Tatbestand
Die Beklagte wendet sich gegen eine Verurteilung zu einer Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) um 25 vom Hundert (v. H.).
Der 1963 geborene Kläger zog sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Monteur/Maschinenbau am 18. Juli 2012 eine Ruptur der distalen
Bizepssehne zu, als er beim Versuch des Wegziehens eines Förderbandes abrutschte und sich den rechten Arm verdrehte. Mit dem
Rettungsdienst wurde er ins Krankenhaus N. gefahren, wo er zunächst mit einem Gips versorgt wurde. Am 19. Juli 2012 begab
er sich in Behandlung in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen (im folgenden BG-Klinik), die am 26. Juli 2012
eine operative Refixation der distalen Bizepssehne rechts mit anschließendem schwierigen Heilungsverlauf vornahm.
Die Beklagte holte zunächst eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Prof. Dr. D., Klinik am Eichert, ein, der in Auswertung
der Röntgenaufnahmen vom 18. Juli 2012 wie der Magnetresonanztomographie (MRT) vom 25. Juli 2012 zu dem Ergebnis gelangte,
dass als frische Unfallverletzungen eine Ruptur der distalen Bizepssehne mit vollständiger Ablösung vom Absatz an, lokalem
Bluterguss und Retraktion der abgelösten Sehne, ein geringgradiger Gelenkerguss und ausgedehnte umgebende Weichteil-Einblutungen
an der Beugeseite des Ellenbogens vorlägen (Bl. 39 V-Akte).
Nach Narbenmobilisation mit langsamer Belastungssteigerung zeigten sich bei der Kontrolluntersuchung vom 27. September 2012
zwar reizlose Haut- und Weichteilverhältnisse, jedoch starke Verklebungen und Verhärtungen im Bereich der Bizepssehne mit
deutlichem Druckschmerz und weiterhin eingeschränkter Beweglichkeit bei deutlichem Taubheitsgefühl im Bereich des ulnarseitigen
Unterarmes sowie dorsalseitig in den Fingern I bis III. Der Kläger war weiterhin arbeitsunfähig (Bericht Prof. Dr. St. vom
1. Oktober 2012,).
Ab dem 29. Oktober 2012 begab sich der Kläger in Absprache mit der Beklagten in Aufsichtstätigkeit für drei Wochen nach Russland,
dies unter Vermeidung von körperlicher Tätigkeit, insbesondere Heben und Tragen von Lasten über 25 kg. Dann war eine erneute
operative Revision bei Narbeninduration mit entsprechender Beschwerdesymptomatik geplant. Formal war er bis auf weiteres arbeitsunfähig
(Bericht Prof. Dr. St. vom 18. Oktober 2012).
Die Korrektur der hypertrophen Narben der rechten Ellenbeuge (Vernarbungen so stark, dass eine vollständige Streckung nicht
möglich, außerdem starke Nervenirritationen des Nervus radialis) wurde am 5. Dezember 2012 ebenfalls in der BG-Klinik durchgeführt.
Der Kläger wurde bis 10. Dezember 2012 stationär behandelt (Bericht Prof. Dr. St. vom 10. Dezember 2012).
In der Folgezeit ließ sich das Nahtmaterial nicht ziehen, der Faden steckte in der Mitte der Narbe fest, der verbliebene Fadenrest
wurde am 18. Januar 2013 unter sterilen Bedingungen in der BG-Klinik "geborgen", das bekannte Sensibilitätsdefizit im Versorgungsgebiet
des Nervus radialis bestand fort. Der Kläger nahm im Januar 2013 zwar seine Arbeit wieder auf, sein Arbeitgeber musste ihm
aber zwei Kollegen zur Seite stellen, so dass er sich am 2. Mai 2013 in der Rehabilitationssprechstunde vorstellte. Dabei
imponierte eine wulstige Narbe in der Ellenbeuge, der Bizepsmuskel beginne etwa 8 cm oberhalb der Ellenbeuge (Gegenseite 4
cm), es liege ein Streckdefizit von ca. 20° und eine deutliche Kraftminderung des rechten Bizeps vor. Die Rehabilitationsberatung
kam zu dem Ergebnis, dass die mehrfach durchgeführten Operationen am rechten Arm mit Verhärtung der Narbe und bereits vorliegender
Nervenreizung keine weitere Operationsempfehlung nach sich ziehen könnten. Der Kläger solle Krankengymnastik durchführen und
der Befund noch einmal durch ein MRT ausgewertet werden. Gleichzeitig holte die Beklagte eine Arbeitsplatzbeschreibung ein,
wonach der Kläger als Schweißer oft über Kopf arbeiten müsse und dabei Gewichte von über 50 kg bewege. PD Dr. B., BG-Klinik,
berichtete anschließend, dass die Kernspintomographie eine nach wie vor deutlich retrahierte Bizepssehne mit hartem Gewebe
zeige, der Muskelbauch sei deutlich proximalisiert und beim Anspannen eine Sehnenplatte palpabel. Die Supination gegen Widerstand
sei schmerzhaft, die Fingerstreckung frei. Die Beweglichkeit betrage 0-20-120 Grad, Pro- und Supination sei bis 70-0-80 Grad
möglich. Anlässlich der Vorstellung vom 31. Mai 2013 in der BG-Klinik wurde dem Kläger neben intensiver Physiotherapie im
Sinne einer komplexstationären Rehabilitation (KSR) das Schmerzmittel Lyrica 75 1-0-1 sowie Ultraschall und Lasertherapie
zur Lockerung des Narbengewebes verordnet.
