Vergütung von Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren, Bemessung nach der GOÄ
Gründe:
I. In dem am Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit W. B. gegen BG Bau mit Aktenzeichen
L 2 U 184/07 ist Prof.Dr.K. mit Beweisanordnung des BayLSG vom 06.10.2008 gemäß §
109 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zum ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Prof.Dr.K. hat telefonisch vorab darauf aufmerksam gemacht, dass eine elektro-
bzw. neurophysiologische Zusatzuntersuchung erforderlich sei. Diese ist von Seiten des BayLSG genehmigt worden.
Das neurologische Gutachten des Prof.Dr.K. vom 15.02.2008 (richtig: 15.02.2009) ist zusammen mit den Akten und dem neurophysiologischen
Zusatzgutachten des Antragstellers vom 15.11.2008 am 05.03.2009 beim BayLSG eingegangen.
Der Antragsteller hat mit Rechnung vom 03.03.2009 (Rechnungs-Nummer 65500125/1050002) insgesamt 307,32 EUR geltend gemacht,
die sich wie folgt aufschlüsselten:
Ausarbeitung des wissenschaftlich begründeten Gutachtens
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85,00 EUR
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Diktat und Korrektur
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85,00 EUR
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Schreibgebühren
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11,25 EUR
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GOÄ 839
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40,80 EUR
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GOÄ 832
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9,21 EUR
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GOÄ 840
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40,80 EUR
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GOÄ 828
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35,26 EUR
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307,32 EUR
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Die Kostenbeamtin des BayLSG hat den vorstehend bezeichneten Rechnungsbetrag in Höhe von 307,32 EUR zur Zahlung angewiesen.
- Im Rahmen einer Überprüfung ist dem Kostenbeamten des BayLSG aufgefallen, dass dem Antragsteller nur 180,48 EUR zugestanden
hätten. Entsprechend der Nachricht des Kostenbeamten vom 17.06.2009 ist der Antragsteller gebeten worden, 126,84 EUR zu erstatten.
Vom BayLSG sei die Durchführung einer elektrophysiologischen Zusatzuntersuchung genehmigt worden, nicht aber ein Zusatzgutachten
eines weiteren Sachverständigen. Bei der sechsseitigen Befundung vom 19.11.2008 liege auch kein Zusatzgutachten vor, weil
nicht die vom Gericht gestellten Beweisfragen nach medizinischer Diskussion etc. beantwortet worden seien, sondern nur die
erhobenen Befunde einer Zusatzuntersuchung schriftlich niedergelegt worden seien. In Berücksichtigung der Sätze des DKG-NT
(Vollkosten), die berücksichtigungsfähigen GOÄ-Nummern 839, 840 und 828 sowie die Schreibgebühren hätten nur 180,48 EUR zugestanden.
Der Antragsteller hat mit Nachricht vom 23.06.2009 erwidert, dass übliche elektrophysiologische Zusatzuntersuchungen im Rahmen
eines fachneurologischen Gutachtens prinzipiell nicht genehmigungspflichtig seien, da sie einen Teil der neurologischen Untersuchung
darstellen würden. Wegen des zu erwartenden komplexen elektrophysiologischen Befundes sei vom Hauptgutachter auf Grund der
notwendigen speziellen Expertise um die Anfertigung eines elektrophysiologischen Zusatzgutachtens gebeten worden. Somit sei
am 15.02.2008 telefonisch nicht um die Genehmigung einer in der neurologischen Untersuchung üblichen elektrophysiologischen
Zusatzuntersuchung angefragt worden, sondern um die Genehmigung eines elektrophysiologischen Zusatzgutachtens, welches dann
nach entsprechender Zusage erstellt worden sei. - Der Hauptgutachter habe das Zusatzgutachten veranlasst, um das Vorhandensein
und den Ausprägungsgrad unfallbedingter Nervenläsionen elektrophysiologisch zu objektivieren, um dann im Hauptgutachten die
gestellten Fragen beantworten zu können. Diesem Auftrag sei in dem Zusatzgutachten vom 19.11.2008 komplett nachgekommen worden.
Die Befunde der durchgeführten elektrophysiologischen Zusatzdiagnostik seien in einer zusammenfassenden Beurteilung bezüglich
der vom Hauptgutachter gewünschten Fragestellung bewertet worden, sodass alle Aufwendungen für ein Zusatzgutachten erbracht
worden seien. - Die GOÄ Nr.832, die bekannt obsolet sei, habe man in der Rechnung statt der korrekteren GOÄ Nr.836c und 836d aufgeführt, nachdem man vom Sozialgericht Bayreuth in dem Verfahren S 10 SF 22/08 entsprechend darauf hingewiesen worden sei. Danach sei für die Verwendung der Analogziffern 836c und 836d kein Raum.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat den Vorgang dem 15. Senat des BayLSG als Kostensenat vorgelegt.
