Feststellung von Schädigungsfolgen und einer Beschädigtenversorgung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz im sozialen
Entschädigungsrecht; Festsetzung des GdS bei Schlafstörung mit Albträumen; Keine Erhöhung aufgrund einer besonderen beruflichen
Betroffenheit
Tatbestand:
Umstritten ist, ob beim Kläger weitere Schädigungsfolgen festzustellen sind und eine Beschädigtenversorgung nach dem Strafrechtlichen
Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) zu gewähren ist.
Der am ... 1944 geborene Kläger bestieg am 26. Oktober 1962 mit einem Freund den Rangierbahnhof M., um auf einem nach Westberlin
fahrenden Kohlezug die Staatsgrenze zu Westberlin zu überwinden. Vor der Überfahrt nach Westberlin wurden beide entdeckt und
verhaftet. Der Kläger befand sich ab 26. Oktober 1962 in Untersuchungshaft und wurde aufgrund des Urteils des Kreisgerichts
M. vom 14. Dezember 1962 wegen Passvergehens zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Haftentlassung am
10. April 1963 nahm er die zuvor begonnene Ausbildung als Elektrolehrling bei seinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb wieder
auf. Nach erfolgreichem Abschluss der Lehre mit "befriedigend" war er dort bis zum 28. Februar 1965 als Elektroinstallateur
beschäftigt. Ausweislich seines Sozialversicherungsausweises war er vom 1. März 1965 bis 12. September 1965 als Angestellter
in der Gastronomie (in der Gaststätte seiner Eltern) und vom 14. September 1965 bis 13. Juni 1966 wiederum als Elektromonteur
beschäftigt. Nach einer kurzen Tätigkeit als Beifahrer/Aushilfe bei einer Molkereigenossenschaft war er ab 1. Juli 1966 bis
August 1976 als Gaststättenangestellter tätig (Verkaufsstellen- und Gaststättenleiter, Betriebsakademie M.). Von 1966 bis
1968 erfolgte die Facharbeiterausbildung mit Abschluss als Kellner und von 1968 bis 1970 der Abschluss als Verkaufsstellenleiter/Gaststättenleiter.
Vom 16. August 1976 bis 30. September 1992 war er als selbständiger Gastwirt tätig. Danach war er arbeitslos und bezog in
der Folgezeit eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Mit Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 14. Februar 1994 (Aktenzeichen 3 Reh. 1381/92) wurde er für den Zeitraum vom
26. Oktober 1962 bis 10. April 1963 wegen der erlittenen Freiheitsstrafe rehabilitiert.
Am 21. Dezember 1995 beantragte der Kläger beim Beklagten wegen Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, Durchblutungsstörungen,
Magen- und Darmproblemen, Kopfhaarverlust, Depressionen sowie einer beruflichen und gesellschaftliche Benachteiligung Leistungen
nach dem StrRehaG. Mit Bescheid vom 2. Juli 1997 lehnte der Beklagte den Antrag ab. In seinem Widerspruchsschreiben vom 18. Juli 1997 führte
der Kläger aus, er habe während der Strafvollzugszeit unter Gewaltandrohung mit körperlichem Defekt ohne Gesundheitsschutz
schwere Bergwerksarbeit im Niederschachtofenwerk C./Saale durchführen müssen. Im kalten Winter 1962 habe er so geschwitzt,
dass seine Haare am Helm angefroren seien. Der Helm habe sich nur mit Gewalt lösen lassen, dabei habe er büschelweise Kopfhaare
verloren und eine Glatze habe sich gebildet. Nach seiner Haftzeit habe er seinen Beruf wegen einer erheblichen Verschlechterung
seines Gesundheitszustandes aufgeben müssen.
Der Beklagte zog zunächst den Aufnahmeuntersuchungs- und Arbeitsfähigkeitsbefund vom 27. Oktober 1962 bei, der nach Verhaftung
des Klägers angefertigt worden war. Als Vorerkrankung war eine 1959 gebrochene Kniescheibe links (operiert) vermerkt worden.
Nach der ärztlichen Beurteilung sei der Kläger für schwere körperliche Arbeit (Kategorie 2) geeignet gewesen. Am 18. Dezember
1962 war er nach einem Aktenvermerk bis auf Abruf für diese Arbeit zugelassen worden. Nach der während der Haft erstellten
Wiegekarte habe sich das Gewicht des Klägers von 84 Kilogramm (bei Vollzugsbeginn) über 82 Kilogramm (November/Dezember/Januar/Februar/März
1963) auf 79 Kilogramm (April 1963) verringert. Bei der Entlassungsuntersuchung vom 9. April 1963 wurde ein guter Allgemein-
und Ernährungszustand dokumentiert. Die Haut- und Schleimhäute, die Lunge, Herz-Kreislauf, die Nerven und die Nieren seien
unauffällig gewesen.
Am 28. Juli 1997 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG und machte als weitere Schädigungsfolgen Schäden an den Hüften und Sprunggelenken, der linken Schulter und der rechten Hand,
Magen- und Leberschäden und einem Zustand nach Patellafraktur geltend. Er sei während der Haft mehrfach gewaltsam vorgeführt
worden und habe mehrere Arbeitsunfälle im Strafvollzug erlitten. Vor der Haft habe lediglich ein Zustand nach einem Meniskusriss
vorgelegen.
Der Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Klägers bei. Nach dem Befundschein der Fachärzte für Orthopädie/Chirotherapie
Dres. K. vom 11. Januar 1996 leide der Kläger bei einem Gewicht von Gewicht 93,6 Kilogramm und einer Größe von 175 cm seit
ca. 20 Jahren an zunehmenden Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) mit Ausstrahlung in die Arme und der Lendenwirbelsäule
(LWS) mit Ausstrahlung in die Beine. Die Röntgenuntersuchungen hätten degenerative Wirbelsäulenveränderungen (Osteochondrose
und Spondylose) gezeigt. 1982 habe der Kläger eine Thrombose des linken Unterschenkels erlitten. Seit dem Sturz von der Kellertreppe
im Jahre 1992 habe er ständig Schmerzen im rechten Kniegelenk und Oberschenkel und benutze Gehstützen. 1995 sei eine Erkrankung
an Osteoporose mit Verdacht auf eine Kalziummangelernährung festgestellt worden. Die Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med.
G. berichtete mit Befundschein vom 22. Januar 1996 über eine latente kardiale Insuffizienz mit beginnender Druckbelastung
des linken Ventrikels, eine Steatosis hepatis (Fettleber) mit rezidivierenden Oberbauchbeschwerden, Druck- und Völlegefühl
und Durchfallneigung. In Anlage übersandte sie den Arztbrief der Fachärztin für Innere Medizin Dr. R. vom 13. September 1994,
die aufgrund einer Echokardiographie einen linken Ventrikel von normaler Größe und guter globaler systolischer Funktion festgestellt
hatte. Außerdem übersandte Dipl.-Med. G. folgenden Befund der Ultraschalluntersuchung vom 16. Dezember 1994: Leber nicht vergrößert,
keine Stauung, keine Herde, leichte Steatose; Gallenblase unauffällig; Pankreas echogen, Lipomatose (Ansammlung von Fettgewebe);
beide Nieren unauffällig. Nach dem ebenfalls beigelegten Arztbrief der Gemeinschaftspraxis für Chirurgie und Gefäßchirurgie
Dres. B. vom 14. Juni 1994 leide der Kläger an einem postthrombotischen Syndrom links. Eine arterielle Verschlusskrankheit
habe ausgeschlossen werden können.
Auf Veranlassung des Beklagten erstattete der Internist Prof. Dr. K. das Gutachten vom 1. Dezember 1997. Dieser führte aus,
der vorgelegte Sozialversicherungsausweis des Klägers habe Diagnosen benannt, die nicht mit den vom Kläger gemachten Schädigungsfolgen
identisch seien. Bei seiner Untersuchung hätten keine Zeichen kardialer oder hepatitischer Insuffizienz vorgelegen. Zwar leide
der Kläger nach dem hausärztlichen Befund der Fachärztin für Innere Medizin Dipl.-Med. G. vom 22. Januar 1996 an einer latenten
kardialen Insuffizienz mit beginnender Druckbelastung der linken Kammer, einer Steatosis hepatis mit rezidivierenden Oberbauchbeschwerden,
häufigem Völlegefühl und Durchfallneigung. Doch ließen sich auf internistischem Gebiet weder ursächlich als Schädigungsereignis
noch durch Brückensymptome belegte Beziehungen zu den jetzt vorliegenden Erkrankungen als Folgeschäden ableiten. Gleiches
gelte für das postthrombotische Syndrom links.