Ab dem 4. Juli 2013 führte der Kläger dann die stationäre Rehabilitationsbehandlung in der BG-Klinik durch. Die neurologisch-psychiatrische
Begutachtung ergab eine Teilschädigung des Nervus medianus auf Höhe des Ellenbogens rechts mit ausgeprägten Narben und Verwachsungen.
Der Muskelbauch des Bizeps sei insgesamt um 6 cm nach proximal verschoben, so dass gut denkbar sei, dass eine Nervenschädigung
eingetreten sei. Es bestünden geringgradige motorische und sensible Defizite im weiteren körperfernen Versorgungsgebiet des
Nervus medianus, zudem eine Gefühlsstörung im Versorgungsgebiet des Nervus radialis rechts. Die Kraftentfaltung beim Faustschluss
rechts sei deutlich eingeschränkt, die Supination rechts um 20 Grad, links um 10 Grad limitiert, wobei die Muskulatur an den
Armen seitgleich und kräftig ausgeprägt sei (Bericht Prof. Dr. St., Bl. 167 ff. V-Akte). Die stationäre Behandlung dauerte
bis zum 13. August 2013 an, wobei keine durchgreifende und entscheidende Verbesserung der Beschwerdesymptomatik erzielt werden
konnte. Die Beweglichkeit sei geringgradig verbessert worden, allerdings nicht die Kraftsteigerung in der Armbeuge, die für
die Tätigkeit des Mechanikers auf Montage erforderlich sei, weshalb der Kläger in seiner angestammten beruflichen Tätigkeit
als dauerhaft arbeitsunfähig eingestuft werde. Er erhielt zusätzlich die Schmerzmittel Ibuprofen 600 mg, dreimal täglich,
und Pantozol 40 mg, einmal täglich (Bericht Prof. Dr. K.).
Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin chirurgisch und neurologisch-psychiatrisch begutachten. Prof. Dr. St. gelangte aufgrund
der Untersuchung vom 1. Oktober 2013 zu der Einschätzung, die unfallbedingte MdE sei auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet
auf weniger als 10 v. H. zu bewerten, sie gehe in der chirurgischen MdE vollständig auf. Zwar werde ein Beugedefizit bis 90
Grad gezeigt, ein Streckdefizit bis 30 Grad, der Bewegungsumfang sei indessen weitaus besser. Es fänden sich aber an den Händen
überraschend sehr ausgeprägte Arbeitsspuren und kräftige Schwielen über sämtlichen Fingergrundgelenken, welches auf einen
regelmäßigen und kräftigen Einsatz beider Hände hindeute und mit den dargebotenen Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu vereinbaren
sei.
Prof. Dr. St. kam indessen aufgrund der Untersuchung vom 18. November 2013 in einem für die A. Versicherungs-AG erstellten
Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks bei ausgeprägter Vernarbung
nach stattgehabter Bizepssehnen-Refixation einer distalen Bizepssehnenruptur mit persistierenden Gefühlsstörungen im Versorgungsgebiet
des Nervus radialis sowie bestehender Teilschädigung des Nervus medianus auf Höhe des rechten Ellenbogens vorliege. Der Körperschaden
(Invalidität nach Gliedertaxe) betrage 1/5 Armwert. Die Messwerte des Ellenbogengelenks Streckung/Beugung lägen rechts bei
0-30-100, links bei 0-10-140 Grad.
Der Kläger holte hierzu noch eine Zweitmeinung ein und ließ sich am 4. November 2013 bei dem Durchgangsarzt K. untersuchen.
Dieser stellte ausgeprägte Einziehungen, Vernarbungen und einen Druckschmerz im Bereich der Beugefalte des Ellenbogens mit
Induration des Gewebes fest. Die Beweglichkeit sei schmerzhaft eingeschränkt, 0-20-100 Grad aktiv, 0-20-120 Grad passiv, Umwendung
10-0-60 Grad aktiv, 30-0-70 Grad passiv. Auch imponiere eine deutliche Kraftminderung für die Ellenbogenbeugung und Supination.
