Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung eines Versicherten der Beklagten.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenen Krankenhauses. Das Krankenhaus
der Klägerin ist als besondere Einrichtung von der Pflicht zur Abrechnung nach Fallpauschalen ausgenommen; es rechnet nicht
nach DRG (Diagnosis Related Groups), sondern nach tagesgleichen Pflegesätzen ab. Im Jahr 2013 betrug der voll pauschalierte
Pflegesatz nach der genehmigten Pflegesatzvereinbarung 66,65 EUR/Tag als Basispflegesatz zzgl. eines Abteilungspflegesatzes
von 90,52 EUR.
Vom 02.08.2013 bis 07.09.2013 wurde der 1940 geborene W. B., (seinerzeit) Mitglied der Beklagten (im Folgenden: Versicherter),
im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Dem lag die Verordnung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie H.-L. vom
10.07.2013 zugrunde. Darin sind folgende Diagnosen festgehalten: Depressive Erschöpfung, Anpassungsstörung, HSMN (gemeint
wohl: HMSN - hereditäre motorisch-sensible Neuropathie).
Mit Rechnung vom 13.09.2013 forderte die Klägerin von der Beklagten für die Krankenhausbehandlung des Versicherten eine Vergütung
i.H.v. 5.751,68 EUR (36 Behandlungstage zum Basis- und Abteilungspflegesatz zzgl. Zuschlägen (DRG-Systemzuschlag 1,10 EUR,
GBA-Systemzuschlag 1,13 EUR, Ausbildungsstättenzuschlag 89,91 EUR, Qualitätssicherungszuschlag 1,42 EUR)). Die Beklagte zahlte
den Rechnungsbetrag am 18.09.2013, beauftragte ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) aber mit der Durchführung einer Rechnungsprüfung.
In der SMD-Stellungnahme vom 18.10.2013 führte die Ärztin für Neurologie und Sozialmedizin L. aus, der Versicherte sei wegen
einer schweren depressiven Episode bei bekannter rezidivierender depressiver Störung und Anpassungsstörung in das Krankenhaus
der Klägerin zur stationären Behandlung aufgenommen worden. Im Vordergrund hätten Schlafstörungen, innere Unruhe, Lust- und
Interesselosigkeit, Antriebsstörungen, Schmerzen und depressive Stimmung gestanden. Die Dauer der stationären Behandlung mit
Mitteln des Krankenhauses lasse sich für längstens 3 Wochen (bis 23.08.2013) medizinisch nachvollziehen und begründen. In
den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPNN) werde
gefordert, dass eine schwere depressive Episode mit einem Antidepressivum behandelt werde. Beim Versicherten sei aber nur
zur Nacht ein Sedativum zum Schlafen eingesetzt worden. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, weshalb er nicht leitliniengerecht
behandelt worden sei. Es sei zu erwarten, dass der Behandlungsverlauf bei leitliniengerechter Behandlung hätte deutlich verkürzt
werden können.
Mit Schreiben vom 06.11.2013 teilte die Beklagte der Klägerin unter Hinweis auf die SMD-Stellungnahme vom 18.10.2013 mit,
die Rechnung vom 13.09.2013 werde nur i.H.v. 3.394,13 EUR anerkannt. Man werde den überzahlten Betrag von den nächsten Rechnungen
der Klägerin einbehalten.
Unter dem 11.11.2013 wandte die Klägerin ein, der Versicherte sei nicht mit einem Sedativum, sondern mit dem Antidepressivum
Trazodon (zunächst halbe Tablette, später ganze Tablette) zur Nacht eingestellt worden. Außerdem seien begleitend Gruppen-
und Einzelgespräche von mindestens fünf Stunden pro Woche durchgeführt worden. Das habe binnen 5 Wochen zu einer Stabilisierung
des Versicherten für die weitere ambulante Betreuung geführt. Ein Therapieerfolg der schweren depressiven Episode innerhalb
von 3 Wochen stationärer Akutbehandlung bei der vorliegenden Problematik, dem Alter des Versicherten und den bei ihm bestehenden
Nebendiagnosen sei ihr nicht bekannt und ihrer Einschätzung nach unmöglich. Der Versicherte sei in ihrem Krankenhaus bereits
im Jahr 2004 stationär behandelt worden.
