Tatbestand
Die Klägerin wenden sich gegen Rücknahme- und Erstattungsbescheide betreffend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Klägerin wohnt in der B. in H. in einer 75 m² großen 3 ½ Zimmer Wohnung. Im Streitzeitraum von Februar 2012 bis Juli 2017
wohnten in dieser Wohnung auch ihr verstorbener Ehemann K.Z. und bis zum 14. April 2016 ihre Tochter. Als Bedarfsgemeinschaft
bezogen sie Leistungen nach dem SGB II.
Durch eine Auskunft der Meldebehörde vom 19. Juli 2017 stellte der Beklagte fest, dass seit dem 1. Februar 2012 unter der
Anschrift B. auch der Sohn der Klägerin, der Zeuge C.Z., mit alleiniger Wohnung gemeldet war. Dieser hatte zudem unter der
Anschrift zum 1. August 2012 ein Gewerbe angemeldet. Nach einer detaillierten Meldeauskunft war C.Z. bis zum 26. Juni 2007
in der B. gemeldet gewesen. Zuletzt vom 20. Januar 2010 bis 1. Februar 2012 war er unter der Anschrift B1 gemeldet gewesen.
Der Beklagte hörte daraufhin mit Schreiben vom 19. Juli 2017 die Klägerin zu einer Überzahlung von Leistungen nach dem SGB II an. Sie teilte mit, dass ihr Sohn nicht bei ihr gewohnt habe, sondern nur mal zu Besuch gekommen sei.
Am 1. August 2017 erließ der Beklagte die folgenden Bescheide zur Rücknahme, Erstattung und Zahlungsaufforderung gegenüber
der Klägerin:
für den Zeitraum Oktober 2016 bis Juli 2017 in Höhe von insgesamt 1.358,53 Euro,
für den Zeitraum April 2016 in Höhe von 29,30 Euro,
für den Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 in Höhe von 403,26 Euro,
für den Zeitraum April 2015 bis September 2015 in Höhe von 399,87 Euro,
für den Zeitraum Oktober 2014 bis März 2015 in Höhe von 366,31 Euro,
für den Zeitraum April 2014 bis September 2014 in Höhe von 407,28 Euro,
für den Zeitraum Oktober 2013 bis März 2014 in Höhe von 407,28 Euro,
für den Zeitraum April 2013 bis September 2013 in Höhe von 407,28 Euro,
für den Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 in Höhe von 407,28 Euro,
für den Zeitraum April 2012 bis September 2012 in Höhe von 390,90 Euro sowie
für den Zeitraum Februar und März 2012 in Höhe von 130,30 Euro.
Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass der Sohn C.Z. bereits seit Februar 2012 mit in der Wohnung wohne. Die Klägerin
habe ihre Mitwirkungspflichten verletzt bzw. über den wirklichen Sachverhalt arglistig getäuscht, zumindest aber grob fahrlässig
falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht. Die fehlerhafte Leistungsbewilligung sei deshalb zurückzunehmen und der überzahlte
Betrag zu erstatten.
Mit Schreiben vom 6. August 2017 legte die Klägerin gegen die Bescheide Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass
ihr Sohn in der angegebenen Zeit nicht bei ihr gewohnt hätte. Sie hätte ihn auch nicht gesehen, außer wenn er mal zu Besuch
gekommen sei. Er habe sich ohne ihr Wissen angemeldet. Dem Widerspruch war eine schriftliche Bestätigung des Sohnes der Klägerin
beigefügt, wonach dieser nicht unter der Anschrift B. gelebt habe. Es sei lediglich seine Meldeadresse gewesen, weil er eine
Postanschrift benötigt habe, um seine Selbstständigkeit auszuüben.
Mit Weiterbewilligungsantrag vom 22. August 2017 teilte die Klägerin mit, dass ihr Sohn bereits seit April 2017 in der Wohnung
B. wohne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2017 wies der Beklagte den Widerspruch betreffend den Zeitraum Oktober 2016 bis Juli
2017 sowie mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2017 den Widerspruch betreffend den Zeitraum Februar 2012 bis
April 2016 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin in geringerem Maße hilfebedürftig gewesen sei, denn es
seien geringere Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Sie könnte sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, da sie
zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt habe, dass auch ihr Sohn in der Wohnung gewohnt habe. Davon sei auszugehen, denn
ihr Sohn sei seit Februar 2012 in der Wohnung gemeldet. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung seien anteilig pro Kopf der
Personen im Haushalt aufzuteilen, wenn der Leistungsberechtigte eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere
anderen Familienangehörigen, nutze. Der Sohn der Klägerin sei zum 1. Februar 2012 als weitere Person zu den Nutzern der Wohnung
hinzugekommen, sodass sich ab diesem Zeitpunkt der Anteil der Bedarfe für Unterkunft und Heizung der Klägerin verringert habe.
