Arzneimittelversorgung; Zulässigkeit von Festbetragsfestsetzungen für den Wirkstoff Paliperidon
Gründe:
I
Das klagende pharmazeutische Unternehmen wendet sich gegen die Festsetzung eines Arzneimittel-Festbetrages.
Die Klägerin vertreibt das patentgeschützte Arzneimittel Invega, ein Antipsychotikum. Dessen Wirkstoff Paliperidon unterscheidet
sich in seiner chemischen Struktur von dem Antipsychotikum Risperidon nur durch eine Hydroxygruppe. Der Patentschutz für Risperidon
(als Risperdal von der Klägerin vertrieben) endete in Deutschland mit Ablauf des Jahres 2007. Invega erhielt am 25.6.2007
eine europaweite Zulassung für die Behandlung der Schizophrenie. Der beigeladene Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) fasste Arzneimittel
mit den Wirkstoffen Risperidon (Vergleichsgröße 1,4) und Paliperidon (Vergleichsgröße 5,5) in der Festbetragsgruppe "Antipsychotika,
andere, Gruppe 1" der Stufe 2 zusammen (Beschluss vom 18.6.2009). Der beklagte GKV-Spitzenverband setzte auf dieser Grundlage
mit Wirkung vom 1.11.2009 den Festbetrag auf 50,43 Euro je Standardpackung (100 Stück; Wirkstärkenvergleichsgröße [wvg] 1,4)
fest (Festbetragsbeschluss vom 26.8.2009). Die Klägerin hat wegen der Einbeziehung von Paliperidon in die Festbetragsgruppe
und der Festlegung der Vergleichsgröße Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die europäische Zulassungsbehörde die
europaweite Zulassung von Invega um die Behandlung schizoaffektiver Störungen erweitert (EMA, 8.4.2011). Der Beigeladene hat
die Vergleichsgrößen mit Wirkung vom 4.2.2012 geändert (Risperidon: 1,3; Paliperidon 5,6; Beschluss vom 15.12.2011). Der Beklagte
hat mit Wirkung vom 1.7.2012 den Festbetrag (Herstellerabgabepreis) auf 11,74 Euro je Standardpackung (100 Stück oder ml;
wvg 0,8) abgesenkt (Festbetragsbeschluss vom 9.5.2012). Das LSG hat die Festbetragsfestsetzungen für den Wirkstoff Paliperidon
aufgehoben: Der Beigeladene habe nicht ausreichend begründet, dass die Gruppenbildung keine Therapiemöglichkeiten einschränke,
insbesondere mit Blick auf die Zulassungserweiterung von Invega und die geringeren Nebenwirkungen bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen.
Schließlich habe der Beigeladene mit der Einbeziehung von Paliperidon in die Festbetragsgruppe verkannt, dass Paliperidon
eine therapeutische Verbesserung bei der Behandlung von Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bedeute. Auf naheliegende
Mängel der Vergleichsgruppenbildung komme es deshalb nicht an (Urteil vom 22.6.2012).
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung des §
35 SGB V sowie der §
62, §
75 Abs
2 und §
103 SGG. Das LSG hätte die Bundesrepublik Deutschland notwendig beiladen müssen und habe die Anforderungen an die Begründungspflicht
des Beigeladenen verkannt. Die formal korrekte Bildung der Festbetragsgruppe "Antipsychotika, andere, Gruppe 1" schränke weder
Therapiemöglichkeiten ein noch schließe sie medizinisch notwendige Verordnungsalternativen aus. Paliperidon bedeute keine
therapeutische Verbesserung.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Mit seiner Revision rügt auch der Beigeladene die Verletzung des §
35 SGB V sowie des §
103 SGG. Das LSG habe ua verkannt, dass die Vergleichsgrößenbestimmung rechtmäßig sei.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Juni 2012 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revisionen des Beklagten und des Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend.
II
Die zulässigen Revisionen des Beklagten und des Beigeladenen sind im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung begründet. Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es §
35 SGB V verletzt, sich nicht aus anderen Gründen als zutreffend erweist und dem Senat aufgrund fehlender Feststellungen eine abschließende
Entscheidung verwehrt ist.
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt (dazu 1.). Das LSG hat aber zu Unrecht entschieden, dass die Festbetragsfestsetzungen
des Beklagten für den Geltungszeitraum vom 1.11.2009 bis 30.6.2012 und ab 1.7.2012 die Klägerin bereits deswegen rechtswidrig
beschweren, weil der Beigeladene Invega als einziges patentgeschütztes Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paliperidon in die Festbetragsgruppe
"Antipsychotika, andere, Gruppe 1" einbezog. Zu Unrecht hat das LSG einen Verstoß des Beigeladenen gegen rechtserhebliche
Begründungspflichten bejaht (dazu 2.). Der Beigeladene schränkte durch die Einbeziehung von Paliperidon in die Festbetragsgruppe
"Antipsychotika, andere, Gruppe 1" iS von §
35 Abs
1 S 3 Halbs 1
SGB V weder Therapiemöglichkeiten ein noch schloss er medizinisch notwendige Verordnungsalternativen aus (dazu 3.). Zu Unrecht
hat das LSG eine therapeutische Verbesserung von Paliperidon iS von §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2
SGB V angenommen (dazu 4.). Aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen kann der erkennende Senat aber nicht abschließend darüber
entscheiden, ob der Beigeladene die Vergleichsgröße für Risperidon ohne Verstoß gegen das Willkürverbot bestimmt und der Beklagte
die Festbeträge für den Wirkstoff Paliperidon (Beschlüsse vom 26.8.2009, BAnz Nr 131 vom 3.9.2009, S 3074, mWv 1.11.2009,
und vom 9.5.2012, BAnz AT 16.05.2012 B4, mWv 1.7.2012) rechtmäßig festgesetzt hat (dazu 5.).
1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt.
a) Die auf die Aufhebung von Festbetragsfestsetzungen gerichtete Klage ist eine ohne Vorverfahren statthafte Anfechtungsklage
(§
54 Abs
1 S 1 Alt 1
SGG iVm §
35 Abs
7 S 3
SGB V). Festbetragsfestsetzungen sind grundsätzlich Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 S 2 SGB X; vgl BVerfGE 106, 275, 307 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 24; BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 8; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 11). Zulässiger Streitgegenstand der Klage ist der Anspruch auf Aufhebung der Festbetragsfestsetzung
vom 26.8.2009 (BAnz Nr 131 vom 3.9.2009, S 3074, mWv 1.11.2009) und der später kraft Gesetzes (§
96 Abs
1 SGG) einbezogenen Festbetragsanpassung vom 9.5.2012 (BAnz AT 16.05.2012 B4, mWv 1.7.2012).
b) Die Klägerin ist als alleinige Inhaberin der Vertriebsrechte für Invega in Deutschland als pharmazeutische Unternehmerin
(zum Begriff des pharmazeutischen Unternehmers vgl § 4 Abs 18 Arzneimittelgesetz [AMG]) von der Festbetragsfestsetzung für den Wirkstoff Paliperidon betroffen und insoweit klagebefugt (§
54 Abs
1 S 2
SGG), obwohl sie nicht Adressatin der Regelung ist. Festbetragsfestsetzungen sind Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung,
die sich nach der Gesetzeskonzeption an Versicherte und Vertragsärzte, nicht jedoch an pharmazeutische Unternehmer richten
(§ 31 S 2 SGB X). Festgesetzte Festbeträge legen insbesondere als solche keine Arzneimittelpreise fest. Betroffene pharmazeutische Unternehmer
können jedoch die Aufhebung einer Festbetragsfestsetzung verlangen, soweit sie in ihren Anhörungsrechten verletzt oder wegen
einer willkürlichen Handhabung des §
35 SGB V benachteiligt sind. Eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art
12 Abs
1 GG) kommt nicht in Betracht (vgl zum Ganzen BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 14 ff mwN zur Rspr des BVerfG). Die Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl BSGE 111, 146 = SozR 4-2500 § 35 Nr 6), wonach Versicherte Vollversorgung mit Arzneimitteln ohne Begrenzung auf den hierfür festgesetzten
Festbetrag beanspruchen können, wenn aufgrund ungewöhnlicher Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag
möglich ist, lässt die aufgezeigten Grundsätze zur Klagebefugnis unberührt. Die Klägerin macht geltend, Beklagter und Beigeladener