In der SMD-Stellungnahme vom 17.12.2013/27.12.2013 führte die Ärztin L. aus, die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung
werde nicht angezweifelt. Bei dem Arzneimittel Trazodon handele es sich um ein Antidepressivum, das aber gezielt als Sedativum,
also als Schlafmittel (und nicht als Antidepressivum), eingesetzt worden sei. Gegen den Einsatz als Antidepressivum spreche
die niedrige Dosierung von 12,5 mg bzw. 25 mg, später nach Angaben der Klägerin 50 mg. Die Standarddosis beim Einsatz als
Antidepressivum betrage 200 mg bis 400 mg. Die niedrige Dosierung habe einen sedierenden, schlafanregenden Effekt und eine
nur geringe antidepressive Wirkung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Dosis - wenn eine antidepressive Wirkung habe erzielt
werden sollen - im Behandlungsverlauf nicht gesteigert worden sei.
Unter dem 31.01.2014 wandte die Klägerin ein, die (niedrige) Dosierung des Arzneimittels Trazodon könne die Verkürzung der
stationären Krankenhausbehandlung des Versicherten nicht begründen. Eine stationäre Behandlung sei für die medikamentöse Einstellung,
die intensive Gesprächstherapie und roborierende Maßnahmen indiziert und führe dazu, dass der Patient für die weitere ambulante
Betreuung stabilisiert werde; in diesem Sinne habe man auch den Versicherten behandelt. Die verabreichte Dosis des Arzneimittels
Trazodon stelle keinen Hinweis auf die Schwere der Depression, sondern auf die Empfindlichkeit des Patienten dar.
In der SMD-Stellungnahme vom 24.01.2014/27.03.2014 führte die Ärztin L. aus, in den Verlaufs- und Pflegeberichten sei (u.a.)
Folgendes festgehalten: 08.08.2013: Patient schläft schlecht, Trazodon 25 mg zur Nacht 11.08.2013: Patient hat bis jetzt keine
Beschwerden geäußert 12.08.2013: Patient ging im Rahmen einer Exposition in den Ort 15.08.2013: Patient war unterwegs 16.08.2013:
Patient geht viel spazieren 17.08.2013: Keine Besonderheiten 18.08.2013: Patient äußert keine Beschwerden 19.08.2013: Nichts
Neues 20.08.2013: Nichts Besonderes 23.08.2013: Trazodon 25 mg 1/2 Tablette wegen Schlafproblemen 25.08.2013: Gut gelaunt,
unterhält Mitpatienten 26.08.2013: Keine Besonderheiten Das bestätige, dass das Arzneimittel Trazodon nicht als Antidepressivum,
sondern gezielt zur Schlafmedikation eingesetzt worden sei. Außerdem habe sich die anfänglich sicherlich schwere Depression
ersichtlich sehr rasch gebessert, so dass der Versicherte spätestens nach 2,5 Wochen fast beschwerdefrei gewesen sei. Aus
den Berichten gingen keine depressiven Symptome hervor, weshalb auch keine Indikation für eine antidepressive Medikation mehr
bestanden habe. Der psychische Zustand des Versicherten habe sich sehr rasch gebessert und stabilisiert. Die Notwendigkeit
einer stationären Krankenhausbehandlung über 3 Wochen (über den 23.08.2013) hinaus sei nach wie vor medizinisch nicht begründet.
Am 27.01.2014 rechnete die Beklagte einen Betrag i.H.v. 2.357,55 EUR gegen unter den Beteiligten unstreitige Forderungen der
Klägerin auf.
Unter dem 09.04.2014 erhob die Klägerin weitere Einwendungen. Die "lächelnde Maske", die sich viele Patienten aufsetzten,
sei genauso zu bewerten wie die Standardantwort auf die Frage nach der Befindlichkeit mit "gut". Viele Patienten zögen es
im klinischen Umfeld vor, ihre Problematik nur mit dem Therapeuten zu besprechen und nicht mit dem Pflegepersonal. Die Notwendigkeit
der stationären Krankenhausbehandlung könne nicht an Hand von Pflegeberichten beurteilt werden.
