Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe für Zeiten der auswärtigen Unterbringung während eines Berufsschulunterrichts
Begriff der Ausbildungsstätte
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für den Zeitraum vom 11. September 2013 bis zum
30. April 2014 für die Zeiten der auswärtigen Unterbringung während des Berufsschulunterrichts hat.
Die am ... Februar 1996 geborene Klägerin begann am 1. September 2013 eine Berufsausbildung zur Friseurin im „L. C.“ in D-Stadt.
Zu dieser Zeit wohnte sie bei ihrer Mutter in D-Stadt, der Vater war ebenfalls in D-Stadt wohnhaft. Der Berufsschulunterricht
fand donnerstags und freitags an einer Berufsschule in A-Stadt statt.
In ihrem Antrag vom 24. Mai 2013 auf Bewilligung von BAB ab dem 1. September 2013 gab die Klägerin an, dass ihr für die Fahrten
zur Berufsschule ca. 200,00 € monatlich entstünden. Die Bruttoausbildungsvergütung betrage im ersten Ausbildungsjahr 158,50
€ monatlich und im zweiten Ausbildungsjahr 214,74 € monatlich. Die Mutter der Klägerin bezog im Jahr 2011 Leistungen nach
dem SGB II, der Vater hatte ein Bruttoarbeitseinkommen in Höhe von 15.175 €.
Den Antrag auf BAB lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. September 2013 ab, weil die persönlichen Voraussetzungen nach §
60 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) nicht erfüllt seien, da die Klägerin nicht außerhalb des elterlichen Haushaltes wohne.
Hiergegen erhob die Klägerin am 3. September 2013 Widerspruch und führte zur Begründung aus, sie sei auf die BAB angewiesen,
da sie die zweimal wöchentlich anfallenden Fahrtkosten für den Besuch der Berufsschule in A-Stadt von ihrer Ausbildungsvergütung
nicht bezahlen könne, so dass ihr der Abbruch der Ausbildung drohe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Nach §
60 Abs.
1 SGB III werde der Auszubildende bei einer Berufsausbildung nur gefördert, wenn er außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils
wohne und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen
könne. Die Klägerin wohne während der Ausbildung weiterhin im Haushalt der Eltern in D-Stadt und könne die Ausbildungsstätte
in D-Stadt in angemessener Zeit erreichen. Der Förderausschluss gelte auch, wenn für einzelne Ausbildungsmaßnahmen außerhalb
der üblichen Ausbildungsstätte zeitweise eine Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts der Eltern erforderlich
werde. Nach §
65 Abs.
2 SGB III sei eine Förderung allein für Zeiten des Berufsschulunterrichts in Blockform ausgeschlossen.
Unter dem 13. September 2013 reichte die Klägerin einen Mietvertrag vom 6. September 2013 über die Anmietung eines Einzelzimmers
in A-Stadt, H.-J.-Str. 8 für die Zeit vom 11. September 2011 (gemeint: 2013) bis 31. August 2014 zu einem Mietzins von 75,00
€ wöchentlich bei der Beklagten ein. Die Klägerin teilte hierzu mit, dass sie wegen der Zugverbindung nicht pünktlich zur
Berufsschule komme, sodass sie sich eine Unterkunft in A-Stadt habe suchen müssen.
Mit ihrer am 14. Oktober 2013 vor dem Sozialgericht Neubrandenburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass die Anspruchsvoraussetzungen für eine Bewilligung von BAB
gegeben seien, da sie für die Zeiten des Berufsschulunterrichts in A-Stadt auch dort untergebracht sein müsse. Sie könne die
Berufsschule vom Wohnort ... aus nicht in angemessener Zeit, also am selben Tag mit dem Zug pünktlich erreichen, weshalb sie
an den Tagen der Berufsschule außerhalb der Wohnung der Mutter wohne.
