Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Kostenerstattungsverpflichtung des § 2 Abs. 3 S. 1, 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X); Voraussetzungen für das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S.v § 132 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen nicht die Zulassung der
Revision.
1.
Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO. Dies wäre nur dann zu bejahen, wenn für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende
Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche
Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts bedürftig
und geboten erscheint (stRspr; vgl. Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 §
132 Abs.
2 Ziff. 1
VwGO Nr.
19). Dies ist hier nicht der Fall.
a)
Die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Anwendung von § 2 Abs. 3 SGB X für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen,
aa)
(S. 2 der Beschwerdebegründung)
"ob die Kostenerstattungsverpflichtung des § 2 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB X im maßgeblichen Erstattungszeitraum an die vorhandene sachliche und örtliche Zuständigkeit der erstattungspflichtigen Körperschaft
für die Hilfegewährung zwingend anknüpft und diese voraussetzt, weshalb bundesrechtlich bzw. aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz
Hinderungsgründe bestehen, landesrechtlich die materielle Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen des § 2 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB X von der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zu lösen und eine andere Körperschaft als kostenpflichtig zu bestimmen",
"ob im Rahmen des § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB X auch die bloße Befugnis zur Durchführung des verwaltungsrechtlichen Kostenerstattungsverfahrens für die ,sachliche Zuständigkeit'
(ohne Aufgabenzuständigkeit) ausreicht",
"ob im Rahmen der Kostenerstattungsnorm (hier § 2 Abs. 3 SGB X) eine teilweise sachliche Zuständigkeit auch für einen rückwärtigen Zeitraum, also einen Zeitraum vor der Zuständigkeitsbegründung
wirksam begründet werden kann und dies damit den Vorgaben des Bundesrechts, insoweit dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Rückwirkungsverbot
gemäß Art.
20 Abs.
3 GG entspricht bzw. Art.
31 GG zuwiderläuft",
bb)
(Seite 7 der Beschwerdebegründung)
"ob für die Begrifflichkeit ,nunmehr zuständige Behörde' im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB X auch eine sachliche Teil-Zuständigkeit (hier für die Durchführung des verwaltungsrechtlichen Kostenerstattungsverfahrens)
ausreicht, ohne für die Aufgabe an sich für den betroffenen Zeitraum je sachlich-rechtlich zuständig gewesen zu sein",
cc)
(Seite 16 der Beschwerdebegründung)
"ob eine teilweise sachliche Zuständigkeit (aufgrund Landesrecht) für einen rückwärtigen Zeitraum, also einen Zeitraum vor
Inkrafttreten der Aufgabenübertragung - hier von dem bisher nach Landesrecht zuständigen überörtlichen Träger der Sozialhilfe
auf den örtlichen Träger der Sozialhilfe - den Vorgaben des Bundesrechts nach § 2 Abs. 3 SGB X und dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Rückwirkungsverbot des Art.
20 Abs.
3 GG entspricht bzw. Art.
31 GG zuwiderläuft",
rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 2. Juni 2008 - BVerwG 5 B 188.07 - den Fragen in einer der Sache nach gleichgerichteten Beschwerde, die bezogen waren auf die Auslegung und Anwendung der
Zuständigkeitsregelungen in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zum BSHG bzw. SGB XII und Fragen zu §§ 97 ff. BSHG aufgeworfen hatten, mit Blick auf die Übergangsregelungen des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch
vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3071) unter dem Aspekt auslaufenden Rechts die grundsätzliche Bedeutung abgesprochen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der
Klägerin (Beschwerdebegründung S. 6 f.) greifen nicht durch. Ob der Landesgesetzgeber nach ausgelaufenem Bundesrecht befugt
gewesen ist, die (zukunftsbezogene) Verlagerung der sachlichen Zuständigkeit für Aufgaben nach § 100 BSHG (einschließlich der Geltendmachung und Gewährung von Kostenerstattung nach § 103 Abs. 3, §§ 104, 107 BSHG; § 2 Abs. 3 SGB X) in "Altfällen" (in denen der bis zum 31. Dezember 2001 nach Landesrecht zuständige Sozialhilfeträger für die einrichtungsgebundene
Hilfe sachlich zuständig gewesen wäre, diese aber nicht geleistet hat, weil ein anderer, außerhalb des Landes Mecklenburg-Vorpommern
gelegener Sozialhilfeträger die Leistungen nach einem zum 1. Januar 1991 bewirkten Wechsel der örtlichen Zuständigkeit fortgewährt
hatte) auch auf die Zuständigkeit für einen noch nicht rechts- oder bestandskräftig geregelten Kostenerstattungsanspruch zu
erstrecken, richtet sich indes primär nach den sachlich-rechtlichen Regelungen zur sachlichen Zuständigkeit im BSHG bzw. - nunmehr - im SGB XII. Ob diese Regelungen einer landesrechtlichen Bestimmung der von der Klägerin beanstandeten Art
entgegen stehen, liegt jedenfalls nicht nahe, bedarf aber im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.