In der SMD-Stellungnahme vom 16.05.2014 führte die Ärztin L. aus, dass sich die anfänglich schwere depressive Symptomatik
des Versicherten rasch gebessert habe, gehe nicht nur aus dem Pflegebericht, sondern auch aus dem ärztlichen Verlaufsbericht
hervor. Zur Beurteilung der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung würden (grundsätzlich) die ärztliche und
die pflegerische Dokumentation herangezogen. Für den Versicherten lägen hinsichtlich der ärztlichen Behandlungsdokumentation
nur Therapieberichte vor. Psychopathologische Befunde über den Behandlungsverlauf seien nicht vorgelegt worden. Aus den angegebenen
Aktivitäten und Verhaltensweisen des Versicherten, die für alle Behandlungstage engmaschig über die verschiedenen Tageszeiten
(früh, spät und nachts) dokumentiert seien, könne auf den psychopathologischen Befund geschlossen werden. Ausweislich des
Pflegeberichts sei der Versicherte aber nach der Aufnahme am 02.08.2013 schon ab dem 12.08.2013 aktiv gewesen; er habe das
Krankenhaus für Ausstellungen verlassen, sei viel unterwegs gewesen und spazieren gegangen und er habe keine Beschwerden geäußert.
Der Versicherte sei während des gesamten stationären Krankenhausaufenthalts psychisch stabil gewesen, akute Kriseninterventionen
seien nicht notwendig geworden und es habe zu keiner Zeit akute Suizidalität bestanden. Der psychische Zustand habe sich sehr
rasch gebessert. Der Versicherte hätte am 23.08.2013 in die ambulante Behandlung entlassen werden können; er sei danach nicht
mehr auf die ständige Erreichbarkeit therapeutisch geschulten Personals angewiesen gewesen.
Unter dem 04.06.2014 wandte die Klägerin abschließend ein, die notwendige Stabilisierung des Versicherten habe eine stationäre
Krankenhausbehandlung von 35 Tagen erfordert. Am 14.08.2014 (gemeint: 2013) habe eine Krisenintervention stattgefunden. Man
habe den Versicherten sehr gut und intensiv betreut und seine Problembereiche besprochen.
In der abschließenden SMD-Stellungnahme vom 16.07.2014 hielt die Ärztin L. an ihrer Auffassung fest. Die Krisenintervention
am 14.08.2013 habe während der als medizinisch notwendig eingestuften Behandlungszeit stattgefunden. Sie beeinflusse die Notwendigkeit
der Gesamtbehandlungsdauer nicht. Danach habe sich der Zustand des Versicherten weiter rasch stabilisiert. Bis zum 23.08.2013
wäre eine ausreichende Beobachtungszeit und die Entlassungsvorbereitung möglich gewesen.
Am 05.11.2014 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung trug sie vor, die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten sei bis 07.09.2013 medizinisch notwendig
gewesen. Eine schwere Depression könne nicht in 3 Wochen für die weitere ambulante Behandlung stabilisiert werden. Der SMD
stütze sich ausschließlich auf die Pflegedokumentation, die vorliegend aber nicht ausreiche, weil der Versicherte ein sehr
introvertierter Patient gewesen sei. Er habe zu Hause keine Spaziergänge machen können, da er seine 69 Jahre alte, demente
Ehefrau nicht habe alleine lassen dürfen. Er habe deshalb während des Krankenhausaufenthalts Spaziergänge in der Natur genutzt,
um zu entspannen und die Grübelgedanken zur Entlastung besser zu vermeiden. Der Abstand vom häuslichen Umfeld habe in großem
Maße zur Stabilisierung beigetragen. Die Eintragungen zur Visite ließen erst eine Woche vor Entlassung eine beginnende Stabilisierung
erkennen. Damit sei aus ärztlicher Sicht die dringende Notwendigkeit einer weiteren Behandlungswoche zur Festigung der Stabilität
des Versicherten ausreichend dokumentiert. Der Versicherte habe einer medikamentösen Behandlung sehr kritisch gegenübergestanden,
so dass man ihn hiervon erst habe überzeugen müssen; er habe der medikamentösen Therapie nach 3 Wochen zugestimmt. Man habe
sodann sehr langsam eindosiert und die weitere Anpassung dem ambulant behandelnden Arzt überlassen. Die kurze Zeit bis zur
Entlassung habe weitere Dosiserhöhungen nicht mehr erlaubt. Zusätzlich müssten die körperlichen Begleiterkrankungen des Versicherten
berücksichtigt werden.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf die Stellungnahmen des SMD entgegen. Die stationäre Krankenhausbehandlung des
Versicherten sei über den 23.08.2013 hinaus medizinisch nicht notwendig gewesen.
