Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen einen Abgabebescheid der Beklagten. Sie erhebt grundsätzliche Einwände gegen die Künstlersozialabgabe.
Die Klägerin ist eine Werbeagentur in der Rechtsform der GmbH und hat nach den Angaben im Handelsregister zum Gegenstand:
Die Erarbeitung von Werbekonzeptionen, die textliche, vertonte und visuelle Umsetzung von Werbekonzeptionen, die Steuerung
der Produktion von Werbemitteln, die Einschaltung von Werbung in Medien, das gesamte übrige Werbespektrum. Mit Bescheid vom
11. Mai 2007 ("Bescheid über die Feststellung der Künstlersozialabgabepflicht") teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie
gehöre zum Kreis der grundsätzlich zur Abgabe verpflichteten Unternehmen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Sie betreibe nach § 24 KSVG ein abgabepflichtiges Unternehmen. Die grundsätzliche Abgabepflicht sei festzustellen gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG, weil sie (die Klägerin) als Unternehmerin Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte betreibe. Es schließen sich dem
Bescheid ausführliche Hinweise zum Meldeverfahren an sowie eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen diesen Bescheid innerhalb
eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden könne. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin keinen Widerspruch
ein.
Mit Bescheid vom 15. August 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, trotz entsprechender Aufforderung und Aufklärung habe
sie die an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte nicht oder nicht vollständig gemeldet. Die Künstlersozialabgabe
werde daher für die Zeit der Abgabepflicht aufgrund Schätzung der Entgelte für die Jahre 2002 bis einschließlich 2006 auf
insgesamt € 26.638,92 festgesetzt. Vorauszahlungen für Januar und Februar 2007 seien in Höhe von monatlich € 561,24, für März
2007 bis Februar 2008 in Höhe von € 572,46 monatlich zu zahlen. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch mit der Begründung
ein, einen Meldebogen nicht erhalten zu haben. Am 31. Oktober 2007 legte sie schließlich einen Meldebogen mit der Angabe der
gezahlten Entgelte in den Jahren 2002 bis 2006 (€ 63.257,00, € 22.545,00, € 14.422,00, € 48.185,00 und € 18.477,00) vor.
Mit Bescheid vom 02. November 2007 teilte die Beklagte daraufhin der Klägerin mit, aufgrund der eingereichten Meldung die
Schätzabrechnung vom 15.August 2007 zu korrigieren und dem Widerspruch gegen die Schätzung damit abzuhelfen. Die Bemessungsgrundlagen
und daraus resultierend die Künstlersozialabgaben würden für die folgenden Jahre neu festgestellt:
Jahr
|
Entgelte (in €)
|
v.H.-Satz
|
Künstlersozialabgabe (in €)
|
2002
|
63.257,00
|
3,80
|
2.403,77
|
2003
|
22.545,00
|
3,80
|
856,71
|
2004
|
14.422,00
|
4,30
|
620,15
|
2005
|
48.185,00
|
5,80
|
2.794,73
|
2006
|
18.477,00
|
5,50
|
1.016,24
|
Die Gesamtsumme der Künstlersozialabgabe für die abgerechneten Jahre betrage € 7.691,60. Auf die Künstlersozialabgabe des
laufenden Jahres seien monatlich jeweils bis zum 10. des Folgemonats Vorauszahlungen zu leisten (§ 27 Abs. 2 KSVG). Vorauszahlungen für Januar/Februar 2007 betrügen monatlich € 220,85 (berechnet aus den Entgelten 2005 in Höhe von € 48.185,00,
einem Prozentsatz von 5,5 v.H. und zwölf abgabepflichtigen Monaten im Jahr 2005); die Vorauszahlungen von März 2007 bis Februar
2008 betrügen monatlich € 78,53 (berechnet aus Entgelten 2006 in Höhe von € 18.477,00, einem Prozentsatz von 5,1 v.H. und
zwölf abgabepflichtigen Monaten im Jahr 2006). Der aktuelle Kontostand der Klägerin betrage somit € 8.761,54 Soll. Die bisher
erteilten Abrechnungsbescheide würden zurückgenommen, soweit sie diesem Bescheid widersprächen. Nach § 27 Abs. 1a KSVG werde ein Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe Verpflichteten zurückgenommen, wenn
die Meldung nach Abs. 1 unrichtige Angaben enthalte oder sich die Schätzung nach Abs. 1 und 3 als unrichtig erweise. Auch
dieser Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden könne.
