Sozialversicherungspflicht eines Mitglieds des Vorstandes einer rechtsfähigen gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts
Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
Weisungsgebundenheit im Sinne einer Bindung an den Stifterwillen und an den Konsens mit weiteren Vorstandsmitgliedern
Anforderungen an eine Abgrenzung des Ehrenamts von einer Beschäftigung
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten (noch) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: Beigeladener) in seiner
Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Klägerin vom 13.11.2010 bis zum 31.8.2012 in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV)
und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie vom 1.8.2014 bis zum 31.12.2016 in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
und der sozialen Pflegeversicherung (sPV).
Die Klägerin ist eine rechtsfähige gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts, die der Stiftungsaufsicht nach dem Stiftungsgesetz
des Landes Nordrhein-Westfalen unterliegt. Ihre Zwecke erstrecken sich auf die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie
von sozialen Projekten. Das Stiftungskapital der Klägerin besteht aus einem Anteil von 50 vH am Stammkapital der B GmbH (B
GmbH). Einziges Organ der Stiftung ist der aus drei Personen bestehende Vorstand, der sie leitet und verwaltet sowie gerichtlich
und außergerichtlich durch jeweils zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam vertritt. Für die Beschlussfassung im Vorstand genügt
grundsätzlich die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Der im Juli 1947 geborene Beigeladene war seit dem 12.11.2010 Mitglied des Vorstands. Zu seinen Aufgaben gehörte neben der
strategischen Ausrichtung der Stiftung insbesondere die Projektförderung sowie die ertragssichernde Investition des Stiftungskapitals.
Er traf sich mit den anderen Vorstandsmitgliedern in der Regel an drei festen Tagen in der Woche und nahm darüber hinaus auswärtige
Termine wahr. Bis zum 31.7.2014 war der Beigeladene außerdem Beschäftigter der B GmbH. Seit dem 1.9.2012 bezieht er eine Regelaltersrente.
Laut Satzung der Klägerin (§ 5 Abs 6 der Satzungen 1999, 2011 und § 5 Abs 8 der Satzungen 2012, 2013, 2014) übten die Vorstandsmitglieder
ihr Amt ehrenamtlich aus; sie hatten insoweit in angemessenem Rahmen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen einschließlich
einer "Vergütung" ihres Zeitaufwands. Die konkrete Höhe der finanziellen Zuwendungen ergab sich aus der jeweils gültigen Geschäftsordnung
sowie ergänzenden Vorstandsbeschlüssen. Die pauschale jährliche Tätigkeitsvergütung für den Beigeladenen im Jahr 2011 in Höhe
von 20 000 Euro beruhte nach Einschätzung des Vorstands auf der Bemessungsgrundlage eines Stundensatzes von 75 Euro (Nr 8.4
des Protokolls der Vorstandssitzung vom 29.4.2011). Die Erhöhungen in den folgenden Jahren auf bis zu 60 000 Euro im Jahr
2016 wurden mit den gestiegenen Ertragsausschüttungen aus der Beteiligung an der B GmbH begründet. Die zeitnahe Verwendung
der Mittel bedinge erheblich höhere Zeitaufwendungen und Fahrkosten (Vorstandsbeschlüsse vom 28.6.2013 und 20.5.2015).
Auf Antrag der Klägerin und des Beigeladenen (Mai 2015) stellte die Beklagte im Statusfeststellungsverfahren fest, dass dessen
Tätigkeit als Vorstandsmitglied im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seit 13.11.2010
der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterliege. In der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestehe ab 1.9.2012 Versicherungsfreiheit (Bescheide vom 14.12.2015). Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid
vom 30.5.2016). Während des Klageverfahrens ist Versicherungsfreiheit in der GKV und sPV vom 13.11.2010 bis zum 31.7.2014
(Abänderung vom 4.5.2017) und seit 1.1.2017 (Abänderung vom 18.4.2017) festgestellt worden; entsprechende Teilanerkenntnisse
hat die Klägerin angenommen.
Darüber hinaus sind Klage und Berufung erfolglos geblieben (Urteil des SG Köln vom 4.5.2017; Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen
vom 27.2.2019). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 §7 Nr 31 [Kreishandwerksmeister]) würden Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein
Ehrenamt ausübenden Person und nicht für jedermann frei zugänglich seien, regelmäßig nicht zu der in §
7 Abs
1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit führen. Eine bereichsspezifische Präzisierung dieser Kriterien führe zur abhängigen
Beschäftigung, weil der Beigeladene als Vorstandsmitglied über die Ausübung organschaftlicher Funktionen hinaus weisungsgebunden
(§
86 Satz 1 iVm §
27 Abs
3 und §
665 BGB) Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen habe. Er habe als einfaches Vorstandsmitglied nicht die Rechtsmacht gehabt, ihm
nicht genehme Weisungen des Vorstands jederzeit zu verhindern. Außerdem sei die Tätigkeit nicht objektivierbar aus ideellen
Interessen und ohne Erwerbsabsicht unentgeltlich ausgeübt worden. Die Berechnung und Höhe der Vergütung auf der Grundlage
eines Stundensatzes von 75 Euro sprächen gegen eine unentgeltliche Tätigkeit. Die finanziellen Zuwendungen überträfen alle
für eine Parallelwertung in Betracht kommenden Obergrenzen, zB für die Haftungsprivilegierung von Organmitgliedern eines Vereins
(§
31a Abs
1 Satz 1
BGB), die Steuerfreiheit von Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit (§
3 Nr 26a
Einkommensteuergesetz), die Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Satz 3 Nr 26 Buchst b Umsatzsteuergesetz iVm dem Anwendungserlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 27.3.2013 [BStBl I 2013, 452]), die Entschädigungshöhe für
Mitglieder von Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung oder die monatliche Aufwandsentschädigung für stellvertretende
Bürgermeister (§ 3 Abs 1 Nr 1 iVm § 1 Abs 2 Nr 1 Buchst a der Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder kommunaler
Vertretungen und Ausschüsse vom 5.5.2014 - Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen [GV NRW] S 276 idF
vom 20.6.2017 - GV NRW S 649).
