Unfallversicherungsschutz außerhalb eigentlicher Beschäftigungsverhältnisse
"Wie"-Beschäftigung zu Gunsten eines anderen als Unternehmer
Abgrenzung im Hinblick auf eigenwirtschaftliche Interessen
Tatbestand:
Der Berufungskläger erstrebt die Entschädigung des Unfallereignisses vom 27. Juli 1994 als Arbeitsunfall.
Der 1966 geborene Berufungskläger war im Jahre 1994 als selbständiger Auslöser tätig.
Am 27. Juli 1994 ritt er mit den Zeugen C., dem Sohn des Viehhändlers D., und E. mit einem Pferd, einem fünfjährigen Wallach,
aus, das bei dem Zeugen und Viehhändler D. im Stall zum Weiterverkauf im Kundenauftrag stand, stürzte von diesem Pferd und
erlitt aufgrund des Sturzes eine primär komplette Querschnittslähmung unterhalb TH 10.
Er behauptete während des Verwaltungsverfahrens, dass er das Pferd, welches er bereits einmal zuvor ausgeritten habe, im Auftrag
des Zeugen D. nach Absprache bei einer Autofahrt von F. im Rahmen eines möglichen Weiterverkaufes zur Probe geritten habe.
Es habe sich um einen zuvor geplanten Ausritt mit den Zeugen C. und E. gehandelt. Das Pferd seiner Freundin, welches er ansonsten
genutzt hätte, sei erkrankt gewesen.
Zwischenzeitlich verklagte der Berufungskläger unter anderem den Zeugen D. vor dem Landgericht Osnabrück (4 O 412/94) auf Schadensersatz. Die Klage wurde mit Urteil vom 18. Mai 1995 abgewiesen. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass
selbst dann, wenn man davon ausginge, dass der Berufungskläger das Pferd im mutmaßlichen Einverständnis mit dem Zeugen D.
ausgeritten habe, kein Anspruch auf Tierhalterhaftung bestünde.
Der Zeuge G. erklärte im Verwaltungsverfahren am 05. Oktober 1999, dass der Berufungskläger auf der Rückfahrt von F. vom Zeugen
D. gefragt worden sei, ob er das Pferd "noch mal mitnehmen" wolle.
Die Berufungsbeklagte lehnte den Antrag auf Gewährung einer Entschädigung mit Bescheid vom 21. Februar 2001 ab und begründete
dies damit, dass kein Arbeitsunfall vorliege, weil der Berufungskläger zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit ausgeübt
habe. Weder der Pferdehalter, Herr H., noch der Zeuge D. hätten ihm einen Auftrag erteilt, das Pferd zu reiten. Es habe diesbezüglich
kein betriebsspezifisches Interesse daran gegeben. Der Ausritt sei aus persönlichem Interesse des Berufungsklägers erfolgt,
so dass es sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt habe.
Dagegen legte dieser am 16. März 2001 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er auf der Rückfahrt von F. im Auto
vom Zeugen D. gebeten worden sei, mit dem Wallach auszureiten, da dieses Pferd noch nicht hinreichend straßensicher sei und
er diesen Wallach verkaufen wolle. Er, der Berufungskläger, habe sich bei dem Zeugen nach Sporen erkundigt, woraufhin dieser
erklärt habe, er könne diese aus seinem Lkw holen. Dass der Zeuge I. diesen Sachverhalt bestreite, sei nachweislich falsch,
da er in dem zivilgerichtlichen Verfahren vor dem Landgericht Osnabrück erklärt habe, dass er von dem Ausritt gewusst habe
und von weitem den Ausritt des Berufungsklägers gesehen habe. Der Zeuge G. habe bekundet, dass sich der Zeuge D. noch vom
Berufungskläger verabschiedet habe, und er habe im Übrigen die Beauftragung sowie die Motivationslage bestätigt. Der Berufungskläger
sei ein sehr guter Reiter. Das Motiv für die Falschaussage des Zeugen D. sei, dass ihn der Rechtsstreit gegen ihn einige tausend
DM gekostet habe. Der Zeuge C. habe die Beauftragung zwar nicht bestätigen, sich eine solche aber gut vorstellen können.