hätten §
35 SGB V willkürlich angewendet.
c) Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das LSG hier zu Recht die Bundesrepublik Deutschland nicht beigeladen. Zwar hat
der 6. Senat des BSG seine frühere Rechtsprechung, dass bei Klagen unmittelbar gegen Normsetzungsakte des GBA die Bundesrepublik Deutschland nach
§
75 Abs
2 Alt 1
SGG notwendig beizuladen ist (BSGE 64, 78, 85 = SozR 1500 §
51 Nr 50 S 101; einschränkend BSGE 67, 251, 253 = SozR 3-2500 § 92 Nr 2 S 16 f), nicht ausdrücklich aufgegeben. Er sieht aber mittlerweile in ständiger Rechtsprechung
von einer notwendigen Beiladung der Bundesrepublik Deutschland ab (vgl zuletzt nur BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13). In Fällen, in denen mit der Klage - wie hier - nur mittelbar eine vom beigeladenen GBA erlassene
Rechtsnorm angegriffen wird, ist die Aufsichtsbehörde des Normgebers ohnehin nicht beizuladen. Im Übrigen geht der Senat davon
aus, dass auch bei Klagen gegen Normsetzungsakte des GBA die Bundesrepublik Deutschland nicht notwendig beizuladen ist. Denn
das eventuelle Beanstandungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nach §
94 SGB V betrifft einen eigenständigen Streitgegenstand (vgl Zeihe,
SGG, Stand November 2012, §
75 RdNr 15c, dort unter cc).
2. Die Klägerin kann anhand des dargelegten Prüfmaßstabs der willkürlichen Wettbewerbsverfälschung nicht beanspruchen, dass
die Festbetragsfestsetzungen des Beklagten vom 26.8.2009 und vom 9.5.2012 schon wegen eines Fehlers bei der Gruppenbildung
aufgehoben werden. Nach der anzuwendenden gesetzlichen Regelung (dazu a) handelte der hierzu berufene Beigeladene formell
rechtmäßig (dazu b). Er bildete die Festbetragsgruppe in Übereinstimmung mit den Vorgaben nach §
35 Abs
1 S 2 Nr
2 SGB V und insoweit auch willkürfrei (dazu c).
a) Zu messen ist die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Beklagten vom 26.8.2009 und vom 9.5.2012 an der Festbetragsregelung
des §
35 SGB V (hinsichtlich des Beschlusses vom 26.8.2009 idF durch Art 1 Nr 1c Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-OrgWG] vom 15.12.2008,
BGBl I 2426, mWv 1.1.2009, und hinsichtlich des Beschlusses vom 9.5.2012 idF durch Art 1 Nr 6b Gesetz zur Verbesserung der
Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG] vom 22.12.2011, BGBl
I 2983, mWv 1.1.2012). Diese Norm gibt für die Festsetzung von Festbeträgen ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst bestimmt
der Beigeladene in seiner Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie
[AM-RL], idF vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz Nr 49a [Beilage] vom 31.3.2009 mWv 1.4.2009, zuletzt geändert am 20.6.2013, BAnz
AT 11.07.2013 B2) nach §
92 Abs
1 S 2 Nr
6 SGB V, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können und welche Vergleichsgrößen dabei zugrunde zu
legen sind (§
35 Abs
1 und
2 SGB V). Auf der Grundlage dieses Beschlusses erfolgt sodann die Festsetzung der jeweiligen Festbeträge durch den Beklagten im Wege
einer Allgemeinverfügung (vgl §
35 Abs
3 bis 6 und Abs
7 S 1
SGB V). Die Entscheidung des Beigeladenen ist nicht isoliert anfechtbar (§
35 Abs
7 S 4
SGB V), ihre Überprüfung indessen Bestandteil der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der auf ihrer Grundlage ergangenen Allgemeinverfügung
(BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 11, unter Hinweis auf BT-Drucks 11/3480 S 54).
b) Der hierzu berufene Beigeladene hat die Festbetragsgruppe (§
35 Abs
1 S 1 bis 3
SGB V) als eine der Grundlagen der Festbetragsfestsetzung formell rechtsfehlerfrei bestimmt. Dies gilt sowohl hinsichtlich des
Normsetzungsaktes als solchen (dazu aa) als auch hinsichtlich der gesetzlich vorgegebenen förmlichen Begründungsanforderungen
(dazu bb).
aa) Der Beigeladene hat erstmals eine Festbetragsgruppe "Antipsychotika, andere, Gruppe 1" gebildet, Vergleichsgrößen festgesetzt
und Darreichungsformen bestimmt (Beschlüsse vom 18.6.2009, BAnz Nr 119 vom 13.8.2009, S 2786; vom 14.4.2011, BAnz Nr 86 vom
8.6.2011, S 2053; vom 15.12.2011, BAnz Nr 20 vom 3.2.2012, S 469) und dies in der AM-RL geregelt (§
35 Abs
1 S 1 und 5
SGB V; §
92 Abs
1 S 2 Nr
6 SGB V idF des Art 1 Nr
39 Buchst a GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626).
Die Richtlinien des Beigeladenen sind in der Rechtsprechung seit Langem als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt (stRspr;
vgl nur BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 26). Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl §
91 Abs
9 SGB V idF durch Art 1 Nr 70 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Modernisierungsgesetz - GMG] vom 14.11.2003, BGBl I 2190;
jetzt §
91 Abs
6 SGB V idF durch Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG] vom
26.3.2007, BGBl I 378, geändert durch Art 1 Nr 29 Buchst e GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983; BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 33; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 22; vgl auch BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff). Dies gilt in besonderer Weise für die Beschlüsse des Beigeladenen zur Bildung von Festbetragsgruppen
(vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 22 unter Hinweis auf BVerfGE 106, 275 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2).
Die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen
- Verfahrensordnung des Beigeladenen ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte wurden gewahrt. Sie stellen sicher,
dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten
hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu Hauck, NZS 2010, 600, 604).
bb) Die vom LSG und der Klägerin gegen die Wirksamkeit der Beschlüsse des Beigeladenen vom 18.6.2009, 14.4.2011 und 15.12.2011
geltend gemachten förmlichen Begründungsdefizite liegen nach Maßgabe der vom Gesetz dem Beigeladenen vorgegebenen förmlichen
Begründungsanforderungen nicht vor.
(1) Beschlüsse über die Bildung von Festbetragsgruppen unterliegen mehreren differenzierten Begründungsanforderungen. Als
Bestandteil der AM-RL (§
35 Abs
1 S 1
SGB V) sind Beschlüsse über Festbetragsgruppenbildungen im Bundesanzeiger und ihre tragenden Gründe im Internet bekanntzumachen.
Die Bekanntmachung der Richtlinien muss auch einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im
Internet enthalten (§
94 Abs
2 SGB V idF durch Art 1 Nr 63 Buchst b Doppelbuchst bb GKV-WSG). Darüber hinaus verlangt §
35 Abs
1b S 6
SGB V, dass im Rahmen der Entscheidung, ob eine therapeutische Verbesserung nach §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2 und Abs
1a S 2
SGB V vorliegt, die Ergebnisse der Bewertung in der Begründung zu dem Festbetragsgruppenbildungsbeschluss fachlich und methodisch
aufzubereiten sind, sodass die tragenden Gründe des Beschlusses nachvollziehbar sind. Vorbehaltlich einer abweichenden Entscheidung
des Beigeladenen aus wichtigem Grund ist die Begründung des Beschlusses bekanntzumachen, sobald die Vorlage nach §
94 Abs
1 SGB V erfolgt, spätestens jedoch mit Bekanntgabe des Beschlusses im Bundesanzeiger (§
35 Abs
1b S 8
SGB V). Darüber hinaus sieht Kap 1 §
7 Abs
3 S 2 Verfahrensordnung (VerfO idF vom 18.12.2008, BAnz Nr 84a vom 10.6.2009 [Beilage], in Kraft getreten am 1.4.2009, geändert
am 17.12.2009, BAnz Nr 38 vom 10.3.2010 S 968, in Kraft getreten am 12.2.2010) vor, dass der Beigeladene eine zusammenfassende
Dokumentation nach Nichtbeanstandung des Beschlusses - insbesondere zur Information der Stellungnahmeberechtigten - als Abschlussbericht
in das Internet stellt.