Mit Schreiben vom 28. November 2007, eingegangen bei der Beklagten am 30. November 2007, legte die Klägerin hierauf wiederum
Widerspruch ein, ohne allerdings exakt anzugeben, gegen welchen Bescheid. Nach einem Vermerk in der Verwaltungsakte hatte
der Geschäftsführer der Klägerin bei telefonischer Rücksprache am 04. Dezember 2007 mitgeteilt, gegen die Abrechnung vom 02.
November 2007 Widerspruch einzulegen. Zur Begründung erhob sie grundsätzliche Einwendungen zur Heranziehung der Künstlersozialabgabe
auch für Nichtversicherte, zum rechtsstaatlichen Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit der Abgabepflicht, zum Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit und zum Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) wegen des Erhebungsdefizits. Weiter machte sie geltend, auch sei es aufgrund der Unklarheiten und Abgrenzungsschwierigkeiten
nahezu unmöglich, die komplexen Auftragsverhältnisse und Arbeitsleistungen, die von Dritten für sie erbracht würden, sachgerecht
in das System der Künstlersozialversicherung einzuordnen sowie mit hinreichender Klarheit und Gewissheit die abgabepflichtigen
Tatbestände daraus abzulesen. Der damit verbundene Arbeitsaufwand übersteige die jeweils festgesetzten Künstlersozialabgaben
bei weitem und stehe daher nicht mehr im Verhältnis zu einer sachgerechten und zumutbaren Anwendung der gesetzlichen Verpflichtung.
Der angefochtene Bescheid sei daher mangels verfassungsmäßiger Rechtsgrundlage aufzuheben.
Den Antrag der Klägerin vom 02. Januar 2008, die Vollziehung des Abgabenbescheids vom 02. November 2007 auszusetzen, lehnte
die Beklagte mit Schreiben vom 18. Januar 2008 ab. Am 03. März 2008 rief die Klägerin das Sozialgericht Mannheim (SG) mit dem Begehren an, die aufschiebende Wirkung des eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid vom 02. November 2007 anzuordnen.
Das SG lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 18. März 2008 (Az.: S 9 KR 694/08 ER) ab. Beschwerde hiergegen legte die Klägerin nicht ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07. April 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen den Bescheid
vom 15. August 2007, geändert durch den Bescheid vom 02. November 2007, zurück. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehreren
Entscheidungen (Urteil vom 28. August 1997 - 3 RK 13/96 - = SozR 3-5425 § 25 Nr. 10) entschieden, dass zu Recht auch die Entgelte in die Bemessungsgrundlage nach § 25 Abs. 1 KSVG einzubeziehen seien, die der Verwerter an nicht versicherungspflichtige Künstler oder Publizisten zahle. Das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) habe diese Inkongruenz der Abgabepflicht zur Versicherungspflicht als verfassungsmäßig angesehen (Beschluss vom 08.
April 1987 - u.a. 2 BvR 909/82 - = SozR 5425 § 1 Nr. 1). Der Grundsatz der Bestimmtheit der Abgabepflicht sei nicht verletzt, ebenso wenig der Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit. Das BSG habe durch die Konkretisierung des Kunstbegriffes nach § 2 KSVG ausreichende Rechtssicherheit für die Betroffenen herbeigeführt. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art.
3 GG würde nach der Rechtsprechung des BVerfG erfordern, dass ein so genanntes strukturelles Vollzugsdefizit vorläge. Dies sei
nur dann der Fall, wenn aufgrund der Gesetzeslage keine "flächendeckende" Erfassung der Unternehmen möglich wäre. Dies sei
bei dem KSVG nicht der Fall. Ein möglicherweise gegebenes faktisches Vollzugsdefizit sei nicht geeignet, einen Gleichheitsverstoß nach
Art.