Zum 1. Mai 2014 ist die Klägerin nach A-Stadt verzogen und hat dort die Ausbildung in einem anderen Friseursalon fortgesetzt,
woraufhin ihr die Beklagte ab dem 1. Mai 2014 BAB bewilligt hat.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2013 aufzuheben und
die Beklagte zu verpflichten, ihr Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. September 2013 bis zum 30. April 2014 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat mit Urteil vom 30. März 2016 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Regelung in §
60 Abs.
1 SGB III verwiesen. Die Klägerin habe bis April 2014 nicht außerhalb der Wohnung der Eltern bzw. eines Elternteils gewohnt, sondern
im Haushalt ihrer Mutter in .... An diesem Ort habe sich auch ihr Ausbildungsbetrieb befunden. Für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen
könne nicht einerseits auf Zeiten in der betrieblichen Ausbildungsstätte (D-Stadt) und andererseits auf Zeiten in der Berufsschule
(A-Stadt) als Ausbildungsstätte für den theoretischen Teil der Ausbildung abgestellt werden, da unter der Ausbildungsstätte
im Sinne des §
60 SGB III allein der Betrieb zu verstehen sei, in dem die Berufsausbildung durchgeführt werde. Kosten für Fahrten zur Berufsschule
könnten zwar nach §
56 Abs.
1 Nr.
3 und §
63 Abs.
1 SGB III als Bedarf des Auszubildenden berücksichtigt werden, jedoch nur dann, wenn eine grundsätzliche Förderfähigkeit des Auszubildenden
gemäß §
60 SGB III bestehe.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach §
65 Abs.
2 SGB III eine Förderung allein für Zeiten des Berufsschulunterrichts in Blockform ausgeschlossen werde. Diese Regelung lasse nicht
den Umkehrschluss zu, dass eine Förderung des turnusmäßigen, z. B. einmal wöchentlichen Berufsschulbesuchs (also ohne blockweisen
Unterricht) immer erfolgen müsse. Maßgebliche Voraussetzung sei stets zunächst eine grundsätzliche Förderfähigkeit nach §
60 SGB III.
Gegen das am 27. April 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Mai 2016 Berufung eingelegt und im Wesentlichen die
Begründung aus dem Klageverfahren wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 30. März 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2013 in Gestalt
des Widerspruchs-bescheides vom 11. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Berufsausbildungsbeihilfe
für die Zeit vom 11. September 2013 bis zum 30. April 2014 für die Zeiten der auswärtigen Unterbringung während des Berufsschulunterrichts
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Bezugnahme auf die ihres Erachtens überzeugenden Ausführungen des erst-instanzlichen Urteils führt sie ergänzend aus,
dass schon 2 Tage Berufsschulunterricht einen Block darstellten, weshalb eine Förderung nach § 65 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen sei. Zudem sei ausweislich einer (Anfang 2017 eingeholten) DB-Auskunft eine Bahnverbindung von D-Stadt nach
A-Stadt mit einer Abfahrtszeit um 6:16 Uhr bei einer Ankunftszeit um 7:35 Uhr vorhanden, sodass sich die Frage der Zumutbarkeit
des Pendelns stelle.
Zudem verweist die Beklagte auf die Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Berufsschülerinnen
und Berufsschüler bei notwendiger auswärtiger Unterkunft vom 24. Januar 2013, durch die den betroffenen Personenkreisen in
sozialen Härtefällen Rechnung getragen werden solle. Durch die Richtlinie komme insbesondere die kompetenzrechtliche Zuordnung
des Berufsschulunterrichts zum Aufgabenkreis der Länder zum Ausdruck. Nach §
22 Abs.
1 iVm §
3 Abs.
3 Nr.
2 SGB III dürften Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nicht erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder öffentlich-rechtliche
Stellen zur Leistungserbringung verpflichtet seien.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. März 2022
ergänzend befragt. Diese hat angegeben, dass im ersten Jahr ihrer Ausbildung der Berufsschulunterricht morgens um 7:00 Uhr
begonnen habe. Für das Zimmer in der D-Straße 8 habe sie die zwei Übernachtungen (Anreise Mittwochabend auf Donnerstag, Abreise
Freitagmittag nach der Berufsschule) einzeln bezahlen können, wobei pro Übernachtung 30,00 Euro berechnet worden seien, sodass
mit Ausnahme der Schulferien wöchentliche Wohnkosten in Höhe von 60,00 Euro angefallen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten,
die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 30. März 2016 zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten
vom 2. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin
in ihren Rechten, §
54 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Die Klägerin hat Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 11. September 2013 bis zum 30. April 2014 für
die Zeiten der auswärtigen Unterbringung während des Berufsschul-unterrichts.
Gemäß §
56 Abs.
1 SGB III (i.d.F. vom 20. Dezember 2011) haben Auszubildende Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung,
wenn
1. die Berufsausbildung förderungsfähig ist,
2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt
sind und
3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen
(Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Bei der Ausbildung der Klägerin zur Friseurin handelte es sich um eine gemäß §
57 Abs.
1 SGB III (in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011) förderfähige Ausbildung in einem nach dem Berufsbildungsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, die betrieblich durchgeführt wurde und für die der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag
abgeschlossen worden ist. Es handelt sich auch um eine erstmalige Ausbildung, §
57 Abs.
2 Satz 2
SGB III.