Der Beklagte holte außerdem ein versorgungsärztliches Gutachten durch den Facharzt für Orthopädie Dr. F. vom 23. Februar 1998
ein. Danach habe der Kläger über mehrere Betriebsunfälle während der Haft berichtet, dazu habe aber keine genauen Angaben
machen können. Seit dieser Zeit habe er Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule sowie im Bereich der Hüftgelenke, Schultergelenke
und sei in ständiger orthopädischer Behandlung. Außerdem leide er an Osteoporose, die er auf eine Mangelernährung während
der Haft zurückführe. Der Sachverständige führte aus: Ein Zusammenhang zwischen den ausgeprägten Abnutzungserscheinungen im
Bereich der Wirbelsäule, der Hüft-, Knie- und der sonstigen Gelenke sei durch die Unterlagen nicht belegbar und in Anbetracht
der kurzen Expositionszeit und des offensichtlichen Fehlens traumatischer Einwirkungen auch nicht wahrscheinlich. Vor und
nach der Haftzeit seien dagegen mehrere Betriebsunfälle dokumentiert (1957 Schlüsselbeinbruch links, 1959 Fraktur linkes Kniegelenk
mit Kniescheibenbruch, 1970 Bruch des rechten Daumes und der rechten Hand, 1978 Meniskuseinklemmung und Distorsion des linken
Kniegelenkes, 1979 Riss am rostigen Nagel, 1981 Verletzung linkes Kniegelenk und beider Hände, 1982 Verletzung linkes Knie,
1984 Verletzung rechtes Bein und rechte Hand, 1989 Finger und rechte Hand gebrochen, 1992 Verletzung rechtes Knie und Wirbelsäule).
Diese hätten mit Sicherheit zu den ausgeprägten degenerativen Veränderungen beigetragen.
Schließlich ließ der Beklagte das Gutachten vom 21. April 1998 durch den Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. B. erstatten.
Danach sei der Kläger schon in Angst vor politischen Drangsalierungen aufgewachsen, da sein Vater am 17. Juni 1953 inhaftiert
worden sei. Während seiner Haftzeit habe er schwere körperliche Arbeit im Niederschachtofenwerk C./Saale geleistet und mehrere
Arbeitsunfälle erlebt. Während der Verhöre sei er mehrfach geschlagen und getreten worden. Während der Untersuchungshaft habe
nachts in der Zelle Licht gebrannt, auch sei der Schlaf durch einen nachts plötzlich aufgetretenen Piep-Ton unterbrochen worden.
Einige Verhöre seien auch nachts durchgeführt worden. Er habe auch Angst vor Schikanen der Mitgefangenen gehabt. Nach der
Haftentlassung habe er sich überwacht und beeinträchtigt gefühlt. Er sei später aus politischen Gründen wegen der angeblichen
Entführung seines Sohnes verurteilt worden. Dr. B. führte weiter aus: Hinweise für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung
bzw. einer posttraumatischen Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung hätten sich nicht in ausreichendem Umfang gefunden.
Ein besonderes Misstrauen anderen Menschen gegenüber, eine chronifizierte Depressivität bzw. das Gefühl der Zukunftslosigkeit
hätten nicht festgestellt werden können. Nach der Haftentlassung sei es dem Kläger gelungen, eine Berufsausbildung zu absolvieren
und eine Berufstätigkeit aufzunehmen. Eine nervenärztliche oder psychologische Betreuung, die für das Bestehen einer stärkeren
reaktiven Depression sprechen könnte, habe nicht stattgefunden und eine medikamentöse Behandlung einer derartigen Störung
sei nicht erfolgt. Lediglich Albträume und Schlafstörungen sowie ein gewisses Vermeidungsverhalten Behörden gegenüber ließen
sich feststellen. Im Vordergrund der Schilderungen des Klägers hätten vielmehr die aus seiner Sicht nach der Wende entstandenen
Ungerechtigkeiten gestanden, wonach er als Gegner des damaligen Systems sozial kaum abgesichert sei. Insgesamt seien nach
Einschätzung des Sachverständigen die Schlafstörungen mit Albträumen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 10
vom Hundert (v.H.) zu bewerten. Diese seien auf die Inhaftierung unter Extrembedingungen in der Jugend zurückzuführen.
Dem folgend erkannte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Juni 1998 beim Kläger Schlafstörungen mit Albträumen als Schädigungsfolgen
nach § 21 StrRehaG an und führte aus, weitere Schädigungsfolgen seien nach den internistischen und orthopädischen Gutachten nicht feststellbar.
Am 6. Juli 1998 legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor: Er leide seit der Haftzeit unter Verfolgungswahn mit Angstzuständen,
Schweißausbrüchen, Übelkeit, starken Kopfschmerzen, Panik und Konzentrationsstörungen. Genau so schlimm seien die internistischen
Folgen: Er habe einen Bauchteilmuskelriss erlitten, leide seit der Inhaftierung an Magen-, Darm- und Herzproblemen (starke
Herz-Rhythmusstörungen, starke Herzdruck- und Herzschmerzen) sowie unter Kreislaufstörungen. Die Nieren und die Leber seien
seitdem geschädigt. Durch den starken Staub im Niederschachtofenwerk habe er Atemprobleme. Aufgrund der falschen und ungesunden
Ernährung habe er auch Osteoporose bekommen. Die Beine und die Wirbelsäule seien stark geschädigt worden, da er unter unmenschlichen
Bedingungen gearbeitet habe und geschlagen und getreten worden sei. Er habe seine Kopfhaare im Strafvollzug verloren, da er
die im kalten Winter 1962 durch starkes Schwitzen am Helm angefrorenen Haare nur mit Gewalt habe lösen können. Während der
Haft sei er gequält und erpresst worden. Arbeitsunfälle und Krankheiten seien nie aufgenommen worden. Er habe sogar unterschreiben
müssen, dass der Arbeits- und der Gesundheitsschutz eingehalten worden seien. Aufgrund der Schädigungen habe er seinen Beruf
aufgegeben und nur noch bedingt arbeiten können. Da er auch in der neuen Gesellschaftsordnung nie wieder eine adäquate Tätigkeit
habe aufnehmen können, begehre er dafür einen Ausgleich.
Auf Veranlassung des Beklagten erstellte daraufhin Privatdozent (PD) Dr. G., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie
das Gutachten vom 16. Februar 1999. Über die Haftzeit habe der Kläger ihm gegenüber folgende Angaben gemacht: In der Haft
sei er geschubst worden, sein Bett sei eingerissen und der Spind herausgetreten worden. Er sei aber nicht angekettet oder
gezielt körperlich misshandelt worden. Drei- oder viermal sei er in einer Arrestzelle gewesen. Während der Zeit der Untersuchungshaft
habe er nicht zur Arbeit gehen dürfen, anschließend habe er im Niederschachtofenwerk C./Saale gearbeitet. Dort habe er Kohle
und Erz von den Waggons schaufeln müssen. Im Winter habe er das festgefrorene Material mit dem Presslufthammer freimachen
müssen. An Schädigungen während der Haft habe er Folgende erlitten: Das Grundgelenk des Daumens der rechten Hand sei gesplittert.
Dies sei entweder beim Aufmachen eines Erzkipperwaggons auf der Flucht, beim Zumachen oder bei der späteren Arbeit mit dem
Presslufthammer in der Haftzeit geschehen. In der Haftzeit sei auch aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen das Bauchfell
gerissen. Bei minus 20 Grad habe er so schwer gearbeitet, dass jeden Tag das Haar unter den Helm angefroren sei. Dabei habe
er sein volles Haar verloren. Zum beruflichen Werdegang habe der Kläger angegeben: Nach Abschluss der Lehre habe er noch einige
Monate gearbeitet. Nach der Haft habe er sich aber kaum noch bücken und auf Masten klettern können. Er habe darunter sehr
gelitten, aber dann mit der Arbeit aufgehört und in der Gaststätte der Eltern als Kellner gearbeitet. Nach Ausbildungen zum
Kellner und Verkaufsstellenleiter/Gaststättenleiter habe er, nachdem die Mutter berentet worden sei, die Gaststätte übernommen.
In den 70er Jahren habe er auch ein Fachschulstudium der Ökonomie begonnen, dieses aber nicht abgeschlossen. Er habe während
des Studiums die Gaststätte seiner Eltern verlassen und in einem anderen Betrieb arbeiten sollen. Dies sei ihm aber aus finanziellen
Gründen nicht möglich gewesen. Zum persönlichen Werdegang habe der Kläger angegeben: Er sei von 1969 bis 1971 verheiratet
gewesen. Er habe die gleiche Frau 1972 noch einmal geheiratet. Am ... 1974 sei sein Sohn geboren und 1982 die Ehe geschieden
worden. Er sei wegen seiner Haltung zum Staat und weil er entsprechende Äußerungen in der Gaststätte gemacht habe, noch zwei-
oder dreimal tageweise in Gewahrsam gekommen. Ca. 1989 habe er das dritte Mal geheiratet. Als derzeitige Beschwerden habe
der Kläger Angstgefühle geschildert. Er werde wütend, wenn er Leute sehe, die früher Stammgast in der Kneipe gewesen waren.
Am Schlimmsten empfinde er die Ungerechtigkeit, dass nach der Wende Leute dasitzen, die früher Macht gehabt hätten und jetzt
7000 Mark bekämen. Er habe auch Durchfall nach der Haft gehabt. Das habe ihm seine Mutter gesagt. In seinen Träumen habe er
Angst und sehe die Unfälle, die in der Haft mit den anderen passiert seien. Manchmal wache er schweißgebadet auf und denke
immer, er sei noch in der alten Zeit. Auch seine jetzigen körperlichen Beschwerden seien Folgen der Haft. Die Osteoporose
sei durch die schlechte Ernährung bedingt und die Allergie habe damals ihren Anfang genommen. Er habe Hustenanfälle und Schwarzes
gespuckt, allerdings habe er auch noch bis zum letzten Jahr eine Kohleheizung gehabt. Auch die Nieren und die Blase habe er
sich damals in der Haft erkältet.