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von §
7 SGB IV sowie der §§
86,
26 BGB. Weisungsfreie Organmitglieder einer Stiftung könnten nicht abhängig beschäftigt sein. Gesetzliche Pflichten eines Organs
seien keine Weisungen. Allein die organisatorische Eingliederung reiche zur Annahme von Beschäftigung nicht aus, sonst könnten
MinderheitsgesellschafterGeschäftsführer mit Sperrminorität niemals selbstständig sein. Unabhängig davon, dass der Beigeladene
nicht in der Lage gewesen sei, die Geschicke der Stiftung gegen den Willen der beiden anderen Vorstandsmitglieder zu lenken,
hätten die Vorstandskollegen kein Recht gehabt, ihm Weisungen zu erteilen. Die Regelungen zum Vorstand eines Vereins, der
in Fragen der Geschäftsführung den Weisungen der Mitgliederversammlung unterworfen sei (§
27 Abs
3 iVm §
665 BGB), seien hier nicht anwendbar, da es weder eine Mitgliederversammlung noch ein anderes weisungsberechtigtes oder kontrollierendes
Organ (zB Stiftungsrat) gebe. Aus den Satzungsregelungen zu den Aufgaben und der Vertretungsbefugnis des Vorstands sowie zur
Abberufung eines Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund ergebe sich auch keine Weisungsgebundenheit. Die Geschäftsordnung
enthalte nur Modalitäten zur Vergütung. Ein Dienstvertrag sei nie geschlossen worden. Fehle es - wie hier - vollkommen an
einer Weisungsgebundenheit, könne diese auch nicht verfeinert sein.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Februar 2019 und des Sozialgerichts Köln vom 4. Mai 2017
sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2016 und der Bescheide
vom 18. April 2017 und 4. Mai 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied
der Klägerin vom 13. November 2010 bis zum 31. August 2012 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie vom 1. August 2014 bis zum 31. Dezember 2016 nicht der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Grundsätze aus der Entscheidung des BSG vom 16.8.2017 (B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31 [Kreishandwerksmeister]) zu organschaftlichen Tätigkeiten der funktionalen Selbstverwaltung seien
auf Ehrenämter bei privatrechtlichen juristischen Personen nicht übertragbar, weil es insoweit an vergleichbaren speziellen
gesetzlichen Rahmenbedingungen fehle.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet (§
170 Abs
1 Satz 1
SGG). Das LSG hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.5.2016
und der Bescheide vom 18.4.2017 sowie 4.5.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene
war im streitgegenständlichen Zeitraum in seiner Tätigkeit als einfaches Vorstandsmitglied der Klägerin abhängig zu Erwerbszwecken
beschäftigt (dazu A.). Er unterlag deshalb vom 13.11.2010 bis zum 31.8.2012 der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem
Recht der Arbeitsförderung sowie vom 1.8.2014 bis zum 31.12.2016 der Versicherungspflicht in der GKV und sPV (dazu B.).
A. 1. Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild
zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als
Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau
mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander
abgewogen werden.
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit
der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt
der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit
vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung
notwendig machen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 7.6.2019 - B 12 R 6/18 R - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44, RdNr 13 f mwN).
2. Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten grundsätzlich auch für Tätigkeiten, die mit der Organstellung innerhalb einer juristischen
Person verbunden sind; auch Vorstandsmitglieder können abhängig Beschäftigte sein (vgl zB BSG Urteil vom 22.8.1973 - 12 RK 27/72 - juris [Vorstandsmitglied einer eingetragenen Genossenschaft]; BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 33/76 - BSGE 47, 201 = SozR 2200 § 165 Nr 32 [Verbandsvorsteher eines Wasser- und Bodenverbands]; BSG Urteil vom 15.12.1983 - 12 RK 57/82 - SozR 2200 § 165 Nr 73 sowie BSG Urteil vom 19.6.2001 - B 12 KR 44/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 18 [Vorstandsmitglied eines Vereins]; BSG Urteil vom 12.1.2011 - B 12 KR 17/09 R - BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr 6 [Vorstandsmitglied einer ausländischen Kapitalgesellschaft). Eine versicherungspflichtige abhängige
Beschäftigung ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung
einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Der Zugehörigkeit zu den Beschäftigten der juristischen Person
steht auch nicht entgegen, dass Leitungsorgane im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr;
vgl BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 19).