Der Muskelbauch des Musculus biceps brachii sei deutlich proximalisiert. Es lägen Dysästhesien und Parästhesien im Bereich
der rechten Hand mit dem Nachweis einer Partialläsion des Nervus medianus und Nervus radialis vor. Der Kläger verfüge beidseitig
über eine sehr gute Muskulatur, allerdings habe er Bilder aus der Zeit vor der Verletzung vorgelegt, wonach noch eine weitaus
ausgeprägtere Muskulatur bestanden hab;, laut dem Kläger habe der Muskelumfang 47 cm am Oberarm betragen. Die Beschwerden
seien in jedem Fall glaubhaft und erheblich. Eine Refixation der distalen Bizepssehne sei seiner Erfahrung nach zum jetzigen
Zeitpunkt nicht mehr möglich, das Ergebnis anderer möglicher Operation nicht sicher zu prognostizieren.
Mit Bescheid vom 6. März 2014 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 21. Dezember 2012 eine Rente als vorläufige Entschädigung
nach einer MdE von 25 v. H. Dem lag die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. F. vom 31. Dezember 2012 zugrunde, der wegen
der Re-Ruptur der distalen Bizepssehne mit erheblichem Kraftverlust für die Beugung im Ellenbogen die Bewegungseinschränkungen
in Anbetracht der umfangreichen Narben für gut erklärbar gehalten und deswegen dem Vorschlag der Sachbearbeitung, unter zusätzlicher
Berücksichtigung der Reizung eines Hautnervs eine Gesamt-MdE um 25 v. H. anzunehmen, zugestimmt hatte. Als Unfallfolgen hatte
die Beklagte Bewegungseinschränkungen im Ellenbogengelenk, belastungsabhängige Schmerzen, eine verminderte Berührungs- und
Schmerzwahrnehmung am Unterarm bei Reizung eines Hautnervs (Nervus cutaneus antebrachii) sowie eine Verhärtung des Narbengewebes
am Ellenbogen mit anschließender operativer Narbenkorrektur nach operativ versorgtem Riss der körperfernen Bizepssehne mit
nachfolgendem erneuten Reißen der Sehne festgestellt.
Um die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit zu prüfen, ließ die Beklagte den Kläger neurologisch und unfallchirurgisch
begutachten. Der Neurologe und Psychiater Dr. K. kam zu dem Ergebnis, dass die neurologische MdE weiter mit 10 v. H. aufgrund
der Störung des sensiblen Nervus radialis rechts einzuschätzen sei. Es lägen keine Hinweise auf eine Muskelatrophie oder latente
Paresen vor (Gutachten vom 3. Februar 2015). Prof. Dr. St. beschrieb eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks
bei Vernarbungen nach stattgehabter Bizepssehnen-Refixation einer distalen Bizepssehnenruptur mit nachfolgender Arthrolyse
sowie hochstehendem Bizepssehnen-Bauch, wodurch auf unfallchirurgischem Fachgebiet eine MdE von 20 v. H. begründet werde (Gutachten
vom 2. März 2015). Die Ellenbogengelenke könnten rechts bis 0-40-110 Grad, links 5-0-135 Grad gestreckt/gebeugt werden. Bei
der Palpation im Bereich des rechten Ellenbogens fände sich eine derbe Narbenplatte, der Muskelbauch des Bizeps brachialis
stehe deutlich nach oben verzogen. Im Seitenvergleich lägen keine Hinweise auf Blutumlaufstörungen, keine trophischen Störungen
vor, die Hohlhand-Beschwielung sei seitengleich, die grobe Kraft entfalte sich annähernd seitengleich. Bei der Beurteilung
der Bewegungsmaße sei eine rechtsseitig diskret eingeschränkte Schultergelenksbeweglichkeit festzustellen, bei der Bestimmung
der Umfangmaße der oberen Extremität ergäben sich keine signifikanten Umfangsdifferenzen. Die Gesamt-MdE müsse nach Eingang
des neurologischen Gutachtens bewertet werden. Diese Expertise wurde indessen Prof. Dr. St. nicht zugeleitet.
Stattdessen gewährte die Beklagte dem Kläger nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 23. April 2015 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2015 ab dem 1. Mai 2015 an Stelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung
eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v. H. Zur Begründung führte die Beklagte aus, bei der Feststellung der
Rente auf unbestimmte Zeit müsse im Vergleich zur Bewilligung der vorläufigen Rente keine Änderung vorliegen. Dem Gutachten
des Dr. K. könne nicht gefolgt werden, da keine komplette Nervenläsion vorliege. Die Reizung des Hautnerv sei berücksichtigt
worden. Diese begründe jedoch keine neurologische Teil-MdE von 10 v. H.
