungen
den Betroffenen ihr Einkommen nicht (mehr) als „bereites“, d.h. einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung steht (Söhngen, in:
jurisPK-SGB II, § 11b, Stand: 29.3.2022, Rn. 43). Die Vorschrift durchbricht ausnahmsweise den Grundsatz des Vorrangs der grundsicherungsrechtlichen
Selbsthilfe- und Einstandsobliegenheit gegenüber der Tilgung von Schulden zugunsten des Vorrangs der bürgerlich-rechtlichen
Unterhaltsverpflichtungen (Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, 2. EL 2022, § 11b Rn. 316). Bei den Unterhaltstiteln kann es sich auch um solche handeln, die gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 i.V.m. §
60 SGB Achtes Buch Sozialgesetzbuch kostenfrei beim Jugendamt beschafft werden können (BSG, Urteil vom 9.11.2010 – B 4 AS 78/10 R), wie es vorliegend der Fall ist. Die Absetzung erfordert allerdings, dass der festgelegte Unterhalt im streitigen Zeitraum
auch tatsächlich geleistet wird (BSG, Urteil vom 30.9.2008 – B 4 AS 57/07 R), woran es hier mangelt. Dass der Kläger als Unterhaltsschuldner durch das Erfordernis tatsächlicher Unterhaltsleistungen
in unverhältnismäßiger Weise belastet wird, ist nicht zu erkennen. Zwar entspricht es familienrechtlicher Rechtsprechung,
dass derjenige, der selbständig tätig und minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig ist, entweder Rücklagen für Krisenzeiten
bilden oder auch nach langjähriger Selbständigkeit alsbald eine abhängige Tätigkeit suchen muss, wenn die Gewinne aus der
Selbständigkeit nicht mehr auskömmlich sind und die Chance besteht, eine vergleichbare Tätigkeit in abhängiger Stellung zu
finden (OLG Hamm, Beschluss vom 5.7.2001 – 11 WF 110/2001). Steht der Unterhaltspflichtige als Selbständiger allerdings im ergänzenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitsuchende, sind bei der Beurteilung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit die Regelungen des SGB II zu beachten. Dies erhellt bereits daraus, dass das soziokulturelle Existenzminimum – das sind der Regelbedarf und die Kosten
der Unterkunft (BSG, Urteil vom 17.3.2009 – B 14 AS 34/07 R) – dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers entzogen ist. Zur Ermittlung des Umfangs der Unterhaltspflicht muss deshalb zunächst
einmal – unter Anwendung der Vorschriften des SGB II und damit auch des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II – ermittelt werden, ob der Unterhaltsschuldner überhaupt über Mittel verfügt, die das Existenzminimum überschreiten.
Es ergibt sich damit, zusammen mit dem anzurechnenden Einkommen aus Selbständigkeit, ein Einkommen von 147,54 Euro im Januar,
62,54 Euro im Februar, 262,54 Euro im März, 62,54 Euro im April, 62,54 Euro im Mai sowie 112,54 Euro im Juni 2015. Dieses
Einkommen hat der Beklagte sodann in der abschließenden Festsetzung zutreffend nicht mehr zur Erfüllung der Unterhaltspflicht
freigestellt, da der Kläger bei Einreichung der abschließenden EKS angegeben hatte, im streitigen Zeitraum in keinem Monat
Unterhalt gezahlt zu haben.
Der Beklagte war daher zur Gewährung von Leistungen in Höhe von 1.048,45 Euro im Januar, 978,45 Euro im Februar, 933,45 Euro
im März, 1.229,95 Euro im April, 1.251,45 Euro im Mai sowie 1.059,45 Euro im Juni 2015 zu verpflichten. Für März 2015 bleibt
es bei dem vom Beklagten abschließend bewilligten höheren Betrag von 1.019,37 Euro.
b.
Der Erstattungsbescheid vom 4. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2018, mit dem der Beklagte
Zahlung von 1.264,22 Euro vom Kläger verlangt, ist infolge der dem Kläger im o.g. Umfang zustehenden höheren Leistungsansprüche
zum Teil rechtswidrig.
Der Bescheid beruht auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
3 Satz 2, Halbsatz 1
SGB III. Danach sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung
ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird. Letzteres ist nach oben Gesagtem hier der Fall. Da
dem Kläger vorläufig 1.235,99 Euro monatlich bewilligt worden waren, ergibt sich eine Überzahlung von 187,54 Euro im Januar,
257,54 Euro im Februar, 216,62 Euro im März, 6,05 Euro im April sowie 176,54 Euro Juni 2015 und damit insgesamt in einer Höhe
von 844,69 Euro. Der Bescheid des Beklagten war daher aufzuheben, soweit mit ihm eine diesen Betrag übersteigende Erstattung
verlangt wird.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §
193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG vorliegt.