Gründe:
I
Der Kläger ist Geschäftsführer der von ihm und seinem Bruder A. (A) durch Gesellschaftsvertrag vom 30.10.2006 gegründeten,
zu 1. beigeladenen GmbH. Nachdem am 25.9.2012 ein Beteiligungsvertrag mit der V. GmbH (V) sowie der S. GmbH (S) geschlossen
worden war, wurde das Stammkapital durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom selben Tag um 8212 Euro auf 34 212 Euro
erhöht. Davon halten der Kläger 15 600 Euro (45,6 vH), sein Bruder 10 400 Euro (30,4 vH) und V sowie S jeweils 4106 Euro (12
vH). Der von der Gesellschafterversammlung zugleich geänderte Gesellschaftsvertrag sieht für eine Beschlussfassung grundsätzlich
die einfache Mehrheit, für bestimmte, ausdrücklich bezeichnete Gegenstände eine Mehrheit von 80 vH der abgegebenen Stimmen
vor. In einer zum 1.1.2012 getroffenen "Stimmbindungsabrede" verpflichtete sich A, nur im "Sinne und nicht gegen den Willen"
seines Bruders abzustimmen. Der am 25.9.2012 mit Wirkung zum 1.10.2012 vereinbarte "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" sieht
vor, dass dem Kläger ein monatliches Bruttogehalt von 5500 Euro gezahlt (§ 4 Nr 1), ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt
(§ 4 Nr 6), im Fall der Arbeitsunfähigkeit das Grundgehalt für sechs Wochen weitergezahlt (§ 5) und bezahlter Jahresurlaub
von 26 Arbeitstagen gewährt wird (§ 6).
Der Kläger beantragte im Dezember 2012 die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status als geschäftsführender Gesellschafter.
Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass seit dem 1.10.2012 die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen eines
abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV)
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe (Bescheid vom 23.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.9.2013).
Während des Klageverfahrens ist dem Kläger von seinem Bruder durch notariellen Vertrag vom 11.8.2014 über "Option und Angebot
zum Erwerb von Geschäftsanteilen" für die Zeit vom 1.5.2014 bis zum 1.8.2017 das unwiderrufliche Angebot unterbreitet worden,
1849 Geschäftsanteile zu je einem Euro zu erwerben. Das SG Berlin hat die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten aufgehoben
und festgestellt, dass der Kläger wegen selbstständiger Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht der Versicherungspflicht
in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege (Urteil vom 24.6.2015). Das LSG Berlin-Brandenburg hat das Urteil
des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht selbstständig tätig. Er verfüge nicht über mindestens die Hälfte
des Stammkapitals und habe damit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft. Seine Sperrminorität
beziehe sich nicht auf sämtliche den Geschäftsführer selbst betreffenden Angelegenheiten. Die Stimmbindungsabrede habe sowohl
ordentlich als auch aus wichtigem Grund gekündigt werden können. Ein beherrschender Einfluss in der Gesellschafterversammlung
ergebe sich schließlich nicht aus dem Angebot zum Erwerb von 1849 Geschäftsanteilen (Urteil vom 10.5.2017).
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§
2,
7 und
7a SGB IV, der §§
103,
128 und
170 Abs
2 SGG sowie der §§ 35, 38 Abs 2, 45 und 46 GmbHG. Das LSG sei unter Verstoß gegen den Grundsatz der Vorhersehbarkeit unzutreffend von einer nicht umfassenden Sperrminorität
ausgegangen. Es habe eine Bindung an Weisungen der Gesellschafterversammlung angenommen, ohne die nach dem Gesellschaftsvertrag
zustimmungsbedürftigen Angelegenheiten festzustellen und auszuführen, bei welchen konkreten Maßnahmen keine Sperrminorität
bestehen würde. Da er - der Kläger - einer Vertragsänderung zustimmen müsse, könne er sämtliche ihn betreffenden Weisungen
verhindern. Auch seine Abberufung als Geschäftsführer bedürfe einer Mehrheit von 80 vH der abgegebenen Stimmen. Eine außerordentliche
Kündigung der Stimmbindungsabrede sei nicht möglich. Solange das Unternehmen nicht verkauft sei, stelle die Kaufoption einen
beherrschenden Einfluss sicher. Die angegriffene Entscheidung verstoße schließlich gegen die Rechtsprechung des BSG und sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Das LSG habe die Regelungen zur Beweiserhebung, Amtsermittlung sowie Beweiswürdigung
verletzt und mit seinen überraschenden Ausführungen zum Optionsvertrag gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Mai 2017 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das
Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2015 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§
170 Abs
1 S 1
SGG).