Das SG erhob das Gutachten (nach Aktenlage) des Prof. Dr. E. (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinik F.)
vom 11.08.2015. Darin ist ausgeführt, aus der Pflegedokumentation könne entgegen der Auffassung des SMD nicht auf den psychischen
Befund geschlossen werden; hierfür sei eine ärztliche Befunderhebung notwendig. Entsprechendes gelte für die Annahme von Befundverbesserungen.
Allerdings sei aus der Krankengeschichte und den Visiteberichten ein ärztlicher psychopathologischer Befund nicht erkennbar.
Es sei aber im Wesentlichen unstreitig, dass beim Versicherten eine schwere depressive Episode vorgelegen habe, wenngleich
hierfür nur 4 von 5 notwendigen zusätzlichen Kriterien dokumentiert seien. Auch die stationäre Behandlungsbedürftigkeit des
Versicherten sei (bei insoweit ebenfalls bestehender Unsicherheit) unstreitig. Unter der Annahme, dass die ersten Wochen der
stationären Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig gewesen seien, dass also eine stationäre Behandlung mit Aufnahme eines
therapeutischen Bündnisses, einer Arzt-Patienten-Beziehung und einer Psychotherapie notwendig gewesen sei, könne die Notwendigkeit
(weiterer) stationärer Krankenhausbehandlung nicht vor Abschluss dieser Behandlung und auch nicht gleich nach einer Besserung
verneint werden. Eine Besserung unter adäquater medikamentöser Therapie binnen 3 Wochen sei ebenfalls nicht zwingend. Die
Wirkung von Medikamenten beginne meist erst nach 2 bis 4 Wochen. Eine Entlassung nach der ersten Besserung ohne Plan und ohne
Überwachung einer medikamentösen Therapie sei sicherlich medizinisch nicht geboten, aus ärztlicher Sicht eher fahrlässig und
gefährde den Behandlungserfolg. In dieser Form funktionierten Pharmakotherapien der depressiven Episode nicht. Beim Setzen
auf eine medikamentöse Therapie hätte von Anfang an ambulant behandelt oder mit einer längeren Behandlungszeit gerechnet werden
müssen. Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Versicherte (aus den vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar, wenngleich
nicht eindeutig nachgewiesen) unter der Diagnose einer schweren depressiven Episode stationär behandelt worden sei. Unter
der Annahme der Notwendigkeit der ersten 3 stationären Behandlungswochen sei die stationäre Krankenhausbehandlung (auch) vom
24.08.2013 bis 07.09.2013 medizinisch begründet. Das beruhe nicht auf der Dokumentation einer schweren Symptomatik während
der letzten beiden Behandlungswochen, sondern darauf, dass es bei Beginn einer Behandlung medizinisch geboten sei, diese auch
ordnungsgemäß ohne Gefährdung des Behandlungserfolgs zu Ende zu führen.
In der hierzu vorgelegten SMD-Stellungnahme vom 06.11.2015 führten Dr. W. (Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie,
Sozialmedizin) und Dr. Sch. (Leiterin des SMD) aus, der Einschätzung des Prof. Dr. E., wonach die Notwendigkeit der stationären
Behandlung des Versicherten nicht eindeutig begründet gewesen sei, werde zugestimmt. Es wäre auch eine teilstationäre Behandlung
in einer psychiatrischen Tagesklinik oder eine einmal wöchentliche ambulante Psychotherapie möglich gewesen. Richtig sei auch,
dass auch beim Einsatz von Antidepressiva die Besserung einer schweren depressiven Episode nicht innerhalb von 3 Wochen zwingend
eintreten müsse. Gerade bei älteren Patienten trete die Besserung nur verzögert ein. Hier sei aber den ärztlichen und pflegerischen
Verlaufsberichten zu entnehmen, dass sich das psychische Befinden des Versicherten rasch und anhaltend gebessert habe, wohl
als Folge der Entlastung von der schweren häuslichen Pflege der dementen Ehefrau. Spätestens ab dem 20.08.2013 werde in den
Verlaufsberichten immer wieder erwähnt, dass sich die Stimmungslage des Versicherten gebessert habe, dass er lachen könne
und sich aktiv an den angebotenen Therapien beteilige. Akutinterventionen seien nicht mehr notwendig gewesen. Am 20.08.2013
sei auch die medikamentöse Behandlung abgeschlossen gewesen. Um sicherzugehen, dass eine stabile Besserung vorliege, wäre
sicherlich noch ein einwöchiger Beobachtungszeitraum angebracht gewesen. Somit wäre die Entlassung spätestens ab dem 27.08.2013
zu verantworten gewesen. Ab diesem Zeitpunkt habe der Versicherte nicht mehr der 24-stündigen Präsenz von Fachpersonal bedurft.