Die nur für Mitglieder des Vorstands einer AG geltenden Regelungen zur Versicherungsfreiheit (§
1 Satz 3 [früher Satz 4]
SGB VI, hier idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung des
SGB VI und anderer Gesetze vom 27.12.2003 [BGBl I 3013]; §
27 Abs
1 Nr
5 Satz 1
SGB III) finden auf Vorstände anderer Rechtsformen des Gesellschaftsrechts grundsätzlich keine Anwendung (zu den eng begrenzten Ausnahmen
vgl zuletzt BSG Urteil vom 7.7.2020 - B 12 R 19/18 R - juris, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen); aus dem Ausnahmecharakter der Vorschriften wird ersichtlich,
dass Vorstandsmitglieder jedenfalls nicht ohne Weiteres außerhalb der Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigte stehen
(vgl BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 33/76 - BSGE 47, 201, 205 = SozR 2200 § 165 Nr 32 S 40 = juris RdNr 20 mwN; BSG Urteil vom 19.6.2001 - B 12 KR 44/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 66 = juris RdNr 21).
Eine organschaftliche Stellung kann jedoch als ehrenamtliche Tätigkeit einzuordnen sein. Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss
der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und auch nicht für jedermann frei zugänglich sind, führen
regelmäßig nicht zu der in §
7 Abs
1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit. Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist dabei nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt;
sie erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit (BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 26 [Kreishandwerksmeister]). Diese vom Senat zur Vorstandstätigkeit bei einer Körperschaft
des öffentlichen Rechts entwickelten Maßstäbe gelten auch im Falle juristischer Personen des Privatrechts (vgl BSG aaO RdNr 30). Allerdings ist bei der erforderlichen objektiven Abgrenzung den jeweiligen bereichsspezifischen Umständen des
Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung Rechnung zu tragen.
3. Ausgehend von diesen Grundätzen ist das LSG bei seiner Abwägung zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Indizien für
eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen überwiegen. Der Beigeladene war ungeachtet eines fehlenden schriftlichen Anstellungsvertrags
(dazu a) in den Betrieb der Stiftung in funktionsgerecht dienender Teilhabe eingegliedert (dazu b) und stellte der Klägerin
seine Arbeitskraft ohne eigenes wirtschaftliches Risiko gegen eine Vergütung (dazu c) zur Verfügung. Ein die Beschäftigung
ausschließendes Ehrenamt im Sinne einer unentgeltlichen Verfolgung ideeller Zwecke lag nicht vor (dazu d).
a) Allein das Fehlen eines gesonderten schriftlichen Dienstvertrags über die Wahrnehmung der Vorstandstätigkeit hat für die
sozialversicherungsrechtliche Einordnung keine Bedeutung. Neben der Bestellung als Organ einer juristischen Person wird zwar
regelmäßig auch ein Anstellungsvertrag abgeschlossen (sog Trennungstheorie; vgl bereits BGH Urteil vom 11.7.1953 - II ZR 126/52 - BGHZ 10, 181 [Vorstand einer AG]). Dies gilt insbesondere, wenn eine Vergütung gezahlt werden soll (vgl zum Meinungsstand im Körperschafts-
und Stiftungsrecht Markworth, ZGR 2020, 832, 846 f, der selbst grundsätzlich von einem rein organschaftlichen Sonderverhältnis des Vorstandsmitglieds zur Stiftung ausgeht;
vgl Schlüter in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl 2021, §
86 BGB RdNr 2; Schwennicke in Staudinger/Schwennicke,
BGB, Neubearb 2019, §
27 RdNr 118: einfache Bestellung nur ausreichend bei ehrenamtlicher, unentgeltlicher Vorstandstätigkeit). Der Begriff der Beschäftigung
iS von §
7 Abs
1 SGB IV ist aber nicht von der Art der Rechtsgrundlage abhängig. Er setzt weder ein (faktisches) Arbeitsverhältnis noch einen zivilrechtlichen
Vertrag voraus (vgl BSG Urteil vom 27.3.1980 - 12 RK 56/78 - SozR 2200 § 165 Nr 44 S 60 = juris RdNr 15; Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IV, 3. Aufl 2016, Stand 22.10.2020, §
7 RdNr 58 unter Hinweis auf hauptamtliche Beamte oder Richter, die trotz öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses
zu den Beschäftigten des Sozialversicherungsrechts gehören). Eine versicherungspflichtige Beschäftigung kann auch dann vorliegen,
wenn die Verwaltungsgeschäfte einem Vorstandsmitglied allein durch Satzung übertragen worden sind (vgl BSG Urteil vom 22.8.1973 - 12 RK 27/72 - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 15.12.1983 - 12 RK 57/82 - SozR 2200 § 165 Nr 73 S 115 = juris RdNr 11). Es kann daher dahinstehen, ob hier ein Vertrag konkludent geschlossen worden ist. Die statusrechtliche
Beurteilung richtet sich insbesondere am Inhalt der Satzung aus.