Die an die Anwendung und Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X anknüpfenden Fragen beziehen sich allerdings auf eine Regelung, die unverändert fortgilt. Sie rechtfertigen die Zulassung
der Revision gleichwohl nicht. Denn es bedarf nicht der revisionsgerichtlichen Klärung, dass die kraft Bundesrechts dem Landesgesetzgeber
eröffnete Befugnis zur Ordnung der Zuständigkeitsregelung auch dazu ermächtigt, dem nunmehr (sachlich und örtlich) zuständig
gewordenen Träger die Zuständigkeit für noch nicht erledigte Erstattungsfälle zu übertragen. Denn der vorliegende Fall ist
dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Zuständigkeitswechsel eine (rückwirkende) Fortsetzung der von dem bislang zuständigen
Träger geleisteten Hilfe ausscheidet, weil dieser Träger diese Leistung ja bereits erbracht hatte, und für eine Fortsetzung
in der Zukunft nicht mehr der für einen bestimmten Zeitabschnitt in der Vergangenheit zuständig gewesene, aber nicht tätig
gewordene, sondern - ab einem bestimmten Stichtag - ein anderer Leistungsträger zuständig (gewesen) wäre. Die entgegenstehende
Argumentation der Klägerin unterstellt § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X für das Erstattungsverhältnis ein bundesrechtliches, die verfassungsrechtlich dem Landesgesetzgeber zugewiesene Ordnung der
Zuständigkeitsregelung beschränkendes Gebot der zeitabschnittsweisen Betrachtung, das weder aus dem Wortlaut der Norm noch
aus deren systematischer Einordnung oder Zweck folgt und auch sonst nicht überzeugend ist. Kern der (allgemeinen) Regelung
zur örtlichen Zuständigkeit des § 2 SGB X ist die Sicherung der Leistungserbringung im Außenverhältnis. Der Erstattungsanspruch, den § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X bei Leistungsfortsetzung nach Wechsel der örtlichen Zuständigkeit (den Wechsel - auch - der sachlichen Zuständigkeit regelt
§ 2 Abs. 3 SGB X jedenfalls nicht ausdrücklich) zubilligt (zur umstrittenen Anwendung im Verhältnis zwischen zwei Sozialhilfeträgern s. Diering/Timme/Waschull,
LPK-SGB X § 2 Rn. 12), ist Folgeregelung zur Nahtlosigkeitsregelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 SGB X. Sie gewährleistet, dass der fort- und damit vorleistende Leistungsträger im Ergebnis nicht die Kosten zu tragen hat. § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X setzt voraus, dass es einen Schuldner des Erstattungsanspruchs gibt, der sich nach dem materiellen Recht - hier also nach
dem Bundessozialhilfegesetz und dem zu seiner Ausführung ergangenen Landesrecht - bestimmt, garantiert indes nicht - hiervon unabhängig - einen bestimmten
Erstattungsschuldner. Das - in vielfältigen Variationen wiederholte - Argument der Klägerin, kraft Bundesrechts bestehe eine
unauflösliche Einheit der sachlich-örtlichen Zuständigkeit für die Hilfegewährung und für die Kostenerstattung, vernachlässigt
für die hier allein zu beurteilenden, nicht abgeschlossenen "Altfälle" durchweg, dass der Landesgesetzgeber sinnvoll überhaupt
nur noch die sachliche Zuständigkeit für die Erstattung - mithin den Erstattungsschuldner - regeln kann und - wenn er auch
für diese Fälle die Erstattungsverantwortung dem Wechsel der sachlichen Zuständigkeit folgen lässt - nicht lediglich "Zuständigkeitssplitter"
regelt oder "Teilregelungen" trifft. Dass in der Vergangenheit ungeachtet bestehender sachlicher und örtlicher Zuständigkeit
die im Außenverhältnis geschuldete Leistung nicht erbracht worden ist, ist vielmehr Voraussetzung des von der Klägerin geltend
gemachten Erstattungsanspruchs. Der Landesgesetzgeber hat insbesondere nicht die materielle Pflicht zur Kostenerstattung in
den Fällen des § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB X von der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit gelöst und eine andere Körperschaft als kostenpflichtig bestimmt; vielmehr
hat er - im Rahmen der ihm durch Sachrecht eröffneten Regelungsbefugnis - die (zukunftsbezogene) Übertragung der sachlichen
und örtlichen Zuständigkeit für bestimmte einrichtungsbezogene Hilfen auf den örtlichen Träger der Sozialhilfe mit der Zuständigkeit
für die Fälle noch nicht abgewickelter Erstattungsfälle verbunden.