Hiergegen hat der Kläger am 30. Juli 2015 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, zu deren Begründung er ergänzend vorgetragen hat, es bestehe nach wie vor eine deutlich retrahierte Bizepssehne
mit hartem Gewebe und Kraftminderung, er müsse deswegen sehr viele Schmerzmittel einnehmen, könne aber keine weitere Operation
riskieren, denn die Ärzte rieten davon ab. Prof. Dr. St. sei fälschlicherweise zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Nervenschädigung
nicht mehr zu objektivieren sei, sein Beschwerdebild habe sich nicht gebessert. Er habe vielmehr seine Haupthand auf links
umstellen müssen, da über die Kraftentfaltung keine Kontrolle mehr bestehe, er deswegen Gegenstände nicht mehr kontrolliert
greifen und tragen könne. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass grobe Behandlungsfehler der BG-Klinik vorgelegen hätten,
die ihn zu einem Arbeitsplatzwechsel ins Büro ohne körperliche Tätigkeiten in der Montage gedrängt hätten, wodurch er einen
erheblichen Minderverdienst, der bisher nicht ausgeglichen werde, erlitten habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wenn zunächst
eine vorläufige Rente auf Grundlage einer MdE von 25 v. H. bewilligt und dann, obwohl sich der Zustand nicht gebessert habe,
nunmehr die endgültige Rente lediglich nach einer MdE von 20 v. H. gewährt werde.
Das SG hat daraufhin eine weitere orthopädische Begutachtung durch Dr. B. vom Bundeswehrkrankenhaus durchführen lassen. Dieser ist
aufgrund der Begutachtung vom 20. Oktober 2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gesamt-MdE mit 25 v. H. bewertet werden müsse.
Unfallfolgen seien eine Einschränkung der Streckung/Beugung auf 0-50-100 Grad, also etwas mehr als im zweiten Rentengutachten.
Die Einschränkung der Supination betrage 40 Grad, die normale Supinationsfähigkeit liege bei 80 bis 90 Grad. Die Bizepssehne
am rechten Ellenbogen sei zwar in der Kontinuität wieder hergestellt, sie sei aber unter deutlicher Verlängerung fehlverheilt,
abzulesen an einem Hochstand des Bizeps-Muskelbaus im Seitenvergleich um 4 cm, insofern sei auch die Kraft der Beugung im
rechten Ellenbogen deutlich auf die Hälfte gemindert. Zusätzlich imponiere eine hypertrophe Narbenbildung, ein Lymphödem am
rechten Unterarm mit Hand (Umfangsvermehrung in diesem Bereich plus 1 cm), die bislang weder berücksichtigt noch beschrieben
worden sei, sowie eine Hyposensibilität entsprechend des peripheren Versorgungsgebiet des sensiblen Hautnervenastes des Radialisnervs,
die unverändert zu den Vorbefunden bestehe. In der unfallchirurgischen Gutachtensliteratur werde eine Versteifung des Ellenbogens
um 90 Grad Beugestellung bei freier Unterarmdrehung mit 20 v. H. eingeschätzt. Allein die Bewegungsmaße rechtfertigten daher
eine Einschätzung der MdE von 20 v. H. In die Bewertung müsse allerdings die verminderte Beugekraft und die Sensibilitätsstörung
ebenso einbezogen werden wie auch das Lymphödem mit Umfangsvermehrung, so dass insgesamt eine höhere MdE gerechtfertigt sei.
Der Kläger habe am 1. März 2014 ein neues Arbeitsverhältnis begonnen. Er habe aber berichtet, dass er teils auch unter Ruheschmerzen
leide, deshalb eine Nachtschiene trage. Seine Lebensqualität werde dadurch gemindert, dass er wegen des Streckdefizits nicht
mehr Fahrradfahren, nicht mehr Kegeln und nicht mehr schwer Heben und Tragen könne.
Auf die Einwendungen der Beklagten hat sich Dr. B. ergänzend dahingehend geäußert, dass er bei seiner bisherigen Einschätzung
verbleibe, da die Bewegungsmaße um 10 Grad schlechter als beim zweiten Rentengutachten seien, welches sich natürlich und alleine
aus dem Stand des Muskelbauchs erkläre. Zusätzlich sei die Einschränkung auf neurologischem Fachgebiet zu bewerten. Die Beklagte
sei dieser gutachterlichen Einschätzung allein deswegen nicht gefolgt, weil es sich um keine komplette Schädigung des Hautnerven
handele, das könne so einfach aber nicht gemacht werden. Bislang sei auch nicht das Lymphöden im rechten Unterarm bewertet
worden.
Mit Urteil vom 23. März 2016 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, dem Kläger eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 25 v.