b) Der Beigeladene war auf der Grundlage der den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (vgl §
163 SGG) in den Betrieb der Klägerin in funktionsgerecht dienender Teilhabe eingegliedert. Seiner persönlichen Abhängigkeit steht
nicht entgegen, dass hier Weisungsrechte nicht ausdrücklich geregelt und die Vorstandsmitglieder keinen anderen Organen unterworfen
waren (dazu aa). Denn der Beigeladene unterlag bei seiner in die Stiftungsorganisation eingebundenen Aufgabenerfüllung dem
Willen des Stifters sowie der weiteren Vorstandsmitglieder (dazu bb). Die Rechtsmacht, ihm nicht genehme Beschlüsse des Vorstands
zu verhindern, hatte er nicht (dazu cc).
aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin stehen Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb weder in einem Rangverhältnis
zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht
einher. Die in §
7 Abs
1 Satz 2
SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also
im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl hierzu und zur Abgrenzung
zu §
611a BGB näher BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 29 f). Eine persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten gegenüber einem Arbeitgeber kann daher
auch allein durch die funktionsgerecht dienende Eingliederung in einen Betrieb gekennzeichnet sein (vgl bereits BSG Urteil vom 22.8.1973 - 12 RK 27/72 - juris RdNr 15 [Vorstandsmitglied einer Genossenschaft]).
Zum Weisungsverhältnis weist die Klägerin zutreffend daraufhin, dass ihre Satzung dazu keine ausdrückliche Bestimmung trifft.
Sie enthält lediglich allgemeine Vorgaben etwa zur Projektförderung (§ 2 der Satzung) sowie Vermögensanlage und -verwendung
(§§ 3, 4 der Satzung) entsprechend dem Stiftungszweck und verweist auf die Stiftungsaufsicht zwecks Einhaltung allgemeiner
Rechtsregeln (§
14 der Satzung). Daraus allein folgt noch keine Weisungsunterworfenheit iS des §7 Abs
1 Satz 2
SGB IV (vgl BSG Urteil vom 25.4.2012 - B 12 KR 24/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 19 zu Anordnungen der Aufsichtsbehörde im Jugendhilferecht). Es handelt sich dabei um eine reine
Rechtsaufsicht (vgl § 6 Abs 1 Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen [StiftG NRW] vom 15.2.2005 [GV NRW S 52]),
die es nicht erlaubt, Zweckmäßigkeitserwägungen des Vorstands zu ersetzen (vgl Markworth, ZGR 2020, 832, 840 f). Der Vorstand der Klägerin ist als deren einziges - notwendiges - Organ (vgl §
86 Satz 1 iVm §
26 BGB) auch nicht von einem anderen Organ abhängig. Von der fakultativen Einrichtung eines beratenden oder die Wirtschaftlichkeit
bzw Zweckmäßigkeit überwachenden Kontrollorgans (zB Kuratorium oder Stiftungsrat; vgl Hüttemann/Rawert in Staudinger/Hüttemann,
BGB, Neubearb 2017, §
81 RdNr 74) wurde nicht Gebrauch gemacht. Da die Stiftung - anders als ein Verein - keine Mitglieder und auch keine Anteilseigner
hat, liegen die Willensbildung, die gesamte Geschäftsführung und auch die interne Überwachung hier allein beim Vorstand.
bb) Der Beigeladene konnte dennoch nicht unabhängig nach eigenem Gutdünken handeln. Bei seiner Aufgabenerfüllung war er an
den Stifterwillen sowie vor allem an den Konsens mit den weiteren Vorstandsmitgliedern gebunden und dadurch - fremdbestimmt
- in funktionell dienender Teilhabe in den Betrieb eingegliedert.
In dem besonderen organisatorischen Rahmen einer rechtsfähigen Stiftung hat der (objektivierte) Stifterwille absoluten Vorrang.
Er ist die oberste Richtschnur für das Handeln des Vorstands (Primat des Stifterwillens; vgl §§ 4, 8 Abs 1 StiftG NRW; vgl
BVerfG Beschluss vom 11.10.1977 - 2 BvR 209/76 - BVerfGE 46, 73 = juris RdNr 25; BGH Urteil vom 22.1.1987 - III ZR 26/85 - BGHZ 99, 344 = juris RdNr 22 mwN). Der Vorstand nimmt damit von vornherein lediglich eine treuhänderische Funktion wahr (vgl Hüttemann/Rawert
in Staudinger/Hüttemann,
BGB, Neuberarb 2017, §
86 RdNr 24), die er bei seiner Beschlussfassung zu beachten hat.
Zudem war der Beigeladene nicht nur an der Willensbildung des Vorstands beteiligt, sondern insbesondere auch operativ tätig.
