Tatbestand
Die Beteiligten streiten in einem Erstattungsverfahren über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles.
Die Klägerin ist der zuständige Unfallversicherungsträger, die Beklagte der zuständige Krankenversicherungsträger für die
1939 geborene S. (im Folgenden: Verletzte). Die Verletzte war in der Pfarrkirchengemeinde M. in Kaufering stundenweise als
Aushilfsmesnerin beschäftigt, so auch am 5. Mai 2017. Ausweislich der Unfallanzeige vom 9. Mai 2017 wurde die Versicherte
am 5. Mai 2017 gegen 8.25 Uhr von der Pfarrsekretärin auf dem Boden sitzend neben dem Sakramentsaltar in der Pfarrkirche M.
aufgefunden. Die Pfarrsekretärin erklärte später gegenüber der Beklagten, es habe von 7.30 Uhr bis 8.00 Uhr eine Gebetsstunde
gegeben, an deren Schluss eine Kollekte gesammelt worden sei. Um deren Höhe zu erfragen, habe sie die in der Kirche tätige
Verletzte aufsuchen wollen. Sie habe diese dann auf dem Boden sitzend, rechts neben dem rechten, mit einer Stufe versehenen
Seitenaltar vorgefunden, die Brille auf dem Kopf. Neben ihr habe ein Eimer (leer) und ein (trockener) Wischmob gestanden,
im Übrigen aber weder eine Leiter noch ein Stuhl.
Die Verletzte war bei Bewusstsein, schien jedoch ein wenig verwirrt. Sie konnte nicht aufstehen, es wurde vorsorglich ein
Rettungsdienst benachrichtigt, der nach ca. 10 Minuten eintraf. Nach dem Durchgangsarztbericht der berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik M1 wurden festgestellt: ein traumatisches Subduralhämatom, eine traumatische subarachnoidale Blutung, eine Kalottenfraktur.
Es erfolgte eine notfallmäßige operative Versorgung.
Am 6. Juli 2017 teilte die Neurochirurgin Dr. W. der Beklagten telefonisch mit, die Gehirnblutung sei zweifelsohne traumatischer
Genese, vermutlich durch einen Sturz; eine innere Ursache habe nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 21. September 2017 und Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2018 lehnte die Klägerin die Anerkennung des Ereignisses
als Arbeitsunfall gegenüber der Verletzten ab. Zur Begründung führte sie aus, die Verletzte sei am 5. Mai 2017 auf dem Boden
liegend gefunden worden. Es sei vermutet worden, dass sie als angestellte Mesnerin beim Putzen der Kirche gestürzt sei und
sich dabei einen Schädelbruch zugezogen habe. An den Hergang des Sturzes könne sich die Verletzte nicht mehr erinnern. Sie
sei neben dem Altar sitzend aufgefunden worden, ein Wischmopp habe neben ihr gelegen. Besondere Betriebsgefahren wie Leitern
oder Stufen seien nicht vorhanden gewesen. Es habe nicht abschließend geklärt werden können, wie es zu der Verletzung gekommen
sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Unfall sowohl objektiv als auch rechtlich wesentlich verursacht haben.
Wenn nicht festzustellen sei, welches Geschehen dem Aufprall unmittelbar vorausgegangen sei, welches also letztlich die Gefahr
gewesen sei, die zu dem Sturz geführt habe (Ausrutschen, Stolpern, Schwindelanfall usw.), sei nicht gesichert, dass sich durch
den Sturz ein Risiko verwirklicht habe, das sich aus der versicherten Tätigkeit ergeben habe. Entscheidend sei die konkrete
wahrnehmbare Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis. Wenn nicht feststellbar sei, was zuletzt vor dem Sturz gemacht
worden sei, sei eine Arbeitsunfallanerkennung nicht möglich. Das BSG fordere den Nachweis, welches konkrete Ereignis zu einem Sturz geführt habe. Dieser sei hier nicht möglich. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten
stünden nicht zur Verfügung. Somit liege ein Arbeitsunfall nicht vor. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch unter Wahrung der Ausschlussfrist des § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bei der Beklagten an. Mit Schreiben vom 13. August 2018 lehnte die Beklagte das Erstattungsbegehren ab.
