Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen bei der Rente wegen Berufsunfähigkeit
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die dem Kläger ab 1.4.2000 bewilligte Rente wegen Berufsunfähigkeit im Zeitraum
vom 1.7.2001 bis zum 12.6.2003 in Höhe eines Drittels zu zahlen ist oder ob wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) die
entsprechende Hinzuverdienstgrenze überschritten ist.
Der im Jahre 1946 geborene Kläger war als Former versicherungspflichtig beschäftigt. Er war vom 11.10.1999 bis 15.2.2000 und
wiederum ab dem 2.3.2000 arbeitsunfähig erkrankt. Im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Kalendermonat
erzielte er einen (laufenden) Bruttoarbeitslohn in Höhe von DM 4.636,42. Die AOK berücksichtigte für das ab 3.3.2000 bis zum
23.4.2001 gezahlte Krankengeld (KrG) ferner beitragspflichtige Einmalzahlungen für die letzten 12 Kalendermonate vor Beginn
der Arbeitsunfähigkeit in Höhe von DM 5.808,57, die das kalendertägliche Regelentgelt um (DM 5.808,57 : 360 =) DM 16,13 (+
Regelentgelt DM 154,55 = kumuliertes tägliches Regelentgelt = DM 170,78) erhöhten.
Mit Bescheid vom 31.10.2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls vom 2.3.2000 für
die Zeit ab 1.4.2000 Rente wegen Berufsunfähigkeit, die in voller Höhe (netto zunächst DM 1.459,86) ausbezahlt wurde; für
den Nachzahlungszeitraum vom 1.4. bis zum 31.10.2000 befriedigte sie einen Erstattungsanspruch der AOK.
Ab dem 25.4.2001 erhielt der Kläger Alg in Höhe von zunächst DM 507,36/Woche [entsprechend DM 2.198,56/Monat] (Bescheid der
Bundesanstalt für Arbeit [BA] vom 6.7.2001). Bei der Berechnung dieser Leistung berücksichtigte die BA das dem KrG zugrunde
liegende Entgelt (Regelentgelt) als Bemessungsentgelt; es errechnete ein wöchentliches Bemessungsentgelt von DM 1.1.98,17
(gerundet: DM 1.200,-- entsprechend DM 5.200,--/Monat), das ab 23.4.2002 auf DM 1.214,70 (gerundet: Euro 620,--, entsprechend
Euro 2.686,66/Monat) angepasst wurde.
Nachdem die BA die Beklagte von der Alg-Bewilligung benachrichtigt und diese den Kläger angehört hatte, hob sie mit Bescheid
vom 1.8.2001 den Bewilligungsbescheid vom 31.10.2000 hinsichtlich der Rentenhöhe nach § 48 Abs 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung ab dem 1.5.2001 auf, weil der Kläger neben seiner Rente Hinzuverdienst oberhalb der obersten Hinzuverdienstgrenze
erziele. Die Hinzuverdienstgrenze für Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe eines Drittels liege beim Kläger für die Zeit
ab dem 1.5.2001 bei DM 5.040,11/Monat und für die Zeit ab 1.7.2001 bei DM 5.136,60/Monat; demgegenüber liege dem Alg ein Arbeitsentgelt
von DM 5.200,--/Monat zugrunde. Die Überzahlung für die Zeit vom 1.5. bis 31.7.2001 in Höhe von DM 4.407,53 werde als Erstattungsanspruch
gegenüber der BA geltend gemacht; die bisherige Zahlung sei mit Ablauf des Monats Juli 2001 eingestellt worden.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8.4.2003).
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 3.6.2003 erlassen, mit dem sie aufgrund des Wegfalls des Alg
für die Zeit ab 13.6.2003 wiederum Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe bewilligt hat.
