Gründe
I
Durch Urteil vom 24.10.2018 hat das LSG Nordrhein-Westfalen einen Anspruch der Kläger auf Nachzahlung einer Altersrente aus
der Versicherung des am 3.5.2008 verstorbenen Z. H. (im Folgenden: Versicherter) unter Zugrundelegung von Zeiten nach dem
Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) für die Zeit vom 1.7.1997 bis zum 31.5.2008
verneint.
Der Versicherte beantragte mit Schreiben vom 28.10.2002, eingegangen bei der Beklagten am 4.11.2002, eine Altersrente unter
Berücksichtigung von in einem Ghetto zurückgelegten Beitragszeiten. Mit Schreiben vom 5.4.2004, eingegangen bei der Beklagten
am 8.4.2004, erklärte der Bevollmächtigte des Versicherten: "Meinen Antrag vom 28.10.2002 nehme ich zurück."
Unter dem 16.12.2009 beantragten die Kläger - Schwiegersohn, Enkel und Enkelin des Versicherten, die zu gleichen Teilen dessen
Erben sind - die Überprüfung des "Ablehnungsbescheids" nach § 44 SGB X, die Anerkennung von Beitragszeiten und die Leistung einer Rente nach dem ZRBG. Da ein Ablehnungsbescheid wegen der Antragsrücknahme
nicht ergangen war, wertete die Beklagte dies als Erstantrag, den sie jedoch ablehnte (Bescheid vom 2.11.2010). Zur Begründung führte sie aus, der Anspruch auf Gewährung einer Altersrente stehe nur dem Versicherten, nicht aber den Erben
zu. Der Anspruch sei mit dem Tod des Berechtigten erloschen (§
59 Satz 2
SGB I). Den früheren Rentenantrag des Versicherten habe dieser noch zu Lebzeiten zurückgenommen. Ein mit Schreiben vom 1.10.2014
übersandtes Testament des Versicherten wertete sie als weiteren Antrag auf Gewährung einer Altersrente. Diesen lehnte sie
ebenfalls ab, da auch der am 1.10.1972 beim israelischen Versicherungsträger gestellte Antrag auf eine "Sonderaltersrente"
nicht für den Beginn einer Altersrente der deutschen Rentenversicherung zugrunde gelegt werden könne (Bescheid vom 11.2.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.4.2016).
Auch im Klage- und Berufungsverfahren sind die Kläger mit dem Begehren auf Zahlung der Altersrente des Versicherten nicht
durchgedrungen (Urteil des SG vom 20.2.2017; Urteil des LSG vom 24.10.2018). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ebenfalls darauf abgestellt, dass der Versicherte seinen früheren
bei der Beklagten gestellten Antrag auf Gewährung einer Altersrente mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 5.4.2004 zurückgenommen
und danach selbst keinen weiteren Antrag gestellt habe. Ein zuvor in Israel gestellter Rentenantrag könne daher ebenfalls
keine Wirkung mehr entfalten und der Altersrentenanspruch des Versicherten sei im Zeitpunkt seines Todes am 3.5.2008 erloschen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben die Kläger mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.1.2019
Beschwerde zum BSG eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27.3.2019 innerhalb der bis zu diesem Tag verlängerten Frist begründet. Die Kläger
machen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil
der von ihnen allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl §
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss
daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums
angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit
oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt.
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage,
(2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Kläger formulieren folgende Rechtsfragen:
1. "Muss eine Rücknahmeerklärung zu einem Rentenantrag auf einem freien Willen beruhen?"
2. "Liegt in der ausschließlichen oder beherrschenden Motivation der Beauftragung des Bevollmächtigten, für sie den Rentenantrag
angesichts der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden negativen Entscheidungspraxis der Behörde, die auch zukünftig aufgrund ausdrücklicher
Erklärung der Behörde keine Änderung erwarten ließ, eine unfreiwillige Rücknahmeerklärung, die zur Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung
führt, wenn der Bevollmächtigte entsprechend diesem Auftrag die Rücknahme des Rentenantrages erklärt?" 3. "Kann die fehlende
Anhängigkeit eines Verwaltungsverfahrens bereits im Zeitpunkt des Todes der Versicherten (§
59 Satz 2
SGB I) durch einen vom diesem als Rechtsvorgänger abgeleiteten und auf den Rechtsnachfolger der Versicherten übergegangenen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruchs ersetzt/fingiert werden?"