Die Berufungsbeklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2001 zurück und begründete dies damit, dass
kein Arbeitsunfall gegeben sei. Nach dem Ergebnis des zivilgerichtlichen Verfahrens stehe fest, dass es sich um einen Ausritt
als Freizeitbeschäftigung gehandelt habe, so dass die subjektive Handlungstendenz eigenwirtschaftlich ausgerichtet gewesen
sei. Eine versicherte Tätigkeit sei nicht mit Vollbeweis nachgewiesen worden. Aus Sicht des Zeugen D. habe keine Notwendigkeit
zum Bewegen des Pferdes vorgelegen. Die Duldung des Ausrittes genüge nicht für die Annahme einer versicherten Tätigkeit, da
der Zeuge eine Beauftragung bestritten habe. Der Zeuge G. habe in dem zivilgerichtlichen Verfahren bekundet, dass er nicht
sagen könne, ob der Zeuge D. konkret zum Ausritt befragt worden sei. Jedenfalls habe vorher bereits festgestanden, dass der
Berufungskläger den Wallach ausreiten werde.
Dagegen hat der Berufungskläger am 14. August 2001 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben und vorgetragen, er sei beauftragt worden das Pferd auszureiten, um es straßensicherer zu machen. Damit
sei eine dem Betrieb des Zeugen D. dienliche Tätigkeit ausgeübt worden.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen G., C. und D ... Erster hat dargelegt, dass er sich nicht mehr erinnern können,
über welches Thema auf der Rückfahrt aus F. gesprochen worden sei. Das Pferd des Berufungsklägers sei krank gewesen und dieser
habe sich eines ausleihen wollen. Er sei sich sicher, dass es irgendeine Absprache mit dem Zeugen D. habe geben müssen, damit
er dieses Pferd habe reiten dürfen. Wenn Pferde ausgeliehen würden, werde selbstverständlich zuvor gefragt. Im Übrigen sei
seine Aussage aus dem Jahre 1999 zutreffend.
Der Zeuge C. hat erklärt, dass er sich mit dem Berufungskläger und dem Zeugen G. fast täglich getroffen habe, um auszureiten.
Er sei sich sicher, dass vor dem Ausritt der Berufungskläger gemeinsam mit dem Zeugen D. im Auto aus F. zurückgefahren sei.
Der Berufungskläger habe sich am Unfalltag ein Pferd von der Koppel geholt und dieses geritten, obgleich er ein eigenes Pferd
gehabt habe. Er wisse nicht, ob es eine Vereinbarung zwischen dem Berufungskläger und dem Zeugen D. gegeben habe, aber er
habe eigentlich nicht fragen müssen, um ein Hobbypferd zu reiten. Er könne ausschließen, dass der Berufungskläger Pferde,
welche zum Verkauf gestanden hätten, eingeritten habe, da diese Tätigkeit ausnahmslos der Bruder des Zeugen C. vorgenommen
habe. Es habe mit Sicherheit keinen Auftrag zum Einreiten von Turnierpferden gegeben. Bevor er losgeritten sei, habe er gesehen,
wie der Zeuge D. und der Berufungskläger auf dem Hof gemeinsam gesprochen hätten.
Der Zeuge D. hat erklärt, dass er erst im Nachhinein von dem Unfall erfahren habe. Welchen Inhalt ein Gespräch auf der Fahrt
nach F. gehabt habe, sei ihm nicht erinnerlich. Ob er zu Beginn des Ausritts auf dem Hof gewesen sei, wisse er nicht mehr.
Er habe den Berufungskläger zu keinem Zeitpunkt gebeten, das Pferd straßentauglich zu machen. Er könne nicht ausschließen,
dass er den Berufungskläger auf der Fahrt gebeten habe, das Pferd noch einmal auszureiten bzw. es zu trainieren. Er könne
sich aber nicht erinnern, den Auftrag zu einem Ausritt gegeben zu haben.
Der Berufungskläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, dass dies der erste Auftrag des Zeugen D. gewesen sei
und er zuvor bereits zwei- bis dreimal das Pferd ausgeritten habe, wobei dann über dessen Gänge gesprochen worden sei. Er
wäre eigentlich mit dem Pferd der Freundin ausgeritten, wenn dieses gesund gewesen wäre. Er habe den Zeugen D. gefragt, ob
er ein Pferd zur Verfügung habe. Daraufhin habe dieser erklärt, dass er dieses Pferd nehmen und ausprobieren solle.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. September 2006 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht nachgewiesen, dass
der Berufungskläger zum Unfallzeitpunkt versichert gewesen sei. Denn er habe eine eigenen Zwecken dienende Tätigkeit ausgeübt.