3 GG zu begründen.
Am 07. Mai 2008 erhob die Klägerin Klage beim SG und begehrte, den Bescheid vom 15. August 2007, geändert durch den Bescheid vom 02. November 2007, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 07. April 2008 aufzuheben. In Ergänzung ihres Vortrags im Widerspruchsverfahren trug sie vor, es erscheine zweifelhaft,
ob es wirklich sachgerecht bzw. rechtmäßig sei, dass die Kunden der Künstler in die Abgabepflicht mit einbezogen würden, denn
die Voraussetzungen einer Sonderabgabe (Gruppennützigkeit, Verhältnismäßigkeit) erschienen insoweit zweifelhaft. Seit der
Entscheidung des BVerfG hätten sich die Verhältnisse gewandelt. Auch sei die Abgabepflicht von einer mehr oder minder willkürlichen
Unterscheidung zwischen künstlerischen und handwerklichen/technischen Tätigkeiten und Berufen abhängig.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 18. Mai 2009 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid vom 11. Mai 2007, mit dem die Beklagte festgestellt habe, dass das Unternehmen der Klägerin im
Bereich der Künstlersozialversicherung abgabenpflichtig sei, sei bestandskräftig geworden. Daher stehe für die Beteiligten
bindend fest, dass die Klägerin als Werbeagentur abgabepflichtig sei. Im Übrigen könne es (das SG) sich angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Gestaltung der sozialen Sicherungssysteme nicht
mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugen, dass die Einbeziehung von Entgelten für Leistungen nichtversicherungspflichtiger
Künstler oder Publizisten in die Erhebung des Künstlersozialabgabe verfassungswidrig wäre. Der Kunst sei es immanent, dass
sie sich einer klaren gesetzlichen Definition entziehe. Es sei daher gar nicht anders möglich, als mit offenen unbestimmten
Rechtsbegriffen zu operieren, die jedoch nach seiner (des SG) Auffassung in der Verwaltungspraxis der Beklagten eine hinreichende klare und praktikable Konkretisierung fänden. Ebenso
wie beispielsweise im Steuerrecht müsse der für die Unternehmen entstehende verwaltungsmäßige Aufwand hingenommen werden.
Ein strukturelles Vollzugsdefizit bestehe im Bereich der Künstlersozialabgabe nicht. Im Übrigen gebe es keinen Anspruch auf
Gleichbehandlung im Unrecht.
Am 13. Juli 2009 hat die Klägerin Berufung gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 16. Juni 2009 zugestellte Urteil des
SG zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Weiterhin beruft sie sich darauf, es handle sich bei der Künstlersozialabgabe
um eine unzulässige fremdnützige Sonderabgabe, es bestehe ein strukturelles Vollzugsdefizit und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
sei verletzt. So sei eine Sonderbehandlung der Künstler nicht mehr gerechtfertigt, nachdem es in zahlreichen anderen Berufsgruppen
mittlerweile eine Vielzahl schlecht verdienender, in ihrer Existenz bedrohter Selbstständiger gebe. Zugleich bedinge die Weiterentwicklung
der Medienwelt, dass etwa durch die schier unüberschaubar gewordene Zahl von Internetauftritten und die hierbei erbrachten
künstlerischen Leistungen die Zahl der abgabenpflichtigen Eigenwerber gar nicht mehr praktikabel durch die Beklagte zu erfassen
sei. Die Unbestimmtheit des Begriffs Künstler führe zu einem gerade für kleinere Unternehmen nicht mehr mit vertretbarem Aufwand
handhabbaren Gesetzesvollzug. Dies werde dazu führen, dass das eigentliche Anliegen des Gesetzes durch den Einsatz von Nichtkünstlern
ausgehebelt werde. Die Verhältnisse hätten sich seit Einführung der Künstlersozialabgabe grundlegend geändert. Zahlreiche
Stimmen hätten sich für die Abschaffung der Künstlersozialabgabe ausgesprochen. Da auch die angefochtenen Bescheide wegen
der Verfassungswidrigkeit des KSVG rechtswidrig seien, erfolge durch den Bescheid vom 11. Mai 2007 trotz der Bestandskraft keine Ausschlusswirkung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 02. November 2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 07. April 2008 aufzuheben, hilfsweise den Rechtsstreit nach Art.
100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Frage der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Künstlersozialversicherungsgesetzes
vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Rechtsprechung des BVerfG und darauf, nach der nunmehr
gegebenen Möglichkeit der Erhebung der Künstlersozialabgabe durch die Deutsche Rentenversicherung könne die These des faktischen
Vollzugsdefizits nicht mehr erfolgreich vertreten werden.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte
sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach
§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 02. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 07. April 2008 ist rechtmäßig.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 02. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 07. April 2008. Der Bescheid vom 02. November 2007 regelt ebenso wie der vorangegangene Bescheid vom 15. August 2007 die
für die Jahre 2002 bis 2006 zu zahlende Künstlersozialabgabe zuzüglich der Vorauszahlungen für die Zeit von Januar 2007 bis
einschließlich Februar 2008. Er ersetzt insoweit den Bescheid vom 15. August 2007 und ist daher Gegenstand des bereits gegen
diesen Bescheid anhängig gewesenen Widerspruchsverfahrens geworden (§
86 SGG). Die mit Bescheid vom 15. August 2007 festgesetzten Beiträge und Vorauszahlungen sind dadurch gegenstandslos geworden. Zutreffend
hat die Beklagte daher das Widerspruchsverfahren mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 07. April 2008 abgeschlossen. Der gegen
den Bescheid vom 02. November 2007 eingelegte Widerspruch folgte der insoweit unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung dieses
Bescheids, war indessen nicht erforderlich, jedoch unschädlich.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2007. Dieser Bescheid ist zu keinem Zeitpunkt
von der Klägerin angefochten worden. Er enthielt eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung, sodass er mangels Widerspruchseinlegung