Die Bekanntmachung der tragenden Gründe nach §
94 Abs
2 S 1
SGB V erfordert schon nach dem begrifflichen Gehalt von "tragend" weder die Angabe aller Unterlagen, Erwägungen und Gründe noch
eine umfassende, vollumfängliche Begründung mit allen wissenschaftlichen Belegen in Bezug auf alle vorgetragenen Argumente
(so zutreffend Axer, GesR 2013, 211, 212) noch gar eine darüber hinausgehende Auseinandersetzung mit allen weiteren denkmöglichen
Argumenten und Problemkonstellationen. Es genügt insoweit die Mitteilung der Gründe, die aus der Sicht des Beigeladenen tragend
sind, also ihn veranlasst haben, einen Beschluss mit einem bestimmten Inhalt zu fassen. Nach dem Zweck der förmlichen Begründung
- den Normsetzungsakt transparent zu machen (vgl Begründung des GKV-WSG-Gesetzentwurfs, BT-Drucks 16/3100 S 135) - schuldet der Beigeladene mithin nur ein ernsthaftes Bemühen, die von ihm für maßgeblich
gehaltenen Gesichtspunkte mitzuteilen. Unerheblich ist dagegen, ob die bekanntgemachten tragenden Gründe im Einklang mit den
inhaltlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit des Beschlusses stehen. Im Ergebnis nichts anderes gilt für die sich aus
§
35 Abs
1b S 6
SGB V ergebenden Mitteilungspflichten. Sie erstrecken sich im Wesentlichen auf eine Dokumentation des Gruppenbildungsverfahrens
und der Bewertung der in die Entscheidung einbezogenen Literatur. Aus ihr muss hervorgehen, dass sich der Beigeladene mit
den Stellungnahmen der Sachverständigen nach §
35 Abs
2 SGB V - soweit eingeholt - auseinandergesetzt hat (vgl Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
in der Arzneimittelversorgung, BT-Drucks 16/194 S 9). Auch hier muss sich der Beigeladene nur hinreichend bemühen, die Ergebnisse
der klinischen Studien fachlich und methodisch aufzubereiten, um die tragenden Gründe nachvollziehbar zu machen. Er verletzt
weder seine förmliche Begründungspflicht noch das Transparenzgebot (vgl Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung, BT-Drucks 16/194 S 8), wenn ihm dabei inhaltliche Fehler unterlaufen.
Soweit keine ausdrücklich gesetzlich geregelte Pflicht des Beigeladenen besteht, eine qualifizierte Begründung als Bestandteil
der Beschlussfassung im Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Beschlusses mitzuteilen, oder diese Pflicht nur eingeschränkt
besteht, führen im Zeitpunkt der Beschlussfassung inhaltlich fehlerhafte, unzureichende oder nicht mitgeteilte Begründungen,
die ausdrückliche gesetzliche Begründungsanforderungen nicht verletzen, nicht zur Nichtigkeit eines Beschlusses des Beigeladenen.
Es bedurfte verfahrensrechtlich - über das Dokumentierte und die tatsächlich erfolgte Veröffentlichung der tragenden Gründe
entsprechend Kap 1 § 7 VerfO hinaus - keiner gesonderten Begründung. Für Normgeber besteht grundsätzlich keine Begründungspflicht (BSG SozR 4-2500 § 137 Nr 2 RdNr 23 f, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen mwN zur stRspr; ebenso Steiner, GesR 2013, 193, 195 f; aA die vorinstanzliche
Entscheidung; vgl auch zur fehlenden Begründungspflicht von Honorarverteilungsregelungen Clemens in Wenzel, Medizinrecht,
3. Aufl 2013, Kap 13 RdNr 328 mwN zur Rspr des BSG in Fn 327).
(2) Der Beigeladene erfüllte jeweils die förmlichen Begründungspflichten. Es bedarf daher keiner Ausführungen, wie schwerwiegend
ein Verstoß gegen die formelle Begründungspflicht gegebenenfalls sein muss, um daran die Rechtsfolge der Nichtigkeit zu knüpfen.
Auch lässt der Senat ausdrücklich offen, ob die vom Beigeladenen als "Tragende Gründe" bezeichneten Ausführungen allein genügen,
um den aufgezeigten förmlichen Begründungsanforderungen gerecht zu werden. Jedenfalls durch die Beifügung der Dokumentation
erfüllte der Beigeladene jeweils die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit der ihn leitenden Gründe für die getroffene
Entscheidung. Dies gilt auch, soweit der Beigeladene keine Ausführungen zur Bewertung einer eventuellen therapeutischen Verbesserung
durch die Erstreckung der Indikation auf die schizoaffektive Störung (Kommissionsentscheidung der EMEA vom 8.4.2011 - II/0023)
auf der Grundlage der am 27.9.2010 abgegebenen Empfehlung des Committee for medicinal products for human use (CHMP - EMA/CHMP/444944/2010)
gemacht hat. Die kurz nach der Zulassungserweiterung ergangene Entscheidung des Beigeladenen vom 14.4.2011 betraf nur die
Eingruppierung einer neuen Darreichungsform ("Schmelzfilme"). Die Indikationserweiterung war auch nicht Gegenstand der Entscheidung
des Beigeladenen vom 15.12.2011, sondern lediglich eine Änderung der Vergleichsgrößen (Paliperidon: 5,6 statt bisher 5,5;
Risperidon: 1,3 statt bisher 1,4).
c) Die gebildete Gruppeneinteilung entspricht nach der gebotenen gerichtlichen Prüfung (dazu aa) materiellem Recht. Der Beigeladene
hat mit seinem Beschluss vom 18.6.2009 ausgehend von rechtmäßigen Kriterien (dazu bb) - hier: dem Inhalt der Arzneimittelzulassungen
(dazu cc) - in der Gruppe "Antipsychotika, andere, Gruppe 1" Arzneimittel mit pharmakologischtherapeutisch vergleichbaren
Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, zusammengefasst (dazu dd), ohne unterschiedliche Bioverfügbarkeiten
der Arzneimittel aufgrund differierender pharmakokinetischer Eigenschaften berücksichtigen zu müssen (§
35 Abs
1 S 2
SGB V; dazu ee).
aa) Die im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden Richtlinien des Beigeladenen sind gerichtlich in der Weise
zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung
- selbst erlassen hätte (BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 - LITT; Schlegel, MedR 2008, 30, 32; Hauck, NZS 2010, 600, 611 f). §
35 SGB V gibt dem Beigeladenen ein engmaschiges, rechtlich voll überprüfbares Programm vor: Die Verwendung ihrer Art nach rechtmäßiger
Prüfkriterien, die Ermittlung des Inhalts der Arzneimittelzulassungen, die Qualifizierung von Arzneimitteln als solche mit
pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, die Gewährleistung
sowohl fehlender Einschränkungen von Therapiemöglichkeiten als auch der Verfügbarkeit medizinisch notwendiger Verordnungsalternativen
sowie die zutreffende rechtliche Erfassung der Ausnahme von der Gruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen
ist vom Gericht uneingeschränkt zu überprüfen. Der Gesetzgeber belässt dem Beigeladenen bei der Umsetzung dieser Regelungselemente
des §
35 SGB V keinen Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom Beigeladenen zu berücksichtigenden Studienlage
(vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 26).
Anders liegt es dagegen bei der Entscheidung über Zeitpunkt, Zuschnitt und Auswahl der Gruppe sowie bei der Bewertung des
zutreffend ermittelten Standes der Studienlage im Hinblick auf ihre Eignung, für die Gruppenbildung relevante Therapiehinweise,
Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse zu erlassen; ebenso bei der Wahl einer anderen geeigneten Vergleichsgröße (§
35 Abs
1 S 5
SGB V). Hier entscheidet der Beigeladene als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht
an die Stelle der vom Beigeladenen getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen
Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei
Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 27).
bb) Grundlage und Ausgangspunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Festbetragsgruppenbildung ist grundsätzlich der
Inhalt der arzneimittelrechtlichen Zulassung nach dem AMG. Der Inhalt ergibt sich zusammengefasst insbesondere aus der Fachinformation gemäß § 11a AMG. Eine Berücksichtigung darüber hinausgehender Unterlagen ist für die Prüfung des Vorliegens vergleichbarer Wirkstoffe nach
Maßgabe des §
35 Abs
1 S 2 Halbs 1 und S 3 Halbs 1
SGB V grundsätzlich nicht vorgesehen. Hiervon abweichend ist dagegen nicht allein die arzneimittelrechtliche Zulassung, sondern
eine neuere Studienlage maßgeblich, wenn eine solche für die Gruppenbildung bedeutsame Therapiehinweise, Verordnungseinschränkungen
oder Verordnungsausschlüsse durch den Beigeladenen rechtfertigt, weil sie Indikationsbereiche eines Arzneimittels oder von
Arzneimitteln im Vergleich zu anderen als unwirtschaftlich erscheinen lässt und nicht lediglich insgesamt das Therapiegebiet
der Gesamtgruppe einschränkt. Ebenfalls abweichend von dem Grundsatz, dass für die Festbetragsgruppen auf die arzneimittelrechtliche
Zulassung abzustellen ist, erfolgt zum Ausschluss von Scheininnovationen der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung iS
des §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2
SGB V nicht allein aufgrund der Fachinformationen, sondern auch durch Bewertung von klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen
der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen
Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser
Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen
(vgl zum Ganzen mit ausführlicher Begründung BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29 ff).