Mit Urteil vom 9.11.2005 hat das Sozialgericht Duisburg (SG) die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als für den Zeitraum vom 1.5.2001 bis zum 12.6.2003 der Bewilligungsbescheid
vom 31.10.2000 hinsichtlich des Zahlungsanspruchs in Höhe eines Drittels der Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgehoben worden
war. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Urteil vom 28.2.2007 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Instanzgerichte sind unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 20.11.2003 (B 13 RJ 43/02 R, BSGE 91, 277 = SozR 4-2600 § 96a Nr 3) davon ausgegangen, dass eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Ungleichbehandlung
immer dann vorliege, wenn ein passiver Arbeitnehmer, der Sozialleistungen beziehe, bei Ermittlung des maßgeblichen Bemessungsentgelts
bezogen auf die Hinzuverdienstgrenze schlechter gestellt werde als ein aktiver Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis
Arbeitseinkommen erziele. Im Unterschied zu dem vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall habe beim Kläger nicht während
des Bezugs von Rente wegen Berufsunfähigkeit ein Wechsel vom Arbeitsentgelt zum Alg stattgefunden, sondern bereits vor dem
Rentenbeginn (1.4.2000) habe der Kläger nach dem Arbeitsentgelt einschließlich Entgeltfortzahlung zunächst KrG (ab dem 3.3.2000)
und erst nach dem Rentenbeginn ab dem 24.4.2001 Alg bezogen. Die Ausführungen des BSG gälten jedoch auch für den hier vorliegenden
Sachverhalt. Träfe die Ansicht der Beklagten zu, würde ein Versicherter benachteiligt, der aufgrund von Arbeitsunfähigkeit
oder Arbeitslosigkeit nicht über den Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit hinaus arbeiten könne. Dies sei vor dem Hintergrund
des Verbots der Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleichen Sachverhalten gemäß Art
3 Abs
1 des Grundgesetzes (
GG) verfassungsrechtlich nicht haltbar. Mit der Regelung des §
96a Abs
3 Satz 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI) solle nur vermieden werden, dass es infolge der geringeren Höhe einer Ersatzleistung zur Zahlung einer höheren Rente als
während des Bezugs von Arbeitsentgelt komme; im Übrigen stehe der Bezug von Sozialleistungen dem Arbeitsentgelt gleich, so
dass auch die Regelung des Abs 1 Satz 2 beim Bezug von Sozialleistungen bereits zu Rentenbeginn Berücksichtigung finden müsse.
Entgegen der Ansicht der Beklagten führe dies nicht dazu, dass sämtliche Einmalzahlungen auch beim Sozialleistungsbezug während
des Rentenbezugs außer Betracht bleiben müssten, sondern nur im Umfang der Regelung des §
96a Abs
1 Satz 2
SGB VI.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des §
96a Abs
1 und
3 SGB VI. Die Auffassung des LSG stimme nicht mit dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift überein und werde von der
Rechtsprechung des BSG (im Senatsurteil vom 20.11.2003) nicht gedeckt. Sie trägt ua vor, dass in dem Zeitraum von November
1988 bis Oktober 1999 nicht nur in zwei, sondern in insgesamt acht Monaten neben dem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt auch
beitragspflichtige Einmalzahlungen geleistet worden seien. Soweit man das Senatsurteil vom 20.11.2003 überhaupt auf die Fallkonstellation
eines Wechsels von einem KrG- in einen Alg-Bezug übertragen könne, dürfe dies aber auch nicht zu einer Besserstellung des
Lohnersatzleistungsbeziehers führen. Durch die von den Vorinstanzen vorgenommene Reduzierung des Jahreswerts der Einmalzahlungen
und der Verteilung der verbleibenden Beträge auf 12 Monate werde für sämtliche Monate des Sozialleistungsbezugs die Höhe des
monatlichen Hinzuverdienstes - anders als bei abhängig Beschäftigten - gleichmäßig reduziert. Das ansonsten in der Höhe unterschiedliche
Monatseinkommen sei so nicht abbildbar. Im Ergebnis könnte dadurch ein mehr als zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze
ermöglicht werden. So hätten die Vordergerichte bei ihrem Berechnungsansatz nicht geprüft, ob aufgrund der acht Sonderzahlungen
im maßgeblichen Zeitraum die Hinzuverdienstgrenze mehr als zweimal überschritten worden sei. Hinsichtlich der Monate Mai und
Juni 2001 allerdings ständen dem Kläger Überschreitungsrechte zu und könne ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit für zwei weitere
Monate in voller Höhe geleistet werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.2.2007 zu ändern, auf ihre Berufung das Urteil des SG Duisburg vom 9.11.2005
hinsichtlich des Zeitraums vom 1.7.2001 bis zum 12.6.2003 aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er hält die Urteile der Vorinstanzen für zutreffend und trägt ergänzend vor, der Hinweis der Beklagten sei nicht nachvollziehbar;
es sei zu berücksichtigen, dass er im Bemessungszeitraum November 1998 bis Oktober 1999 achtmal Einmalzahlungen erhalten habe.