Der Sachverständige erhob folgenden Befund: Beim Kläger, der sich im adipösen Ernährungs- und reduzierten Kraftzustand (91
Kilogramm, 178 Zentimeter) befunden habe, hätten keine Hinweise für eine Psychose, wahnhafte Gedanken, Wahrnehmungsstörungen
und keine Phoneme (akustische Halluzinationen) bestanden. Es hätten sich auch keine neurotische Persönlichkeitsstruktur, keine
Hinweise für eine Panikstörung oder das Vorliegen von Hinweisen auf ein Angstsyndrom nachweisen lassen. Hinweise für eine
depressive Stimmungslage bestünden in keiner Weise. Es bestehe kein Verfolgungswahn im psychiatrisch-medizinischen Sinne.
Die Auffassungsgabe, die Umstellfähigkeit und die assoziativen Denkabläufe seinen geringgradig beeinträchtigt. Es bestünden
klinisch leichte Hinweise für das Bestehen eines hirnorganischen Psychosyndroms. Eine diskrete Perseverationstendenz (Verhaftetsein
an Gedanken) sei zu erkennen. Insgesamt sei der Kläger wenig sachlich gewesen und habe nur Angaben gemacht, die seine durchgemachten
Beeinträchtigungen belegen sollten. Über die Fülle zwischenmenschlicher Begegnungen und nach den äußeren Lebensdaten auch
Konflikten habe er sich demgegenüber sehr zurückhaltend geäußert und sei diesbezüglich nicht auskunftsbereit gewesen. Er habe
ein wunschgeleitetes Denken. Sein Erleben werde durch das Opfergefühl dominiert. Die Gesamtheit aller - auch persönlichen
- Niederlagen und Auseinandersetzungen seien auf den damaligen Staat schuldprojiziert. Der Kläger habe eine extrem kämpferische
Grundhaltung, die durch seine extrovertierte Persönlichkeit mit erheblicher Durchsetzungskraft geprägt werde. Der Gedankenkomplex
um die Durchsetzung seiner aus seinem Erleben zustehender Rechte müsse nach dem Grad der affektiven Unterlegung als überwertige
Idee eingestuft werden. Die in seinem Widerspruchsschreiben vermerkten psychischen Störungen seien nicht nachweisbar. Vielmehr
erlebe er als ungerecht, dass es anderen Menschen, und insbesondere denjenigen, die im damaligen Staat Verantwortung getragen
hätten und mit denen er persönlich in Konflikt gekommen sei, heute materiell besser gehe als ihm. Der Kläger habe zwar traumabezogene
Albträume und Schlafstörungen angegeben, die als Schädigungsfolge mit einer MdE von 10 vH zu bewerten seien. Die Kriterien
einer posttraumatischen Belastungsstörung seien aber nicht erfüllt. Ein wiederholtes Nacherleben der Hafterfahrungen in sich
aufdrängenden Erinnerungen sei nicht mehr zu erkennen. Es bestünden kein andauerndes Gefühl der Betäubtheit, keine emotionale
Stumpfheit, keine Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen oder sozial oder persönlichen Belangen, keine Teilnahmslosigkeit
gegenüber der Umgebung, keine Hinweise für Anhedonie (Verlust von Freunde und Lust, Vergnügen), keine Vermeidung von Aktivitäten
und Situationen, die Erinnerungen an die Traumata wachrufen könnten, kein Zustand vegetativer Übererregbarkeit mit Vigilanzsteigerung,
keine übermäßige Schreckhaftigkeit, keine Assoziierung von Angst und Depressionen mit den genannten Symptomen, keine Suizidgedanken.
Die angegebenen Traumata in der Haft erreichten auch nicht eine Auslösung relevante Schwere. Die Latenz des Auftretens der
Störung lasse die Diagnosenstellung nicht zu, da sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach einem traumatisierenden Ereignis
von außergewöhnlicher Schwere aufgetreten sei. Dem widerspreche im Übrigen auch der Lebensweg des Klägers. Schließlich könnte
die vom Kläger geltend gemachte berufliche Benachteiligung nicht nachvollzogen werden. Während seiner späteren Laufbahn als
Kellner sei er sogar an die Betriebsakademie M. delegiert worden. Ferner habe er den Facharbeiterbrief als Kellner und den
Abschluss als Gaststättenleiter erlangt.
Schließlich erstattete der Internist und Nephrologe Prof. Dr. L. das Gutachten vom 4. Oktober 1999. Danach habe der Kläger
geschildert, er habe sich während der Haft verschiedentlich die Hand verstaucht und auch mit einer angebrochenen Hand weiter
gearbeitet. Insgesamt habe er drei bis vier Monate im Niederschachtofenwerk gearbeitet. Die Verpflegung sei besser als in
der U-Haft gewesen. Er habe seine Arbeitsnormen dank seiner guten Konstitution und seines eisernen Willens immer gut erfüllt.
Er habe sich die Vergünstigungen in dem Hüttenwerk in Form eines guten Einkaufs und durch Sonderrationen von Zigaretten nicht
entgehen lassen wollen. Er habe berichtet, später sogar als Schichtleiter eingesetzt gewesen zu sein. Auf die Frage des Sachverständigen
nach ärztlichen Vorstellungen oder Behandlungen habe er solche indirekt verneint, indem er auf die Vergünstigungen hingewiesen
und erzählt habe, dass sie ständig hätten unterschreiben müssen, dass der Arbeitsschutz eingehalten worden sei. Als Hafterkrankungen
habe der Kläger Durchfallerkrankungen, Magenprobleme, einen rapiden Gewichtsabfall und Herzrhythmusstörungen durch die Haft
angegeben. Einzelheiten seien nicht zu erfragen gewesen. Bei Verweis auf die vorliegende Wiegekarte habe er diese zunächst
in Abrede gestellt, ebenso wie die Abschlussuntersuchung. Nach der Haft sei er wegen Herzrhythmusstörungen, Magen-Darm-Störungen
mit Oberbauchbeschwerden und Durchfallneigung in ambulanter, nicht aber stationärer Behandlung gewesen. Er habe mehrfach weißen
Brei trinken müssen. Ein Geschwür sei aber nicht festgestellt worden. Eine ambulante Magenspiegelung sei vor fünf Jahren erfolgt,
eine Kontrolle sei nicht erforderlich gewesen. Bei den regelmäßigen Gesundheitsuntersuchungen für seine Tätigkeit als Kellner
habe er nicht angegeben, dass er zu Durchfällen neige. Etwa um 1971 habe er eine Darmfissur oder eine Fistel gehabt und sei
operiert worden. Er habe immer noch Druck auf dem Darm. Zusammenfassend führte der Sachverständige aus: Die Herzrhythmusstörungen
seien nicht belegt und lägen auch nach der durchgeführten Echokardiographie derzeit nicht vor. Das EKG sei unauffällig gewesen.
Der Kläger habe keine Beschwerden angegeben, die Rückschlüsse auf eine Rhythmusstörung zuließen. Auch die geltend gemachten
Nieren- und Lungenbeschwerden lägen nicht als Schädigungsfolge vor. Die Nierensonographie sei unauffällig und die Nierenfunktion
normal. Eine Lungenfunktionsstörung liege nicht vor, sie sei auch bei der Kürze der Exposition mit Kohlenstaub nicht zu erwarten.
Hinsichtlich der Magen- und Herzbeschwerden führte Prof. Dr. L. aus: Die vom Kläger geschilderten Beschwerden könnten durchaus
auf eine Fettleber zurückgeführt werden. Immerhin sei der Kläger deutlich übergewichtig. Auch dies deute nicht auf eine Verdauungsinsuffizienz
hin. Insgesamt bleibe festzuhalten, dass die Sozialversicherungsausweise in den Jahren nach der Haft keine Behandlung wegen
der geltend gemachten Leiden aufzeigten. Folglich seien auch keine Brückensymptome der internistischen Leiden belegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2000 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und bezog sich auf die eingeholten
Gutachten, nach denen keine weiteren Schädigungsfolgen anzuerkennen seien und keine höhere Bewertung der anerkannten Schädigungsfolge
vorgenommen werden könne.
Am 31. Mai 2000 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben und vorgetragen: Er sei von allen Gutachtern nur vermessen und nach Schema F befragt worden. Die
wichtigsten Punkte seien nicht zur Sprache gekommen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, zu erklären, dass z. B. seine rechte
Hand bzw. Finger und Daumen durch Fußtritte gebrochen worden seien. Auch sei sein vorbelastetes linkes Knie durch Tritte und
Schläge weiter geschädigt worden. Auch das rechte Knie und die Wirbelsäule hätten unter den Schlägen und Tritten gelitten.
Teilweiser Schlafentzug, Einzelhaft (Arrest) bzw. Achtmann-Zellen hätte ihre Wirkung nicht verfehlt. Zur Toilette habe er
in der Öffentlichkeit auf Kübel gemusst. Er leide noch heute unter dem Terror der Stasi bzw. Haftzeit. Er habe Schlafstörungen
mit Albträumen, Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen, Essstörungen, Verhaltensstörungen, Kopfschmerzen und Schizophrenie.