Er war aufgrund der umfassenden Stellung des Vorstands nicht nur Teil des "Willensorgans", sondern auch des "Verwaltungsorgans"
(vgl BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 33/76 - BSGE 47, 201, 206 = SozR 2200 § 165 Nr 32 S 41 = juris RdNr 21). Seine Tätigkeit umfasste die Geschäftsführung, dh das gesamte Tätigwerden
zur Förderung des Stiftungszwecks sowohl in rechtsgeschäftlicher wie in tatsächlicher Hinsicht. Dazu zählte ua die Bearbeitung
und Begleitung der Projektförderung sowie die Anlage und kaufmännische Verwaltung des Stiftungskapitals. Für das insoweit
erforderliche rechtsgeschäftliche Handeln des Beigeladenen nach außen war wegen der vorgesehenen Gesamtvertretung durch jeweils
zwei Vorstandsmitglieder (§
86 Satz 1 iVm §
26 Abs
2 Satz 1
BGB, §
7 Satz 2 der Satzung) die Einwilligung oder Genehmigung eines weiteren Vorstandsmitglieds erforderlich. Dadurch war der Beigeladene
grundsätzlich zur wechselseitigen Absprache verpflichtet (vgl Otto in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-
BGB, 9. Aufl 2020, §
26 RdNr 41, Stand der Einzelkommentierung 1.5.2020).
Nach §
86 Satz 1
BGB (idF des Gesetzes zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen
vom 24.9.2009 [BGBl I 3145]) findet außerdem grundsätzlich auch §
27 Abs
3 BGB (idF der Bekanntmachung vom 2.1.2002 [BGBl I 42]) auf Stiftungen entsprechende Anwendung. Damit sind im Innenverhältnis auf
die Geschäftsführung des Stiftungsvorstands die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§
664 bis
670 BGB entsprechend anzuwenden. Aus §
665 BGB (idF der Bekanntmachung vom 2.1.2000 [BGBl I 42]), wonach der Beauftragte nur unter bestimmten Umständen von den Weisungen
des Auftraggebers abweichen darf, ergibt sich, dass ein Beauftragter grundsätzlich an die Weisungen des Auftraggebers gebunden
ist (Otto in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-
BGB, 9. Aufl 2020, §
665 RdNr 7, Stand der Einzelkommentierung 1.2.2020). Diese Regelung läuft zwar insoweit für den Vorstand einer Stiftung leer,
als im Stiftungsrecht - anders als im Vereinsrecht mit der Mitgliederversammlung - kein weiteres Organ als "Auftraggeber"
existiert, zu dem der Vorstand in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen könnte (vgl Markworth, ZGR 2020, 832, 837; Weitemeyer in MüKo
BGB, 8. Aufl 2018, §
86 RdNr 22; Hüttemann/Rawert in Staudinger/Hüttemann,
BGB, Neubearb 2017, §
86 RdNr 24). Gleichwohl hatte der Beigeladene bei seiner eigenen geschäftsführenden Tätigkeit die Beschlüsse des Vorstands zu
beachten. Denn die Organbefugnisse stehen dem Stiftungsorgan selbst und nicht den einzelnen Organmitgliedern persönlich zu
(vgl Beuthien, NJW 1999, 1142, 1143). Vorliegend bestimmte der Stiftungsvorstand ua über die Höhe von Förderungsleistungen (§ 11 Abs 2 der Satzung). Außerdem
erstellte er vor Beginn des Geschäftsjahres den Wirtschaftsplan, bei dem es sich auftragsrechtlich grundsätzlich um eine allgemeine
Weisung handelt (Otto in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-
BGB, 9. Aufl 2020, §
27 RdNr 45, Stand der Einzelkommentierung 8.5.2020), sowie abschließend die Jahresabrechnung (§ 6 der Satzung, § 2 der Geschäftsordnung).
An die dadurch gesetzten Vorgaben war der Beigeladene bei der Ausführung der laufenden Geschäfte grundsätzlich gebunden (vgl
BSG Urteil vom 15.12.1983 - 12 RK 57/82 - SozR 2200 § 165 Nr 73 S 116 = juris RdNr 13; anders BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 22 bei einem die Beschlüsse des Vorstands nicht ausführenden Kreishandwerksmeister).
Dass es sich dabei um Bindungen innerhalb eines Organs handelt, ist der besonderen Organisation der Stiftung geschuldet und
spricht nicht gegen die persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen. Gerade weil weitere Kontrollorgane nicht bestanden, ist
die Gesamtverantwortung des Kollegialorgans von besonderer Bedeutung. Anderenfalls würde der Wille des Stifters, die Verwaltung
der Stiftung einem Vorstand aus drei Personen zu übertragen (§ 5 Abs 1 der Satzung), missachtet. Die besondere Bedeutung der
gebündelten Verantwortung und Kontrolle durch den Vorstand zeigt sich auch in der durch Vorstandsbeschluss vom 2.3.2012 geänderten
Satzung, wonach ein Vorstandsmitglied aus wichtigem Grund mit einer 2/3-Mehrheit der Mitglieder des Vorstands abberufen werden
kann (§ 5 Abs 4). Sie wird auch durch die wöchentliche Teilnahme an Besprechungen oder Besichtigungen und die einvernehmliche
Abstimmung des Urlaubs (§ 6 der Geschäftsordnung) deutlich. Auch wenn die Bindung des Beigeladenen an die Beschlüsse des Vorstands
nach außen nur wenig hervorgetreten sein mag oder in der Praxis tatsächlich bedeutungslos war, war sie rechtlich beachtlich
und damit nach dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände zu berücksichtigen
(vgl BSG Urteil vom 8.7.2020 - B 12 R 2/19 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 17 mwN).