cc) Hinsichtlich der Wirkstoffe Risperidon und Paliperidon ist an die Inhalte der arzneimittelrechtlichen Zulassungen des
früher patentgeschützten Risperdal und seiner Generika sowie an das patentgeschützte, über eine seit 25.6.2007 europaweite
Zulassung verfügende Arzneimittel Invega (EMEA/H/C/000746) anzuknüpfen. Dass eine Studienlage besteht, die weitergehende Einschränkungen
der generellen Verordnungsfähigkeit zugelassener Arzneimittel mit diesen Wirkstoffen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung
rechtfertigt, hat das LSG nicht festgestellt. Der Beigeladene hat dies ebenfalls nicht angenommen und deshalb keine der ihm
rechtlich für einen solchen Fall eröffneten Maßnahmen ergriffen. Insoweit bestehen auch keine unterschiedlichen Auffassungen
zwischen der Klägerin und dem Beklagten. Bei einem solchen Sachstand verbleibt es beim durch das Arzneimittelzulassungsrecht
vorgegebenen Prüfmaßstab für die Festbetragsgruppenbildung, ohne dass weitere Ermittlungen des erkennenden Senats zu diesen
generellen Tatsachen geboten wären.
dd) Auf der Grundlage des Inhalts der arzneimittelrechtlichen Zulassung stellen Risperidon und Paliperidon pharmakologisch-therapeutisch
vergleichbare Wirkstoffe, insbesondere chemisch verwandte Stoffe iS von §
35 Abs
1 S 2 Halbs 1 Nr
2 SGB V dar.
Zutreffend ist der Beigeladene davon ausgegangen, dass die Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen Vergleichbarkeit
zwei verschiedene Aspekte, einen pharmakodynamischen und einen therapeutischen umfasst (vgl auch Hauck in H. Peters, Handbuch
der Krankenversicherung, Teil II -
SGB V, Stand Januar 2013, Bd 2, §
35 SGB V RdNr 38). Für das Verständnis des Begriffs der Vergleichbarkeit ist mit dem Beklagten und dem Beigeladenen davon auszugehen,
dass Vergleichbarkeit nicht Austauschbarkeit oder Identität bedeutet. Anders als nach Nr 1 geht es bei der Gruppenbildung
nach Nr 2 vielmehr darum, einen übergreifenden gemeinsamen Bezugspunkt mehrerer Wirkstoffe herzustellen. Dementsprechend steht
mit der Überprüfung der pharmakologisch-therapeutischen, insbesondere chemischen Vergleichbarkeit eine Beurteilung von Art
und Aufbau der einzelnen Wirkstoffe, ihrer Wirkmechanismen und ihrer Anwendungsgebiete an. Der Beigeladene hat die dargelegten
Vergleichsmaßstäbe mit Blick auf chemische Zusammensetzung, Wirkprofil und therapeutisches Einsatzgebiet von Risperidon und
Paliperidon rechtsfehlerfrei angewendet.
(1) Nicht zu beanstanden ist, dass er hierbei als Einstieg die in der Fachinformation enthaltene anatomisch-therapeutisch-chemische
Klassifikation der WHO (ATC-Code) nach Maßgabe des §
73 Abs
8 S 5
SGB V gewählt hat, wie es inzwischen seiner VerfO entspricht (vgl Kap 4 §
19 Abs 2 VerfO). Die ATC-Klassifikation teilt die Wirkstoffe nach dem Organ oder Organsystem, auf das sie einwirken, und nach
ihren chemischen, pharmakologischen und therapeutischen Eigenschaften in verschiedene Gruppen ein (abrufbar unter www.dimdi.de).
Sie geht hier auf der vierten Ebene ("N05AX Andere Antipsychotika") von einem identischen Code für die beiden Wirkstoffgruppen
der Festbetragsgruppe "Antipsychotika, andere, Gruppe 1" aus (Risperidon: N05AX08; Paliperidon: N05AX13).
Zu Recht bejaht der Beigeladene die chemische Verwandtschaft der betroffenen Wirkstoffe. Wirkstoffe sind chemisch verwandt,
wenn sie eine vergleichbare chemische Grundstruktur aufweisen und sich durch eine räumliche Struktur auszeichnen, die eine
spezifische PharmakonRezeptor-W echselwirkung ermöglicht (Kap 4 § 21 S 1 VerfO). Die chemische Verwandtschaft der in Rede
stehenden Wirkstoffe ergibt sich aus der gemeinsamen Zuordnung zu den Benzisoxazol-Derivaten. Paliperidon ist chemisch 9-Hydroxy-Risperidon,
das heißt, es ist Risperidon (Summenformel: C23H27FN4O2) mit einer Hydroxygruppe (-OH) an einem Kohlenstoffatom (Summenformel:
C23H27FN4O3).
(2) Der Beigeladene stellt rechtmäßig auch für die pharmakologische Vergleichbarkeit maßgeblich auf den Wirkmechanismus der
erfassten Arzneimittel ab. Er geht nämlich - auf der Grundlage der Fachinformation - von einem vergleichbaren Wirkprofil der
beiden Wirkstoffe aus. Die Pharmakodynamik von Paliperidon ist danach vergleichbar mit Risperidon. Sie beruht auf einem ähnlichen
Rezeptorbindungsprofil sowie auf der Tatsache, dass ein beträchtlicher Anteil von Risperidon zu Paliperidon metabolisiert
wird. Dies kommt auch in der Fachinformation zu Risperdal zum Ausdruck, wo es wörtlich heißt (Nr 5.2): "Risperidon wird zu
9-Hydroxy-Risperidon metabolisiert, das eine ähnliche pharmakologische Wirksamkeit wie Risperidon besitzt" (s ferner die Ausführungen
zu Biotransformation und Elimination in der Fachinformation zu Risperdal). Die pharmakologische Wirksamkeit von Risperidon
beruht maßgeblich auch auf seinem aktiven Hauptmetaboliten Paliperidon (vgl EMEA, Invega: EPAR (European public assessment
report), Scientific Discussion S 5, veröffentlicht am 16.7.2007; s auch Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, Arzneimittel
im Blickpunkt Nr 28/2009 vom 23.12.2009).
(3) Für die therapeutische Vergleichbarkeit als eine Voraussetzung der Festbetragsgruppenbildung genügt jedenfalls ein übereinstimmendes
Anwendungsgebiet der in der Gruppe zusammengefassten Wirkstoffe. Dies hat der Gesetzgeber durch §
35 Abs
1b S 2
SGB V bestätigt. Danach erfolgen Bewertungen im Zusammenhang mit der Prüfung der therapeutischen Verbesserung iS von §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2 und Abs
1a S 2
SGB V nur für gemeinsame Anwendungsgebiete der Arzneimittel der Wirkstoffgruppe (vgl auch Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung, BT-Drucks 16/194 S 8). Müssten die Anwendungsgebiete der in die Festbetragsgruppe
einbezogenen Arzneimittel identisch sein, hätte es dieser Regelung nicht bedurft (vgl auch Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung
der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung, BT-Drucks 16/194 S 8).
Der Beigeladene hat die therapeutische Vergleichbarkeit anhand der Anwendungsgebiete von Risperidon und Paliperidon frei von
Rechtsfehlern beurteilt. Sowohl Risperidon (vgl Fachinformation Nr 4.1 zu Risperdal) als auch Paliperidon (vgl Fachinformation
Nr 4.1 zu Invega) sind für die Behandlung von Schizophrenie (ICD-10-GM F20.-) zugelassen.
ee) Der Beigeladene musste keine für die Therapie bedeutsamen unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel
berücksichtigen (§
35 Abs
1 S 2
SGB V). Denn mit den "Antipsychotika, andere, Gruppe 1" ist eine Festbetragsgruppe nach §
35 Abs
1 S 2 Nr
2 SGB V betroffen, der lediglich pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkstoffe mit pharmakokinetisch nicht relevanten Unterschieden
angehören.