H. zu gewähren. Zur Begründung hat sich das Gericht auf die Gutachten von Prof. Dr. St. und von Dr. B. gestützt, die übereinstimmend
allein auf unfallchirurgisch-orthopädischem Gebiet eine Teil-MdE um 20 v. H. nachvollziehbar bewertet hätten, was mit der
unfallmedizinischen Literatur in Einklang stehe. Diese Einschätzung sei auch nicht eher wohlwollend, denn der Vergleich, den
die Beklagte aufgrund des Gutachtens für die private Unfallversicherung ziehe, sei nicht zielführend, da für diese Begutachtung
andere Maßstäbe gölten. Hierbei sei indessen die funktionelle Beeinträchtigung aufgrund der Schädigung des Radialisnervs nicht
berücksichtigt. Die Beklagte sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass diese neurologischen Unfallfolgen in der unfallchirurgischen
MdE aufgingen, obwohl Prof. Dr. St. darauf hingewiesen habe, dass eine endgültige Bewertung erst nach Vorlage des Gutachtens
von Dr. K. erfolgen könne. Diese erforderliche endgültige Wertung aller Unfallfolgen habe dann Dr. B. vorgenommen und überzeugend
dargelegt, dass sich eine Erhöhung aufgrund der Schädigung des Radialisnervs ergebe. Demgegenüber sei die Einschätzung von
Prof. Dr. St. nicht überzeugend, da sich dieser von der von ihm beschriebenen "tadellosen Muskelausprägung" habe täuschen
lassen. Demgegenüber habe die ambulante Behandlung durch den Unfallchirurgen Dr. K. ergeben, dass der Kläger zwar bei der
Untersuchung im November 2013 eine sehr gute Muskulatur gezeigt habe, die allerdings vor dem Arbeitsunfall wesentlich besser
gewesen sei, so dass Dr. K. die Beschwerden glaubhaft und erheblich bewertet habe. Das Gericht habe das Gutachten von Dr.
K. für überzeugend eingeschätzt. Denn in der unfallmedizinischen Literatur werde der komplette Ausfall des Radialisnervs mit
einer MdE um 20 bis 30 v. H. bewertet. Demgemäß sei eine Teilschädigung und auch nur eine sensible Schädigung mit einem Taubheitsgefühl
vom Ellenbogen bis in die drei ersten Finger mit einer MdE von 10 v. H. einzuschätzen. Es sei nachvollziehbar, dass ein derart
ausgedehntes Taubheitsgefühl mit einer MdE-relevanten funktionellen Beeinträchtigung verbunden sei. Deswegen sei insgesamt
eine Gesamt-MdE um 25 v. H. gerechtfertigt. Dafür spreche im Weiteren die zusätzliche Berücksichtigung des beschriebenen Lymphödems,
welches sich infolge des sehr schwierigen und letztlich unbefriedigenden Heilungsverlaufs entwickelt habe und sich ebenfalls
funktionell auswirke. Eine Abweichung gegenüber der Schätzung der MdE um lediglich 5 Prozentpunkte sei zulässig, denn die
Beklagte habe die neurologischen Befunde und das Lymphödem unberücksichtigt gelassen.
Gegen das am 26. April 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Mai 2016 (einem Freitag nach Feiertag) Berufung mit
der Begründung eingelegt, dass die Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. nicht gerechtfertigt sei, da er lediglich Missempfindungen
beschrieben habe. Soweit das SG nunmehr von einem Taubheitsgefühl vom Ellenbogen bis in die drei ersten Finger ausstrahlend ausgehe, wie es der Kläger Dr.
B. berichtet habe, sei dies nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, denn der Sachverständige gebe nicht an, welche klinischen
Untersuchungen/Messungen er hierzu durchgeführt habe. Auch bei Prof. Dr. St. habe sich bei der orientierenden neurologischen
Untersuchung lediglich eine Sensibilitätsminderung gezeigt. Da es sich nur um einen sensiblen Endast handele, sei nicht nachzuvollziehen,
warum eine solche Läsion eine MdE um 10 v. H. begründen solle. Denn der Kläger habe im Wesentlichen seine Finger frei und
symmetrisch bewegen, eine Minderung der Funktion oder groben Kraft habe auch Dr. B. nicht feststellen können. Bei der Begutachtung
in der BG-Klinik hätten sich im Seitenvergleich keine Hinweise auf Blutumlaufstörungen oder trophische Störungen gezeigt.
Außerdem weiche das SG in seinem Urteil um lediglich fünf Prozentpunkte von ihrer MdE-Einschätzung ab, was grundsätzlich verboten sei, da eine solche
Schätzung immer einer natürlichen Schwankungsbreite unterliege. Ausnahmsweise gelte dies nur dann nicht, wenn der Unfallversicherungsträger
von einem unvollständigen oder unrichtigen Befund ausgehe, seine Einschätzung auf unsachliche Erwägungen stütze oder diese
allgemeinen Erfahrungswerten widerspreche oder sonstig erkennbar falsche Rechtsüberlegungen anstelle. Dies sei jeweils nicht
der Fall. Was das Lymphödem anbelange, so sei dies erstmalig von Dr. B. beschrieben worden. Es sei nicht klar, woraus das
SG seine Erkenntnisse nehme, dass dieses Unfallfolge sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, dass die Gesamtfunktion sehr eingeschränkt
sei. Wenn die Beklagte auf eine ledigliche Abweichung von 5 Prozent abstelle, so lasse sie außer Acht, dass sie selbst zunächst
die MdE vorläufig mit 25 v. H. bewertet habe. Im Übrigen sei der Radialisnerv geschädigt. Das Lymphödem sei vom Gerichtsgutachter
als unfallverursacht eingeschätzt worden. Dies müsse hingenommen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§