cc) Der eigene Einfluss des Beigeladenen auf die interne Willensbildung des Vorstands der Klägerin war nicht von ausschlaggebender
Bedeutung, weil er als einfaches Vorstandsmitglied im dreiköpfigen Gremium bei Beschlussfassungen mit einfacher Stimmenmehrheit
jederzeit überstimmt werden konnte (§
86 Satz 1 iVm §§
28,
32 Abs
1 Satz 3
BGB, §
8 der Satzung); allein bei Änderungen der Satzung (§
12 der Satzung) oder der Geschäftsordnung (§ 7 Abs 1 der Geschäftsordnung) war Einstimmigkeit erforderlich. Nur ein Einfluss,
der jeden missliebigen Beschluss des Vorstands verhindern kann, wäre aber ein wesentliches Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen
Tätigkeit (so bereits BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 33/76 - BSGE 47, 201, 206 = SozR 2200 § 165 Nr 32 S 41 = juris RdNr 22). Insoweit unterscheidet sich die Stellung des Beigeladenen von derjenigen
eines GmbH-Geschäftsführers mit Sperrminorität, der in der Lage ist, ihm nicht genehme Weisungen an sich zu verhindern (vgl
zum Kriterium der umfassenden Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung bei der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung
eines GmbH-Geschäftsführers zuletzt BSG Urteil vom 8.7.2020 - B 12 R 2/19 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris RdNr 20).
c) Für eine Beschäftigung spricht ferner die Zahlung einer festen jährlichen Vergütung (vgl dazu auch d). Ein die selbstständige
Tätigkeit charakterisierendes Unternehmerrisiko ist für Vorstandsmitglieder einer gemeinnützigen Stiftung nicht ersichtlich.
Der Beigeladene handelte weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung. Mit seinen Entscheidungen, zB über Kapitalinvestitionen,
konnte er allenfalls für die Stiftung, nicht aber für sich selbst ein Geschäftsrisiko eingehen. Eine ihn persönlich treffende
Gefahr der Haftung für durch schuldhaftes Verhalten entstandene Schäden begründet kein Unternehmerrisiko (vgl BSG Urteil vom 19.6.2001 - B 12 KR 44/00 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 18 S 65 = juris RdNr 17 mwN).
d) Der beschäftigungstypischen Eingliederung des Beigeladenen in die Organisation der Klägerin steht auch nicht entgegen,
dass die Vorstandsmitglieder ihr Amt nach den Bestimmungen der Satzung ehrenamtlich ausübten (§ 5 Abs 6 bzw 8 der Satzung).
Der in der Entscheidung des Senats vom 16.8.2017 (B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 26) aufgestellte Grundsatz, die organschaftliche Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person
führe regelmäßig nicht zu einer persönlichen Abhängigkeit iS des §
7 Abs
1 SGB IV, greift hier nicht. Die Tätigkeit des Beigeladenen erhielt ihr Gepräge nicht durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit.
Bei objektiver Betrachtung lag keine ehrenamtliche, sondern vielmehr eine entgeltliche Tätigkeit zu Erwerbszwecken vor.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 16.8.2017 ausführlich dargelegt hat (B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 26 ff), ist die Entgeltlichkeit zwar kein absolut zwingendes Kriterium einer abhängigen Beschäftigung,
jedoch für diese Typus bildend, denn regelhaft liegt der Ausübung einer Beschäftigung ein Erwerbszweck zugrunde. Das Versicherungsverhältnis
als solches erfordert, dass aus der Beschäftigung Erwerbseinkommen erzielt wird, aus dem sozial angemessene Beiträge zur Finanzierung
des jeweiligen Systems geleistet werden können. Demgegenüber ist die Unentgeltlichkeit des Ehrenamtes Ausdruck dafür, dass
keine maßgebliche Erwerbsabsicht im Vordergrund steht. Dies ist im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG (vgl Urteil vom
29.8.2012 - 10 AZR 499/11 - BAGE 143, 77) insbesondere der Fall, wenn Tätigkeiten ihrer Art oder den Umständen nach mit keiner berechtigten Vergütungserwartung verbunden
sind. Finanzielle Zuwendungen schließen die Unentgeltlichkeit nicht aus, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkrete oder
pauschal berechnete Aufwände abdecken oder zum Ausgleich für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall erbracht werden (vgl auch
BFH Urteil vom 31.1.2017 - IX R 10/16 - BFHE 256, 250 [Zuwendungen für eine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter]). Die Erwerbsmäßigkeit beurteilt sich dabei nicht aus der subjektiven
Sicht des Einzelnen; das ehrenamtliche Engagement ist objektiv abzugrenzen. Dazu ist zu klären, was vom ehrenamtlich Tätigen
im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung - von Aufwandsentschädigung
und Aufwendungsersatz abgesehen - ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann. Die Verrichtung von Tätigkeiten
zur Verfolgung eines ideellen Zwecks ohne Erwerbsabsicht muss objektiv erkennbar vorliegen; die gewährte Aufwandsentschädigung
darf sich nicht als verdeckte Entlohnung einer Erwerbsarbeit darstellen.