binnen eines Monats nach Bekanntgabe bestandskräftig geworden ist (§§
84 Abs.
1 Satz 1,
77 SGG). Der Bescheid vom 11. Mai 2007 ist damit für die Beteiligten in der Sache bindend geworden. Zwar enthält die Verwaltungsakte
der Beklagten keinen Zustellungsnachweis hinsichtlich des Bescheids vom 11. Mai 2007. Die Klägerin hat jedoch auf die Ausführungen
des SG im angefochtenen Urteil vom 18. Mai 2009 sowie im vorangegangenen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz hin die Bekanntgabe
dieses Bescheids vom 11. Mai 2007 nicht bestritten. Mit der Berufungsbegründung trägt sie vielmehr nur vor, die Bestandskraft
des Bescheids der Beklagten vom 11. Mai 2007 stehe ihrer Rechtsauffassung nicht entgegen. Bei dem Bescheid vom 11. Mai 2007
handelt es sich um einen so genannten Erfassungsbescheid, der die Feststellung der Pflicht der Klägerin zur Abführung der
Künstlersozialabgabe dem Grunde nach betrifft. Da der Bescheid vom 11. Mai 2007 bestandskräftig ist, ist die Abgabepflicht
der Klägerin nach § 24 KSVG dem Grunde nach bestandskräftig festgestellt.
2. Regelungsgegenstand des hier angefochtenen Bescheids vom 02. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
07. April 2008 ist hingegen die Höhe der Künstlersozialabgabe und der hierauf zu leistenden Vorauszahlungen. Es handelt sich
damit um einen so genannten Abgabebescheid nach § 27 Abs. 1a KSVG.
Das Verfahren zur Feststellung und Erhebung der Künstlersozialabgabe ist im KSVG zweiphasig ausgestaltet. Das Gesetz unterscheidet - ähnlich wie im Abgabenrecht - zwischen Künstlersozialabgabenpflicht und
Künstlersozialabgabenschuld in der Weise, dass es zunächst den Kreis der dem Grunde nach abgabepflichtigen Unternehmer umschreibt
und danach festlegt, von welchen Entgelten und in welcher Höhe die Abgabe konkret zu entrichten ist. Durch die vorgeschaltete
Entscheidung dem Grunde nach (Erfassungsbescheid) soll Klarheit geschaffen werden, ob Unternehmen der Abgabepflicht unterliegen,
deshalb Aufzeichnungen zu führen und Entgelte der Beklagten zu melden sind. Erst in einem zweiten Schritt folgt sodann die
konkrete Bemessung der Künstlersozialabgabe, wenn es um die Frage geht, ob und in welchem Umfang abgabepflichtige Entgelte
an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlt worden sind (BSG, Urteil vom 04. März 2004 - B 3 KR 17/03 R - = SozR 4-5425 § 24 Nr. 6). Auch die zum 01. Juli 2001 erfolgte Neufassung des § 27 Abs. 1a KSVG ändert hieran nichts. Nach wie vor hat die Künstlersozialkasse das Recht, aber nicht die Pflicht, vorab über die Abgabenpflicht
dem Grunde nach (§ 24 KSVG) zu entscheiden und einen gesonderten Erfassungsbescheid zu erlassen. Zweck eines Erfassungsbescheids ist es, vorab Klarheit
über die Pflicht des Unternehmers zur Abführung der Künstlersozialabgabe in der Zukunft zu schaffen (BSG, Urteil vom 18. September
2008 - B 3 KS 1/08 R - = SozR 4-5425 § 24 Nr. 8).
Hiervon ausgehend war nur zu prüfen, ob die Höhe der festgesetzten Beiträge und Vorauszahlungen zur Künstlersozialversicherung
gemäß Bescheid vom 02. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. April 2008 rechtswidrig ist und die Klägerin
in ihren Rechten verletzt. Dies ist nicht der Fall.
