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LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.03.2017 - 6 U 2131/16
Kein Anspruch auf Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Zweifeln an der betrieblichen Veranlassung einer Geschäftsreise in das Ausland Anforderungen an das Vorliegen eines versicherten Heimwegs beim plötzlichen Verlassen von Geschäftsverhandlungen
1. Reist ein handlungsbevollmächtigter Beschäftigter eines Unternehmens der Photovoltaik-Branche ins Ausland, um dort - außerhalb des handelsrechtlichen Geschäftszwecks des Unternehmens - eine Kaufoption für einen Pkw der Luxusklasse zu veräußern, die seinem Unternehmen allein wegen seiner privaten Kontakte zugeteilt worden ist, so begründen diese Umstände Zweifel daran, dass die Reise betrieblich veranlasst ist.
2. Verlässt ein Beschäftigter ein Lokal, in dem Geschäftsverhandlungen geführt worden sind, geschieht dies jedoch plötzlich und ohne Verabschiedung von seinem Verhandlungspartner und anderen Gästen und unter Zurücklassen privater Gegenstände in dem Lokal, so spricht dies dagegen, dass der Beschäftigte zu einem - versicherten - Heimweg im Sinne von § 8 Abs. 2 SGB VII aufgebrochen ist.
3. Kehrt ein Beschäftigter auf einem eventuell bereits begonnenen Heimweg um und versucht er, wieder an den Ort der geschäftlichen Verrichtung zu gelangen, so besteht kein Unfallversicherungsschutz, wenn nicht aufgeklärt werden kann, dass diese Umkehr geschäftlichen Gründen geschuldet ist.
1. Allgemein für Arbeitsunfälle gilt, dass bei einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigten Verrichtungen im Rahmen des dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses Teil der versicherten Tätigkeit sind und mit ihr im erforderlichen sachlichen Zusammenhang stehen.
2. Weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind, sind jedoch nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte versichert; typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen wie zum Beispiel Essen oder eigenwirtschaftliche Tätigkeiten wie zum Beispiel Einkaufen.
3. Unter Umständen können die Wege an den Ort dieser Verrichtungen allerdings Versicherungsschutz genießen.
4. Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zum Zeitpunkt des Unfalls ist, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsverhältnis dienende Verrichtung ausüben wollte und ob diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird.
5. Jedoch gewährt die Rechtsprechung einem Versicherten bei einer Dienst- oder Geschäftsreise einen etwas weiter reichenden Schutz als bei Verrichtungen an der üblichen Betriebsstätte; ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit kann nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dadurch begründet werden, dass der Reisende gezwungen ist, sich bei seiner privaten Lebensgestaltung am Aufenthaltsort Risiken auszusetzen, die ihm während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären.
Normenkette:
SGB IV § 7 Abs. 1
,
SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 1
,
SGB VII § 8 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Heilbronn 14.04.2016 S 6 U 4321/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. April 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

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