Die Behandlung durch einen niedergelassenen Nervenarzt wäre ausreichend gewesen.
Mit Urteil vom 02.02.2016 verurteilte das SG die Beklagte, an die Klägerin 2.357,55 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.01.2014 zu zahlen.
Zur Begründung führte es aus, Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin sei §
109 Abs.
4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 5 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG), der Pflegesatzvereinbarung und dem für Baden-Württemberg gültigen nach §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V geschlossenen Vertrag. Danach entstehe die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung
durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt werde und im Sinne von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich sei. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser aus §
109 Abs.
4 Satz 2
SGB V stehe ein Vergütungsanspruch gegenüber, der unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung entstehe und auf der Grundlage
der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) zwischen Krankenkassen und Krankenhausträgern festgelegt werde (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.11.2012, - B 3 KR 1/12 R -, in [...]). Danach habe die Klägerin Anspruch auf Vergütung der (gesamten) Krankenhausbehandlung des Versicherten bis zum
07.09.2013; die Beklagte habe i.H. eines Vergütungsbetrags von 2.357,55 EUR zu Unrecht gegen andere Vergütungsansprüche der
Klägerin aufgerechnet und müsse den genannten Betrag daher nachzahlen.
Die Voraussetzungen des §
39 Abs.
1 SGB V seien bis zum 07.09.2013 erfüllt. Maßgeblich seien allein medizinische Erfordernisse; für deren gerichtliche Überprüfung
komme es auf den im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes an
(vgl. näher u.a.: BSG, Urteil vom 27.9.2007, - GS 1/06 -; Beschluss vom 03.08.2006, - B 3 KR 1/06 B -, beide in [...]). Die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten (als solche) sei ungeachtet zuletzt geäußerter
Zweifel medizinisch notwendig gewesen. Das gehe aus den ersten Stellungnahmen des SMD und der (sehr knappen) Behandlungsdokumentation
hervor. Danach sei die Depressionserkrankung des Versicherten wegen der Demenzerkrankung der Ehefrau intensiviert und verschlimmert
worden. Die Behandlung der seinerzeit schweren depressiven Episode sei unter Herausnahme des Versicherten aus der häuslichen
Umgebung und unter ständiger Bereitschaft der medizinischen Mittel des Krankenhauses erforderlich gewesen. Prof. Dr. E. habe
die Diagnose einer schweren depressiven Episode ungeachtet der nicht vollständigen Erfüllung der einschlägigen Diagnosekriterien
überzeugend als medizinisch nachvollziehbar eingestuft. Die stationäre Krankenhausbehandlung sei auch bis zum 07.09.2013 erforderlich
gewesen. Wie Prof. Dr. E. ebenfalls überzeugend dargelegt habe, habe die einmal begonnene Behandlung mit Psychotherapie, Gruppenpsychotherapie
und langsamem Eindosieren eines Antidepressivums bis zum Ende durchgeführt werden müssen, um den Behandlungserfolg zu sichern
und eine Verschlimmerung der depressiven Erkrankung zu verhindern. Nach den Erkenntnissen des Gutachters und (zuletzt) auch
des SMD habe eine Besserung durch psychopharmakologische Behandlung binnen 3 Wochen nicht zwingend erwartet werden können,
da insbesondere bei älteren Menschen die Wirkung von Psychopharmaka eher zögerlich eintrete und der Versicherte als Hypometabolizer
zudem auf medikamentöse Behandlungen nur langsam reagiere. Die Angaben in der Pflegedokumentation könnten, wie Prof. Dr. E.