Von Seiten des 15. Senats des BayLSG sind die Unfallstreitakten des 2. Senats beigezogen worden.
II. Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs.1 JVEG durch gerichtlichen
Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie wie hier
für angemessen hält, weil der Überempfang in Höhe von 126,84 EUR zu erstatten ist.
Entgegen den Ausführungen des Antragstellers kann das erwähnte Telefonat nicht am 15.02.2008 stattgefunden haben, weil die
Beweisanordnung nach §
109 SGG erst am 06.10.2008 ergangen ist. Aktenkundig hat ein entsprechendes Gespräch am 18.11.2008 stattgefunden. Nach der Gesprächsnotiz
hat Prof.Dr.K. jedoch nur um Genehmigung einer elektrophysiologischen Zusatzuntersuchung gebeten und nicht um eine Zusatzbegutachtung.
Entsprechend dieser Gesprächsnotiz ist auch nur eine Zusatzuntersuchung genehmigt worden.
Unabhängig davon handelt es sich bei dem neurophysiologischen Zusatzgutachten des Antragstellers vom 19.11.2008 nicht um ein
Gutachten in Hinblick auf die Beweisfragen des BayLSG vom 06.10.2008 zu den Folgen des Arbeitsunfalles des Klägers vom 07.10.1986.
Die Beantwortung der Beweisfragen des BayLSG ist vielmehr im Rahmen des neurologischen Gutachtens des Prof.Dr.K. vom 15.02.2009
erfolgt. Hierbei hat sich der Hauptgutachter unter anderem auf das neurophysiologische Zusatzgutachten des Antragstellers
vom 19.11.2008 gestützt.
Das sechs Seiten umfassende neurophysiologische Zusatzgutachten enthält die anamnestischen Angaben des Klägers und dessen
Befund, gibt im Folgenden die durchgeführten Elektroneurografien, motorischen Neurografien, den H-Reflex, die sensiblen Neurografien,
Elektromyografien und somato-sensorisch evozierten Potenziale wieder und enthält abschließend eine zusammenfassende Beurteilung.
Der Antragsteller ist aber nicht der gerichtlich bestellte Sachverständige, dessen Honorar sich nach der Anlage zu § 9 Abs.1
JVEG bemisst. Er kann somit kein Honorar nach der Honorargruppe M3 in Höhe von 85,00 EUR für eine Stunde fordern. Als "Hilfskraft"
des Sachverständigen im Sinne von § 12 Abs.1 Satz 2 Nr.1 JVEG sind jedoch seine Aufwendungen gesondert zu ersetzen.
In ständiger Rechtsprechung des 15. Senats des BayLSG als Kostensenats ist es angemessen, die von dem Antragsteller erbrachten
Leistungen nicht nach der GOÄ, sondern nach den höheren Vollkosten nach dem DKG-NT (Spalte 7) zu vergüten, soweit von Seiten der Krankenhausverwaltung
Sachkosten nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die jeweils erbrachte Leistung
auch nach der GOÄ bzw. dem DKG-NT abrechungsfähig ist.
Die diskutierten Ziffern 836c und 836d stehen als Vergütungsgrundlage zweifelsfrei nicht zur Verfügung. Der Antragsteller
kann sich dennoch nicht auf die Entscheidung des Sozialgerichts Bayreuth im Verfahren S 10 SF 22/08 stützen, wenn dort stattdessen die Ziffer 832 als erstattungsfähig angesehen worden ist. Denn nach dem führenden Kommentar
zur GOÄ von Brück ist die Ziffer 832 obsolet, wie auch dem Antragsteller selbst bekannt. Mit anderen Worten: Die Ziffern 823, 836c
und 836d stehen als Abrechnungsgrundlage nicht zur Verfügung.
Vergütungsfähig sind somit die Ziffern 828 mit 51,97 EUR, 839 mit 60,13 EUR sowie 840 mit 60,13 EUR. Zuzüglich der unstreitigen
Schreibkosten in Höhe von 8,25 EUR ergibt sich eine Gesamtvergütung in Höhe von 180,48 EUR. In Berücksichtigung der bereits
angewiesenen 307,32 EUR beträgt der Überempfang des Antragstellers 126,84 EUR.
Das BayLSG hat hierüber gemäß § 4 Abs.7 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist gemäß §
177 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§
4 Abs.8 JVEG).