Der Berufungskläger hätte den Ausritt auch getätigt, wenn das Pferd der Freundin gesund gewesen wäre. Im Vordergrund habe
somit der bereits zuvor geplante Ausritt gestanden. Eine Handlungstendenz dahingehend, eine betriebsfördernde Tätigkeit auszuüben,
könne nicht festgestellt werden. Eine Beauftragung habe er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachweisen können. Selbst
bei einer stillschweigenden Vereinbarung habe die private Handlungstendenz überwogen.
Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers am 03. November 2006 zugestellt worden.
Dagegen hat der Berufungskläger am 28. November 2006 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, ein Arbeitsunfall sei gegeben, wobei auch Zeugenaussagen vor dem Zivilgericht zu beurteilen seien. Durch die
Beauftragung habe er objektiv eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt. Mit dieser Beauftragung sei der eigenwirtschaftliche
Charakter des Ausritts entfallen. Dem Zeugen D. sei bekannt gewesen, dass er einen Ausritt mit diesem Pferd unternommen habe,
und er habe vor dem Landgericht ausgesagt, dass er ihn habe wegreiten sehen. Vor dem Sozialgericht habe er dann jede vorherige
Kenntnis bestritten. In der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2010 hat er erklärt, dass er dem Zeugen D. gegenüber geäußert
habe, dass der Wallach schreckhaft sei, woraufhin dieser gesagt habe, dass er ihn an diesem Abend doch noch einmal mitnehmen
solle.
Der Berufungskläger beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 28. September 2006 und den Bescheid der Berufungsbeklagten vom 21. Februar
2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2001 aufzuheben und 2. die Berufungsbeklagte zu verurteilen, ihm dem
Grunde nach Entschädigungsleistungen aufgrund des Arbeitsunfalls vom 27. Juli 1994 zu gewähren.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide und das Urteil des SG vor.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2010 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. und C ...
Der Zeuge C. hat erklärt, dass der Ausritt am Unfalltag keinem besonderen Zweck gedient habe. Zweck sei es gewesen, Spaß am
Reiten zu haben. Ein Auftrag an den Berufungskläger, das Pferd straßen- und geländesicher einzureiten, habe nicht vorgelegen.
Der Zeuge E. hat ausgesagt, dass der Berufungskläger sich ein Pferd ausgeliehen habe, weil das sonst von ihm genutzte Pferd
erkrankt gewesen sei, er aber nicht wisse, warum und zu welchem Zweck er gerade den Wallach erhalten habe. Der Zeuge D. hat
in der weiteren mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2011 im Rahmen der Beweisaufnahme erklärt, dass er sich nicht erinnern
könne, was auf der Fahrt nach F. besprochen worden sei. Zweck des Ausritts dürfte die Freude am Reiten gewesen sein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Protokolle der mündlichen
Verhandlungen vom 30. November 2010 und 25. Januar 2011, den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Berufungsbeklagten
verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Berufungsbeklagten vom 21. Februar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2001 erweist sich
als rechtmäßig und verletzt den Berufungskläger nicht in seinen eigenen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht mit Urteil vom 28. September 2006 abgewiesen.
Gemäß §
212 SGB VII sind vorliegend im Übrigen die Vorschriften der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) anzuwenden; denn der von dem Berufungskläger geltend gemachte Versicherungsfall datiert vor dem Inkrafttreten des
SGB VII am 01. Januar 1997. Anderes ergibt sich hinsichtlich der Verletztenrente auch nicht aus §
214 Absatz
3 Satz 1
SGB VII, da eine erstmalige Festsetzung nicht nach dem 31. Dezember 1996 erfolgte.
Nach § 547
RVO haben Versicherte nach den Vorschriften dieses Gesetzes unter anderem Anspruch auf Geldleistungen. Versicherte, deren Erwerbstätigkeit
infolge eines Versicherungsfalles über die 13. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert
ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 580
RVO).