143, §
144 Abs.
1 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. März 2016, mit dem die als kombinierte
Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter teilweiser Aufhebung des Bescheides 23. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14. Juli 2015 und deren Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab dem 1. Mai 2015 nach
einer MdE um 25 v. H. begehrt hat, stattgegeben wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage
ist bezogen auf die vorliegenden Klagearten der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Kommentar zum
SGG, 11. Aufl. 2014, §
54 Rz. 34).
Zu Recht hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 25 v. H. über den 1. Mai 2015 hinaus als Rente
auf unbestimmte Zeit zu gewähren. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten
enthaltenen medizinischen Stellungnahmen und gutachterlichen Ausführungen, insbesondere aufgrund des im Auftrag des SG gemäß §
106 SGG erstatteten Gutachtens des Orthopäden Dr. B. vom 20. Oktober 2015, der in Übereinstimmung mit den von der Beklagten gehörten
Gutachtern Dr. K. (neurologisches Gutachten vom 3. Februar 2015) und Prof. Dr. St. (chirurgisches Gutachten vom 2. März 2015)
unter Einbeziehung der neurologischen Unfallfolgen die MdE mit 25 v. H. bewertet hat.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist §
56 Abs.
1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls - über die
26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit
infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für
jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§
56 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern
(§
56 Abs.
1 Satz 3
SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§
56 Abs.
1 Satz 4
SGB VII). Wenn, wie vorliegend, ein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist, werden gemäß §
72 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem dieser Anspruch endet.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden
verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen
beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der
versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden, wie das SG zutreffend aufgezeigt hat. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer
Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall
und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts,
die dieses gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, [...], Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze
sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine
gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel
(BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 <65>).
Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen
hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen
beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte
und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 <203>) die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens
auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, [...], Rz. 17 m. w. N.).
Gemäß §
62 Abs.
2 Satz 2
SGB VII wird bei der erstmaligen Bestimmung einer Rente auf unbestimmte Zeit nach Gewährung einer vorläufigen Verletztenrente die
MdE nach den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Befunden festgestellt. Für eine Herabsetzung der vorläufigen Verletztenrente
bzw. Entziehung der vorläufigen Verletztenrente und Ablehnung einer Dauerrente bedarf es in diesem Fall keines Nachweises
einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse im Sinne einer wesentlichen Besserung.
Nach diesen Maßstäben haben die Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 18. Juli 2012 eine MdE in Höhe
von 25 v. H. und hat die Beklagte im Bescheid vom 23. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2015
zu Unrecht die Gewährung einer höheren Verletztenrente als nach einer MdE in Höhe von 20 v. H. über den 1. Mai 2015 hinaus
als Rente auf unbestimmte Zeit abgelehnt.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass diese Unfallfolgen mit einer MdE von 25 v. H. zu bewerten sind.
Soweit die Beklagte davon ausgeht, dass eine Abweichung um 5 Prozent oder weniger von der Schätzung durch den Unfallversicherungsträger
grundsätzlich ausscheidet, weil einer Schätzung immer eine natürliche Schwankungsbreite eigen ist und sich insoweit auf eine
alte Entscheidung des BSG (7. Dezember 1976 - 8 RU 14/76 -, [...], Rz. 12) zu der Vorgängerregelung des § 581
Reichsversicherungsordnung (
RVO), gültig bis: 31.12.1996, bzw. eine Kommentierung stützt, so fehlt es hierfür nach Überzeugung des Senats an der erforderlichen
Rechtsgrundlage. Eine solche sieht das Unfallversicherungsrecht des
SGB VII nur für eine Änderung und das Ende von Renten in Gestalt des §
73 Abs.
3 SGB VII vor, wo es um die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Änderung, also einen ganz anderen Anknüpfungspunkt als bei der Einschätzung
der MdE bei der erstmaligen Feststellung eines Rechts auf Rente auf unbestimmte Zeit geht. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber
gesondert geregelt hat, dass eine wesentliche Änderung nur dann vorliegt, wenn die MdE mehr als 5 v. H. beträgt, ist zu schließen,
dass es im Übrigen bei der umfassenden gerichtlichen Kontrolle von behördlichem Handeln verbleibt. Denn andernfalls wäre auch