Die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Retardformulierung von Invega mittels OROS-Technik (Osmotic controlled-release
oral delivery system), die eine langsamere und gleichmäßigere Freisetzung des Wirkstoffs herbeiführen soll, steht der Einbeziehung
von Invega in die Festbetragsgruppe "Antipsychotika, andere, Gruppe 1" nicht entgegen. Unerheblich ist insoweit, dass der
Plasmaspiegel bei Invega mit Blick auf eine einmalige Einnahme geringere Schwankungsbreiten als Risperidon-Präparate aufweist,
die pharmakokinetisch schnell freisetzend sind. Invega erreicht innerhalb von vier bis fünf Tagen den Steady State (Zustand
konstanter Mengenverhältnisse bzw konstanter Umsatzgeschwindigkeit gekoppelt mit korrespondierender Eliminationsgeschwindigkeit
in einem System = Dosis in einer gegebenen Zeit zur Aufrechterhaltung eines angestrebten therapeutisch wirksamen Plasmaspiegels).
Gleiches gilt für den aktiven Metaboliten des Risperidon (9-Hydroxy-Risperidon = Paliperidon) bei der Einnahme von Risperdal
mit dem Wirkstoff Risperidon. Allerdings erreicht das therapeutisch wirksame Risperidon, soweit es nicht metabolisiert wird,
sogar schon nach einem Tag den Steady State. Erste symptomreduzierende Wirkungen sind bei beiden Wirkstoffen frühestens mit
Erreichen des Steady State zu erwarten. Zudem benötigt die weitgehende Remission psychotischer Symptome in der Regel eine
bis drei Wochen nach Beginn der medikamentösen Therapie (Zusammenfassende Dokumentation S 53). Hinzu kommt, dass bei Einnahme
von Invega mit einer standardisierten Mahlzeit mit hohem Fett- und Kaloriengehalt die Resorption deutlich schneller erfolgt
und die Plasmaspiegel-Kurve steiler ausfällt. Hingegen beeinflusst die Nahrungsaufnahme die Resorption von Risperidon nicht
(vgl Fachinformation zu Risperdal unter Nr 5.2).
3. Die Festbetragsgruppenbildung des Beigeladenen verstößt nicht gegen §
35 Abs
1 S 3 Halbs 1
SGB V.
Dadurch, dass Risperidon und Paliperidon in eine Festbetragsgruppe einbezogen sind, schränkt der Beigeladene mit seiner Entscheidung
keine Therapiemöglichkeiten ein und schneidet keine medizinisch notwendigen Verordnungsalternativen ab (§
35 Abs
1 S 3 Halbs 1
SGB V; vgl dazu auch Kap 4 §
24 VerfO).
Nach den maßgeblichen Fachinformationen für Risperdal und Invega verfügt Paliperidon gegenüber Risperidon weder über einen
nicht auch schon von Risperidon erfassten - singulären - Anwendungsbereich (zur schizoaffektiven Störung siehe unten II 4
b dd) noch ist das Nebenwirkungsprofil von Paliperidon anders als das von Risperidon. Dies gilt auch für Personen mit Nierenfunktionseinschränkungen
(siehe unten II 4 b cc). Schließlich begründet auch die retardierende Freisetzung von Paliperidon durch die OROS-Technik keinen
therapeutischen Vorteil (siehe bereits oben II 2 c ee).
4. Der Einbeziehung von Invega steht nicht nach §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2
SGB V (idF des Art 1 Nr
2 Buchst a Doppelbuchst aa Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26.4.2006, BGBl
I 984) die Ausnahme von der Festbetragsgruppenbildung für Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen entgegen, deren Wirkungsweise
neuartig ist (dazu a) oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten (dazu b).
Die Regelung des §
35 Abs
1a SGB V ist hier von vornherein nicht anwendbar. Sie ermöglicht die Bildung von Festbetragsgruppen für Arzneimittel, die allesamt
noch unter Patentschutz stehen. Für den Fall, dass dies nicht mehr auf alle Arzneimittel einer Festbetragsgruppe zutrifft,
ist §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2
SGB V die maßgebliche Regelung für die Möglichkeit der Einbeziehung patentgeschützter Arzneimittel (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 46 mwN). Hiernach müssen ua die nach §
35 Abs
1 S 2 Nr
2 SGB V gebildeten Gruppen gewährleisten, dass Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen
zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise
neuartig ist oder die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten.
a) Die Wirkungsweise des noch patentgeschützten Wirkstoffs Paliperidon ist im Rechtssinne nicht neuartig. Als neuartig gilt
ein Wirkstoff nur, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz
steht (§
35 Abs
1 S 4
SGB V). Nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG ist der Wirkstoff Risperidon seit Ablauf des Jahres 2007 patentfrei.
b) Der Beigeladene hat zu Recht verneint, dass Paliperidon eine therapeutischen Verbesserung bedeutet. Er hat die gerichtlich
voll überprüfbaren Voraussetzungen an eine therapeutische Verbesserung und deren Nachweis (dazu aa) gesetzeskonform beachtet;
ihm sind keine Beurteilungsfehler unterlaufen (dazu bb). Entgegen der Auffassung des LSG bietet Paliperidon auch bei der Behandlung
von Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion keine therapeutischen Vorteile (dazu cc). Nichts anderes ergibt sich aus
der erweiternden Zulassung von Invega zur Behandlung der schizoaffektiven Störung (Kommissionsentscheidung der EMEA vom 8.4.2011
- II/0023; dazu dd).
aa) Eine therapeutische Verbesserung besteht, wenn ein patentgeschützter Wirkstoff für die betroffenen Patienten einen therapierelevanten
höheren Nutzen als andere Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe hat und deshalb als zweckmäßige Therapie regelmäßig oder auch
für relevante Patientengruppen oder Indikationsbereiche den anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe vorzuziehen ist (§
35 Abs
1b S 1
SGB V). Der geforderte "höhere Nutzen" entspricht dem "Zusatznutzen" gegenüber anderen Wirkstoffen iS von §
35b Abs
1 S 3
SGB V und dem "medizinischen Zusatznutzen" iS von §
35a Abs
1 S 4
SGB V (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 §
35 Nr 5, RdNr 63). Inhaltlich gibt der Gesetzgeber als Maßstab einer therapeutischen Verbesserung eine Verbesserung hinsichtlich
der Lebensqualität, zB durch Verringerung von Nebenwirkungen bezüglich Häufigkeit und Schweregrad, sowie Morbidität und Mortalität
vor (§
35 Abs
1b S 3 und 5
SGB V, sog patientenrelevante Endpunkte). Nur im Zusammenhang mit einer an der positiven Beeinflussung patientenrelevanter Endpunkte
ausgerichteten Therapie kann sich ein höherer Nutzen auch daraus ergeben, dass das Arzneimittel eine überlegene Wirksamkeit
gegenüber anderen Arzneimitteln der Wirkstoffgruppe zeigt oder über besondere therapierelevante Leistungsmerkmale verfügt,
zB Wechsel des Applikationsortes oder -weges, oder eine andere für die Therapie relevante Galenik aufweist (vgl Entwurf eines
Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung, BT-Drucks 16/194 S 8). Anders als bei der
Gruppenbildung anhand von Wirkstoffen nach §
35 Abs
1 S 2 Nr
2 SGB V kommen im Rahmen dieses Tatbestandsmerkmals daher auch die ganz spezifischen Besonderheiten eines Wirkstoffs in Betracht,
soweit diese therapeutisch relevant sind (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 64).
Methodisch erfolgt der Nachweis einer therapeutischen Verbesserung aufgrund der Fachinformationen und durch Bewertung von
klinischen Studien nach methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, soweit diese Studien allgemein verfügbar sind
oder gemacht werden und ihre Methodik internationalen Standards entspricht. Vorrangig sind klinische Studien, insbesondere
direkte Vergleichsstudien mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten Endpunkten, insbesondere
Mortalität, Morbidität und Lebensqualität, zu berücksichtigen (§
35 Abs
1b S 4 und 5
SGB V). Maßgeblich ist hierbei der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§
2 Abs
1 S 3
SGB V, vgl BT-Drucks 16/194 S 8). Erforderlich ist dabei der Nachweis der erfolgreichen therapeutischen Verbesserung in einer für
die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf der Grundlage wissenschaftlich einwandfrei geführter
Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Therapierelevanz. Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien
mit anderen Wirkstoffen. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage-
und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (vgl auch Flint in Hauck/Noftz,
SGB V, Stand August 2013, §
35 RdNr 64). Sie müssen in jedem Fall das Kriterium erfüllen, mit dem Primärziel des Erreichens patientenrelevanter Endpunkte
durchgeführt worden zu sein. Studien, die als Primärziel bloße Surrogatparameter formuliert haben, kommen dagegen zum Nachweis
einer therapeutischen Verbesserung nicht in Betracht (vgl zum Ganzen BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 65; siehe auch Schickert, PharmR 2010, 452, 456).