schlüssig dargelegt habe, eine die Entlassung des Versicherten schon nach 3 Wochen ermöglichende nachhaltige Besserung nicht
belegen. Das aus der Pflegedokumentation hervorgehende positive Stimmungsbild des Versicherten beschreibe nur sein Verhalten
auf der Station und gebe nicht notwendigerweise den psychischen Gesundheitszustand als solchen wieder. Nach dem überzeugenden
Vorbringen der Klägerin könnten gerade Patienten wie der Versicherte außerhalb der Gespräche mit dem behandelnden Therapeuten
eine Fassade aufrechterhalten, ohne dass daraus unmittelbar auf ihre psychische Verfassung geschlossen werden könne. Die sehr
knappen Einträge in der therapeutischen Dokumentation und die ärztlichen Visiten zeigten zwar ab dem 20.08.2013 eine Tendenz
zur Besserung, eine gute Erholung des Versicherten werde aber erstmals am 30.08.2013 dokumentiert. An diesem Tag sei der behandelnde
Arzt erstmals von einer beginnenden Stabilisierung ausgegangen und er habe die Entlassung des Versicherten für die kommende
Woche für möglich erachtet. Wie Prof. Dr. E. überzeugend dargelegt habe, sei indessen die darauffolgende weitere Behandlungswoche
(zusätzlich) erforderlich gewesen, um die Stabilisierung sicherzustellen und einen Rückschritt auszuschließen.
Der Zinsanspruch folge aus §
19 Abs.
3 des Vertrags nach §
112 Abs.
1 SGB V.
Gegen das ihr am 09.02.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.02.2016 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Gutachten
des Prof. Dr. E. beruhe auf mehreren Eventualitäten, so hinsichtlich der Frage, ob nicht eine ambulante Behandlung ausgereicht
hätte und ob eine schwere depressive Episode vorgelegen habe. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten könne es hinsichtlich
der Dauer der medizinischen Behandlungsnotwendigkeit nicht überzeugen. Der Gutachter gehe wie der SMD davon aus, dass in den
letzten beiden Behandlungswochen keine schwere Symptomatik dokumentiert sei. Die (weitere) Behandlungsnotwendigkeit werde
damit begründet, dass die einmal begonnene Therapie ordnungsgemäß zu Ende geführt werden müsse, um den Therapieerfolg nicht
zu gefährden. Nach ihrer Auffassung hätte der Versicherte ohne Gefährdung des Therapieerfolgs spätestens ab dem 27.08.2013
aus der Krankenhausbehandlung entlassen werden können. Das gehe aus der SMD-Stellungnahme vom 06.11.2015 hervor. Sie gehe
nunmehr aber davon aus, dass die stationäre Krankenhausbehandlung (auch) während der Zeit vom 24.08.2013 bis 26.08.2013, nicht
jedoch während der Zeit vom 27.08.2013 bis 07.09.2013 medizinisch notwendig gewesen sei.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 02.02.2016 insoweit aufzuheben, als sie darin zur Zahlung einer den Betrag von
471,51 EUR übersteigenden Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten (zzgl. Zinsen) verurteilt worden ist, und
die Klage insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung des seinerzeit 73
Jahre alten Versicherten als solche sei nicht streitig; streitig sei nur die Verweildauer. Auch der SMD habe die Notwendigkeit
einer stationären Krankenhausbehandlung für die ersten 3 Behandlungswochen bestätigt. Die Einweisungsdiagnose einer schweren
depressiven Episode könne die Beklagte nicht in Abrede stellen. Sie bestreite die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung
während der Zeit vom 24.08.2013 bis 26.08.2013 (3 weitere Behandlungstage) ebenfalls nicht mehr; hierauf entfalle ein Vergütungsbetrag
von 471,51 EUR (Schriftsatz der Beklagten vom 19.04.2016). Am 20.08.2013 sei lediglich eine Tendenz zur Besserung dokumentiert,
eine "gute Erholung" sei erstmals am 30.08.2013 festgehalten worden, so dass die Entlassung des Versicherten unter Berücksichtigung
der auch vom SMD zugestandenen weiteren Behandlungswoche zur Sicherstellung und Stabilisierung des Therapieerfolgs (erst)
am 07.09.2013 möglich gewesen sei. Prof. Dr. E. habe zudem die Entlassung nach einer ersten Besserung ohne Plan und ohne Überwachung
einer medikamentösen Therapie als fahrlässig eingestuft; dies hätte aus seiner Sicht den Behandlungserfolg gefährdet. Dass
der Einsatz von Antidepressiva eine schwere depressive Episode nicht schon binnen 3 Wochen bessern müsse, habe der SMD eingeräumt.