Das LSG hat zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23.4.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
10.9.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach einer Gesamtwürdigung der vom LSG für den Senat
bindend festgestellten Tatsachen (dazu 1.) war der Kläger als Geschäftsführer in der Zeit vom 1.10.2012 (Beginn des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags)
bis zum 10.5.2017 (Tag der mündlichen Verhandlung vor dem LSG) Beschäftigter der Beigeladenen zu 1. und damit versicherungspflichtig
in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung (dazu 2.).
1. Der Senat ist nach §
163 SGG an die Tatsachenfeststellungen des LSG gebunden, weil sie nicht mit zulässig erhobenen Verfahrensrügen angegriffen worden
sind. Der Kläger hat entgegen §
164 Abs
2 S 3
SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Verfahrensmangel ergeben.
Bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§
103 SGG), muss der Revisionskläger die Tatsachen bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen
Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Hierzu gehört auch die Benennung konkreter Beweismittel,
deren Erhebung sich dem LSG hätte aufdrängen müssen. Es ist ferner darzulegen, zu welchem Ergebnis nach Auffassung des Revisionsklägers
die für erforderlich gehaltenen Ermittlungen geführt hätten und dass hieraus die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne
den geltend gemachten Verfahrensfehler anders entschieden hätte (BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 14 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Diesen Anforderungen ist nicht mit
dem Vorbringen genügt, das LSG habe nur unzureichend die vertraglichen Regelungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen
zu 1. festgestellt.
Auch die Rüge des Klägers, die Entscheidung des LSG beruhe auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung, ist nicht ordnungsgemäß
erhoben. Er hätte darlegen müssen, dass das Berufungsgericht die Grenzen seiner ihm durch §
128 Abs
1 S 1
SGG eingeräumten Befugnis verletzt hat, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden,
weil gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend
berücksichtigt worden ist (BSG Urteil vom 18.6.2013 - B 2 U 6/12 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 22 RdNr 29 mwN). Daran fehlt es hier. Soweit ein Verstoß gegen Denkgesetze hinsichtlich der Bedeutung
des Begriffs "umfassend" behauptet wird, ist nicht dargetan, dass das LSG nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere
nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl BSG aaO RdNr 31 mwN).
Schließlich ist der gerügte Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens infolge einer Überraschungsentscheidung nicht
hinreichend dargelegt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) soll zwar verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen
oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. Daher darf ein Urteil nicht auf tatsächliche oder rechtliche
Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung
nimmt. Allerdings ist das Gericht nicht verpflichtet, die Beteiligten auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen
oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG Urteil vom 26.9.2017 - B 1 KR 31/16 R - SozR 4-7862 § 7 Nr 1 RdNr 27 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Weshalb dem LSG gleichwohl eine unangekündigte
Auseinandersetzung mit dem vom Kläger selbst vorgelegten Beteiligungsvertrag verwehrt gewesen sein soll, hat die Revision
nicht aufgezeigt.
2. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der GRV und nach dem Recht der
Arbeitsförderung (§
1 S 1 Nr 1
SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006 [BGBl I 926], §
25 Abs
1 S 1
SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 [BGBl I 3443]) der Versicherungspflicht. Der Kläger war in diesem Sinn
in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. abhängig beschäftigt.
Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 31 RdNr 17 mwN und BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 7/15 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 30 RdNr 21 mwN, jeweils auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar,
dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG Urteil vom 23.5.2017 - B 12 KR 9/16 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 4 RdNr 24 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den
die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit
mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend,
soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und
auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der uU als Scheingeschäft iS des §
117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts
festzustellen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine
wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem
weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 mwN).
Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 17 ff), und zwar ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der Geschäftsführertätigkeit zugrunde
liegenden Vertrags. Dem steht nicht die Vorschrift des § 5 Abs 1 S 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) entgegen (dazu a). Vielmehr kommt es für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit zunächst darauf an, dass der Geschäftsführer
am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog Gesellschafter-Geschäftsführer). Ein Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung (sog
Fremdgeschäftsführer) ist ausnahmslos abhängig beschäftigt (dazu b). Selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer müssen
zudem über eine Mindestkapitalbeteiligung von 50 vH oder eine "echte" Sperrminorität verfügen (dazu c). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags
(Satzung) zustande gekommene, sich auf die Stimmverteilung auswirkende Abreden sind für die sozialversicherungsrechtliche
Statusbeurteilung ohne Bedeutung (dazu d). Gemessen daran ist der Kläger abhängig beschäftigt (dazu e).
a) Eine abhängige Beschäftigung von Geschäftsführern ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs 1 S 3 ArbGG Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung
einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Der Zugehörigkeit zu den Beschäftigten der juristischen Person
steht auch nicht entgegen, dass Geschäftsführer im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen
(BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 78 f).
b) Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79). Die frühere sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, wonach ein Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft
und ausnahmsweise auch ein Angestellter unterhalb der Geschäftsführerebene, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden
ist, ausnahmsweise als selbstständig angesehen worden ist, wenn er faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft
nach eigenem Gutdünken führen konnte und geführt hat, ohne dass ihn die Gesellschafter daran hinderten, hat der Senat ausdrücklich
aufgegeben. Die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der
Beteiligten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu
vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die
rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 29 f mwN; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32).
c) Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung
und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung
von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner
Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine
Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke
der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 vH der
Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter
ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er
exakt 50 vH der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag
eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist.
Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen
haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte",
auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 27 RdNr 28 mwN; BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 RdNr 24 mwN; BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 5/14 R - Juris RdNr 39 ff; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 7 RAr 12/92 - SozR 3-4100 § 168 Nr 8 S 16).
d) Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die
Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) bestehende
wirtschaftliche Verflechtungen (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 27; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 26; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - Juris RdNr 30), Stimmbindungsabreden (vgl hierzu BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26, RdNr 25) oder Veto-Rechte (vgl hierzu BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 RdNr 26) zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der
GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse
nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten
regelnden Vereinbarungen nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs - und beitragsrechtlicher Tatbestände.
Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versicherungspflicht wegen
Selbstständigkeit oder abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die
Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche
des Betroffenen ankommt (BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26, RdNr 27 mwN).
e) Nach Maßgabe dieser Grundsätze war der Kläger nicht selbstständig tätig, sondern abhängig beschäftigt. Er war zwar Gesellschafter-Geschäftsführer,
als Minderheitsgesellschafter mit 45,6 vH der Gesellschaftsanteile aber nicht in der Lage, seine minderheitsbedingte Weisungsgebundenheit
aufzuheben oder abzuschwächen. Die ihm eingeräumte ("unechte") Sperrminorität erstreckte sich ausschließlich auf bestimmte
Bereiche und nicht allumfassend auf die gesamte Unternehmenstätigkeit, sodass er nicht jegliche Weisungen durch die Mehrheitsgesellschafter
hätte verhindern können. Die mit seinem Bruder getroffene "Stimmbindungsabrede" ist schon unbeachtlich, weil es sich hierbei
nicht um eine durch Gesellschaftsvertrag zustande gekommene Vereinbarung handelt. Dasselbe gilt für die unwiderrufliche Option
zum Erwerb von Geschäftsanteilen. Unabhängig davon ist nicht eine "optionale" Stimmführerschaft, sondern die im zu beurteilenden
Zeitraum faktisch verteilte Rechtsmacht maßgebend.
Im Übrigen wird die bereits aus der Stellung als Minderheitsgesellschafter ohne "echte" Sperrminorität resultierende Zuordnung
als abhängig Beschäftigter durch den zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. abgeschlossenen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag"
bestätigt, der typische Regelungen einer Beschäftigung enthält. Danach wird dem Kläger für seine Geschäftsführertätigkeit
ein monatliches Bruttogehalt von 5500 Euro gezahlt und ist ein Urlaubsanspruch von jährlich 26 Tagen sowie bei Arbeitsunfähigkeit
Entgeltfortzahlung für sechs Wochen vorgesehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 S 1
SGG.