Der Beigeladene ist nicht ermächtigt, von diesem gesetzlichen Prüfprogramm abzuweichen. Soweit der Regelungsgehalt reicht,
verbleibt ihm kein eigener Gestaltungsspielraum. Wie bereits ausgeführt (vgl II 2 c aa), erfolgt insoweit eine volle gerichtliche
Überprüfung.
bb) Der Beigeladene hat das ermächtigungskonforme Prüfprogramm über den Nachweis einer therapeutischen Verbesserung ausweislich
der Beschlussbegründung auch rechtmäßig angewendet. Der Beschluss des Beigeladenen vom 18.6.2009 beruht auf einer umfassenden
Sichtung der aktuellen relevanten Studienlage zu dem Wirkstoff Paliperidon. Der Beigeladene überprüfte nach diesen Maßstäben,
dass für Paliperidon eine therapeutische Verbesserung im aufgezeigten Sinne nicht nachgewiesen ist. Bei dem Nachweis einer
therapeutischen Verbesserung hat der Beigeladene rechtsfehlerfrei auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
im Sinne der Rechtsprechung des BSG abgestellt, als Unterlagen in erster Linie - hier fehlende - direkte Vergleichsstudien zwischen Risperidon und Paliperidon
gefordert (Zusammenfassende Dokumentation S 61 f, 64), die vorliegenden drei placebokontrollierten Akutstudien über jeweils
sechs Wochen (Davidson et al, 2007; Marder et al, 2007; Kane et al, 2007) ausgewertet und in besonderer Weise das von der
Klägerin in den Vordergrund gestellte Nebenwirkungsprofil von Paliperidon geprüft. Der Beigeladene ist insgesamt nachvollziehbar
zu dem Ergebnis gelangt, dass für keinen relevanten Parameter eine therapeutische Verbesserung durch Paliperidon bewiesen
ist. Seine Folgerungen sind schlüssig und lassen keine Widersprüche erkennen. Sein Beschluss vom 18.6.2009 begründet zu allen
von der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 8.9.2008 hervorgehobenen Aspekten, namentlich der mit Risperidon "vergleichbaren"
antipsychotischen Wirkung bei besserem Nebenwirkungsprofil (extrapyramidalmotorisch, gastrointestinal, schlaf- bzw müdigkeitsbezogen,
orthostatisch, gewichtsbezogen) und geringerem Arzneimittelinteraktionsrisiko (Polypharmazie/Drogenmissbrauch) nachvollziehbar,
dass eine therapeutische Verbesserung nach den gesetzlichen Kriterien nicht festzustellen ist. Keinen tatsächlichen und rechtlichen
Bedenken begegnet der Verweis des Beigeladenen auf die Fachinformation zu Invega (Nr 4.8 Nebenwirkungen), wonach für Paliperidon
als aktiver Metabolit des Risperidon gilt: "Das Sicherheitsprofil von Risperidon kann relevant sein." Auch legt der Beigeladene
im Einzelnen schlüssig dar, warum Paliperidon keine nachweislichen Vorteile bei orthostatischer Hypotension, Somnolenz, extrapyramidal-motorischer
Symptomatik, gastrointestinaler Obstruktion, Therapieabbruchraten und Langzeiteffekten bietet (Zusammenfassende Dokumentation
S 62 ff).
Weder hat die Klägerin während des Verfahrens beim Beigeladenen noch in der Folgezeit aussagekräftige, wissenschaftlichen
Ansprüchen im Sinne der evidenzbasierten Medizin genügende Daten vorgelegt, die eine andere Bewertung rechtfertigen könnten.
Die von der Klägerin in der mündlichen Anhörung im Unterausschuss Arzneimittel des Beigeladenen am 14.4.2009 angekündigte
Vergleichsstudie zwischen Risperidon und Paliperidon liegt ohne Angabe von Gründen bislang nicht vor. Die von der Klägerin
dort ebenfalls in Bezug genommene Studie (klägerische Kennzeichnung: PAL-SCH-4013), die eine höhere Patientenzufriedenheit
belegen soll, ist schon, wie der Beigeladene schlüssig dargelegt hat, aus methodischen Gründen insuffizient. Denn der allein
von der Studie mit einer einzigen Frage - verbal - ermittelte primäre Endpunkt Patientenzufriedenheit, differenziert nach
sieben Stufen (von 1. "extremely dissatisfied" bis 7. "extremely satisfied"), ist ansonsten nur ein Unterpunkt des "Treatment
Satisfaction Questionnaire for Medication". Für einzelne Fragen ist dieser Test aber nicht validiert. Im Übrigen bleibt das
maßgebliche Einschlusskriterium "suboptimales Ansprechen", worauf der Beigeladene hinweist, mangels zureichender Konkretisierung
unklar. Nachvollziehbar hat der Beigeladene auch eine weitere, nicht publizierte Interimsstudie der Klägerin (PAL-SCH-4015
- Pharmacoepidemiologic International Longitudinal Antipsychotic Registry [PILAR]) als eine nicht geeignete Vergleichsstudie
angesehen, eine therapeutische Verbesserung zu belegen (nicht repräsentative Patientenpopulation - 619 Personen - mit zudem
disproportionaler Aufteilung: Paliperidon: 481 Patienten; Risperidon: 19 Patienten; Olanzapin 21 Patienten; sonstige Antipsychotika:
98 Patienten).
cc) Unzutreffend meint das LSG, dass Paliperidon bei der Behandlung von Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (leichte
bis schwere Nierenfunktionsstörungen) therapeutische Vorteile aufzuweisen habe. Risperidon stelle keinen gleichwertigen Ersatz
dar. Insoweit hat die Klägerin keine den Anforderungen des §
35 Abs
1b S 4
SGB V genügende Studien vorgelegt, die den Nachweis erbringen, dass eine Behandlung mit Paliperidon bei diesem Patientenkollektiv
Vorteile gegenüber einer Behandlung mit Risperidon bietet. Entsprechende direkte Vergleichsstudien existieren ohnehin nicht.
Im Übrigen ist die Argumentation des LSG schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
nur Paliperidon eine rasche Behandlung in ausreichender Wirkstärke ermögliche. Pharmakodynamik und Pharmakokinetik der beiden
Wirkstoffe (vgl dazu oben II 2 c dd) sowie der Umstand, dass ausweislich der Fachinformation bei beiden Wirkstoffen eine deutlich
reduzierte Eliminationsgeschwindigkeit - mit der Gefahr der Überdosierung - eintreten und damit im Einzelfall eine entsprechend
geringere Erhaltungsdosis erforderlich und geboten sein kann, lassen einen derartigen Schluss nicht zu. Gerade die bei Risperidon
zur Verfügung stehenden unterschiedlichen Dosiseinheiten von 0,5 mg bis 4 mg, wobei Tabletten - im Gegensatz zur Invega-Retardtablette
- auch noch geteilt werden können, erlauben eine vorsichtige Aufdosierung. Dem entsprechend eröffnet Risperidon besser als
Paliperidon dem behandelnden Arzt Behandlungsalternativen. Er kann entscheiden, ob er unter Berücksichtigung der jeweiligen
Umstände des Einzelfalls eher einer besonders vorsichtigen Aufdosierung mit hinausgezögerter Rückbildung der psychotischen
Symptome den Vorzug geben oder einen schnellen Wirkungseintritt mit der Gefahr der Überdosierung und der Inkaufnahme eines
verstärkten Eintritts von Nebenwirkungen anstreben will. Die Auffassung des LSG, dass in den Fällen, in denen eine Anfangsdosis
von 1,5 mg erforderlich sei, Paliperidon gleichwohl überlegen sei, obwohl es als patentgeschützter Wirkstoff nur als Invega-Retardtabletten
beginnend ab einer Dosis von 3 mg angeboten wird, ist widersprüchlich und kann auch nicht mit dem Argument gestützt werden,
dass die Festbetragsgruppenbildung "abstrakt" ohne Rücksicht auf die konkret am Markt angebotenen Arzneimittelwirkstärken
vorzunehmen sei. Ein patentierter Wirkstoff teilt bei der Beurteilung der therapeutischen Verbesserung die Wirkungsbreite
der vom Rechteinhaber am Markt angebotenen Arzneimittel. Ansonsten könnte das widersprüchliche Ergebnis eintreten, dass ein
patentierter Wirkstoff, - hinter dem immer am Markt existierende, exklusiv vom Rechteinhaber gesteuerte Arzneimittel und ihre
Darreichungsformen mitzudenken sind -, um einer therapeutischen Verbesserung wegen festbetragsrechtlich privilegiert wird,
obwohl die davon wirtschaftlich begünstigten Arzneimittel mangels adäquater Darreichungsformen gar nicht in der Lage sind,
diese Verbesserung zu realisieren.
