Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, seine Beschäftigungszeiten vom 1.3.1978 bis zum 30.6.1990 als Zeiten der
Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Im Überprüfungsverfahren hinsichtlich des ablehnenden Bescheides vom 18.1.2005 blieb der Kläger erfolglos (Bescheid vom 18.10.2019 und Widerspruchsbescheid vom 8.1.2020). Die hiergegen erhobene Klage hat das SG abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 1.9.2020). Das LSG hat mit dem angefochtenen Urteil die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger sei zum maßgeblichen Stichtag, am 30.6.1990,
nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt
gewesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil vom 26.5.2021 hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und als Zulassungsgrund eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung
legt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nicht hinreichend dar. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Fichte/Jüttner,
SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff). Zur Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage muss unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die Rechtsfrage noch nicht
beantwortet hat (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160a RdNr 14d mwN).
Der Kläger formuliert als Rechtsfragen:
"1. Ist eine Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne des vom
Bundessozialgericht entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung (namentlich mit Urteil
vom 10.04.2002 B 4 RA 18/01 R sowie mit Urteil vom 19.07.2011 - B 5 RS 7/10 R) auch dann gegeben, wenn vor dem Stichtag des 30.07.1990 eine Nachfolgegesellschaft in das Register (beim Staatlichen Vertragsgericht)
eingetragen und der Volkseigene Betrieb in treuhänderischer Verwaltung zur Vorbereitung einer Privatisierung fortgeführt wird?
2. Bewirkt die Anwendung der Stichtagsregelung im Sinne des § 5 I Satz 1 AAÜG auf die Fälle des vom Bundessozialgericht entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung
(namentlich mit Urteil vom 10.04.2002 B 4 RA 18/01 R sowie mit Urteil vom 19.07.2011 - B 5 RS 7/10 R) eine dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs.
1 Grundgesetz nachteilige Ungleichbehandlung derjenigen Fälle, bei denen eine Eintragung einer Nachfolgegesellschaft in das Register (beim
Staatlichen Vertragsgericht) vor dem 30.06.1990 stattgefunden hat, im Verhältnis zu denjenigen, bei denen eine Eintragung
einer Nachfolgegesellschaft in das Register beim Staatlichen Vertragsgericht nach dem 30.06.1990 stattgefunden hat?
3. Bewirkt die Anwendung der Stichtagsregelung im Sinne des § 5 I Satz 1 AAÜG auf die Fälle des vom Bundessozialgericht entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung
(namentlich mit Urteil vom 10.04.2002 B 4 RA 18/01 R sowie mit Urteil vom 19.07.2011 - B 5 RS 7/10 R) eine verfassungswidrige Einschränkung oder Verletzung der Rechte der Betroffenen aus Artikel
14 Grundgesetz in den Fällen, in denen eine Eintragung einer Nachfolgegesellschaft in das Register beim Staatlichen Vertragsgericht vor
dem 01.07.1990 stattgefunden hat?"
Es kann dahinstehen, ob der Kläger damit aus sich heraus verständliche Rechtsfragen zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen
formuliert hat. Jedenfalls fehlt es an einer hinreichenden Begründung ihrer Klärungsbedürftigkeit. Zur Frage 1 mangelt es
an jeder Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG. So hat das BSG sich etwa in seinem Urteil vom 7.12.2017 - B 5 RS 1/16 R - eingehend zu den Voraussetzungen für die Annahme einer fiktiven Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen
Intelligenz geäußert (BSGE 125, 1 = SozR 4-8570 § 1 Nr 21, RdNr 13 ff mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Zur konstitutiven Wirkung der Eintragung der GmbH in das beim Staatlichen Vertragsgericht geführten Register nach Umwandlung
des VEB hat das LSG ua auf das Urteil des BSG vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R (BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17, RdNr 35) verwiesen. Hiermit setzt der Kläger sich inhaltlich nicht auseinander. Zu den maßgeblichen Vorschriften der Verordnung zur
Umwandlung von volkseigenen Kombinationsbetrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1.3.1990 (GBl DDR I 107) verhält sich das Vorbringen überhaupt nicht. Ebenso wenig wie ein rechtlicher Anknüpfungspunkt für die von ihm vertretene
Konstruktion einer "volkseigenen GmbH" genannt wird, gibt die Beschwerdebegründung eine nachvollziehbare Begründung dafür,
warum die "H GmbH" keine privatrechtliche Kapitalgesellschaft gewesen sein soll. Wenn der Kläger ausführt, maßgeblich sei
nicht die Eintragung einer GmbH in ein Handels- oder sonstiges Register, sondern das Bestehen eines Betriebes in Volkseigentum,
setzt er lediglich seine - normativ nicht näher begründete - Rechtsauffassung der von ihm offenbar als unrichtig betrachteten
Auffassung der Rechtsprechung entgegen.
Auch soweit der Kläger mit den Fragen 2 und 3 die Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
des Art
3 Abs
1 GG sowie die Eigentumsgarantie des Art
14 GG beanstandet, mangelt es an hinreichenden inhaltlichen Darlegungen unter Einbeziehung der Rechtsprechung (vgl zur Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung BVerfG <Kammer> vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1 RdNr 3 ff). Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, muss aber unter Auswertung der einschlägigen
Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen
welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.