Der Senat stellt fest, dass die Beklagte die von der Klägerin selbst im Meldebogen für zur Künstlersozialabgabe Verpflichtete
angegebenen Entgelte ihrer Berechnung zugrundegelegt hat. Die Bestimmung der monatlichen Vorauszahlungen für den Zeitraum
Januar 2007 bis einschließlich Februar 2008 entspricht § 27 Abs. 3 KSVG. Einwendungen hat die Klägerin insoweit gegen die Berechnung der Abgabe auch nicht erhoben. Weiter ist auch nicht vorgetragen
oder ersichtlich, dass die Zuordnung der von der Klägerin gemeldeten Entgelte zum Bereich der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit
für Dritte im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG zweifelhaft wäre.
Einwände spezifisch gegen die Höhe der Abgabe als solche sind ebenfalls nicht erhoben worden.
3. Unabhängig von dem begrenzten Prüfungsumfang hinsichtlich des Bescheids vom 02. November 2007 ist der Senat auch nicht
davon überzeugt, dass das KSVG verfassungswidrig ist. Eine andere Beurteilung als im Beschluss des BVerfG vom 08. April 1987 (u.a. 2 BvR 909/82 = SozR 5425 § 1 Nr. 1), in welchem die verfassungsrechtlichen Fragen vom BVerfG geklärt worden sind (vgl. BVerfG 1. Senat
2. Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 11. September 1998 - 1 BvR 1670/97 -, veröffentlicht in juris), ist unter Berücksichtigung der von der Klägerin erhobenen Einwände nicht veranlasst.
Die Belastung der Vermarkter mit der Künstlersozialabgabe zur Finanzierung eines Teils der Kosten der Sozialversicherung selbständiger
Künstler und Publizisten findet ihre Rechtfertigung in dem besonderen kulturgeschichtlich gewachsenen Verhältnis zwischen
selbständigen Künstlern und Publizisten auf der einen sowie den Vermarktern auf der anderen Seite. Für den Senat ist nicht
erkennbar, dass sich an diesem besonderen Verhältnis etwas geändert hat.
Soweit die Klägerin meint, jede Berufsgruppe, die selbstständig arbeite, habe für ihre soziale Sicherung selbst aufzukommen,
übersieht sie, dass der Gesetzgeber bei bestimmten Selbstständigen ein soziales Absicherungsbedürfnis sieht und diese deshalb
in die sozialen Sicherungssysteme mit einbezogen hat, wie bestimmte Selbstständige in die Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung nach §
2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI; vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteile vom 04. November 2009 - B 12 R 3/08 R und B 12 R 7/08 R -, veröffentlicht in juris) oder die Landwirte und auch deren Ehegatten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte
(ALG; vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 09. Dezember 2003 - 1 BvR 558/99 - SozR 4-5868 § 1 Nr. 2 und Nichtannahmebeschluss vom 01. März 2004 - 1 BvR 2099/03 - SozR 4-5868 § 1 Nr. 3).
Ein strukturelles Vollzugsdefizit vermag der Senat jedenfalls derzeit nicht zu erkennen. Durch das Dritte Gesetz zur Änderung
des KSVG und anderer Gesetze vom 12. Juni 2007 (BGBl. I, S. 1034) hat der Gesetzgeber Änderungen der gesetzlichen Vorschriften vorgenommen, die der Herstellung von Beitrags- und Abgabegerechtigkeit,
der Stabilisierung der Finanzierung und damit der Stärkung der Künstlersozialversicherung dienen sollen und im Dialog mit
den Vertretern der Künstler und Publizisten sowie der abgabepflichtigen Verwerter entwickelt worden sind (Bundestags-Drucksache
16/4374 S. 8). Insbesondere ist durch Art. 2 Nr. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze § 28p
SGB IV um den Abs. 1a ergänzt worden, der den Trägern der Rentenversicherung eine Prüfpflicht bei den Arbeitgebern als eigene Aufgabe
überträgt, ob diese ihre Meldepflichten nach dem KSVG ordnungsgemäß erfüllen und die Künstlersozialabgabe rechtzeitig und vollständig entrichten. Dieses Gesetz hat die Klägerin
bei ihren Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit nicht berücksichtigt.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Klageverfahren S 9 KR 1540/08 und das Berufungsverfahren L 4 R 3419/09 beruht auf §§ 63 Abs. 3, 52, Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Der Streitwert war endgültig auf € 8.761,54 festzusetzen, da sich die Klägerin gegen die Forderung der Beklagten in dieser
Höhe wendet. Die laufende Versicherungspflicht für die Zukunft nach Februar 2008 ist nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide,
ebenso nicht die Abgabepflicht zur Beklagten dem Grunde nach.