Versicherungsfälle sind gem. §§ 548 bis 551
RVO Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind gemäß § 548 Absatz 1 Satz 1
RVO Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 539, 540 und 543 bis 545
RVO begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gegen Arbeitsunfall sind nach § 539 Absatz 2
RVO auch diejenigen Personen versichert, welche wie ein nach § 539 Absatz 1
RVO Versicherter tätig werden; dies gilt auch bei nur vorübergehender Tätigkeit.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit
des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang) (vgl. Urteile des BSG vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 -, BSGE 61, 17 ff., 30. April 1987 - 2 RU 24/84 -, BSGE 58, 76 ff., 28.06.1988 - 2 RU 60/87 -, BSGE 63, 273 ff., 04. August 1992 - 2 RU 43/91 -, SozR 3-2200 § 539 Nr. 17 und vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr.15), dass die Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis
- dem Unfallereignis - geführt hat und letzteres einen Gesundheits-(Erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht
hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. Urteil des BSG vom 27. April 2010 - B 2 U 23/09 R -).
Um einen Versicherungsfall feststellen und dem Versicherten darüber hinaus bestimmte Leistungen zusprechen zu können, muss
das Gericht die anspruchsbegründenden Umstände und Ereignisse zur vollen Überzeugung, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit,
als zutreffend betrachten. Dies setzt eine so hohe Wahrscheinlichkeit voraus, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse
klar überblickender Mensch noch Zweifel hat (vgl. BSGE 80, 83; 6, 144; 7, 141; 32, 203; 45, 286. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Unfallereignisses und seiner für die Beurteilung
der Schadensursächlichkeit bedeutsamen Einzelheiten, aber auch für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit. Es bedarf insoweit
des Vollbeweises, bei dem der Versicherte die materielle Beweislast trägt. Lediglich für die Bejahung der jeweiligen Ursächlichkeit
eines bewiesenen Umstandes, nämlich für die Ursachenzusammenhänge zwischen versicherter Tätigkeit, Unfall und Unfallfolgen
genügt der Maßstab hinreichender Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE, 32, 203, 207 ff; 612, 127). Diese hinreichende Wahrscheinlichkeit
erlaubt ein größeres Maß an Zweifeln, solange das deutliche Übergewicht für die zu beweisende Tatsache spricht: Ein Ursachenzusammenhang
ist dann wahrscheinlich, wenn nach Feststellung, Prüfung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles - im sozialmedizinischen
Bereich auch unter Berücksichtigung (nur) der gesicherten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse - insgesamt deutlich
mehr für als gegen das Bestehen des Ursachenzusammenhangs spricht (Erlenkämper/Fichte, Sozialrecht 5. Aufl. 2003, S. 90).
Die bloße Möglichkeit einer Tatsache einschließlich des Ursachenzusammenhangs reicht jedoch nicht aus.
Als entscheidendes Kriterium für die Wertentscheidung für den Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Verrichtung
zur Zeit des Unfalls ist abzustellen darauf, ob die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit wesentlich
dienen sollte (vgl. Urteil des BSG vom 30. April 1985 - 2 RU 24/84 -, BSGE 58, 76, 77). Bei der Feststellung des Zusammenhangs geht es um die Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen
Unfallversicherung reicht. Dabei ist auf den Sinn und Zweck der Versicherung sowie auf den Schutzzweck der Norm abzustellen
(vgl. Urteile des BSG vom 19. September 1974 - 8 RU 236/73 -, BSGE 38, 127, 129 und 25. Oktober 1989 - 2 RU 26/88 -, BSG SozR 2200 § 548 Nr. 96). Entscheidend ist, dass die Handlungstendenz des Arbeitnehmers zweckdienlich auf die Belange des Unternehmens gerichtet
ist, wobei ausreichend ist, dass der Versicherte von seinem Standpunkt der Auffassung sein konnte, dass die Tätigkeit geeignet
ist, den Interessen des Unternehmens zu dienen (vgl. Urteile des BSG vom 28. Februar 1964 - 2 U 30/61 -, BSGE 20, 215, 218, 14. Dezember 1978 - 2 RU 59/78 -, BSG SozR 2200 § 550 Nr. 39 und 25. Oktober 1989 - 2 RU 26/88 -, BSG SozR 2200 § 548 Nr. 96). Maßgeblich ist somit die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände
des Einzelfalls bestätigt wird. Eine allein objektiv dem Unternehmen dienende Handlung, welche aber nicht von einer entsprechenden
Handlungstendenz geleitet wird, genügt nicht (vgl. Urteil des BSG vom 20. Januar 1987 - 2 RU 15/86 -, SozR 2200 § 539 Nr. 119).