Die Beklagte hat abschließend die SMD-Stellungnahme der Dres. W. und Sch. vom 26.08.2016 vorgelegt. Darin ist ausgeführt,
streitig sei nur noch die Dauer des stationären Aufenthalts. Bei nochmaliger Durchsicht der Akten sei zu erkennen, dass schon
mindestens ab dem 11.08.2013 keine Beschwerdeangaben des Versicherten mehr vermerkt worden seien und festgehalten worden sei,
dass es keine Besonderheiten gegeben habe und sich der Versicherte wohl fühle. Er habe engagiert an allen Therapien teilnehmen
können. Die Besserungstendenz sei also schon vor Abschluss der medikamentösen Behandlung und nicht erst - wie das SG angenommen habe - am 20.08.2013 erkennbar gewesen, ungeachtet dessen, dass eine "gute Erholung" erst am 30.08.2013 dokumentiert
worden sei. Aus psychiatrischer Sicht sei es sicherlich sinnvoll, an die endgültige medikamentöse Einstellung noch einen mehrtätigen
Beobachtungszeitraum anzuschließen. Hier sei die medikamentöse Behandlung am 20.08.2013 abgeschlossen gewesen. Auch in der
Woche danach habe sich das Befinden des Versicherten nicht verschlechtert, so dass spätestens bis zum 27.08.2013 von einer
konstanten Besserung habe ausgegangen werden können; dies sei durch den Visiteneintrag vom 30.08.2013 bestätigt worden. Im
Übrigen sei auch am 27.08.2013 im Verlaufsbericht dokumentiert worden, dass sich der Allgemeinzustand des Versicherten stabilisiert
habe. Dessen Entlassung am 27.08.2013 wäre zu verantworten gewesen.
Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, der Ausprägungsgrad einer Depression könne nicht auf der Grundlage einiger aus
dem Zusammenhang gerissener Hinweise beurteilt werden. Auch wenn eine Akutintervention nicht mehr stattgefunden habe, müsse
in einem therapeutischen Setting immer wieder verhindert werden, dass sie (doch) noch notwendig werde. Das Fehlen einer Krisenintervention
bedeute nicht, dass sich die psychische Befindlichkeit soweit stabilisiert habe, dass eine ambulante Behandlung ausreichen
könnte. Nach bestehenden Erfahrungswerten sei eine Stabilisierung nach einer stationären Behandlung von 3 bis 4 Wochen letztendlich
nur eine "Pseudostabilisierung", weswegen es nach wenigen Wochen ambulanter Behandlung erneut zu einer Dekompensation komme;
das sei zu verhindern.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie auf
die Verwaltungsakten der Beklagten, die Patientenakten der Klägerin und die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
Ein (73 Jahre alter) schwer depressionskranker Versicherter kann lege artis nicht nach einer ersten erkennbaren Besserungstendenz
aus einer medizinisch erforderlichen stationären Krankenhausbehandlung entlassen werden. Das geht aus dem Gutachten des Prof.
Dr. E. überzeugend hervor. Prof. Dr. E. hat eine Entlassung nach der ersten Besserung ohne Plan und ohne Überwachung einer
medikamentösen Therapie sogar als fahrlässiges ärztliches Verhalten eingestuft. Der Gutachter hat auch schlüssig dargelegt,
dass der medizinische Status eines Depressionskranken, namentlich der psychopathologische Befund, entgegen der Auffassung
des SMD (insbesondere SMD-Stellungnahme der Ärztin L. vom 24.01.2014/27.03.2014) aus Aktenvermerken in Pflegeberichten nicht
entnommen werden kann; das Verhalten eines (zumal, wie hier, sehr introvertierten) Depressionskranken gegenüber dem Pflegepersonal
braucht nicht authentisch zu sein. Das gilt, so ebenfalls Prof. Dr. E., auch für die Annahme von Befundverbesserungen. Notwendig
und ausschlaggebend hierfür ist die ärztliche Befunderhebung. Sie kann durch Rückschlüsse aus (Pflege-)Aktenvermerken über
das Verhalten und über Aktivitäten des Versicherten, wie Spaziergänge, oder über subjektive Beschwerdeangaben und Angaben
zum Stimmungsbild, nicht ersetzt werden. Die Ärztin L. hat in der SMD-Stellungnahme vom 16.05.2014 ebenfalls betont, dass
zur Beurteilung der Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung grundsätzlich die ärztliche und die pflegerische
Behandlungsdokumentation herangezogen wird.