Er leide unter Problemen und Konflikten bei zwischenmenschlichen Beziehungen. Er habe mit einer akuten Thrombose im Bein unmenschlich
arbeiten müssen. Seit der Haft könne er nicht mehr richtig schreiben. Die von ihm nach der Haft aufgesuchten Ärzte hätten
alles verändert und umgeschrieben, um politischen Sanktionen aus dem Wege zu gehen. Am 24. Januar 2002 hat er mitgeteilt,
es seien noch weitere Krankheiten während der Haft anzuzeigen: Er habe mehrere Nervenzusammenbrüche, mehrere Venenentzündungen
und Thrombosen gehabt. Außerdem habe er bei einem Unfall im Strafvollzug eine Gallenverletzung und eine einseitige Herzvergrößerung
erlitten. Er leide noch heute unter einer Ernährungsstörung, Magen und Darm seien gequetscht worden. Es hätten Knochenveränderungen
sowie ein Knochen- und Gelenkverschleiß stattgefunden. Durch den Staub (Erz und Kohle) habe er noch heute eine Stauballergie
und eine Verminderung der Leistung der Atmungsorgane sei eingetreten. Er habe seit 40 Jahren immer die gleichen Träume, die
immer nur das eine Thema hätten, die Quälerei im Strafvollzug.
Das SG hat einen Befundbericht von Dres. K. W. vom 1. August 2002 eingeholt, mit dem die Angaben vom Befundschein vom 11. Januar
1996 wiederholt worden sind. Dipl.-Med. G. hat am 6. September 2002 folgende Diagnosen gestellt: latente kardiale Insuffizienz
mit koronarer Herzerkrankung und zeitweiser Angina pectoris- Symptomatik, Steatosis hepatis mit chronischer Cholezystitis
(Gallenblasenentzündung), möglicherweise chronische Pankreatitis, Verdauungsinsuffizienz, Thrombose (akut 2001) mit deutlicher
Schwellungsneigung und Beschwerden bei vorbestehender Erkrankung, Hauptbeschwerden durch ein chronisch cervikal/thorakales
Lumbalsyndrom, schwere Osteochondrose, Spondylose, Varusgon- Retropatellaarthrose, Zustand nach rezidivierenden Frakturen,
Osteoporose, rezidivierende Angstzustände, Schlafstörungen, subdepressive Stimmungslage, Hernia. Nach dem beigelegten Befund
aufgrund der Myocardszintigraphie vom 19. und 21. März 1997 liege eine belastungsinduzierte leichtgradige Perfusionsstörung
im Bereich der Vorderwand vor. Dieser Befund beweise jedoch keine Ischämiereaktion im Sinne einer ausgeprägten koronaren Herzerkrankung.
Nach dem beigelegten Befund der Osteoporosekontrolluntersuchung vom 19. August 2002 sei unter Therapie ein Anstieg des Knochenmineralgehalts
erfolgt. Nach dem Radiologiebefund des Dr. W. vom 27. Mai 1999 lägen ein beidseits verbreitetes Herz- und eine Aorten- und
Pulmonalsklerose vor. Es sei von einer fettinfiltrierten Bauchspeicheldrüse auszugehen. Es liege eine normal große, steinfreie
Gallenblase vor. Auffällig seien eine erheblich verbreiterte Gallenblasenwand und eine abgelaufene Cholecystitis. Es befinde
sich Grieß in der linken Niere, Stauungen lägen nicht vor.
Mit Urteil vom 22. Januar 2004 hat das SG die Klage abgewiesen und zu Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere Bewertung seiner anerkannten
Schädigungsfolgen. Dr. B. und Dr. G. hätten keine Symptome für das Vorliegen einer posttraumatischen Persönlichkeitsentwicklung
nach Extrembelastung beim Kläger feststellen können. Vielmehr habe der Kläger selbst angegeben, eigentliche Quelle seiner
Unzufriedenheit sei das Gefühl, sozial benachteiligt zu sein. Auch habe der Kläger die Einnahme von Psychopharmaka verneint.
Insgesamt lägen keine Symptome vor, die für das Vorliegen einer mehr als leichten psychovegetativen bzw. psychischen Störung
sprächen. Die Bewertung mit einer MdE von 10 vH sei an der oberen Grenze angesiedelt und nicht zu beanstanden. Weitere Schädigungsfolgen
seien nicht anzuerkennen. Zwar leide der Kläger an schwerwiegenden orthopädischen Beeinträchtigungen, doch seien keine Haftunfälle
nachweisbar. Eine Schädigung der Gelenke und der Wirbelsäule durch die Haftbedingungen sei aufgrund der kurzen Expositionszeit
nicht hinreichend wahrscheinlich. Dagegen seien vor und nach der Haftzeit mehrere Betriebsunfälle belegt, die mit Sicherheit
zu den ausgeprägten degenerativen Veränderungen beigetragen hätten und als wesentlich wahrscheinlichere Ursache in Betracht
kämen. Die vom Kläger angegebenen internistischen Gesundheitsstörungen seien auch nicht schädigungsbedingt. Die internistischen
Gutachten hätten einen kardialen Zusammenhang ausgeschlossen. Auch habe der Kläger selbst angegeben, infolge der Haftverpflegung
in der Lage gewesen sei, die schwere körperliche Arbeit zu verrichten. Hinweise für eine Mangel- und Hungerernährung seien
nicht erkennbar. Aus den Sozialversicherungsausweisen des Klägers für die Jahre nach der Haft seien keine ärztlichen Behandlungen
hinsichtlich der geltend gemachten Schädigungsfolgen ersichtlich, so dass auch keine Brückensymptome vorlägen. Auch der Verlust
der Haare könne nicht als Schädigungsfolgen anerkannt werden. In den medizinischen Berichten seien keine Narben im Bereich
der Kopfhaut aufgrund der abgerissenen Haare dokumentiert. Auch sei aktuell kein Haarverlust erkennbar. Der Kläger verfüge
über einen völlig normalen Haarwuchs, der bei einem vergleichbaren Personenkreis seiner Altersgruppe mitunter noch als füllig
bezeichnet werde. Dies beweise ein Foto des Klägers aus seinem Beschädigtenausweis des Jahres 1982.
Gegen das ihm am 11. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. März 2004 Berufung beim SG Magdeburg eingelegt und
sein Begehren weiterverfolgt. Er hat vorgetragen, es spiele keine Rolle, wie lange die Haftstrafe gewesen sei. Er sei mit
18 Jahren der Jüngste gewesen und habe am meisten auszuhalten gehabt. Seinen erlernten Beruf habe er aus gesundheitlichen
Gründen nicht mehr ausüben können. Er habe dann in der Gaststätte seiner Eltern unter Schmerzen am Buffet gearbeitet und die
Gaststätte nur übernehmen können, weil es der Betrieb seiner Mutter gewesen sei. Das Studium an der Fachhochschule in L. sei
ihm aus gesundheitlichen und politischen Gründen verwehrt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 22. Januar 2004 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 18. Juni 1998 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2000 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, als weitere Schädigungsfolgen
folgende Gesundheitsstörungen festzustellen: Schädigungen der Wirbelsäule, der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, der Schultern
und der rechten Hand, Schädigungen des Herzens, des Magens, des Darms, der Leber und der Nieren, der Galle, Depressionen,
Verlust der Haares sowie eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigung von mindestens 25 v.H. ab 1. November 1997
zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst die Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen
Demokratischen Republik beigezogen. Auf Nachfrage des Senats hat die Deutsche Rentenversicherung erklärt, der Kläger habe
seit 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen. Aus der ebenfalls vom Senat angeforderten Verfahrensakte 9 RJ 138/95 (SG Magdeburg) wurden die Gutachten von Frau W. (Gutachten vom 5. April 1996) und Prof. Dr. S. (9. Juli 1997) beigezogen.