Unzweifelhaft stand der Berufungskläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
zu dem Zeugen D., welches nach § 539 Absatz 1 Nr. 1
RVO Versicherungsschutz hätte begründen können. Ebenso wenig war der Berufungskläger zu diesem Zeitpunkt wie ein nach § 539 Abs. 1
RVO Versicherter tätig (§ 539 Absatz 2
RVO), wie das SG zu Recht festgestellt hat, mit der Folge, dass das Unfallgeschehen keinen Arbeitsunfall nach dem
SGB VII darstellt.
Zweck der Regelung in § 539 Abs. 2
RVO ist die Gleichstellung dieses Personenkreises mit jenen Beschäftigten nach § 539 Absatz 1 Nr. 1
RVO, wenn die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegt und eine ernstliche, einem fremden Unternehmen zu dienen
bestimmte und beschäftigtenähnliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers
entspricht, vorliegt (vgl. Kruschinsky in
SGB VII-Komm §
2 RdNr 796) und das fremdnützige Verhalten die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigt (vgl.
Bereiter-Hahn/Mertens, Kommentar zum
SGB VII, Loseblattsammlung, §
2, Rd. 34.1).
Voraussetzung für eine solche Wie-Beschäftigung ist zunächst, dass eine einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen
oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach
von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (vgl. Urteile des BSG vom 13. September 2005 - B 2 U 6/05 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 7 und 27. Oktober 2009 - B 2 U 26/08 R -).
Ist der wirkliche Wille nicht feststellbar, kann auf den mutmaßlichen Willen abgestellt werden (vgl. Hauck/Riebel, Kommentar
zum
SGB VII, Loseblattsammlung, §
2, Rd. 274; Kasseler-Kommentar/SGB VII/Ricke, Loseblattsammlung, § 2, Rd. 274). Sofern auf den mutmaßlichen Willen abgestellt
wird, stehen jene Verrichtungen nicht unter Versicherungsschutz, welche den Interessen des Unternehmers offensichtlich zuwider
laufen oder als unzulässig anzusehen sind (vgl. Krasney NZS 2000, 373, 378). Der mutmaßliche Wille ist dem allgemeinen Unternehmenszweck und der Interessenlage zu entnehmen, wobei sich der Handelnde
unter verständiger Würdigung aller Umstände sagen dürfe, dass sein Handeln vom Unternehmer gebilligt werde (vgl. Urteile des
BSG vom 30. April 1979 - 8a RU 48/78 -, 08. Mai 1980 - 8a RU 86/79 und 31. August 1983 - 2 RU 39/82 -, SozR 2200 § 539 Nr. 58, 67 und 93). Konnte der Betroffene zur Zeit der unfallbringenden Handlung aufgrund objektiver Anhaltspunkte
davon ausgehen, dass die Handlung dem Interesse des Unternehmens zu dienen bestimmt war, besteht Versicherungsschutz (vgl.
Hauck/Riebel aaO. § 2, Rd. 274; LPK/SGB VII/Franke, 2. Auflage, § 2, Rd. 214; Lauterbach/Schwerdtfeger aaO., § 2, Rd. 662).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat und vor dem SG und unter Würdigung der Einlassungen bzw. Aussagen im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrens hat der Berufungskläger nicht
nachweisen können, dass er im Zeitpunkt des Unfallereignisses in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu dem Zeugen
D. stand, welches nach § 539 Absatz 1 Nr. 1
RVO Versicherungsschutz hätte begründen können, oder dass er zu diesem Zeitpunkt wie ein nach § 539 Abs. 1
RVO Versicherter tätig war (§ 539 Absatz 2
RVO).