Die Klägerin gehörte als Deutsche zum förderungsfähigen Personenkreis, §
59 Abs.
1 SGB III (i.d.F. vom 20. Dezember 2011).
Auch die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von BAB lagen vor. Hierzu bestimmt §
60 Abs.
1 SGB III (i.d.F. vom 20. Dezember 2011), dass der Auszubildende bei einer Berufsausbildung nur gefördert wird, wenn er außerhalb des
Haushalts der Eltern oder eines Elternteils wohnt (Nr. 1) und die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines
Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen kann (Nr. 2). Die in Nr. 2 geregelte Voraussetzung gilt jedoch (u. a.)
dann nicht, wenn der Auszubildende 18 Jahre oder älter ist (§
60 Abs.
2 Nr.
1 SGB III), was bei Klägerin (erst) ab Mitte Februar 2014 der Fall war. Nach §
65 Abs.
2 SGB III (i.d.F. vom 20. Dezember 2011) ist im Übrigen eine Förderung allein für die Zeit des Berufsschulunterrichts in Blockform
ausgeschlossen.
Die Klägerin hat während der Zeiten des Berufsschulunterrichts im Sinne von §
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB III außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils gewohnt, denn sie war in diesen Zeiten in A-Stadt in einem Wohnheim
untergebracht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 11 AL 22/11 R –, juris Rz. 16 f.), der der Senat folgt, reicht es für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Wohnens außerhalb des Haushalts
der Eltern oder eines Elternteils aus, wenn Auszubildende zu ihrer Ausbildung nur zeitweise außerhalb des Haushalts der Eltern
in einem Wohnheim untergebracht sind (so auch Herbst in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB III, 2. Aufl., §
60 SGB III (Stand: 16.03.2022), Rz. 30; Hassel in: Brand,
SGB III 9. Auflage 2021 §
60 Rz. 3). Die Voraussetzung des Wohnens außerhalb des Haushalts der Eltern muss also nicht einheitlich für die gesamte Zeit
einer Ausbildungsmaßnahme erfüllt sein, was sich im Übrigen im Umkehrschluss auch aus der Regelung zum Ausschluss der Förderung
allein für den Blockunterricht ergibt, §
65 Abs.
2 SGB III.
Die Klägerin konnte die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit
erreichen.
Entgegen der Auffassung des SG ist unter der Ausbildungsstätte im Sinne von §
60 Abs.
1 Nr.
2 SGB III auch die Berufsschule zu verstehen. §
60 Abs.
1 Nr.
2 SGB III entspricht der früheren Regelung in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG. Das AFG ist insoweit in das
SGB III übernommen worden (vgl BT-Drucks 13/4941 S 165, zu § 64). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 02. Juni 2004 – B 7 AL 38/03 R -, juris Rz. 28) zählt zur Ausbildungsstätte im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG nicht nur die betriebliche Ausbildungsstätte, sondern auch die Berufsschule, weil es in dieser Vorschrift um die zumutbare
Belastung durch Fahrzeiten geht, die nicht nur durch solche zur Betriebsstätte, sondern auch zur Berufsschule beeinflusst
wird. Demgemäß enthalte auch § 13 der A-Ausbildung eine Regelung über Fahrkosten zur Berufsschule. Eine entsprechende Fahrkostenregelung
ist auch in das
SGB III übernommen worden (vgl. §
63 SGB III i.d.F. vom 20. Dezember 2011). Angesichts im Wesentlichen gleichlautender Regelungen ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber
des
SGB III eine Änderung gegenüber der nach dem AFG geltenden Rechtslage herbeiführen wollte. Vor diesem Hintergrund folgt der Senat auch im Geltungsbereich des §
60 Abs.
1 Nr.
2 SGB III der zu § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG ergangenen Rechtsprechung des BSG.
Ob der Weg zur betrieblichen Ausbildungsstätte und zur Berufsschule und zurück für die Klägerin zumutbar war, ist unter Berücksichtigung
der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BSG, Urteil vom 02. Juni 2004 – B 7 AL 38/03 R -, juris Rz. 29). Dabei ist ein Rückgriff auf §
140 Abs.
4 SGB III (i.d.F. vom 20. Dezember 2011) im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen der Vorschriften des §