Mit ihrer am 25. Januar 2019 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Erstattungsbegehren in Höhe von 176.016,66 € weiterverfolgt.
Zur Begründung hat die Klägerin insbesondere ausgeführt, dass die Verletzte sich an den Unfall selbst nicht erinnern könne
und nicht mehr feststellbar sei, was sie zum Zeitpunkt des wahrscheinlichen Sturzes genau gemacht habe, sodass nicht mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geklärt werden könne, wie es zu der Verletzung gekommen sei. Zeugen habe es nicht
gegeben, eine besonders gefährliche Beschaffenheit des Arbeitsplatzes an der Entstehung oder der Art und Schwere der Verletzung
bestehe nicht. Die Klägerin hat sich des Weiteren auf die Bindungswirkung der bestandskräftigen ablehnenden Entscheidungen
gegenüber der Verletzten berufen. Diese entfaltete entsprechende Bindungswirkung gegenüber der Beklagten. Die Ablehnung sei
nicht offensichtlich fehlerhaft, so dass die Beklagte die Entscheidung der Klägerin gegenüber der Versicherten beachten müsse.
Die Beklagte hat Widerklage in Höhe von 48,57 € erhoben und geltend gemacht, in dieser Höhe habe sie als unzuständiger Träger
Leistungen erbracht. Aus den Umständen ergebe sich ohne Weiteres, dass die Versicherte in der Kirche zum Zeitpunkt des Unfalls
ihrer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Verunglücke ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz,
an welchem er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet habe, so entfalle der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung und
der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz nur, wenn feststehe und bewiesen sei, dass die versicherte Tätigkeit
zum Unfallzeitpunkt zugunsten einer eigenwirtschaftlichen Verrichtung unterbrochen worden sei.
Mit Urteil vom 23. Oktober 2020 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klägerin verurteilt,
48,57 € an die Beklagte zu zahlen. Zur Begründung ist ausgeführt, Anspruchsgrundlage für den jeweiligen Erstattungsanspruch
der Klägerin und der Beklagten als Widerklägerin sei § 105 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Habe danach ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vorlägen, so sei der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits
selbst geleistet habe, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt habe.
Die Beklagte sei als Widerklägerin unzuständiger Leistungsträger für die ihr entstandenen Kosten, denn die Verletzte habe
am 5. Mai 2017 einen Arbeitsunfall erlitten.
Aus §
8 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII) folge, dass eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das „infolge“, also unter anderem nach dieser
Verrichtung eingetreten sein müsse, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben müsse. Diese (versicherte)
Verrichtung müsse ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) objektiv und rechtlich
wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung müsse ihrerseits einen Gesundheitserstschaden
oder den Tod des Versicherten objektiv (1. Kausalitätsstufe) und rechtlich wesentlich (2. Kausalitätsstufe) verursacht haben
(haftungsbegründende Kausalität). Die versicherte Tätigkeit und die zum Unfall führende Tätigkeit – die Verrichtung zur Zeit
des Unfallereignisses – müssten im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen.