Dies ergibt sich bereits aus dem eigenen Vorbringen des Berufungsklägers. Denn eine Beauftragung mit der Folge des Versicherungsschutzes
kann nicht darin gesehen werden, dass der Zeuge D. ihm den Wallach mit den Worten überließ, dass er diesen zum Ausritt mitnehmen
könne bzw. dass dieser Zeuge den Berufungskläger zum Ausritt auf dieses Pferd verwiesen habe, indem er nach der Einlassung
des Berufungsklägers sagt, "dann nimm ihn doch heute Abend noch mal mit". Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit mit der Handlungstendenz,
zugunsten des Unternehmers zu handeln, lag nicht vor. Zweck des Ausritts war es nicht, den Wallach einzureiten und ihn straßen-
oder geländesicher zu machen, sondern allein der Wunsch, trotz des erkrankten Pferdes seiner Freundin den bereits geplanten
Ausritt mit Bekannten, den Zeugen G. und C., zu unternehmen - also ein eigenwirtschaftliches Interesse. Dieses eigenwirtschaftliche
Interesse ergibt sich insbesondere daraus, dass dieser Ausritt mit den Zeugen, mit denen der Berufungskläger bereits in der
Vergangenheit mehrfach ausgeritten war, zu einer Gaststätte führte, um dort einzukehren und alkoholische Getränke - Bier und
Schnaps - zu sich zu nehmen. Gegen den behaupteten, dem Reitstall bzw. dem Zeugen D. dienenden Zweck des Ausritts spricht
ferner, dass der Zeuge D. eine andere Person zum Einreiten der Pferde zur Verfügung hatte und einsetzte und somit kein Anlass
bestand, gerade den Berufungskläger in dieser oder ähnlicher Weise zu beauftragen. Entgegen der Einlassung des Berufungsklägers
spricht für eine Beauftragung zu dem oben genannten Zweck gerade nicht der Umstand, dass der Zeuge D. ihn beim Fortreiten
gesehen habe. Dies bestätigt lediglich, dass der Ausritt nicht gegen den Willen dieses Zeugen erfolgte, welcher auch in den
Zeugenaussagen vor dem Senat einräumte, dass der Berufungskläger das Pferd nach Absprache mit seinem Sohn, dem Zeugen C.,
geritten hatte.
Nach den Aussagen der Zeugen G., J. und D. ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das straßen- und geländesichere Zureiten
des Wallachs Zweck des Ausritts gewesen ist. Die Zeugen G. und C. erklärten glaubhaft und nachvollziehbar, dass Zweck des
Ausritts das Vergnügen am Reiten war. Dies vermutete auch der Zeuge D., welcher ebenso wenig wie die übrigen Zeugen die Einlassung
des Berufungsklägers bestätigen konnte, dass das straßen- und geländesichere Einreiten des Wallachs Zweck des Ausritts gewesen
sei und dass der Berufungskläger vom Zeugen D. hierzu beauftragt worden sei. Der Senat hat insoweit keine durchgreifenden
Zweifel an der Aussage der Zeugen in den entscheidungserheblichen Kernpunkten. Insbesondere geht er davon aus, dass der Zeuge
G., welcher kein erkennbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreites hat, mit seiner Aussage vor dem Senat seine Ausführungen
in der Aussage vor dem SG insoweit richtiggestellt hat, dass die Initiative zum Ausleihen des Wallachs allein vom Berufungskläger ausgegangen sei und
es ihm nicht bekannt sei, aus welchen Gründen er gerade dieses Pferd ausgeliehen hatte. Der Zeuge blieb auch auf den Vorhalt
des Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers in der Beweisaufnahme bei der Berichtigung seiner Aussage. Auch die Aussage
des Zeugen C. ist als glaubhaft und widerspruchsfrei zu werten, da er sowohl vor dem SG als auch vor dem Senat im Kern dieselbe Einlassung vortrug. Ein Interesse, dem Berufungskläger aufgrund dessen erfolgloser
zivilgerichtlicher Klage gegen den Vater schaden zu wollen, war nicht erkennbar.
Nach den Aussagen der Zeugen ist weder von einer Beauftragung des Berufungsklägers durch den Zeugen D. noch von einer auf
die Interessen des Unternehmens des Zeugen D. gerichteten Handlungstendenz des Berufungsklägers auszugehen. Einerseits diente
ein Ausritt zu einer Kneipe mit dortigem Alkoholkonsum nicht dem betrieblichen Interesse und schon gar nicht dem Zweck, ein
straßensicheres Einreiten zu ermöglichen. Diese Umstände des Ausritts deuten vielmehr auf den eigenwirtschaftlichen Zweck
und das eigenwirtschaftliche Interesse des Berufungsklägers hin, einfach reiten zu wollen und das Reiten als Freizeitgestaltung
und sportliche Betätigung gemeinsam mit Bekannten genießen zu wollen. Das Verhalten des Berufungsklägers hat objektiv nicht
den betrieblichen Interessen des Zeugen D. gedient und es ist unzweifelhaft, dass der Berufungskläger bis zum Unfall auch
nicht beabsichtigte, einem betrieblichen Zweck zugunsten des Zeugen D. zu dienen.
Die Revision war gemäß §
160 Absatz
2 SGG nicht zuzulassen.