die gesetzliche Regelung des §
73 Abs.
3 SGB VII nicht erforderlich gewesen. Das BSG hat seine damalige Entscheidung damit begründet, dass die Bewertung der MdE ihrem Wesen nach eine Schätzung ist, der - wie
jeder Schätzung - eine gewisse Schwankungsbreite eigentümlich sei. Soweit dabei bestimmte Grenzen nicht überschritten werden,
soll jede innerhalb der Toleranzspanne liegende Schätzung gleichermaßen rechtmäßig sein, wobei als äußerste Grenzen der Spanne
eine Abweichung um 5 v. H. nach oben oder nach unten anzusehen sei. Demgegenüber soll, wenn der Versicherungsträger die Gewährung
einer Dauerrente abgelehnt hat, weil eine MdE im rentenberechtigendem Grade nicht vorliege, das Gericht, wenn es den Rentenanspruch
bejaht, bei der Bewertung der MdE wiederum frei sein, da in diesem Falle eine Schätzung der MdE durch den Versicherungsträger
nicht vorliege. Gerade letzteres Argument kann den Senat nicht überzeugen, denn dann hinge die gerichtliche Kontrolle allein
davon ab, ob der Unfallversicherungsträger die Rente abgelehnt hat oder nicht, ohne dass vor allem hinreichend gewährleistet
ist, ob die Behörde überhaupt den dafür erforderlichen Sachverstand eingeholt hat. Das wird aber nach der höchstrichterlichen
Rspr. von einem Sozialgericht erwartet, das in seiner Begründung darlegen muss, welche Erkenntnisquellen genutzt wurden und
dass auch keine Abweichung zu der aktuellen medizinischen Fachliteratur besteht. Diese Anforderungen finden ihre Rechtfertigung
darin, dass sie die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen
Praxis bilden. Warum das für den Verwaltungsträger nicht gelten soll, erschließt sich dem Senat nicht, wobei die Erforderlichkeit
dessen gerade durch den vorliegenden Rechtstreit unterstrichen wird, wo allein die Sachbearbeitung, ohne überhaupt zu begründen,
warum die Teilschädigung eine MdE von weniger als 10 v. H. rechtfertigt, und insbesondere darzulegen, woher die Sachkunde
dafür hergenommen wird, sich über die gutachterlichen neurologischen Ausführungen einfach hinwegsetzt, was im späteren Verlauf
der erfahrene gerichtliche Sachverständige Dr. B. bemängelt hat. Wenn die Abweichung der Einschätzung des Gerichts von der
der Beklagten nur 5 Prozentpunkte beträgt, so kann dem allenfalls bei der Kostenentscheidung Rechnung getragen werden.
Dessen ungeachtet geht der Senat davon aus, dass die besonderen Voraussetzungen vorliegen, die das Bayerische Landessozialgericht
(LSG) in seinem Urteil vom 22. Februar 2011 (L 17 U 39/10, [...], Rz. 38) aufgestellt hat. Denn die Beklagte ist sowohl von unvollständigen bzw. unrichtigen Befunden ausgegangen,
als auch ihre Schätzung auf unsachlichen Erwägungen beruht. Der Senat entnimmt dies dem Umstand, dass - wie oben dargelegt
- sich die Beklagte ohne eigenen Sachverstand oder entsprechende sachkundige Beratung, was der Senat dem Akteninhalt entnimmt,
über das neurologische Gutachten von Dr. K. hinweggesetzt hat, obwohl auch die chirurgischen Vorgutachten von Prof. Dr. St.,
die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. F. wie der Arztbericht des Dr. K. ausführlich dargelegt hatten, dass zu den Funktionseinschränkungen
auf chirurgischem Gebiet noch die Teilschädigungen zweier Nerven, nämlich des Nervus medianus und Nervus radialis, hinzugerechnet
werden müssen und Prof. Dr. St. darüber hinaus ausdrücklich um Zuleitung des zweiten Rentengutachtens gebeten hat, um eine
Bewertung der Gesamt-MdE vorzunehmen. Ohne eigenen Sachverstand einzuholen hat sich die Beklagte über das Gutachten von Dr.
K. und dessen Einschätzung hinweggesetzt. Die Unrichtigkeit ihrer Bewertung wird durch das Gerichtsgutachten von Dr. B. bestätigt,
wobei es insoweit nicht darauf ankommt, ob das Lymphödem noch zusätzlich als Unfallfolge gewertet werden muss. Denn unabhängig
davon ist jedenfalls nach den Befunden eine Gesamt-MdE von 25 v. H. gerechtfertigt.
Die Einwendungen der Beklagten gegen diese Bewertung der MdE mit 25 v. H. sind allesamt unbegründet.
Wie das SG erachtet der Senat die allein abweichende Stellungnahme des Prof. Dr. St. für nicht zielführend. Dies ist insbesondere dem
Arztbericht des Durchgangsarztes Dr. K. zu entnehmen, wonach der Kläger vor dem Unfall noch über eine erheblich bessere Muskulatur
verfügte, worauf schon das SG hingewiesen hat. Außerdem hat Prof. Dr. St. nicht beachtet, dass sich der Kläger von Anbeginn an nicht geschont, sondern
sich sogar im Zustand der Arbeitsunfähigkeit in Absprache mit der Beklagten zu Auslandseinsätzen begeben hat, was die Gebrauchsspuren
an den Händen erklärt. Der Kläger hat eben nicht aggraviert oder simuliert, wie dies Prof. Dr. St. ihm unterstellen möchte,
sondern war, wie dies aus sämtlichen anderen Gutachten hervorgeht, ausschließlich daran interessiert, seine Arbeitsfähigkeit
wieder herzustellen und in seinem angestammten Beruf weiterzuarbeiten, was letztendlich allein aufgrund des ungünstigen Heilungsverlaufs
gescheitert ist.