dd) Die Erweiterung der Zulassung von Invega zur Behandlung der wahnhaften und manischen Symptomatik der schizoaffektiven
Störung begründet keine therapeutische Verbesserung iS des §
35 Abs
1 S 3 Halbs 2
SGB V. Eine solche Störung liegt nach F25.- ICD-10-GM vor (Version 2013; innerhalb der Gruppe: "Schizophrenie, schizotype und wahnhafte
Störungen [F20-F29]), wenn episodische Störungen auftreten, bei denen sowohl affektive als auch schizophrene Symptome auftreten,
die aber weder die Kriterien für Schizophrenie noch für eine depressive oder manische Episode erfüllen. Risperdal mit seinen
Generika (mit dem mittlerweile patentfreien Wirkstoff Risperidon) ist nicht nur zur Behandlung schizophrener Symptome, sondern
auch zur Behandlung manischer Symptome bei der Behandlung bipolarer affektiver Störungen (F31.- ICD-10-GM [Version 2013])
zugelassen. Nach der Fachinformation ist aber die gleichzeitige Behandlung schizophrener und manischer Symptome nicht ausgeschlossen.
Hinzu kommt, dass die vorgeschlagene Dosierung von Risperidal zur Behandlung beider Symptomatiken wesentlich ähnlich ist.
Dem entsprechen auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Pharmakotherapie psychischer Erkrankungen vor der Erweiterung
der Zulassung von Invega (vgl nur Benkert/Hippius, Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 7. Aufl 2009, S 202, wonach
ua Risperidon bei akuten schizoaffektiven Psychosen wirksam ist).
5. Der erkennende Senat kann jedoch nicht ausschließen, dass die Entscheidungen des Beigeladenen vom 18.6.2009 (BAnz Nr 119
vom 13.8.2009, S 2786) und vom 15.12.2011 (BAnz Nr 20 vom 3.2.2012, S 469) über die Bildung der Vergleichsgrößen und die darauf
beruhenden Festbetragsfestsetzungen gegen das Willkürverbot des Art
3 Abs
1 GG verstoßen. Es gebietet dem untergesetzlichen Normgeber, unter steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches
gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Normgeber
allerdings nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken
orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf (BVerfGE 98, 365, 385 mwN). Der dem Beigeladenen durch das Gesetz vorgegebene Gestaltungsspielraum endet jedenfalls dort, wo die gleiche Behandlung
der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, weil
ein einleuchtender Grund für die unterbliebene Differenzierung fehlt.
Die vom Beigeladenen gewählte "andere geeignete Vergleichsgröße" begegnet in ihrem methodischen Ausgangspunkt keinen rechtlichen
Bedenken, wenn die Grundbedingungen dafür erfüllt sind, den Vergleichszweck sachgerecht zu erfüllen (dazu a). Der erkennende
Senat kann aber nach den bisher vom LSG getroffenen Feststellungen mit Blick auf die von der Klägerin schon im Festbetragsgruppenbildungsverfahren
vorgetragenen, im Klage- und Revisionsverfahren aufrecht erhaltenen, ungeprüften Tatsachenbehauptungen nicht ausschließen,
dass die beschlossenen Vergleichsgrößen zu erheblichen, sachlich nicht zu rechtfertigenden Verzerrungen führen, die den Wettbewerb
zwischen der Klägerin und den Generikaherstellern von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Risperidon, soweit diese zur Behandlung
von Schizophrenie eingesetzt werden, unter Verstoß gegen das Willkürverbot (Art
3 Abs
1 GG) verfälschen (dazu b).
a) Der Beigeladene kann rechtlich unbedenklich als Ausgangspunkt für die Vergleichsgröße die im Durchschnitt tatsächlich von
den Ärzten verordnete Tagesdosis wählen, wenn die unterschiedlichen betroffenen Wirkstoffe im Wesentlichen für gleiche Anwendungsgebiete
vorgesehen sind oder Abweichungen bei den zugelassenen Anwendungsgebieten unwesentlich sind. Gemäß §
35 Abs
1 S 5
SGB V setzt der Beklagte nach §
35 Abs
3 S 1
SGB V den Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen
fest. Hierzu ermittelt der Beigeladene die notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten
Vergleichsgrößen (§
35 Abs
1 S 5
SGB V). Die gerichtliche Kontrolle der Ermittlung von Vergleichsgrößen ist beschränkt. Dem Beigeladenen steht bei der Entscheidung
über die Vergleichsgrößenbildung ein Gestaltungsspielraum zu. Er kann selbst darüber entscheiden, anhand welcher Kriterien
er die Vergleichsgrößen bestimmt. Das Gesetz gibt keine Wahl dahin vor, ob der Tagesdosis, der Einzeldosis oder aber einer
gänzlich anderen geeigneten Vergleichsgröße der Vorrang gebührt (Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil
II -
SGB V, Stand Januar 2013, Bd 2, §
35 SGB V RdNr 45). Die Gerichte haben lediglich zu kontrollieren, ob der Beigeladene hierbei auf der Grundlage eines vollständig ermittelten
Sachverhalts den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachtet hat, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen
innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen (zum Grundsatz oben, II 2 c aa; s auch Kraftberger in LPK-
SGB V, 4. Aufl 2012, §
35 RdNr 21 ff).
Der erkennende Senat hat es in seiner Rechtsprechung gebilligt, dass der Beigeladene für die Bildung von Vergleichsgrößen
jedem Wirkstoff einen bestimmten Zahlenwert zuweist, der ihn innerhalb der Gruppe vergleichbar macht. Er hat die bei der Festbetragsgruppe
der Statine gewählte Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke als geeignet angesehen, eine sachgerechte
mengenbezogene Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Wirkstoffen herzustellen. Sie errechnet für jeden der dort erfassten
fünf Wirkstoffe einen Einzelwert als Vergleichsgröße, der sich am Verordnungsverhalten der Ärzte orientiert, also daran, welcher
Wirkstoff wie häufig in welcher Wirkstärke verordnet wurde (vgl zum Ganzen BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 49). Diese Vergleichsgrößen bilden ab, was bezogen auf den Wirkstoff über alle seine Anwendungsgebiete
und erfassten Versicherten hinweg als errechnete Durchschnittsdosis je Verordnung erforderlich ist, um das erfasste Patientenkollektiv
therapeutisch wirksam zu behandeln. Hierbei werden die jeweiligen Packungsgröße-Wirkstärke-Kombinationen einer Grundeinheit
(Standardpackung) gegenübergestellt, der ein Festbetrag zugewiesen ist. Da die Verordnung keine Indikation enthält, kann es
immer nur eine Vergleichsgröße je Wirkstoff geben. Die unterschiedlichen Packungsgrößen mit unterschiedlichen Wirkstärken
werden auf diesem Weg grundsätzlich sachgerecht miteinander vergleichbar. Sind hingegen die Anwendungsgebiete der in der Festbetragsgruppe
erfassten Arzneimittel nicht deckungsgleich, kann trotzdem die Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke
sachgerecht sein, wenn etwa die nicht deckungsgleichen Anwendungsgebiete keine wesentlichen Verzerrungen hervorrufen oder
solche zB durch einen Ausgleichsfaktor vermieden werden.
Nach dieser Methode ist der Beigeladene bei der hier betroffenen Festbetragsgruppe der Antipsychotika ebenfalls vorgegangen.