Das Gesetz habe für die Berechnung des Hinzuverdienstes aufgrund einer neben der Rente bezogenen anderen Sozialleistung nicht
eine so weit gehende fiktive Regelung angeordnet, dass gewissermaßen der durch das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt geprägte
Entgeltabrechnungszeitraum bzw Bemessungszeitraum fiktiv fortgeschrieben werde, als ob auch in der Zukunft in den jeweiligen
Kalendermonaten dieselben Einmalzahlungen erfolgt wären.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124
Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) einverstanden erklärt.
II. Die zulässige Revision der Beklagten ist auch begründet.
Streitig ist lediglich noch der Zeitraum vom 1.7.2001 bis zum 12.6.2003. Insoweit jedoch hat die Beklagte im angefochtenen
Bescheid (vom 1.8.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.4.2003) zu Recht den ursprünglichen Bescheid über die Bewilligung
von Rente wegen Berufsunfähigkeit (vom 31.10.2000) wegen eines nachträglichen Hinzuverdienstes, der alle Hinzuverdienstgrenzen
überschritten hat, gemäß § 48 Abs 1 SGB X hinsichtlich der Rentenzahlung aufgehoben. Entgegen der Meinung der Vorinstanzen ist die Klage in dieser Hinsicht nicht begründet.
1. Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Satz 2 der Vorschrift soll
der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit "... 3. nach Antragstellung
oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs
geführt haben würde".
Die Beklagte hatte den Bescheid über die Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 31.10.2000 gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung ab 1.7.2001 hinsichtlich der Zahlung zurückzunehmen, weil er insoweit nachträglich rechtswidrig geworden war.
Nach Erlass des genannten Verwaltungsakts hat der Kläger Hinzuverdienst erzielt. Das im Zeitpunkt der Rentenbewilligung bezogene
KrG war nicht als Hinzuverdienst zu berücksichtigen; nach §
96a Abs
3 Satz 1 Nr
1a SGB VI ist KrG als Hinzuverdienst nur zu berücksichtigen, wenn es aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, die nach dem
Beginn der Rente eingetreten ist.
Dies war beim Kläger nicht der Fall.
Als Hinzuverdienst gilt jedoch auch der Bezug von Alg. Es handelt sich dabei um reales und kein fiktives Einkommen, auch wenn
es nicht in seiner konkreten Höhe, sondern (nach §
96a Abs
3 Satz 3
SGB VI) in Höhe des dieser Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts (hier also des Bemessungsentgelts nach § 131 des Dritten
Buchs Sozialgesetzbuch [SGB III]) berücksichtigt wird. Das Alg wurde dem Kläger mit Bescheid der BA vom 6.7.2001 ab 25.4.2001
gewährt. Spätestens mit dem 1.7.2001 wurde der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 31.10.2000 nachträglich wegen Zusammentreffens
von Rente wegen Berufsunfähigkeit und Alg insoweit rechtswidrig, als auf die Rente Alg in Höhe des Bemessungsentgelts anzurechnen
war, was zum Wegfall der Rentenzahlung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze führte.
Der Aufhebung und entsprechenden Rückforderung (nach § 50 Abs 1 SGB X) steht auch der Grundsatz nicht entgegen, dass das Aufhebungsrecht im Rahmen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X auf die Höhe der nachträglich bewilligten Sozialleistung beschränkt ist (hierzu Senatsurteil vom 23.3.1995 - 13 RJ 39/94, SozR 3-1300 § 48 Nr 37 S 80 f mwN). Denn das Alg (in Höhe von zunächst DM 507,36/Woche, entsprechend DM 2.198,56/Monat)
überstieg den Betrag der Rente (zunächst netto DM 1.459.86/Monat) deutlich. Schließlich bestanden keine Anhaltspunkte für
das Vorliegen eines atypischen Falls, der bei der Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit eine Ermessensausübung der Beklagten
(Soll-Ermessen nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X) hätte erfordern können (s Senatsurteil vom 31.1.2008 - B 13 R 23/07 R, RdNr 30 mwN).