Für die Kammer stehe bei dem ermittelten Sachverhalt fest, dass das Unfallereignis infolge der versicherten Tätigkeit eingetreten
sei. Zwar gebe es für das Unfallereignis weder Zeugen, noch eine eigene Erinnerung der Verletzten an das konkrete Sturzereignis,
die das Unfallgeschehen im tatsächlichen Ablauf hätten dokumentieren können, jedoch ergebe sich aus den nachgewiesenen (Indiz-)Tatsachen,
dass unmittelbar neben der Verletzten die Reinigungsutensilien (Wischmopp und Eimer) gefunden worden seien und sie den konkreten
- arbeitsvertraglichen - Auftrag zur Reinigung der Kirche im Unfallbereich, nach dem morgendlichen Gebet, gehabt habe. Eine
versicherte Tätigkeit liege demnach im Vollbeweis vor. Andere Unfallursachen seien gerade nicht nachgewiesen und mithin nicht
- konkurrierend - zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die Grundsätze bei der Beweiswürdigung (Beweiserleichterung) in den Fällen, in
denen ein Versicherter am konkreten Arbeitsplatz unter ungeklärten Umständen verunglücke, weiterhin anzuwenden. Es komme weiterhin
auf die konkrete Handlungstendenz des Verunglückten zum Zeitpunkt des Unfallereignisses an. Danach ergebe sich für die Beschäftigtenunfallversicherung:
Wenn ein Beschäftigter allein an einem Ort verunglücke, an dem er bis zum Unfallereignis eine versicherte Tätigkeit verrichtet
habe, spreche grundsätzlich alles dafür, dass auch im Unfallzeitpunkt seine Handlungstendenz auf die versicherte Tätigkeit
gerichtet gewesen sei. Insoweit sei es Sache der Klägerin, den Beweis zu führen, dass die Verletzte zum Unfallzeitpunkt die
versicherte Tätigkeit durch eine andere - eigenwirtschaftliche - Verrichtung unterbrochen habe, bzw. vorliegend, dass sich
tatsächlich eine mögliche innere Ursache (Schwindel etc.) realisiert habe.
Die Grundsätze der „Beweiserleichterungen“ seien weiter anzuwenden, denn die Verletzte habe den räumlichen Bereich ihrer versicherten
Tätigkeit nicht verlassen. Sie sei von der Sekretärin der Pfarrgemeinde unmittelbar in ihrem Arbeitsbereich mit den Arbeitsutensilien
zum Reinigen verletzt aufgefunden worden. Für die Kammer bestehe kein ernster Zweifel daran, dass sie eine versicherte Tätigkeit
verrichtet habe und infolge dieser gestürzt sei und sich dadurch die schwere Schädelverletzung zugezogen habe. Der Nachweis
einer unversicherten Ursache sei durch die Klägerin nicht erbracht und auch für die Kammer sei eine solche unversicherte eigenwirtschaftliche
(innere?) Ursache nicht ersichtlich bzw. feststellbar.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sei keine Änderung in der Rechtsprechung des BSG in der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14 R) eingetreten. Diese sei zur Wegeunfallversicherung ergangen und sei nicht auf die Beschäftigtenunfallversicherung übertragbar.
Insoweit verkenne die Klägerin den konkreten Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung bei Beschäftigten. Die gesetzliche
Unfallversicherung sei gerade für Beschäftigte begründet und eingeführt worden, damit diese insbesondere vor Gefahren am Arbeitsplatz
– aus/bei der versicherten Tätigkeit – geschützt seien. Insoweit unterschieden sich die Schutzbereiche der Wegeunfallversicherung
und der Beschäftigtenunfallversicherung in wesentlichen Punkten. Folge man der Auffassung der Klägerin, so wäre jeder Beschäftigte,
der bei seiner versicherten Tätigkeit alleine tätig sei, einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wenn es keine Zeugen für ein Unfallereignis
gebe und sich der Versicherte selbst nicht mehr an den konkreten Unfallhergang erinnere, was gerade bei schweren Schädel-Hirn-Verletzungen
zum Verlust des Versicherungsschutzes führen und dem Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung widersprechen würde. Ein allein
tätiger Beschäftigter müsste dann den Nachweis führen, unter welchen konkreten Umständen er an seinem Arbeitsplatz verunfallt
sei, dass sich ggf. eine Betriebsgefahr realisiert habe oder dass gegebenenfalls ein Verschulden des Arbeitgebers vorgelegen
habe, obwohl er hierzu – verletzungsbedingt – nicht in der Lage sein könne. Dies widerspreche dem Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung.
In der Wegeunfallversicherung sei dies anders, dort müsse eine konkrete Wegegefahr festgestellt werden, damit der Versicherungsschutz
und ein Arbeitsunfall – als Wegeunfall – positiv festgestellt werden könne.