Er hat auf der Grundlage der nach §
84 Abs
5 SGB V verfügbaren Verordnungsdaten je Wirkstoff eine Durchschnittsdosis je Verordnung ermittelt. Er hat die Vergleichsgröße anhand
der Daten nach §
84 Abs
5 SGB V auf der Grundlage der Kennzahl "PDD" (Prescribed Daily Dose; die tatsächlich vom Arzt verordnete Tagesdosis) bestimmt. Er
hat hierzu sämtliche Daten anhand der 2007 verfügbaren Daten nach §
84 Abs
5 SGB V herangezogen und diese rechnerisch korrekt für die beiden Wirkstoffe nach Maßgabe des Kap 4 Anl I VerfO umgesetzt. Das ziehen
die Beteiligten auch nicht in Zweifel.
b) Zweifel an der Sachgerechtigkeit der Methode können bei von der genannten Senatsentscheidung abweichenden Sachverhalten
daraus erwachsen, dass die Anwendungsgebiete der in der Festbetragsgruppe erfassten Arzneimittel nicht deckungsgleich sind,
für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete die Therapie mit unterschiedlichen Wirkstärken erforderlich ist und die betroffenen
Arzneimittel in erheblichem Umfang in den unterschiedlichen Anwendungsgebieten verordnet werden. Sind diese Voraussetzungen
bei der Festbetragsgruppe der Antipsychotika erfüllt, so ist nicht auszuschließen, dass der Beigeladene den Gesetzeszweck
der Vergleichsgrößen bei dem von ihm eingeschlagenen Weg der rechnerischen Ermittlung der Vergleichsgröße für Paliperidon
in objektiv willkürlicher Weise nicht beachtet hat.
Die aufgezeigte Grundstruktur der Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke verdeutlicht zugleich ihre
Grenzen. Sie muss den Zweck der Vergleichsgrößenbildung nachvollziehbar beachten, die Arzneimittel mit verschiedenen Wirkstoffen
innerhalb einer Gruppe vergleichbar zu machen. So liegt es jedenfalls, wenn die unterschiedlichen betroffenen Wirkstoffe im
Wesentlichen für gleiche Anwendungsgebiete vorgesehen sind oder Abweichungen bei den zugelassenen Anwendungsgebieten unwesentlich
sind. Sind die Anwendungsgebiete der in der Festbetragsgruppe erfassten Arzneimittel nicht deckungsgleich, kann dennoch die
Methode der verordnungsgewichteten durchschnittlichen Wirkstärke sachgerecht sein, wenn etwa die nicht deckungsgleichen Anwendungsgebiete
keine wesentlichen Verzerrungen hervorrufen oder solche zB durch einen Ausgleichsfaktor vermieden werden, der den Unterschieden
Rechnung trägt.
Indem jedem Wirkstoff ein bestimmter Zahlenwert als Vergleichsgröße mit der oben erläuterten inhaltlichen Aussage zugewiesen
wird, kann die Bildung von Vergleichsgrößen nur dann zu einer richtigen Aussage führen, wenn die Gesamtanwendungsgebiete der
Wirkstoffe in ihrer jeweiligen tatsächlichen Breite im Wesentlichen vergleichbar sind. Denn nur dann werden annähernd gleiche
Sachverhalte verglichen. Unterscheiden sich dagegen die tatsächlichen Anwendungsgebiete je Wirkstoff und ist zudem nicht gemeinsamen
Anwendungsgebieten mit erheblichem Behandlungsanteil ein wesentlich anderes Dosisspektrum zugewiesen, kommt es unvermeidlich
zu erheblichen Verzerrungen, wenn beide Vergleichsgrößen in Beziehung gesetzt werden, um daraus eine mathematisch formulierte
inhaltliche Aussage in Bezug auf eine Festbetragsstandardpackung abzuleiten. Es werden dann wesentlich ungleiche Sachverhalte
als gleich behandelt. Wird aus dem Gesamtpatientenkollektiv ein Teilpatientenkollektiv mit einem durchschnittlich wesentlich
höheren Wirkstärkenbedarf herausgelöst, dieses aber so eingeschätzt, als würde sein durchschnittlicher Wirkstärkenbedarf dem
des Gesamtkollektivs entsprechen, erfolgt eine durch Sachgründe nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung ungleicher Kostenstrukturen.
Der Beigeladene muss in Fällen, in denen sich Zweifel der aufgezeigten Art aufdrängen, wenn er dennoch der Methode der verordnungsgewichteten
durchschnittlichen Wirkstärke folgen will, das hierbei rechnerisch gefundene Ergebnis im Wege einer intellektuellen Prüfung
- worauf die Klägerin zu Recht hinweist - daraufhin überprüfen, ob die Gleichbehandlung gleichwohl auf einem einleuchtenden
Grund beruht und gegebenenfalls nach Wegen suchen, um eine sachwidrige Gleichbehandlung zu vermeiden. Für die angegriffene
Einbeziehung von Paliperidon in die Festbetragsgruppe drängen sich in diesem Sinne Zweifel an der Willkürfreiheit der gewählten
Vergleichsgröße auf.
Die Zweifel erwachsen daraus, dass beide Arzneimittel ähnliche Dosierungen zwar für den gemeinsamen Anwendungsbereich der
Schizophrenie vorsehen, Risperidon aber für den allein von ihm abgedeckten Bereich der Dämpfung aggressiven Verhaltens bei
Patienten mit mäßiger bis schwerer Alzheimer-Demenz in einer wesentlich niedrigerer Dosierung angewendet werden soll (Fachinformation:
Initialdosis von zweimal täglich 0,25 mg hin zu zweimal täglich 0,5 mg "in der Mehrzahl der Patienten"). Gäbe es allein den
gemeinsamen Anwendungsbereich, erschiene die gewählte Methode ohne Zweifel als sachgerecht. Auch wenn keine genauen Daten
über die den jeweiligen Verordnungen zugrunde liegenden Indikationen vorliegen, spricht das tatsächliche Verordnungsverhalten
für einen erheblichen Einsatz von Risperidon im allein von ihm abgedeckten, bezeichneten Bereich niedriger Dosierung zur Dämpfung
aggressiven Verhaltens. Im Falle der Schizophrenie sieht die Fachinformation zu Risperdal (Risperidon) für die meisten Patienten
eine Erhaltungsdosis von 4 - 6 mg vor. Die Fachinformation zu Invega (Paliperidon) geht von einer Erhaltungsdosis von 6 mg
mit entsprechenden Schwankungsbreiten aus. Der jeweilige Verordnungsanteil der Einzelwirkstärken bei Paliperidon mit 56,8
% für die Einzelwirkstärke 6 mg, 29,9 % für die Einzelwirkstärke 3 mg und 13,3 % für die Einzelwirkstärke 9 mg ist vor diesem
Hintergrund gut nachvollziehbar. Ein völlig anderes Bild zeigt dagegen der jeweilige Verordnungsanteil bei Risperidon mit
45,4 % für die Einzelwirkstärke 1 mg, 28,9 % für die Einzelwirkstärke 0,5 mg, 17,7 % für die Einzelwirkstärke 2 mg, 5 % für
die Einzelwirkstärke 3 mg und 3 % für die Einzelwirkstärke 4 mg. Es kommt hinzu, dass Risperdaltabletten zudem auch geteilt
werden können, anders als Invega-Tabletten. Gestützt werden diese Anzeichen auch durch den substantiierten Vortrag der Klägerin,
wonach über alle Altersgruppen hinweg nur 30,7 % der mit Risperidon Behandelten an Schizophrenie erkrankt sind, hingegen 86,2
% der mit Paliperidon Behandelten (Verweis auf IMS Disease Analyser).
c) Der erkennende Senat kann auf dieser Grundlage nicht abschließend über die Rechtswidrigkeit der Festbetragsfestsetzungen
des Beklagten vom 26.8.2009 und vom 9.5.2012 entscheiden, die sich auf die Bestimmung der Vergleichsgrößen für Risperidon
und Paliperidon stützen.
6. Das LSG wird nunmehr zu ermitteln haben, ob - wie von der Klägerin behauptet - für Risperidon und für Paliperidon die prozentualen
Anteile der damit behandelten Indikationen näherungsweise feststellbar sind und ob und inwieweit auf der Grundlage der gegebenenfalls
danach ermittelten Verordnungsanteile die festgelegte Vergleichsgrößenberechnung unter Berücksichtigung sämtlicher Anwendungsgebiete
von Risperidon im Verhältnis zu Paliperidon zu Verzerrungen im dargelegten Sinne führt. Soweit das LSG danach wesentliche
Verzerrungen feststellt, wird es zu entscheiden haben, ob ein hinreichend einleuchtender Grund für die unterbliebene Differenzierung
verbleibt, der mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise noch vereinbar ist.
7. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.