Die Beklagte (SMD-Stellungnahme der Ärztin L. vom 16.05.2014) weist, insoweit bestätigt durch Prof. Dr. E., zu Recht darauf
hin, dass die ärztliche Behandlungsdokumentation im Fall des Versicherten sehr knapp ausgefallen ist und dass namentlich psychopathologische
Befunde zum Behandlungsverlauf fehlen. Die vorliegende ärztliche Behandlungsdokumentation weist zum psychischen Gesundheitszustand
des Versicherten für die Zeit ab dem 20.08.2013 nur eine Besserungstendenz und noch keine (für die Beendigung der stationären
Krankenhausbehandlung ausreichende) Besserung aus. Diese ist erst für den 30.08.2013 ärztlich dokumentiert. Der zuständige
Krankenhausarzt ist an diesem Tag erstmals von einer beginnenden Stabilisierung ausgegangen, die vor einer Entlassung des
Versicherten freilich noch hat gefestigt und gesichert werden müssen. Hierfür ist, wie Prof. Dr. E. in seinem Gutachten (in
Einklang mit dem SMD, SMD-Stellungnahmen der Dres. W. und Sch. vom 06.11.2015 und 26.08.2016) dargelegt hat, noch eine weitere
stationäre Behandlungswoche erforderlich gewesen, so dass der Versicherte aus medizinischer Sicht zu Recht am 07.09.2013 aus
der stationären Krankenhausbehandlung entlassen worden ist. Aus den während der Krankenhausbehandlung des Versicherten im
einzelnen durchgeführten Therapiemaßnahmen kann anderes nicht geschlossen werden. Dass nach einer ersten Krisenintervention
am 14.08.2013 weitere Kriseninterventionen nicht mehr notwendig gewesen sind, besagt für den Zeitpunkt der die Beendigung
der stationären Krankenhausbehandlung rechtfertigenden Stabilisierung des psychischen Gesundheitszustands des Versicherten
wenig. Das gilt auch für die Eigenart der durchgeführten Pharmakotherapie. Einzelfragen zu Beginn und Ende und zur Dosierung
des applizierten Antidepressivums sind nicht von Belang, zumal man den Versicherten offenbar zunächst zu der Einnahme eines
Antidepressivums hat bewegen müssen und die psychopharmakologische Behandlung auch nicht sogleich, sondern erst nach einer
Behandlungszeit zwischen 2 und 4 Wochen zu wirken beginnt; Prof. Dr. E. hat das im Kern übereinstimmend mit dem SMD (etwa
SMD-Stellungnahme der Dres. W. und Sch. vom 06.11.2015) näher dargelegt.
Der Senat schließt sich insgesamt der Einschätzung des Prof. Dr. E. an, wonach man den Versicherten ohne Gefährdung des Behandlungserfolgs
nicht schon nach 3 Wochen aus der stationären Krankenhausbehandlung hat entlassen dürfen, dass die stationäre Krankenhausbehandlung
vielmehr auch für die letzten beiden Behandlungswochen (bis zum 07.09.2013) medizinisch erforderlich gewesen ist. Die zuletzt
von der Beklagten gegen das Gutachten des Prof. Dr. E. erhobenen Einwendungen verfangen nicht. Das gilt insbesondere im Hinblick
auf die medizinisch nicht mit letzter Sicherheit festgestellte, unter den Beteiligten aber auch nicht streitige Eingangsdiagnose
einer schweren Depressionserkrankung des Versicherten.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG. Für die Wertberechnung ist gemäß § 40 GKG der Zeitpunkt der Berufungseinlegung (29.02.2016) maßgeblich. Die Verminderung des streitigen Vergütungsbetrags durch die
von der Beklagten im Schriftsatz vom 19.04.2016 erklärte Teilrücknahme der Berufung ist für die Wertberechnung unerheblich.