Frau W. hatte angegeben, der Kläger traue sich keine Arbeiten mehr zu, da er nach mehreren Frakturen Schwierigkeiten mit der
rechten Hand habe. Im 25. Lebensjahr habe er sich mehrmals die rechte Hand gebrochen. Seit dem 20. Lebensjahr habe er Probleme
mit der Wirbelsäule und den Gelenken. Er habe eine große abgewinkelte Galle sowie Magen- und Leberprobleme. Früher habe er
berufsbedingt vermehrt Alkohol genossen. Er habe öfters Druckgefühl in der Herzgegend, des Öfteren auch Oberbauchbeschwerden
mit Druck- und Völlegefühl und gelegentlicher Übelkeit. Prof. Dr. S. hatte ausgeführt: Der Kläger habe diverse Vorerkrankungen
geschildert (1957 eine Schlüsselbeinfraktur links; 1958 Fraktur des linken Kniegelenkes (vermutlich Bruch der Kniescheibe);
1970 Bruch des rechten Daumens und der rechten Hand; 1978 Sportverletzung (Riss an einem rostigen Nagel); 1981 Betriebsunfall
(auf einer Kellertreppe ausgerutscht mit Verletzung des linken Kniegelenkes, Verletzung beider Hände); 1982 Betriebsunfall
(auf dem Wege zum Bierkeller ausgerutscht, mit dem linken Kniegelenk umgeknickt); 1989 Verletzung des rechten Beines und der
rechten Hand nach einem tätlichen Angriff in seiner Gaststätte; 1989 tätliche Auseinandersetzung in der Gaststätte "Bürgerbräu"
mit Verletzung der Finger (wahrscheinlich Bruch). Der Kläger habe den zeitlichen Beginn seiner orthopädischen Probleme im
Jahr 1964 angegeben. Damals habe er seinen primär erlernten Beruf als Elektromonteur aufgeben müssen. Anschließend habe er
in der elterlichen Gaststätte Kellner gelernt und diesen Beruf mit dem Facharbeiterbrief abgeschlossen. Nach einer weiteren
Ausbildung habe er den Befähigungsnachweis eines Gaststätten- und Verkaufsstellenleiters erworben und sei 1972 an die Fachschule
für Hotel- und Gaststättenwesen L. delegiert worden. Nach anderthalb Semestern sei er dann erneut in der elterlichen Gaststätte
tätig geworden und habe diese offiziell 1976 als Gaststättenleiter übernommen. Seit einem Sturz am 3. Januar 1992 mit einer
Distorsion des rechten Kniegelenks habe sich sein Gehvermögen erheblich verschlechtert. Aufgrund der mehrfachen Brüche der
Hand sei seine Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt. Er könne zwar noch unterschreiben, aber keine größeren Briefe mehr verfassen.
Zusammenfassend hatte der Sachverständige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie der Hüft- und Kniegelenke festgestellt.
Die Leistungsfähigkeit sei insoweit herabgesunken, dass der Kläger einer normalen Erwerbstätigkeit nicht mehr in einer gewissen
Regelmäßigkeit nachgehen könne. Die verminderte Leistungsfähigkeit liege seit etwa 1994 vor.
Außerdem hat der Senat die Unfallversicherungsakte des Klägers (S 3 U 82/94 - L 6 U 40/95, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt) beigezogen. Mit Gutachten vom 26. Mai 1995 hatte der Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie
Dr. E. in der Krankengeschichte des Klägers u.a. eine Schlüsselbeinfraktur links 1957, eine Fraktur des linken Kniegelenks
1959, den Bruch des rechten Daumens und der rechten Hand 1970 dokumentiert. Zusammenfassend hatte er über eine erhebliche
Vorschädigung beider Kniegelenke mit deutlichen Zeichen von Verschleiß (Arthrose) berichtet. Der Senat hat außerdem die Schwerbehindertenakte
des Klägers beigezogen. Mit Befundschein vom 31. März 2008 hatte Dipl.-Med. G. folgende Diagnosen erstellt: latente kardiale
Insuffizienz mit zeitweiser typischer Angina pectoris ohne eindeutigen Ischämienachweis, Steatosis hepatis, Verdauungsinsuffizienz
mit Verdacht auf chronische Pankreatitis mit neuer Substitutionsbehandlung, Zustand nach akuter Thrombose des rechten Unterschenkels/Oberschenkels
2001 mit deutlicher Schwellungsneigung und Beschwerden bei vorbestehender Varikose und postthrombotisches Syndrom. Psychisch
sei der Kläger durch Schlafstörungen, Angstzustände und Unruhezustände alteriert. Hauptleiden sei aber die orthopädische Erkrankung
mit schweren Gelenkdeformierungen. In Anlage hatte sie den Arztbrief des Facharztes für Nuklearmedizin und Pathophysiologie
Prof. Dr. W. vom 1. Juni 2005 übersandt, mit dem dieser eine signifikante belastungsinduzierte Myokardischämie ausgeschlossen
hatte. Nach dem Arztbrief des Internisten Dr. N. vom 22. Juni 2005 handele es sich beim Kläger um ein atypisches Angina pectoris-Syndrom
ohne eindeutigen Ischämienachweis. Das von ihm durchgeführte Ruhe-EKG und Echokardiogramm seien unauffällig gewesen. Nach
dem Befundschein des Facharztes für Orthopädie Dr. K. vom 23. April 2008 habe der Kläger seit Mitte der 70er Jahre zunehmende
Schmerzen im HWS- und LWS-Bereich. Der Facharzt für Urologie Dr. A. hat mit Befundschein vom 24. Oktober 2008 mitgeteilt,
die Sonographie sei unauffällig gewesen, eine Nierenfunktionsstörung sei nicht bekannt.
Mit Schreiben vom 4. März 2011 hat der Kläger zur weiteren Begründung vorgetragen: Er träume jede Nacht von der Zeit im Strafvollzug,
der Verfolgung seiner Person und seiner Familie vor und nach der Entlassung. Mehrmals sei er aufgrund von Beschwerden in eine
Arrestzelle gesperrt worden. Hier habe er nur im Dunkeln stehen können und sei auch mit Verpflegungsentzug bestraft worden.
Man sei auch von den Wärtern geschlagen und getreten worden. Er sei Opfer von Mobbing durch brutale Strafgefangene und hinterlistige,
brutale Wärter und deren Verantwortliche gewesen. Er sei, obwohl seine Hand, die schon bei der Verhaftung und auch im Zuchthaus
B. kaputt getreten worden sei, noch nicht ausgeheilt gewesen sei, zur schwersten Arbeit verpflichtet worden. Das Essen sei
schlecht gewesen und er leide seitdem an Magen- und Darmproblemen. Durch die Exposition mit Kohlenstaub, Erzstaub und sonstigen
Abgasen habe er Herzprobleme bekommen. Bronchien, Lunge, Speiseröhre, Nieren und Leber seien stark geschädigt worden. Mit
der geschädigten rechten Hand könne er nicht mehr schreiben und sie auch sonst nicht mehr gebrauchen. Im linken Bein habe
er eine Thrombose bekommen. Er leide seit der Entlassung aus dem Strafvollzug unter starken Schlafstörungen, Albträumen, Depressionen,
Ängsten und auch starkem Misstrauen gegenüber Ämtern, Personen aus Verwaltungen, Gerichten, Ministerien usw. Jeder Nachbar
könne ein ehemaliger Stasispitzel sein. Er leide unter einer starken posttraumatischen Belastungsstörung. Nun sei auch noch
eine starke Schlafapnoe festgestellt worden, für die er nachts eine Maske brauche. Er habe kein Abitur ablegen und auch nicht
studieren dürfen. Sein ganzes Leben sei gesundheitlich und beruflich zerstört worden. Er habe die gesundheitlichen Schäden
und Krankheiten nicht anzeigen und als Inhaftierungsfolgen sich bescheinigen lassen können. Er, der für die Wiedervereinigung
gelitten und die Gesundheit verloren habe, sei der Verlierer der Wiedervereinigung. Man habe ihm bis heute noch nicht gesagt,
wie der Klarname von seinem persönlichen Stasi-Spitzel sei. Sein Sohn sei ihm weggenommen und eine Kopfwäsche gemacht worden,
sodass dieser den Kontakt verweigere. Es fehlten ihm letztlich 13 Tage Haft an der Opferrente von 250 Euro.
Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dr. H. (Oberärztin der Lungenklinik L.) hat am
16. Juni 2011 ein schweres Schlafapnoesyndrom diagnostiziert und mitgeteilt, ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und
der politischen Haft in den Jahren 1962/1963 bestehe nicht. Die Fachärzte für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde,
Allergologie Dres. S. W. haben auf den Bericht der Lungenklinik L. vom 1. Dezember 2012 mit folgenden Diagnosen verwiesen:
Schweres Schlafapnoesyndrom, arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörung, Sinusitis maxillaris chronica
beidseits, Schallempfindungsschwerhörigkeit und Adipositas. Ob eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliege,
könne nicht beurteilt werden.
Am 30. Dezember 2011 hat der Kläger vorgetragen, die Schlafstörungen seien stärker geworden. Die Maske habe nichts verbessert.
Er habe noch stärkere Ängste und Träume. Er träume von den heutigen Gerichten und sehe die Gerichte, die Stadt M. sowie Frau
M. als Institution der Folter und des Mobbings an. Er und Unabhängige schätzten seine Gesundheitsstörungen auf mindestens
50 Prozent. Er beantrage die rückwirkende Anerkennung der Gesundheitsstörungen und das Zahlen einer "guten" Rente.
Am 16. Januar 2012 hat eine nichtöffentliche Sitzung vor dem Landessozialgericht stattgefunden. Auf Nachfrage hat der Kläger
erklärt: Er befinde sich nicht in psychiatrischer Behandlung, sei auch in den letzten Jahren nicht in einer solchen gewesen
und nehme keine Psychopharmaka. Am 19. März 2012 hat er vorgetragen, den bisherigen Sachverständigen habe er nicht die Erlebnisse
in der DDR und schon gar nicht die Zustände im Strafvollzug schildern dürfen. Er sei im Zuchthaus B. geschlagen und getreten
worden. Dies habe sich im Strafvollzug in M. fortgesetzt. Er habe laufend Nasenbluten bekommen und Blut gespuckt. Im Stuhl
und Urin sei Blut enthalten gewesen und er habe starke Krämpfe gehabt. Er habe aber unterschreiben müssen, dass alles in Ordnung
gewesen sei. Kein Arzt in der ehemaligen DDR habe ihm helfen können und wollen. Haftgesundheitsschäden habe es nicht geben
dürfen. Es sei alles umgeschrieben und die Ursachen geändert worden. Ende 1973 bis 1974 sei er in der Medizinischen Klinik
M. am Darm operiert worden. Die Thrombose in den Beinen sei durch Schläge, Tritte, Unfälle und falsche Schuhe entstanden.