Am 18. Dezember 2017 hat die Klägerin zusammen mit ihrer Tochter, gegen die ebenfalls Aufhebungs- und Erstattungsbescheide
ergangen waren, Klage erhoben. Zur Begründung hat sie erneut geltend gemacht, dass der Sohn seit Februar 2012 nicht mehr bei
ihr gewohnt habe, sondern lediglich gelegentlich zu Besuch gekommen sei. Er habe sich ohne ihr Wissen unter ihrer Anschrift
angemeldet wegen der geplanten Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr
Sohn ab Juni 2017 als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II beantragt und vom Beklagten auch erhalten habe. Das gleiche gelte für den Zeitraum April und Mai 2017. Eine teilweise Aufhebung
der bewilligten Leistungen für diese Monate sei jedoch nur dann rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen für eine Leistungsbewilligung
an ihren Sohn nicht vorgelegen hätten. Dieser habe kein Einkommen und Vermögen gehabt und mietfrei bei seinen Eltern gewohnt.
Das gegen die Klägerin eingeleitete Verfahren wegen Betrugs wurde nach §
170 Abs.
2 der
Strafprozessordnung am 15. Januar 2019 eingestellt.
Das Sozialgericht hat im Erörterungstermin am 25. Juli 2019 den Sohn der Klägerin als Zeugen vernommen. In der mündlichen
Verhandlung am 17. September und 14. Oktober 2020 hat das Sozialgericht die weiteren Bewohner des Hauses B., S.J., J.J., H.K.,
O.K., A.K., I.S., M.S. sowie erneut den Sohn der Klägerin als Zeugen vernommen. Wegen ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsprotokolle
Bezug genommen.
Mit Urteil vom 14. Oktober 2020 hat das Sozialgericht die Klage der Klägerin – sowie zugleich die Klage ihrer Tochter – abgewiesen.
Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide seien nach § 40 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 und § 50 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X), §
330 Abs.
3 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB III) rechtmäßig ergangen. Die Kosten der Unterkunft seien nämlich unabhängig von Alter und Nutzungsintensität nach Kopfteilen
aufzuteilen, wenn mehrere Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam nutzten. Dies gelte auch dann, wenn die Wohnung gemeinsam
mit Personen genutzt werde, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörten. Die Klägerin habe in dem Streitzeitraum daher einen
geringeren Bedarf für Unterkunft und Heizung gehabt als mit den jeweiligen Bewilligungsbescheiden bewilligt worden waren,
denn seit dem 1. Februar 2012 bis jedenfalls Juli 2017 habe neben der Klägerin, dem Ehemann und der Tochter auch der nicht
zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Sohn mit in der Wohnung B. gewohnt. Die Kosten der Unterkunft wären danach auf vier bzw.
ab Mai 2016 auf drei Haushaltsmitglieder aufzuteilen gewesen. Nach der Beweisaufnahme sei das Gericht davon überzeugt, dass
der Sohn der Klägerin zum 1. Februar 2012 wieder in die Wohnung der Eltern in der B. eingezogen sei und dort jedenfalls bis
einschließlich Juli 2017 seine Wohnung bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Er habe sich dort zum 1. Februar 2012
mit alleiniger Wohnung angemeldet, einen Haustürschlüssel und auch einen Schlüssel für den Briefkasten besessen. Unter der
Anschrift habe er sein Gewerbe angemeldet und betrieben sowie seine Post erhalten. In der Folgezeit bis jedenfalls Juli 2017
sei der Sohn der Klägerin aus der elterlichen Wohnung nicht ausgezogen oder habe in anderer Weise die Möglichkeit aufgegeben,
die elterliche Wohnung dauerhaft mit zu nutzen. Er habe keinen anderweitigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
Soweit er nach seinen Angaben gelegentlich an anderen Orten, wie beispielsweise bei seiner damaligen Freundin, im Sommer im
Schrebergarten oder auch bei Freunden übernachtet habe, gebe es keine Hinweise darauf, dass er bei seinen Eltern ausgezogen
wäre, die Nutzung dieser Wohnung aufgegeben hätte. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er bei der damaligen oder bei seiner
späteren Freundin bis zur Anmietung einer gemeinsamen Wohnung eingezogen wäre. Er selbst habe vielmehr erklärt, dass er zu
der Zeit eigentlich keinen festen Platz gehabt habe, sondern aus der Tasche gelebt habe, also gerade nicht an einem anderen
Ort eingezogen sei. Zu dieser Überzeugung sei das Gericht auf Grund der Meldedaten, Gewerbeanmeldung sowie den Aussagen der
Zeugen gekommen. Danach habe sich der Sohn der Klägerin unmittelbar von der Wohnung bei seiner Großmutter in der B1 unter
der Anschrift seiner Eltern mit alleinigem Wohnsitz umgemeldet. Seine Aussage, dass er zunächst mit der Großmutter in den
B2 gezogen sei, halte das Gericht für nicht glaubhaft. Der Sohn der Klägerin selbst nehme hiervon Abstand, indem er nur kurz
dort gewohnt haben wolle, jedenfalls nicht mehr, seit sie krank gewesen sei – die Großmutter habe nur wenige Monate im B2
gelebt – und auch dort nur mal übernachtet haben wolle, wenn er sonst nicht gewusst habe, wohin er gehen solle. Er selbst
habe nach eigenen Angaben dort keine Wohnung begründet, in dem er beispielweise mit persönlichen Einrichtungsgegenständen
eingezogen sei. Gegen einen Einzug in die Wohnung B2 spreche zudem, dass es ein Leichtes gewesen wäre, sich unter der Anschrift
B2 statt der Anschrift B. umzumelden, wenn der Sohn der Klägerin tatsächlich dort hätte seinen Wohnsitz begründen wollen.