Einen „Betriebsbann“ gebe es dennoch, außer in der Seeschifffahrt (vgl. §
10 SGB VII), in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Ein solcher Betriebsbann liege aber auch nur vor, wenn man es genügen lasse,
dass sich ein Versicherter bloß im Betrieb aufhalte und dann auch jede eigenwirtschaftliche Handlung im Betrieb unter Versicherungsschutz
stehe. Grundsätzlich sei der bloße Aufenthalt im Betrieb gerade nicht versichert. Bei einem Unfall aus ungeklärter Ursache
am konkreten Arbeitsplatz eines Beschäftigten seien diese Grundsätze zum sogenannten Betriebsbann rechtlich der falsche Ansatz.
Insoweit sei in der Beschäftigtenversicherung maßgeblich, dass die Tätigkeit des Versicherten zumindest eine objektiv beobachtbare
Verrichtung sei, die dazu ansetze und darauf gerichtet sei, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem
Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Dazu sei es regelmäßig erforderlich, dass der Beschäftigte sich zumindest am Arbeitsplatz
aufgehalten habe, um die Handlungstendenz der versicherten Tätigkeit bestimmen zu können. In solchen Fällen sprächen dann
die objektiven Umstände dafür, dass der Versicherte infolge seiner versicherten Tätigkeit und mit der entsprechenden Handlungstendenz
ein Unfallereignis erlitten habe. Dies sei ein wesentlicher Schutzzweck und die Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung,
solche Unfälle zu entschädigen. Hierbei spiele es keine Rolle, ob der Versicherte aus Ungeschicklichkeit oder aus Versehen
über eine Stufe oder über die eigenen Füße stolpere. Ein Arbeitsunfall liege nur dann nicht vor, wenn eine eigenwirtschaftliche
Tätigkeit oder unversicherte Ursachen, wie beispielsweise die konkrete Realisierung einer inneren Ursache, als Tatsache nachgewiesen
sei. Hierfür trage der Unfallversicherungsträger die Nachweispflicht.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 29. Oktober 2020 zugestellte Urteil am 11. November 2020 Berufung eingelegt, mit welcher
sie vorträgt, das BSG habe seine bisherige Rechtsprechung insofern eingeschränkt, als dass es nunmehr explizit in den Blick nehme, ob sich durch
das versicherte Handeln konkret ein Risiko verwirklicht habe, gegen welches der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade
Schutz gewähren solle. Eine Rechtsvermutung dafür, dass die versicherte Verrichtung wegen ihrer objektiven Mitverursachung
auch rechtlich wesentlich gewesen sei, bestehe nicht. Die Klägerin ist der Auffassung, aus der Entscheidung des BSG zur Wegeversicherung vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14 R) ergebe sich, dass sich die Nichterweislichkeit konkreter äußerer Einwirkungen bzw. die Verwirklichung äußerer Risiken wie
zum Beispiel das Stolpern oder Ausrutschen beim Gehen oder ein Zusammenstoß mit Gegenständen oder anderen Personen zu Lasten
des Versicherten auswirke. Es bestehe keine Vermutungswirkung, dass bei Verrichtung einer versicherten Tätigkeit unmittelbar
vor dem Unfallereignis der Unfall objektiv und rechtlich wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sei.
Dies gelte nicht nur für die Wegeversicherung, sondern auch für die Beschäftigtenversicherung. Ansonsten wären Dienstwege
nach §
8 Abs.
1 SGB VII anders versichert als Wegeunfälle nach §
8 Abs.
2 SGB VII, was nicht begründbar sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Oktober 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den gemäß § 105 Abs. 2 SGB X erstattungsfähigen Teil der Aufwendungen, die aus Anlass des Ereignisses vom 5. Mai 2017 für die Behandlung usw. der S. entstanden
sind, zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und ist der Auffassung, die von der Klägerin für ihre Rechtsauffassung
in Anspruch genommene Rechtsprechung sei sämtlich zur Wegeunfallversicherung ergangen und auf die Beschäftigtenversicherung
nicht übertragbar. Verunglücke ein Versicherter aus ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt betriebliche
Arbeit verrichtet habe, so entfalle der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung des Versicherten zum Zeitpunkt des Unfallereignisses
und der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz nur dann, wenn feststehe und bewiesen werde, dass der Versicherte
die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen habe. Die Regelung zur Wegeunfallversicherung
nach §
8 Abs.
2 SGB VII stelle eine Ausnahmeregelung dar, welche nach Rechtsprechung des BSG eng auszulegen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen, die dem
Senat vorgelegen haben und Grundlage der Entscheidung gewesen sind.