Ausgehend von den Bewegungsmaßen für den Ellenbogen sind die chirurgischen Sachverständigen Prof. Dr. St. wie Dr. B. übereinstimmend
zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass allein die Teil-MdE seitens des chirurgischen Gebiets 20 v. H. beträgt. Denn das
normale Bewegungsausmaß eines Ellenbogens liegt für die Beugung bei 145 Grad, für die Streckung bei 0 Grad (für Pronation)
und Auswärtsdrehung (Supination) 80 bis 85 Grad. Dabei behindern Streckdefizite weniger als Beugedefizite (vgl. zum Folgenden:
Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a .O., S. 567 f.). Bei einer Bewegungseinschränkung von 0-30-90 Grad bei freier Unterarmdrehung
ist daher eine MdE von 20 v. H. gerechtfertigt.
Hinsichtlich der Nervenverletzungen, die erstmals im Zwischenbericht vom 19. Dezember 2012 als Folge der Zunahme der Narbeneinziehungen
erwähnt werden, was zunächst von Prof. Dr. St. am 12 Juli 2013 bestätigt wurde, der eine Teilschädigung der Radialis- und
Medianus-Nerven bestätigte, ist die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass solche bei dem Kläger nicht vorliegen, auch
wenn eine verminderte Berührungs- und Schmerzwahrnehmung attestiert wird. Vielmehr weist bereits die unfallmedizinische Literatur
darauf hin, dass der beschriebene Sensibilitätsverlust an den drei radialen Fingern mit der Schwächung der Beugung derselben
geradezu typisch für eine Verletzung des Nervus medianus ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 249). Eine
vollständige Schädigung der Nerven radialis und medianus begründet sogar eine MdE von 60 v. H., ist der Nerv medianus wie
vorliegend sensibel betroffen, kann die MdE 20 v. H. betragen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 252). Dies
zeigt bereits, wie weit die von der Beklagten vorgenommene Einschätzung der MdE von unter 10 v. H., da nur ein Teilast betroffen
sei, sich von der unfallmedizinischen Fachliteratur wegbewegt hat. Prof. Dr. St. hat das Beschwerdebild so beschrieben, dass
eine solche Sensibilitätsminderung streckseitig an den Langfingern DI, DII und DIII der rechten Hand sowie an der Beugeseite
des Unterarms flächig rechtsseitig besteht. Die dadurch begründeten Missempfindungen des Klägers, die durch die neurologischen
Messungen des Dr. K. als axonale Schädigung objektiviert werden konnten, äußern sich glaubhaft und in ihrer Symptomatik typisch
als Taubheitsgefühl vom Ellenbogen ausstrahlend bis in die Finger mit Ruheschmerzen, die zu einer Dauermedikation geführt
haben, wie dies Dr. B. erfragt hat. Hiervon ausgehend ist die Teilschädigung jedenfalls zur Überzeugung des Senats ausreichend
und zutreffend mit einer Teil-MdE von 10 zu bewerten, was der Senat dem Gutachten des Dr. K. entnimmt, welches er ebenso wie
das SG für überzeugend erachtet, und dessen Richtigkeit durch das Gerichtsgutachten von Dr. B. bestätigt wird.
Das Gesamtbild aller Funktionseinschränkungen, die auf das Ereignis vom 18. Juli 2012 zurückzuführen sind, sind ab dem 1.
Mai 2015 bis aktuell mit einer Gesamt-MdE von 25 v. H. zu bewerten und gehen daher über die von der Beklagten getroffenen
Feststellungen hinaus. Dieses ist im Ganzen zu würdigen, wobei die einzelnen Teil-MdE nicht schematisch zusammengerechnet
werden dürfen. Entscheidend ist eine integrierende Gesamtschau der Gesamteinwirkungen aller Funktionseinschränkungen auf die
Erwerbsfähigkeit (vgl. BSG, Urteile vom 15. März 1979 - 9 RVs 6/77 -, BSGE 48, 82 und vom 13. Februar 2013 - B 2 U 25/11 R -, [...], Rz. 24 m. w. N.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 131 f.). Danach ergibt sich aus den Teil-MdE von 20
v. H. wegen der Funktionsstörungen auf orthopädisch-unfallchirurgischem und von 10 v. H. ob des neurologischen Fachgebietes
eine Gesamt-MdE von 25 v. H.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 23. März 2016 zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf den §§
183,
193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG), insbesondere ist die grundsätzliche Frage, ob ein Gericht auch bei einer Abweichung von nur 5 v. H. der Einschätzung der
Verwaltung folgen muss, nicht tragend für die Entscheidung gewesen.