Nach diesen Maßstäben ist hier von einer Erwerbsabsicht auszugehen. Mit ihren Satzungsregelungen und Geschäftsordnungen weicht
die Klägerin schon von dem für Vorstandsmitglieder eines Vereins geltenden Grundsatz der Unentgeltlichkeit iS von §
86 iVm §
27 Abs
3 und §
670 BGB (idF der Bekanntmachung vom 2.1.2002 [BGBl I 42]) ab (dazu aa). Bei den Zuwendungen an den Beigeladenen auf der Bemessungsgrundlage
eines Stundensatzes handelt es sich beitragsrechtlich weder um einen Aufwendungsersatz noch um eine Aufwandsentschädigung,
sondern der Art nach um eine (verdeckte) Entlohnung (dazu bb). Auch der Umfang der finanziellen Zuwendungen lässt im Rahmen
einer Evidenzkontrolle keinen anderen Schluss zu (dazu cc).
aa) Die Satzung der Klägerin weicht schon von der normativen Erwartung des Vereins- und Stiftungsrechts ab, wonach Vorstandsmitglieder
unentgeltlich tätig sind. Mit Wirkung vom 1.1.2015 wurde die nach §
86 Satz 1
BGB für Stiftungsvorstände entsprechend anwendbare Vorschrift des §
27 Abs
3 BGB durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz) vom 21.3.2013 (BGBl I 556) um Satz 2 wie folgt ergänzt:
"Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig." Dabei handelte es sich laut Gesetzesbegründung um eine Klarstellung,
weil sich die Unentgeltlichkeit der Vorstandstätigkeit bereits aus der Verweisung auf das Auftragsrecht ergeben würde (Entwurf
der Bundesregierung eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts vom 2.11.2012, BR-Drucks 663/12 S 23
zu Nr 1). Das Auftragsrecht sieht in §
670 BGB nur einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen vor. Aufwendungen in diesem Sinn sind "alle Vermögensopfer
mit Ausnahme der eigenen Arbeitszeit und Arbeitskraft", wie zB Reisekosten, Post- und Telefonspesen, zusätzliche Beherbergungs-
und Verpflegungskosten etc. Sie sind erstattungsfähig, soweit sie tatsächlich angefallen, für die Ausführung der übernommenen
Tätigkeit erforderlich sind und sich in einem angemessenen Rahmen halten (vgl BGH Urteil vom 14.12.1987 - II ZR 53/87 - juris RdNr 7). Pauschalen, die nicht tatsächlich entstandenen Aufwand abdecken, sind vom Aufwendungsersatz iS der §§
27 Abs
3,
670 BGB ebenso wenig erfasst wie Beträge dafür, dass der Beauftragte durch die Übernahme seines Amtes zeitweise verhindert ist, seine
Arbeitskraft im eigenen Beruf oder Unternehmen einzusetzen (vgl BGH Urteil vom 14.12.1987 - II ZR 53/87 - juris RdNr 7). Mit den Rahmenregelungen in § 5 Abs 6 der Satzungen 1999, 2011 und § 5 Abs 8 der Satzungen 2012, 2013 sowie
der jeweiligen Umsetzung in § 3 der Geschäftsordnung wird deshalb nach zivilrechtlichen Maßstäben nicht ein Aufwendungsersatz,
sondern eine Entlohnung bestimmt und damit von den - allerdings dispositiven (vgl §
86 BGB) - Regelungen im
BGB abgewichen. Damit hat sich die Klägerin von der im Vereinsrecht normativ vorausgesetzten Unentgeltlichkeit gelöst.
bb) Die finanzielle Zuwendung an den Beigeladenen stellt ihrer Art nach eine Vergütung dar, die auch den weiteren Maßstäben
des Ehrenamtes im Beitragsrecht nicht genügt. Die Satzung sieht nach ihrem Wortlaut für die Vorstandsmitglieder einen "Anspruch
auf Erstattung ihrer Aufwendungen einschließlich einer Vergütung ihres Zeitaufwands" vor. Wie das LSG festgestellt hat, beruht
die Bemessung der jeweiligen jährlichen Zuwendungen auf einem Stundensatz von 75 Euro, dem geschätzten zeitlichen Aufwand
(Nr 8.4 des Protokolls der Vorstandssitzung vom 29.4.2011) und der Höhe der zu vergebenden Stiftungsmittel (vgl Vorstandsbeschlüsse
vom 28.6.2013 und 20.5.2015). Damit knüpft die Klägerin nicht an die konkrete Höhe bestimmter tatsächlich entstandener Sachaufwendungen,
sondern an den zeitlichen Einsatz der Vorstandsmitglieder als Arbeitskräfte für die Stiftung an. Es kann hier dahinstehen,
inwieweit finanzielle Zuwendungen auch eine Entschädigung für Verdienstausfall enthalten können, ohne dass Erwerbsabsicht
nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben noch verneint werden kann (vgl BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 33). Denn aus den Feststellungen des LSG ergibt sich nicht der Ersatz entgangenen Verdienstes
wegen einer "unterlassenen" Tätigkeit, sondern vielmehr eine (grundsätzlich beitragspflichtige) "Vergütung" als Gegenleistung
für die aktiv in der Vorstandstätigkeit aufgewendete Zeit (zur Abgrenzung von Verdienstausfall und Verdienst vgl Kluth, NZS
2018, 553, 558). Anhaltspunkte für einen Verdienstausfall im Erwerbsleben sind hier auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Beigeladene
umgekehrt im Hinblick auf die zugleich bestehende Erwerbstätigkeit bei der B GmbH auf eine erhöhte Zuwendung für die Jahre
2013 und 2014 verzichtet (vgl Vorstandsbeschluss vom 28.6.2013).