Auch die Ernährungsstörung sei auf den Strafvollzug zurückzuführen. Seit 1953 und verstärkt seit der Inhaftierung 1962/63
leide er unter Albträumen, Schlafstörungen, Depressionen, negativem Stress, psychischen Störungen und Verfolgungswahn. Am
2. April 2013 hat der Kläger vorgetragen: Er habe äußerliche Schäden erstmals unmittelbar nach der Verhaftung festgestellt.
Ihm sei auf die rechte Hand getreten und er sei mit einem Gewehrkolben geschlagen worden, Zahnstücke seien abgebrochen. Wegen
der seitlichen Schläge in die Nieren habe er entsetzliche Schmerzen beim Wasserlassen gehabt und ihm sei erstmals ein verfärbter
Urin mit Blutbeimischung aufgefallen. Auch die frührer einmal gebrochene Schulter sei mit einem Gewehrkolben traktiert worden.
In der Untersuchungshaft in M. habe er die Schmerzen an der rechten Hand bemerkt und die Schmerzen in den Nieren lokalisieren
können. Er sei zwar einer Eingangsbefragung zu gesundheitlichen Vorschäden unterzogen worden. Doch habe man ihm bei Abschluss
lediglich mitgeteilt, dass man schon erkennen werde, wie leistungsfähig er sei. Bei Überstellung in den üblichen Strafvollzug
habe er weiterhin Blut im Urin gehabt. Die medizinische Abteilung habe darauf eine Urinprobe genommen. Über das Untersuchungsergebnis
habe er nichts erfahren. Auch habe er ständig Magenschmerzen und Blut im Stuhl beobachtet. Mitteilungen hierzu an die Wärter
seien ungehört geblieben und auch nicht von der medizinischen Abteilung aufgegriffen worden. Er habe sich im Bus auf dem Weg
zur Arbeit übergeben müssen. Infolge der völligen psychischen Überbelastung habe er ins Bett genässt. Herzrhythmusstörungen
habe er während der anstrengenden Arbeit als solche nicht wahrgenommen. Ihm sei nur schwindlig geworden und er sei mehrfach
gestürzt und aus der Lore gefallen. Im Strafvollzug habe das Knie die von ihm mühsam erarbeitete Gelenkigkeit verloren. Durch
Angstzustände sei er so unsicher geworden, dass er Kletterarbeiten vollständig gemieden habe. Durch die Handzerstörung habe
er weder Löffel zum Essen halten noch zuverlässig bei der Arbeit greifen können. Bei der Rückkehr in seine Ausbildung seien
keine feinmotorischen Arbeiten mehr möglich gewesen.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann in der Sache entscheiden. Im vorliegenden Fall ist das Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (StrRehaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2664), geändert durch das Gesetz vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1202), anzuwenden. Für die Durchführung der vom Kläger begehrten Beschädigtenversorgung nach § 21 StrRehaG sind nach § 25 Abs. 4 Satz 1 StrRehaG die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) obliegt. Soweit das StrRehaG von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchzuführen ist, entscheiden nach § 25 Abs. 4 StrRehaG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Insoweit sind die Vorschriften des
SGG für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend.
Die nach den §
143 SGG statthafte und auch in der von §
151 Absatz
1 SGG vorgeschriebenen Form und Frist eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Das beklagte Land hat den Antrag auf Gewährung
einer Beschädigtenversorgung auf der Grundlage des StrRehaG zu Recht abgelehnt. Die bereits anerkannte Schädigungsfolge rechtfertigt keine höhere Bewertung. Darüber hinaus besteht kein
Anspruch auf die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen. Die Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger
nicht in seinen Rechten.
Für die vorliegende Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ist der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Sach-
und Rechtslage die mündliche Verhandlung des Senats. Nach diesem Maßstab hat der Beklagte zu Recht den Versorgungsanspruch
des Klägers abgelehnt, weil kein rentenberechtigender Grad der Schädigung (GdS) vorliegt. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG erhält ein Betroffener, der infolge einer Freiheitsentziehung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen
und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Die Schädigungsfolge muss also auf einer Gesundheitsstörung beruhen, die durch einen vom StrRehaG erfassten Tatbestand (schädigender Vorgang) verursacht worden ist. Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen (schädigender
Vorgang, Gesundheitsstörung, Schädigungsfolge) gehört zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, die nachgewiesen, d.h. ohne
vernünftige Zweifel oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein müssen. Zwischen den drei Gliedern
dieser Kette muss jeweils ein Kausalzusammenhang bestehen. Nach § 21 Abs. 5 Satz 1 StrRehaG genügt für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs.
Dieser Beweismaßstab gilt im Sozialen Entschädigungsrecht auch für den Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis
und der durch dieses Ereignis hervorgerufenen gesundheitlichen Schädigung. Die erforderliche Wahrscheinlichkeit ist dann gegeben,
wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl.
BSG, Urteil vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4, S. 14, m.w.N.). Die Tatsachen, auf die sich der Kausalzusammenhang gründet, müssen hingegen im
Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sein.
Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 StrRehaG richtet sich der Anspruch auf Versorgung nach dem BVG in entsprechender Anwendung. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Beschädigtenrente ist § 31 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 BVG. Diese Vorschriften sind durch das insoweit am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (aaO.) geändert
worden. Da das Gesetz keine Übergangsvorschriften enthält, sind diese Vorschriften vom 21. Dezember 2007 an in der neuen Fassung
(n.F.) und für den vorangegangenen streitgegenständlichen Zeitraum in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl.
I S. 21) und der nachfolgenden Änderungen (a.F.) anzuwenden.
Nach § 31 Abs. 1 BVG a.F. erhielten Beschädigte bei einer MdE um mindestens 30 v.H. eine monatliche Grundrente. Nach Abs. 2 der Vorschrift stellten
die nach Abs. 1 für die Höhe der Rente maßgeblichen Vomhundertsätze Durchschnittssätze dar, von denen eine um fünf v.H. geringere
MdE mit umfasst wurde. Nach § 31 Abs. 1 BVG n.F. setzt die Gewährung einer Grundrente einen GdS von mindestens 30 voraus. In der bis zum 21. Dezember 2007 geltenden
Fassung des § 30 Abs. 1 BVG waren und in der seitdem geltenden Neufassung der Vorschrift durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 sind die Grundsätze geregelt,
nach denen die MdE zu beurteilen war und nach der Neufassung der GdS zu beurteilen ist. Nach der alten Fassung des § 30 Abs. 1 BVG war die MdE nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen, wobei seelische
Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren (Satz 1). Für die Beurteilung war maßgebend, um wie viel die Befähigung
zur üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folgen einer Schädigung
anerkannten Gesundheitsstörungen beeinträchtigt waren (Satz 2). Nach der Neufassung ist der GdS nach den allgemeinen Auswirkungen
der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen
bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (Satz 1). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein
bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (Satz 2). Demnach reicht -
wie zuvor nach § 31 Abs. 2 BVG a.F. - ein GdS von 25 zur Rentenberechtigung aus.
Als Grundlage für die Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte dienten der Praxis die jeweils vom zuständigen
Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und
nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten
eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R - SozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Um verfassungsrechtliche Einwände gegen die Legitimation der "Anhaltspunkte" auszuräumen,
ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in § 30 Abs. 17 BVG, der durch das Änderungsgesetz vom 13. Dezember 2007 (aaO.) angefügt worden ist, zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt
worden. Auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen. Nach ihrem § 1 regelt diese Verordnung unter anderem die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung
ihres Schweregrades im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG. Nach § 2 VersMedV sind die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" als deren Bestandteil festgelegt. Die
in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der
Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks.
767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 1996, 2004,
2005 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden.
Nach diesem rechtlichen Maßstab sind die angegriffenen Bescheide nicht zu beanstanden.
Der Anwendungsbereich des StrRehaG ist eröffnet, denn das Landgericht Magdeburg hat mit Beschluss vom 14. Februar 1994 (Reh. 1381/92) den Kläger für den Zeitraum
vom 26. Oktober 1962 bis 10. April 1963 rehabilitiert. Doch besteht kein Anspruch auf eine Beschädigtenrente. Die anerkannte
Schädigungsfolge "Schlafstörung mit Albträumen" rechtfertigt keine rentenberechtigende MdE bzw. keinen rentenberechtigenden
GdS.