Das Gericht schließe aus, dass er sich in der Folgezeit lediglich zu Besuch bei seinen Eltern aufgehalten habe. Vielmehr habe
er seinen Gewerbebetrieb in der B. verfestigt, in dem er über seinen Vater weitere Parkplätze angemietet habe, um die Fahrzeuge
seines Gewerbes dort abstellen zu können. Darüber hinaus sei kein plausibler Grund dargelegt worden, warum er das Gewerbe
nicht unter seiner tatsächlichen Wohnanschrift hätte anmelden können, wenn er einen anderen Wohnsitz gehabt hätte. Der Sohn
der Klägerin habe sich zudem in der B. regelmäßig aufgehalten. So sei er dort anlässlich eines Vollstreckungsversuch des Finanzamtes
am 26. Januar 2016 persönlich angetroffen worden. Des Weiteren ergebe sich dies aus den Zeugenaussagen der Zeugen S.J. sowie
J.J. und M.S.. Der Zeuge S.J. habe in sich schlüssig und überzeugend dargelegt, dass er den Sohn der Klägerin „eigentlich
täglich“ gesehen habe, nämlich morgens auf dem Weg zur Arbeit und häufig auch abends persönlich oder jedenfalls sein Auto
vor dem Haus habe parken gesehen. Die Glaubwürdigkeit seiner Aussage werde dadurch gestützt, dass er sich an zahlreiche Details
habe erinnern können und sich auch nicht habe verunsichern lassen. Nach dem Eindruck des Gerichts habe der Zeuge S.J. seine
Erinnerungen nach bestem Wissen und ohne eigene Interessen am Ausgang des Verfahrens dargelegt. Hierfür spreche auch, dass
er nicht verschwiegen habe, dass er den Sohn der Klägerin eine gewisse Zeit nicht gesehen habe, nachdem die Tochter der Klägerin
aus der Wohnung ausgezogen sei. Der regelmäßige Aufenthalt des Sohnes der Klägerin in der B. sei ebenfalls von der Zeugin
J.J. und dem Zeugen M.S. glaubhaft bestätigt worden, auch wenn diese ihn nur etwa ein- bis zweimal die Woche in der B. gesehen
haben wollten. Die Überzeugung des Gerichts, dass der Sohn der Klägerin sich regelmäßig in der Wohnung B. aufgehalten habe,
sei nicht durch die Aussagen der weiteren Zeugen erschüttert worden. So habe die Zeugin I.S. aus ihrer Erinnerung keine näheren
Angaben zu Zeit und Umfang von Aufenthalten des Sohnes der Klägerin in der B. machen können. Dies gelte ebenso für die Zeugen
O.K. und A.K., wobei es allerdings überrasche, aber letztlich nicht auszuschließen sei, dass sie den Sohn der Klägerin nicht
gekannt haben wollten. Hingegen werte das Gericht die Aussage der Zeugin H.K., dass sie den Sohn der Klägerin manchmal am
Wochenende, wenn er seine Eltern besucht habe, aber werktags nie gesehen habe, als Gefälligkeitsäußerung, die in sich widersprüchlich
und unglaubhaft sei. Die Zeugin widerspreche sich selbst, wenn sie einerseits erst 2018 anlässlich einer Paketentgegennahme
entdeckt haben wolle, welche Person der Sohn der Klägerin sei und dass es sich bei ihm um den Sohn ihrer Nachbarn handele,
andererseits aber bekundet habe, dass dieser im Zeitraum 2012 bis 2017 manchmal am Wochenende, aber nie werktags ihre Nachbarn
besucht habe. Auch halte das Gericht die Aussage des Sohnes der Klägerin zu seinen Arbeitszeiten für nicht glaubhaft. Unabhängig
davon, dass ein Arbeitsbeginn um 9.30 Uhr für Kurierfahrten sehr ungewöhnlich sei, sei ihm mit seinen Angaben zum Beginn und
Ende seiner Arbeitszeit erkennbar daran gelegen gewesen, die Aussage des Zeugen S.J., deren Inhalt er gekannt habe, zu erschüttern.