2. Im streitigen Zeitraum stand dem Kläger hinsichtlich seines Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit kein Zahlbetrag
zu. Aufgrund des vom Kläger in dieser Zeit bezogenen Alg war auch die für eine Drittelrente geltende Hinzuverdienstgrenze
(§
313 Abs
3 Nr
2 SGB VI iVm §
96a SGB VI) überschritten. Für die Zeit ab 1.7.2001 ergab sich insoweit eine monatliche Hinzuverdienstgrenze von DM 5.136,60; diese
war durch das Bemessungsentgelt in Höhe von (gerundet) DM 5.200,--/Monat überschritten, das dem ab 25.4.2001 gezahlten Alg
zugrunde lag. Dem entsprach für die Zeit ab dem 1.7.2002 eine Hinzuverdienstgrenze von Euro 2.682,94 (= DM 5.247,37). Auch
diese wurde durch das inzwischen dynamisierte Alg überschritten; das entsprechende - ungerundete - Bemessungsentgelt war nach
Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums, also ab 23.4.2002, um den Anpassungsfaktor 1,0138 zu erhöhen (§
1 Nr 2 SGB III-Anpassungsverordnung 2001 vom 19.6.2001, BGBl I 1179, iVm §
138, §
151 Abs
2 Nr
1 SGB III aF), also auf Euro 2.686,66/Monat.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das der Ermittlung des nach §
96a Abs
3 Satz 3
SGB VI für die streitige Zeit "der Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt", hier also das Bemessungsentgelt
des Alg, nur gekürzt um diejenigen Anteile zu berücksichtigen ist, die auf Einmalzahlungen zurückzuführen sind und insoweit
Eingang in die Berechnung des dem KrG zugrunde liegenden Regelentgelts gefunden haben; dieses wiederum war nach §
135 Nr 4
SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (des Zweiten
SGB III-Änderungsgesetzes vom 21.7.1999, BGBl I 1648) dem Alg als Entgelt zugrunde zu legen.
a) Entgegen der Rechtsmeinung der Vorinstanzen ist die Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 20.11.2003, BSGE 91, 277 = SozR 4-2600 § 96a Nr 3) nicht dahingehend zu erweitern, dass auch in einer Fallkonstellation, wie sie beim Kläger vorliegt,
die Berücksichtigung von beitragspflichtigen Einmalzahlungen eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung
des "passiven" gegenüber dem "aktiven" Arbeitnehmer darstellt und daher durch eine entsprechende Auslegung zu vermeiden ist.
Kennzeichnend für den im Jahre 2003 vom Senat entschiedenen Fall war, dass die Anwendung des §
96a Abs
3 Satz 3
SGB VI dazu führte, dass die Zahlung seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit, die der damalige Kläger bislang neben dem Arbeitsentgelt
als Teilrente in Höhe von einem Drittel bezogen hatte, ab dem Beginn des Bezugs von Alg zur Gänze entfiel. Denn bei der Berechnung
des Bemessungsentgelts für das Alg waren nunmehr auch solche Einmalzahlungen zu berücksichtigen, die während seiner Zeit als
"aktiver" Arbeitnehmer als sog privilegierte Überschreitungen der Hinzuverdienstgrenze (§
96a Abs
1 Satz 2 letzter Teilsatz
SGB VI) außer Betracht geblieben waren. Der damalige Kläger wurde somit durch den Wechsel zum Alg "doppelt bestraft" (neben dem
Wechsel vom Arbeitsentgelt zum Alg noch mit dem Wegfall der neben dem Arbeitsentgelt bezogenen Drittelrente).
b) Von dieser Ausgangslage unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, dass die zum 25.4.2001 erfolgte Umstellung von
dem bis zum 23.4.2001 gezahlten KrG auf das Alg für den Kläger des vorliegenden Verfahrens lediglich die "normale" Folge hatte,
dass er die hierauf beruhende Absenkung des Zahlbetrags hinnehmen musste. Zwar war das KrG nicht als Hinzuverdienst zu berücksichtigen,
weil die Arbeitsunfähigkeit, aufgrund deren das KrG gezahlt wurde, bereits vor dem Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit
eingetreten war; nach §
96a Abs
3 Satz 1 Nr
1 Buchst a
SGB VI ist nur solches KrG als Hinzuverdienst zu berücksichtigen, das aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit geleistet wird, die nach
dem Beginn der Rente eingetreten ist. Dennoch bezog der Kläger bis zum Beginn des Alg zuvor nicht etwa eine ungekürzte Rente
wegen Berufsunfähigkeit neben ungekürztem KrG; vielmehr war nach § 50 Abs 2 Nr 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch das KrG
um den Zahlbetrag der Rente wegen Berufsunfähigkeit zu kürzen, weil diese Leistung von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der
Arbeitsunfähigkeit an zuerkannt wurde.