Die anerkannte Schädigungsfolge "Schlafstörung mit Albträumen" betrifft eine Behinderung im Funktionssystem "Gehirn einschließlich
Psyche" und ist ab dem Antrag des Klägers auf Beschädigtenversorgung bis zum heutigen Zeitpunkt mit einem GdS von 10 vH zu
bewerten. Übereinstimmend haben die psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen Dr. B. und Dr. G. diese Bewertung vorgeschlagen,
der sich der Senat unter Zugrundelegung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze anschließt. Danach (Teil B, Nr. 3.7) werden
als Folgen einer Neurose, einer Persönlichkeitsstörung oder eines psychischen Traumas leichtere psychovegetative oder psychische
Störungen mit einem GdS von 0 bis 20 bewertet. Für stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der
Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen,
Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) ist ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen. Danach ist die
mit Albträumen verbundene Schlafstörung des Klägers mit einem GdS von 10 v.H. zu bewerten, da diese zu einer Beeinträchtigung
der Nachtruhe und einer eingeschränkten Erholungsfähigkeit führt. Eine höhere Bewertung der anerkannten Schädigungsfolge mit
einem rentenberechtigenden GdS kann nicht erfolgen. Insbesondere sind stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen
Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit durch die Schlafstörungen, wie z.B. eine verminderte Leistungsfähigkeit
am Tag oder die Notwendigkeit von Ruhepausen am Tag, weder vorgetragen noch ärztlicherseits belegt. Der Kläger befindet sich
nicht in psychiatrischer oder psychologischer Behandlung. Es wird auch keine medikamentöse hausärztliche Behandlung seiner
Schlafstörungen (z.B. mit Psychopharmaka) durchgeführt. Damit ist kein Leidensdruck erkennbar und es ist keine ärztliche Intervention
erfolgt, die bei einer mehr als nur leichten psychischen Störung zu erwarten wäre. Daher ist insgesamt allenfalls von einer
leichten Behinderung auszugehen, die eine Bewertung im mittleren Bewertungsrahmen, also mit 10, rechtfertigt.
Weitere seelische Schädigungsfolgen liegen nicht vor. Zwar hat Dr. G. beim Kläger einen beginnenden hirnorganischen Abbauprozess
festgestellt, aber einen Zusammenhang zur erlittenen Haft verneint. Im Übrigen liegt nach den überzeugenden Ausführungen von
Dr. B. und Dr. G. beim Kläger keine posttraumatische Belastungsstörung und auch keine anhaltende Persönlichkeitsveränderung
nach Extrembelastung vor. Dr. G. hat bei der Prüfung, ob eine posttraumatische Belastungsstörung bzw. eine Persönlichkeitsveränderung
nach Extrembelastung beim Kläger gegeben ist, nicht nur den aktuellen Zeitraum, sondern den lebensgeschichtlichen Verlauf
einbezogen. Überzeugend hat er darauf hingewiesen, dass der Kläger im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Schädigungszeitraum
keine Einschränkungen in seinen sozialen Bewegungsräumen und seiner sozialen Kontaktfähigkeit erlitten hat. Fachpsychiatrische
oder fachpsychologische Hilfen waren nicht erforderlich. Gegen eine erhebliche psychische Erkrankung spricht, dass der Kläger
eine erfolgreiche berufliche Tätigkeit mit mehren Abschlüssen (als Elektromonteur, Kellner und Verkaufstellenleiter/Gaststättenleiter)
ausführen und ab Mitte der 70er Jahre in selbständiger Tätigkeit eine Gaststätte leiten konnte. Auch das Vorliegen von Depressionen
oder anderen seelischen Störungen haben die Sachverständigen überzeugend verneint. Es liegen auch keine Hinweise dafür vor,
dass sich seit den beiden Begutachtungen der Gesundheitszustand des Klägers in psychischer Hinsicht verändert hat und/oder
seitdem weitere Erkrankungen hinzugekommen sind. Keiner der behandelnden Ärzte hat entsprechende Diagnosen gestellt. Die behandelnde
Hausärztin Dipl.-Med. G. hat am 14. Februar 2008 lediglich darüber berichtet, dass der Kläger durch Schlafstörungen, Angstzustände
und Unruhezustände psychisch alteriert sei. Weder hat sie eine seelische Erkrankung diagnostiziert noch hat sie eine fachärztliche
Behandlungsnotwendigkeit bzw. eine Notwendigkeit der Behandlung mit Psychopharmaka gesehen. Für eine schädigungsbedingte Veränderung
des psychischen Gesundheitszustandes seit der Erstellung dieses Befundberichtes liegen keine Anhaltspunkte vor.
Auch die vom Kläger geltend gemachten orthopädischen Funktions- und Bewegungseinschränkungen (Schädigungen der Wirbelsäule,
der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, der linken Schulter und der rechten Hand) lassen sich nicht auf die Haft zurückführen.
Eine traumatische Verletzung ist während der Haftzeit nicht nachgewiesen. Allein die Ausführungen des Klägers über die Entstehung
seiner Beschwerden können nicht herangezogen werden, da diese bereits in sich widersprüchlich sind und auch nicht mit den
vorliegenden Unterlagen übereinstimmen. So gehen die verschiedenen Sachverhaltsangaben des Klägers gegenüber den Sachverständigen
bzw. den behandelnden Ärzten auseinander, wann jeweils welche Beschwerden entstanden sind. Der Kläger hat zwar nunmehr behauptet,
seine Hand sei schon während der Untersuchungshaft geschädigt worden. Dieser Vortrag steht aber im Widerspruch zu seinem bisherigen
Vorbringen. So hatte er z. B. gegenüber Dr. G. angegeben, dass das Grundgelenk des Daumens der rechten Hand entweder beim
Aufmachen eines Erzkipperwaggons auf der Flucht, beim Zumachen oder bei der späteren Arbeit mit dem Presslufthammer in der
Haftzeit geschädigt worden sei. Von einer Schädigung bzw. der nunmehr behaupteten "Zerstörung" der Hand hat er ihm gegenüber
nichts erwähnt. Auch bei der Eingangsuntersuchung des Klägers bei Vollzugsbeginn ist keine Schädigung des Daumens oder der
Hand aufgefallen. Letztlich wäre es dem Kläger mit einer "zerstörten" Hand wohl auch kaum möglich gewesen, stets die hohen
Arbeitsnormen der schweren körperlichen Tätigkeit während der Haftarbeit zu erfüllen. Hinsichtlich der weiteren orthopädischen
Gesundheitsschädigungen hat der Kläger ein traumatisches Geschehen nicht einmal behauptet. Er hat allein auf die von ihm während
der Haft unter "unmenschlichen Bedingungen" ausgeübte Tätigkeit im Niederschachtofenwerk hingewiesen. Mit diesem Vortrag lassen
sich die bestehenden orthopädischen Beeinträchtigungen aber nicht hinreichend wahrscheinlich machen. Die Tätigkeit im Niederschachtofenwerk
hat der Kläger weniger als vier Monate ausgeübt, denn die Zulassung zur Arbeit erfolgte erst am 18. Dezember 1962 (nach der
Verurteilung am 14. Dezember 1962). Während der vorausgegangenen Untersuchungshaft musste er nicht arbeiten. Da die Abschlussuntersuchung
bereits am 9. April 1963, also nach einer knapp viermonatigen Tätigkeit stattfand und der Kläger sich nach seinen Angaben
in dieser Zeit noch mehrfach in Arrest befunden hatte, bleiben Beschäftigungszeiten von allenfalls dreieinhalb Monaten. Dr.
F. hat insoweit festgestellt, dass aufgrund der nur kurzen Zeit kein dadurch bedingter Schaden an der Wirbelsäule oder der
Gelenken habe eintreten können. Vielmehr hätten nach seiner gutachtlichen Einschätzung die vielen in der Folgezeit erlittenen
Arbeitsunfälle (Angaben gegenüber Dr. F., Prof. Dr. S. und Dr. E. 1970 Bruch des rechten Daumens und der rechten Hand, 1978
Meniskuseinklemmung und Distorsion des linken Kniegelenkes, 1979 Riss am rostigen Nagel, 1981 Verletzung linkes Kniegelenk
und beider Hände, 1982 Verletzung linkes Knie, 1984 Verletzung rechtes Bein und rechte Hand, 1989 Finger und rechte Hand gebrochen,
1992 Verletzung rechtes Knie und Wirbelsäule) zu den degenerativen Veränderungen (Arthrosen und Spondylosen) und damit verbundenen
Funktionseinschränkungen geführt. Dieser überzeugenden Einschätzung schließt sich der Senat an. Ein Kausalzusammenhang zur
Haft im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit lässt sich damit nicht feststellen. Letztlich hat auch Dr. K. als behandelnder
Orthopäde am 11. Januar 1996 angegeben, der Kläger leide seit ca. 20 Jahren an Beschwerden der Wirbelsäule. Danach ist erstmals
Mitte der 70er Jahre, also über zehn Jahre nach der Haft, diese Erkrankung aufgetreten. Damit sprechen auch die fehlenden
Brückensymptome gegen einen kausalen Zusammenhang zur Haft.
Der geltend gemachte Haarverlust und die Glatzenbildung können auch nicht als Schädigungsfolgen anerkannt werden. Der Vortrag
des Klägers, er habe sich jeden Tag die durch den Schweiß am Helm angefrorenen Haare ausgerissen, erscheint schon wenig nachvollziehbar.
Denn es hätte nahe gelegen, jedenfalls in der Folgezeit, den Helm erst dann abzusetzen, wenn der Schweiß wieder angetaut war.
