Ordnungsgemäße Bezeichnung einer Sachaufklärungsrüge
Nicht anwaltlich vertretener Beteiligter
Aufrechterhalten eines konkreten Beweisantrages
1. Die Anforderungen an die ordnungsgemäße Bezeichnung einer Sachaufklärungsrüge gelten zwar uneingeschränkt nur dann, wenn
der Beschwerdeführer bereits in der Berufungsinstanz durch einen rechtskundigen und berufsmäßigen Prozessbevollmächtigten
vertreten war.
2. War dies nicht der Fall, so kommen zum einen weniger strenge Anforderungen an Form und Inhalt eines prozessordnungsgemäßen
Beweisantrags zur Anwendung.
3. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die in §
160 Abs.
2 Nr.
3. Hs. 3
SGG normierten Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge insgesamt unbeachtlich wären.
4. Deshalb kann auch bei einem solchen Beteiligten nicht darauf verzichtet werden, dass er darlegt, einen konkreten Beweisantrag
zumindest sinngemäß gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten zu haben.
Gründe:
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 15.8.2014 einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbminderung, auch
bei Berufsunfähigkeit, ab 1.3.2012 verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf einen Verfahrensmangel.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 18.11.2014 genügt den gesetzlichen Anforderungen
nicht, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Der Kläger trägt vor, er habe als nicht rechtskundig vertretener Beteiligter in der "Hauptverhandlung vom 17.07.2014" durch
die Erklärung: "QST ist eine besondere Untersuchungsmethode, um Schmerz zu messen. Ich bin der Auffassung, dass eine solche
Untersuchung hier notwendig ist" einen Beweisantrag gestellt. Der Berichterstatter habe ihn darauf hingewiesen, dass unter
Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten die Berufung keine hinreichende Erfolgsaussicht habe. Da er seine Erklärung erst
nach dem richterlichen Hinweis abgegeben habe, habe er den Beweisantrag "in der letzten mündlichen Verhandlung" aufrechterhalten.
Bereits in der Berufungsschrift (Schreiben vom 22.4.2014) habe er ausgeführt: "Eine QST Untersuchung hätte diese Problematik
mit Sicherheit erklären können." Dies sei als ursprünglicher Beweisantrag zu werten (S 1 f Beschwerdebegründung). Das LSG
habe im Berufungsverfahren aber keinen weiteren Beweis erhoben und mit "Beschluss vom 15.08.2014" die Berufung zurückgewiesen.
Die aufgezeigten Anforderungen an die ordnungsgemäße Bezeichnung einer Sachaufklärungsrüge gelten zwar uneingeschränkt nur
dann, wenn der Beschwerdeführer bereits in der Berufungsinstanz durch einen rechtskundigen und berufsmäßigen Prozessbevollmächtigten
vertreten war (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 1 RdNr 5 mwN). War dies - wie hier - nicht der Fall, so kommen zum einen weniger strenge Anforderungen an Form und Inhalt
eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags zur Anwendung (BSG Beschluss vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 1.3.2006 - B 2 U 403/05 B - Juris RdNr 5). Dies führt jedoch nicht dazu, dass die in §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG normierten Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge insgesamt unbeachtlich wären. Deshalb kann auch bei einem solchen Beteiligten
nicht darauf verzichtet werden, dass er darlegt, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt und bis zuletzt
aufrechterhalten zu haben (Senatsbeschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 2.6.2003 - B 2 U 80/03 B - Juris RdNr 4).
Das Vorbringen des Klägers erfüllt die aufgezeigten Anforderungen nicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die oben zitierten
Ausführungen des Klägers den Anforderungen an einen noch ausreichenden Beweisantrag iS des §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG bei nicht durch rechtskundige und berufsmäßige Prozessbevollmächtigte vertretenen Beteiligten erfüllen. Denn der im Beschwerdeverfahren
anwaltlich vertretene Kläger trägt den Verfahrensgang vor dem LSG in der Beschwerdebegründung nur lückenhaft vor, so dass
der Senat anhand dieses Vorbringens nicht entscheiden kann, ob der seinerzeit nicht rechtskundig vertretene Kläger seinen
Antrag zumindest sinngemäß bis zuletzt aufrechterhalten hat. Zwar trägt der Kläger vor, dass er einen Beweisantrag in der
"Hauptverhandlung vom 17.07.2014" gestellt habe; an anderer Stelle führt er aus, dass seine Berufung mit Beschluss vom 15.8.2014
im schriftlichen Verfahren zurückgewiesen worden sei. Wenn das LSG aber demnach nicht aufgrund der "Hauptverhandlung" entschieden
habe, fehlen nachvollziehbare Angaben zum vollständigen Verfahrensablauf, wie zB zu Datum und Inhalt der Anhörungsmitteilung
nach §
153 Abs
4 S 2
SGG und ob und ggf mit welchem Inhalt der Kläger dem LSG daraufhin zumindest sinngemäß verdeutlicht habe, dass er den Sachverhalt
für noch nicht hinreichend geklärt hielt.
Überdies fehlt es auch an hinreichendem Vortrag, dass sich das LSG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung durch eine QST Untersuchung
hätte gedrängt sehen müssen. Nach dem Beschwerdevortrag habe die auf seinen Antrag nach §
109 SGG beauftragte Sachverständige Dr. S. eine chronische Schmerzstörung diagnostiziert (F 45.41), eine hierauf beruhende Erwerbsminderung
aber verneint. Wenn der Kläger jetzt eine weitere neurologische Untersuchung und Analyse von Schmerzen und Missempfindungen
fordert, so hätte er substantiiert darlegen müssen, aufgrund welcher Methoden und Untersuchungen die Neurologin Dr. S. ihre
Erkenntnisse gewonnen hat und welche substantiierten Einwände dagegen bestehen. Der Kläger weist selbst darauf hin, dass das
LSG in den bereits eingeholten Gutachten "keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche" festgestellt habe. Daher reicht es nicht
aus, lediglich zu behaupten, dass die beantragte QST Untersuchung die "Aufhebung der Erwerbsfähigkeit" erbracht hätte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.