60 Abs.
1 Nr.
2 SGB III und des §
140 Abs.
4 SGB III eher nicht angezeigt (vgl. BSG, Urteil vom 02. Juni 2004 – B 7 AL 38/03 R -, juris Rz. 29; BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 12/07 R –, juris Rz. 24). Vielmehr bietet sich eine Orientierung an den Regelungen des BAföG an, vgl. § 2 Abs. 1a BAföG (vgl. BSG, Urteil vom 02. Juni 2004 – B 7 AL 38/03 R -, juris Rz. 30; BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 12/07 R –, juris Rz. 24). Nach der Rechtsprechung des BVerwG zu § 2 BAföG ist es dem Auszubildenden zumutbar, wenn mindestens an drei Wochentagen für den Hin- und Rückweg bei Benutzung der günstigsten
Verkehrsverbindungen und unter Einschluss der notwendigen Wartezeiten nicht mehr als (insgesamt) zwei Stunden aufgewendet
werden müssen (BVerwGE 57, 204, 212 ff; BVerwG Buchholz 436.36 § 68 BAföG Nr 15).
Zwar benötigte die Klägerin für den Hin- und Rückweg an mindestens 3 Wochentagen weniger als 2 Stunden, weil sich der Ausbildungsbetrieb
am Wohnort der Klägerin in D-Stadt befand. Allerdings war die Berufsschule in A-Stadt für die Klägerin von ihrem Wohnort D-Stadt
aus nicht bzw. nicht in zumutbarer Weise durch tägliche Hin- und Rückfahrt an den Unterrichtstagen zu erreichen. Denn eine
(zumutbare) Verbindung mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln stand für ein pünktliches Erscheinen zum Schulbeginn um 7:00 Uhr
nicht zur Verfügung. Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Klägerin gab es im fraglichen Zeitraum keine Nahverkehrsverbindung,
mit der sie die Schule pünktlich hätte erreichen können. Im Übrigen wäre ein Verweis auf eine etwaig bestehende Verbindung
aber auch unzumutbar, da die zu Beginn der Berufsausbildung noch minderjährige Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher
Wege- und Wartezeiten zweimal wöchentlich spätestens gegen 5 Uhr die Wohnung in ... hätte verlassen müssen. Soweit im Hinblick
auf das Fehlen einer (zumutbaren) Verbindung daher eine auswärtige Unterbringung erforderlich war, konnte die Klägerin im
Sinne von §
60 Abs.
1 Nr.
2 SGB III die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen.
Auch ein Förderungsausschluss nach §
65 Abs.
2 SGB III liegt nicht vor, da es sich bei dem Berufsschulunterricht nicht um einen in Blockform durchgeführten handelte. Die duale
Ausbildung der Klägerin wurde mit regelmäßig an zwei Tagen in der Woche (Donnerstag und Freitag) stattfindendem Berufsschulunterricht
durchgeführt, wohingegen Blockunterricht für gewöhnlich wochenweise in zusammenhängenden Abschnitten in Vollzeitform erteilt
wird (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14. Oktober 2020 – B 11 AL 8/19 R –, juris Rz. 2). Darüber hinaus scheidet auch eine analoge Anwendung von §
65 Abs.
2 SGB III auf Fallgestaltungen, in denen es nicht um Berufsschulunterricht in Blockform geht, aus (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 11 AL 22/11 R –, juris Rz. 19).
Auch die Voraussetzung nach §
56 Abs.
1 Nr.
3 SGB III – Bedürftigkeit – ist mit Blick auf die Höhe der Ausbildungsvergütung der Klägerin und das im Jahr 2011 erzielte Elterneinkommen
erfüllt.
Soweit schließlich die Beklagte auf die Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Berufsschülerinnen
und Berufsschüler bei notwendiger auswärtiger Unterkunft vom 24. Januar 2013 und in diesem Zusammenhang auf §
22 Abs.
1 iVm §
3 Abs.
3 Nr.
2 SGB III verweist, steht dies einem Anspruch der Klägerin auf BAB nicht entgegen. Zwar dürfen nach §
22 Abs.
1 SGB III Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nur erbracht werden, wenn nicht andere Leistungsträger oder andere öffentlich-rechtliche
Stellen zur Erbringung gleichartiger Leistungen gesetzlich verpflichtet sind. Die Klägerin hat aber nach eigenen Angaben Leistungen
nach der o. g. Richtlinie, auf die im Übrigen auch kein Rechtsanspruch besteht, nicht erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung sind für den Senat nicht ersichtlich gewesen.