Der Kläger ist also im Ergebnis (lediglich) vom Bezug einer Sozialleistung (des KrG), bei deren Berechnung beitragspflichtige
Einmalzahlungen zu berücksichtigen waren, zu einer weiteren Sozialleistung (zum Alg) gewechselt, auf deren Höhe sich beitragspflichtige
Einmalzahlungen ebenfalls (hier: über den "Umweg" des für die Bemessung des Alg maßgebenden Regelentgelts des KrG) auswirkten.
Diese Grundsituation kann jedoch entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht als unbillige Benachteiligung des Versicherten
angesehen werden. Die Rente wegen Berufsunfähigkeit soll in erster Linie den durch die Berufsunfähigkeit eingetretenen Schaden
im Sinne einer Lohnersatzfunktion abwenden. Diese Zweckbestimmung verbietet es, diese Rente neben einem vollen, bereits vor
Eintritt der Berufsunfähigkeit bezogenen Arbeitsentgelt zu zahlen. Die zusätzliche Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei
der Bemessung von Alg oder KrG begünstigt die Leistungsempfänger (wie den Kläger); sie beruht auf einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts
(vgl BVerfG vom 24.5.2000, BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1). Nach §
96a Abs
3 Satz 3
SGB VI ist als "Hinzuverdienst ... das der Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt ... zu berücksichtigen". Dem
entspricht es nicht nur, dass die Rente wegen Berufsunfähigkeit auch nicht neben einem auf dem "vollen" Arbeitsentgelt beruhenden
Alg zusteht, sondern auch, dass bei Bestimmung dieses Arbeitsentgelts die insoweit zu berücksichtigenden Einmalzahlungen mitzählen.
So aber liegt der Fall hier. Denn für die Höhe des Alg des Klägers wurden Einmalzahlungen angerechnet, war für seine Höhe
doch auf das für das KrG maßgebende Regelentgelt zurückzugreifen.
Wie überdies bereits im Urteil des Senats vom 20.11.2003 (aaO, RdNr
15 f) ausgeführt, kann für die Anwendung des §
96a Abs
3 Satz 3
SGB VI auf das Bemessungsentgelt des Alg weder so verfahren werden, dass nur auf solche Monate abgestellt wird, in denen Einmalzahlungen
nicht geleistet worden sind, noch in der Weise, dass alle Einmalzahlungen herausgerechnet werden. Genau dies aber wäre die
Konsequenz der von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsmeinung.
c) Gegen die Rechtsauffassung des Senats sprechen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der vom Kläger nach der Aussteuerung aus dem KrG zum 23.4.2001 hinzunehmende Nachteil (abgemildert durch die für Mai und Juni
2001 geltende Privilegierung des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze, der die Beklagte im Revisionsverfahren Rechnung
getragen hat) entspricht, wie aufgezeigt, dem Einkommensverlust, der regelmäßig nach dem Auslaufen des Anspruchs auf KrG mit
dem Wechsel auf die dann zustehende Sozialleistung des Alg eintritt. Wie jedoch der Senat bereits entschieden hat (Urteil
vom 31.1.2008 - B 13 R 23/07 R, RdNr 37 bis 43), verstößt nicht gegen das
GG, insbesondere nicht gegen dessen Art
14 Abs
1 Satz 1 (Gewährleistung des Eigentums) oder Art 3 Abs 1 (Gleichheitssatz), dass beim Bezug von Alg neben einer Rente wegen
Berufsunfähigkeit nicht der tatsächliche Zahlbetrag als Hinzuverdienst berücksichtigt wird, sondern dessen Bemessungsentgelt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §
193 SGG; sie berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers (hinsichtlich der Monate Mai und Juni 2001).