Anders als der Zeuge S.J. habe der Sohn der Klägerin ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens. Darüber hinaus habe
die Zeugin J.J. den Sohn der Klägerin oder dessen Fahrzeug am späten Nachmittag gesehen, was ein Indiz gegen einen so späten
Arbeitsbeginn um 9.30 und vor allem ein Indiz gegen ein Arbeitsende erst gegen 21.00/22.00 Uhr sei.
Die Wohnung B. sei danach seit Februar 2012 bis April 2016 neben der Klägerin, ihrem Ehemann und ihrer Tochter auch von dem
Sohn der Klägerin mit bewohnt worden und seit Mai 2016, nach dem Auszug der Tochter, weiterhin von den verbleibenden drei
Personen. Die Kosten der Unterkunft für die B. seien somit auf vier Personen bzw. nach dem Auszug der Tochter auf drei Personen
zu verteilen. Dabei komme es nicht darauf an, dass der Sohn der Klägerin nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörte. Der Beklagte
sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Bedarf für Unterkunft und Heizung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsprechend
niedriger gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass der Bedarf für Unterkunftskosten im Streitzeitraum mit den angefochtenen
Bescheiden rechnerisch fehlerhaft ermittelt worden ist, bestünden nicht und seien von der Klägerin auch nicht geltend gemacht
worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die nunmehr vom Beklagten vorgenommene Berechnung der Unterkunftskosten auch
nicht ab April 2017 rechtswidrig, weil ihr Sohn seit diesem Zeitpunkt unstreitig mit in der Wohnung gewohnt und möglicherweise
einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II gehabt habe. Dieser Auffassung stehe der Individualisierungsgrundsatz des SGB II entgegen, wonach der Anspruch auf existenzsichernde Leistungen höchstpersönlicher Natur sei und nicht übertragen werden könne.
Die Leistungsbescheide blieben insoweit rechtswidrig, weil für den Zeitraum ab April 2017 der Klägerin zu hohe Kosten der
Unterkunft bewilligt worden seien. Ob der Sohn der Klägerin ggfs. einen Anspruch auf (höhere) Leistungen nach dem SGB II gehabt hätte, sei in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X), denn sie sei verpflichtet gewesen, dem Beklagten die leistungserheblichen Tatsachen mitzuteilen, insbesondere auch, welche
weiteren Personen in dem Haushalt lebten und welche davon zu der Bedarfsgemeinschaft gehörten. Die Kläger habe diese Mitteilung
zumindest grob fahrlässig unterlassen, in dem sie nicht mitteilte, dass auch ihr Sohn im Februar 2012 wieder in der elterlichen
Wohnung wohnte. Im Übrigen hätte die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligungen anhand der Leistungsberechnungen
ohne weiteres erkennen können. Denn aus der Bedarfsberechnung sei leicht ersichtlich, dass die Kosten der Unterkunft auf drei
bzw. zwei Personen verteilt waren, obwohl der Klägerin bekannt gewesen sei, dass eine weitere Person im Streitzeitraum im
Haushalt lebte und ihr nur anteilig, nämlich zu einem Viertel bzw. einem Drittel ein tatsächlicher Bedarf für Kosten der Unterkunft
zustand. Die 10-Jahres-Frist des § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X sei eingehalten. Nach § 50 Abs. 1 SGB X sei auch die Erstattungsforderung rechtmäßig.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 25. November 2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Dezember 2020 Berufung
eingelegt. Sie macht geltend, dass sie keinen durchsetzbaren Anspruch gegen ihren Sohn auf Beteiligung an den Wohnungskosten
habe. Ihr Sohn habe auch gar nicht in der Wohnung der Klägerin mitgewohnt, sondern bis Anfang 2014 bei seiner damaligen Freundin,
dann an wechselnden Orten, oft im Schrebergarten oder bei seinen Eltern übernachtet und ab 2016 bei seiner späteren Freundin.
Die Zeugenaussagen vor Gericht belegten nichts anderes. Schließlich habe jedenfalls keine Haushaltsgemeinschaft bestanden.
Die Klägerin hat sich auf eine erneute Vernehmung ihres Sohnes gestützt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Oktober 2020 sowie die Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 1. August 2017
in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 6. Dezember 2017 und 12. Dezember 2017 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Anfrage des Senats haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden
erklärt. Der Senat hat den Zeugen S.J. erneut vernommen; der Sohn der Klägerin hat sich schriftlich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht
berufen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte,
der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie des staatsanwaltschaftlichen Vorgangs verwiesen, die bei der Entscheidung
vorgelegen haben.