cc) Spricht hier bereits die Bemessung der gewährten Zuwendungen für eine Vergütung, könnte nur dann dennoch von einer ehrenamtlichen
Entschädigung "honoris causa" oder zum Ausgleich von Beschwernissen und Einbußen ausgegangen werden, wenn dies aufgrund ihres
Umfangs evident wäre. Dafür müssten sich die finanziellen Zuwendungen deutlich von einer Gegenleistung für geleistete Arbeit
unterscheiden. Dies könnte bei Zuwendungen naheliegen, die sich erkennbar an einer normativen Ehrenamtspauschale ausrichten
oder einer solchen in etwa gleichkommen. Das ist hier nicht ersichtlich. Eine Orientierung an einer Ehrenamtspauschale ist
weder der Satzung oder der Geschäftsordnung zu entnehmen noch aufgrund der Höhe des Stundensatzes oder der jährlichen Gesamtvergütung
zu erkennen. Das LSG hat insoweit einen Vergleich mit verschiedenen normativen Grenzbeträgen gezogen und festgestellt, dass
diese zweifellos überschritten sind. Ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber keine allgemeingültigen Obergrenzen zur Abgrenzung
des Ehrenamtes von der Beschäftigung geregelt hat und solche bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung auch nicht von der Rechtsprechung
vorgegeben werden können, ist dieser Ansatz des LSG als nachvollziehbare Evidenzkontrolle nicht zu beanstanden.
Dass der Beigeladene neben den eigenen Interessen auch gemeinnützige Interessen verfolgt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Ein Nebeneinander von ehrenamtlicher Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung (vgl zu dieser Möglichkeit bei überobligatorischer
Aufgabenerfüllung BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 34; Schlegel in Küttner, Personalbuch 2020, 27. Aufl, Stichwort Aufwandsentschädigung RdNr
25) würde eine Trennbarkeit nach Aufgaben und Vergütung voraussetzen.
B. Da der Beigeladene im streitigen Zeitraum gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war, unterlag er grundsätzlich der Versicherungspflicht
in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
5 Abs
1 Nr
1 SGB V; §
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI sowie §
20 Abs
1 Satz 1, Satz 2 Nr
1 SGB XI idF des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006 [BGBl I 926]; §
25 Abs
1 Satz 1
SGB III). Die Versicherungspflicht trat nicht erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten, sondern mit Aufnahme der Tätigkeit
ein, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats danach gestellt wurde (vgl §
7a Abs
6 SGB IV). Die Rentenversicherungspflicht des Beigeladenen entfiel nach §
5 Abs
4 Satz 1 Nr
1 SGB VI (idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002 [BGBl I 754]) mit Bezug der Vollrente ab 1.9.2012. Mit Ablauf des Monats August 2012,
in dem der Beigeladene die Regelaltersgrenze - hier mit 65 Jahren und einem Monat (§
235 Abs
2 Satz 2
SGB VI) - erreicht hatte, wurde er auch nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungsfrei (§
28 Abs
1 Nr
1 SGB III idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen
der GRV [RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz] vom 20.4.2007 [BGBl I 554]). Versicherungsfreiheit in der GKV und sPV wegen Überschreitens
der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§
6 Abs
1 Nr
1 SGB V idF des Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der GKV [GKV-Finanzierungsgesetz - GKV-FinG] vom 22.12.2010,
BGBl I 2309, iVm Abs 6 idF des Gesetzes zur Änderung des
Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2.12.2006, BGBl I 2742; §
20 Abs
1 Satz 1
SGB XI) lag seit Beginn der Vorstandstätigkeit bis zum Ende der Beschäftigung bei der B GmbH am 31.7.2014 sowie ab 1.1.2017 vor.
Während bei Absinken des Entgelts auf die Grenze oder darunter sogleich Versicherungspflicht eintritt, schiebt §
6 Abs
4 Satz 1
SGB V (idF des Gesetzes vom 22.12.2010 aaO) die Wirkung des Überschreitens der Grenze (2016: 56 250 Euro) auf das Ende des laufenden
Kalenderjahres (vgl BSG Urteil vom 29.6.1993 - 12 RK 48/91 - BSGE 72, 292, 295 f = SozR 3-2500 § 10 Nr 2 S 6 = juris RdNr 21).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §§
154 Abs
2,
161 Abs
1,
162 Abs
3 VwGO. Der Streitwert ist gemäß §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Abs 1 GKG auf 5000 Euro festzusetzen.