Selbst wenn man aber weitergehend forderte, es müsse nach allgemeinen Grundsätzen festgestellt werden können, dass die konkrete
Verrichtung, also das objektiv beobachtbare Handeln subjektiv – zumindest auch – auf die Erfüllung des Tatbestands der versicherten
Tätigkeit ausgerichtet gewesen sei (vgl. BSG vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R, juris und vom 26. Juni 2014 – B 2 U 4/13 R, juris), so ergibt sich im vorliegenden Fall nichts Anderes. Zwar müsste sich dann die subjektive Handlungstendenz als innere
Tatsache im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung), so wie es objektiv beobachtbar ist, widerspiegeln (vgl. BSG vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R, juris Rn. 14). Ein solcher innere Zusammenhang mit den am Unfalltag von der Versicherten ausgeübten Tätigkeiten ergibt sich
hier aber daraus, dass die Versicherte zu der Zeit, zu der sie ihre Tätigkeit verrichten sollte, an dem Ort, an dem sie sie
verrichten sollte, mit dem Arbeitsmaterial, welches sie für die Verrichtung dieser Tätigkeit benötigte, aufgefunden wurde.
Der Seitenaltar, an welchem sich die Versicherte befand, ist zudem, entgegen der Angaben in den der Versicherten erteilten
Bescheiden, mit einer Stufe versehen, an deren Fuß sich die Versicherte bei ihrem Auffinden befand. Letztlich ist es aber
nicht entscheidend, ob die Versicherte über diese Stufe gestolpert bzw. sie hinuntergefallen ist oder ob sie anderweitig zu
Fall kam. Fest steht zur Überzeugung des Senats, dass die Versicherte sich an diesem Ort in Ausübung versicherter Tätigkeit
eine traumatische Schädelverletzung zuzog, ohne dass – wie sich aus der Angabe der Neurochirurgin Dr. W. ergibt – eine innere
Ursache (Herzinfarkt, Schlaganfall) für den Sturz feststellbar wäre.
Dem steht die Entscheidung des BSG vom 17. Dezember 2015 (B 2 U 8/14, juris) nicht entgegen. In dem genannten Fall war schon nicht eindeutig zu klären, ob sich der Kläger überhaupt auf dem versicherten
Weg zur Universität befand. Dass das bloße Stehen auf einem Bahnsteig, auf welchem auch Züge zur Universität abfahren, nicht
dem Schutz der Wegeunfallversicherung zu unterstellen ist, hat für den vorliegenden Fall keine Auswirkungen. Zudem war in
dem dortigen Fall auch ungeklärt, ob nicht eine innere Ursache für den Sturz verantwortlich war, während dies im vorliegenden
Fall von der behandelnden Neurochirurgin gerade verneint wurde. Eine solche innere Ursache lag danach zur Überzeugung des
Senats im Falle der Versicherten nicht vor.
Nicht auszuschließen ist allerdings, dass die zum Zeitpunkt des Ereignisses 78jährige Versicherte infolge altersbedingter
Unsicherheiten gestürzt ist. Wenn man insoweit allerdings überhaupt eine „inneren Ursache“ annehmen wollte und nicht davon
ausginge, die Versicherte sei so versichert „wie sie ist“, wäre hierfür die Beklagte beweispflichtig. Denn die für die Annahme
eines Arbeitsunfalls erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis
ist stets gegeben, wenn außer dem kausalen Anknüpfungspunkt keine anderen Tatsachen festgestellt sind, die als Konkurrenzursachen
wirksam geworden sein könnten. Kann eine in Betracht zu ziehende Konkurrenzursache in ihrer Grundvoraussetzung nicht festgestellt
werden, scheidet sie bereits im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache aus (BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 – 2 RU 31/90, juris).