Bereits im Ansatz verfehlt sind die Ausführungen der Klägerin zum geltend gemachten Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot,
die von einem Fall der - aus Sicht der Klägerin: unzulässigen - echten Rückwirkung ausgehen, obwohl es sich offenkundig um
ein gerade nicht abgeschlossenes Erstattungsrechtsverhältnis handelt. Der landesrechtlich angeordnete Wechsel der Zuständigkeit
zur Abwicklung nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnter Erstattungsansprüche erfasst auch die Wahrung der Ausschlussfrist
des § 111 Satz 1 SGB X. Überdies machen die an eine - vermeintliche - Rückwirkung anknüpfenden Ausführungen allenfalls eine vermeintlich fehlerhafte
Anwendung der zum Rückwirkungsverbot entwickelten Grundsätze geltend, weisen aber nicht auf weiteren revisionsgerichtlichen
Klärungsbedarf hin.
b)
Die von der Klägerin weiterhin als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
"ob verwaltungsprozessrechtlich eine eventuale subjektive Klagenhäufung (hier bei notwendigen Streitgenossen) zulässig ist
oder §
173 VwGO dem entgegensteht", und es sei daher "die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu überprüfen, die gegen den Beklagten zu
1. verfolgte hilfsweise verfolgte Klage als unzulässige eventuelle subjektive Klagenhäufung anzusehen",
rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deswegen nicht, weil sie auf eine die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht
tragende Erwägung bezogen ist. Das Berufungsgericht hat diese Frage vielmehr offen gelassen und ausgeführt, es komme "vorliegend
nicht mehr darauf an, ob die Berufung des Beklagten zu 1. zudem deshalb hätte Erfolg haben müssen, weil die zuletzt von der
Klägerin nur ,hilfsweise' gegen den Beklagten zu 1. verfolgte Klage als eventuelle subjektive Klagehäufung bereits unzulässig
gewesen wäre". Auf das hierauf bezogene, umfangreiche Vorbringen der Klägerin (Beschwerdebegründung S. 21 ff.) ist mithin
nicht einzugehen.
2.
Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§
132 Abs.
2 Nr.
3 VwGO) zuzulassen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß gegen §
86 Abs.
3 VwGO bezieht sich - eine den Anforderungen des §
133 Abs.
3 Satz 3
VwGO entsprechende Rüge zugunsten der Klägerin unterstellt - allein auf die das Berufungsurteil nicht tragenden Erwägungen zur
eventualen subjektiven Klagehäufung, ebenso die zusätzlich erhobene "Protokollrüge". Mit der Rüge, "(a)uf der fehlerhaften
materiellrechtlichen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht [...] erfolgte das erstinstanzliche Urteil mit dem in ihm enthaltenen
unzulässigen Hilfsantrag" und es könne "(e)in Verschulden des erstinstanzlichen Gerichts [...] daher der Beschwerdeführerin
nicht entgegengehalten werden" setzt sich die Klägerin zudem in Widerspruch zu ihren materiellrechtlichen Rügen.
3.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß §
133 Abs.
5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO abgesehen, zumal sich das Beschwerdevorbringen immer wieder in Erwägungen verliert, die keinen Bezug zu den in §
132 Abs.
2 VwGO bezeichneten Gründen für die Zulassung der Revision erkennen lassen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2, §
188 Satz 2 Halbs. 2
VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG; sie entspricht der von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Festsetzung durch das Oberverwaltungsgericht.