Selbst wenn durch das Ausreißen der Haare eine Schädigung eingetreten war, kann hier nicht von einer dauerhaften Behinderung
ausgegangen werden. Denn es liegt keine ärztliche Feststellung vor, wonach die herausgerissenen Haare nach der Haftentlassung
nicht wieder nachgewachsen sind. Keiner der behandelnden Ärzte hat einen dauerhaften traumatischen Haarverlust festgestellt.
Einem solchen widerspricht auch das Foto im Schwerbehindertenausweis des Klägers aus dem Jahre 1982, das diesen mit vollem
Kopfhaar zeigt.
Auch die vom Kläger geltend gemachten internistischen Erkrankungen sind keine Folgen der zu Unrecht erlittenen Haft. Für diese
Jahrzehnte nach der Haft aufgetretenen internistischen Erkrankungen haben weder die behandelnden Ärzte noch die Sachverständigen
einen medizinischen Anknüpfungspunkt zur Haft aufzeigen können. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an. Internistische
Erkrankungen wurden nicht während der Haft dokumentiert. Bei der Abschlussuntersuchung am 9. April 1993 wurde ein guter Allgemein-
und Ernährungszustand festgestellt. Die Haut- und Schleimhäute, die Lunge, das Herz-Kreislauf-System und die Nieren seien
unauffällig gewesen. Auch in der Folgezeit sind internistische Erkrankungen durch die behandelnden Ärzte nicht mit der Haft
in Verbindung gebracht worden. Insoweit hat der Kläger selbst vorgetragen, entsprechende ärztliche Unterlagen und damit dokumentierte
Brückensymptome seien nicht vorhanden, weil auch die nach der Haft von ihm aufgesuchten Ärzte alles umgeschrieben hätten.
Ein Kausalzusammenhang zur Haft kann damit auch nicht unter Berücksichtigung des Beweismaßstabes der hinreichenden Wahrscheinlichkeit
festgestellt werden.
Darüber hinaus ist hinsichtlich der einzelnen geltend gemachten internistischen Erkrankungen Folgendes festzustellen: Soweit
der Kläger eine Herzerkrankung geltend macht, ist dem entgegenzuhalten, dass die vom ihm geschilderten Herzrhythmusstörungen
vor dem Bericht der Lungenklinik L. vom 1. Dezember 2012 ärztlicherseits nicht nachgewiesen sind. In keinem der älteren Berichte
der behandelnden Ärzte findet sich diese Diagnose. Auch Prof. Dr. L. hat aufgrund seiner Untersuchungen (EKG und Echokardiographie)
Herzrhythmusstörungen ausdrücklich verneint. Für die von Dipl.-Med. G. diagnostizierte latente kardiale Insuffizienz finden
sich nach den übereinstimmenden gutachtlichen Einschätzungen von Prof. Dr. K. und Prof. Dr. L. keine Hinweise auf einen Zusammenhang
zur Haft. Selbst wenn ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der jetzt vorliegenden Herzerkrankung und der Haftzeit unterstellt
würde, reicht dies nicht aus, um eine Schädigungsfolge zu begründen. Denn neben einem zeitlichen Zusammenhang ist ein enger
innerer Zusammenhang mit dem politischen Gewahrsam erforderlich (Lilienfeld in Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht,
§ 4 HHG Rn. 4). Gewahrsameigentümlich sind nur Belastungen und Zwangslagen, die unter vergleichbaren normalen Verhältnissen nicht
vorkommen. Solche Belastungen sind weder vom Kläger vorgetragen noch ansatzweise erkennbar. Gleiches gilt für die geltend
gemachte Magen-Darm-Erkrankung. Beide internistischen Sachverständigen haben einen Zusammenhang zur Haft verneint. Prof. Dr.
L. hat hinsichtlich der Magen-Darm-Probleme vielmehr die Fettleber des übergewichtigen Klägers als Auslöser dieser Erkrankung
angesehen. Im Übrigen hat der Kläger selbst angegeben, wegen seiner guten Konstitution habe er die schweren Arbeitsnormen
erfüllen können. Auch die während der Haft erstellte Wiegekarte gibt keinen Hinweis auf eine Unter- bzw. Mangelernährung,
die als gewahrsameigentümlich einen entsprechenden Zusammenhang begründen könnte. Soweit der Kläger eine Lebererkrankung geltend
macht, ist darauf hinzuweisen, dass lediglich eine Fettleber diagnostisch gesichert ist, als deren Ursache nach den nachvollziehbaren
Einschätzungen der Sachverständigen ebenfalls das Übergewicht des Klägers angesehen wird. Eine Nierenschädigung bzw. Einschränkungen
der Nierenfunktion hat Prof. Dr. K. ausdrücklich verneint, auch im Ultraschalluntersuchungsbefund vom Dezember 1994 waren
beide Nieren sowie die Galle unauffällig. Die am 6. September 2002 von Dipl.-Med. G. diagnostizierte chronische Cholezystitis
(Gallenblasenentzündung) ist nach ihrer Einschätzung ebenfalls auf die Fettleber zurückzuführen und damit nicht schädigungsbedingt.
Selbst unter der Annahme, der Kläger habe während der Haft Nierenschmerzen und Blut im Urin gehabt, lässt sich daraus keine
dauerhafte Schädigungsfolge ableiten. Denn wenn zu diesem Zeitpunkt eine akute Erkrankung vorlegen haben sollte, hat diese
keinesfalls zu dauerhaften Folgen geführt. Gleichermaßen ist auch der Vortrag des Klägers zu bewerten, wonach er während der
Haft Blut im Stuhl gehabt habe. Da in der Folgezeit keine dem zugrunde liegende Erkrankung festgestellt werden konnte, kann
sich daraus keine Schädigungsfolge ableiten lassen, auch bietet dieser Vortrag keinen Anlass für eine weitere Sachaufklärung.
Ebenso wenig kann eine Atemwegserkrankung auf die Haft zurückgeführt werden. Zwar hat der Kläger davon berichtet, dass er
Kohlen- und Erzstaub eingeatmet habe. Doch findet sich im Bericht der Lungenklinik L. vom 1. Dezember 2012 keine dementsprechende
Diagnose, sodass auch insoweit keine Erkrankung festgestellt werden kann. Schließlich sind die Ausführungen des Klägers zum
Bauchfellriss weder für die Haft- noch in der Folgezeit dokumentiert.
Eine Erhöhung des GdS kann auch nicht wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG erfolgen. Danach ist der GdS höher zu bewerten, wenn der Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung
ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt
der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird (§ 30 Abs. 2 Satz 1 BVG). Das ist insbesondere der Fall, wenn auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte
noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BVG), zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf
erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß
als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind (§ 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BVG), oder die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat (§ 30 Abs. 2. Satz 2 Nr. 3 BVG).
Eine Erhöhung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es vorliegend für die Gewährung einer Beschädigtengrundrente einer Erhöhung
des GdS um mindestens 15 (auf 25) bedürfte. Denn bei dem Kläger liegt aufgrund der anerkannten Schädigungsfolge nur ein GdS
von 10 vor. Insoweit ist zu beachten, dass § 30 Abs. 2 BVG eine Härteregelung ist, nach der nur ausnahmsweise individuelle berufliche Belastungen zur GdS-Erhöhung führen (LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 21. Februar 2013, L 6 VS 4178/10, juris). Es entspricht der ständigen Übung in Verwaltung und Rechtsprechung, bei besonderer beruflicher Betroffenheit regelmäßig
nur eine Erhöhung des GdS um 10 zuzubilligen (LSG Baden-Württemberg, aaO.). § 30 Abs. 2 BVG ist im Zusammenhang mit der in § 31 Abs. 1 BVG getroffenen Grundentscheidung zu sehen, den Beschädigten zuzumuten, weniger erhebliche Minderungen der Erwerbsfähigkeit unentschädigt
hinzunehmen, und eine Entschädigung erst ab einem GdS von 25 zu gewähren. Soll im Einzelfall von der Grundentscheidung, erst
ab einem GdS von 25 Rente zu gewähren, abgewichen werden, müssen besondere Gründe festgestellt werden (LSG Baden-Württemberg,
aaO., m.w.N.). Solche Gründe sind hier nicht erkennbar. So zeigt der Lebenslauf des Klägers keine Einschränkungen, die auf
eine außergewöhnliche Härte schließen lassen, mit denen eine Erhöhung des GdS von 10 auf 25 gerechtfertigt werden könnte.
Der Kläger hat nach der Haft seine zuvor begonnene Ausbildung zum Elektromonteur wieder aufgenommen und die Abschlussprüfung
mit "befriedigend" bestanden. Erst 1966, also drei Jahre nach der Haft, hat er diese Tätigkeit endgültig aufgegeben, um in
der elterlichen Gaststätte zu arbeiten. Trotz seiner psychischen Beeinträchtigung und seiner zu diesem Zeitpunkt bereits schädigungsunabhängig
bestehenden körperlichen Einschränkungen hat er unmittelbar daran anschließend eine Facharbeiterausbildung zum Kellner sowie
eine Ausbildung zum "Verkaufsstellenleiter/Gaststättenleiter" erfolgreich absolvieren können. In der Folgezeit hat er sogar
ein Studium aufgenommen, das er nicht aus gesundheitlichen, sondern aus rein persönlichen Gründen (nach seiner Schilderung
hätte er die elterliche Gaststätte verlassen müssen) aufgegeben hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 SGG).