4. "Bestand anlässlich der Antragsrücknahme durch den Bevollmächtigten mit den Worten 'Meinen Antrag vom 24.10.2002 nehme
ich hiermit zurück' am 12.01.2004 bei der Beklagten die Pflicht, den Versicherten auf die Folgen seiner Antragsrücknahme explizit
dergestalt hinzuweisen, dass die Beklagte die Rechtswirkung der Rücknahmeerklärung auch auf die in Israel durch die Versicherten
selbst gestellten israelischen Rentenanträge erstreckt und die Antragsfiktion nach Art 27 Abs 2 S 1 des 'Abkommens zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit vom 03.03.1975' konsumiert, sodass sich das Unterlassen
eines entsprechenden Hinweises der Beklagten als Pflichtverletzung im Sinne der §§
14 I, 15 I
SGB I der Beklagten darstellt, mit der Folge, dass den Klägern als Rechtsnachfolger bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen
ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zusteht?"
5. "Bestand anlässlich der Antragsrücknahme durch den Bevollmächtigten mit den Worten 'Meinen Antrag vom 24.10.2002 nehme
ich zurück' am 12.01.2004 bei der Beklagten die Pflicht, die Versicherte auf die Folgen seiner Antragsrücknahme explizit dergestalt
hinzuweisen, dass ohne die erneute Beantragung einer Rente nach dem ZRBG zu Lebzeiten der Versicherten diese nicht von einer
Änderung des Anwendungsbereichs des ZRBG profitieren könnte, da der Anwendungsbereich des § 44 SGB X mangels behördlicher Entscheidung für die Versicherte nicht eröffnet ist, sodass sich das Unterlassen eines entsprechenden
Hinweises der Beklagten als Pflichtverletzung im Sinne der §§
14 I, 15
SGB I der Beklagten darstellt, mit der Folge, dass den Klägern als Rechtsnachfolger bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen
ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zusteht?"
6. "Entfällt der Zusammenhang zwischen der einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründenden Pflichtverletzung der
Beklagten im Sinne der wesentlichen Mitursächlichkeit, wenn die Versicherte aufgrund eines eigenen Willensentschlusses ihren
Rentenantrag zurücknimmt, weil sie nicht das Rentenverfahren ruhend gestellt hat oder das Verwaltungsverfahren einschließlich
gerichtlichen Instanzenzugs durchlaufen hat, obwohl die Versicherte selbst bei Durchführung derselben keine positive Entscheidung
erreichen konnte?"
Es kann offenbleiben, ob die Kläger damit aus sich heraus verständliche, abstrakt-generelle Rechtsfragen zur Auslegung, zum
Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert haben (vgl dazu allgemein BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 13 R 239/17 B - juris RdNr 8 mwN). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist für die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde
unverzichtbar. Denn nur an Hand einer solchen konkreten Fragestellung kann das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen
der Grundsatzrüge prüfen (BSG Beschluss vom 15.4.2019 - B 13 R 233/17 B - RdNr 9; Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181).
Jedenfalls haben die Kläger die (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage
ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt
oder bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar
noch nicht ausdrücklich entschieden haben, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind,
die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben
(vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG und ggf des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine höchstrichterliche
Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch
nicht beantwortet ist (vgl Krasney/Udsching/Groth, aaO). Hieran fehlt es. Im Hinblick auf die Fragen, die sich mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch befassen, mangelt es
zumindest an hinreichenden Darlegungen zu deren Klärungsfähigkeit.
Zur Begründung im Einzelnen wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf den Beschluss des BSG vom 13.12.2019 (B 5 R 26/19 B), der dem Prozessbevollmächtigten der Kläger zugestellt worden ist und in dem sich der 5. Senat mit im Wesentlichen wortidentischen
Rechtsfragen, bei vergleichbarer Begründung und einem Sachverhalt, der nicht entscheidungserheblich von dem vorliegenden abweicht,
ausführlich auseinandergesetzt hat. Der erkennende Senat schließt sich den dortigen Ausführungen an und macht sie sich für
das vorliegende Verfahren zu eigen. Die dort nicht ausdrücklich erwähnte, vorstehend unter Ziffer 1 zitierte Frage kann zu
keinem anderen Ergebnis führen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.