Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für die Folgen eines Arbeitsunfalls Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung hat.
Der 1962 geborene Kläger, von Beruf Maurer, erlitt am 06. März 2001 eine Verletzung des linken Auges, deretwegen sich der
Kläger bis zum 14. März 2001 in stationärer Behandlung befand. Mit der Diagnose eines "gering gereizten Auges, Hornhaut mit
Naht adaptiert, Pupille normal weit, Vorderkammer sauber, temporal oben Zonulolyse (Lösung der Fasern des Aufhängungsapparates
der Augenlinse) mit Glaskörperprolaps, Linse links klar" bei einem unkorrigierten Visus des linkes Auges von 0,6 (rechtes
Auge 1,0) wurde er in die ambulante Behandlung entlassen, die in der Folge der Augenarzt Dr. med. T durchführte.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 2001 lehnte die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 06.
März 2001 ab. Als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: "Vermindertes Sehvermögen des linken Auges, Pupillenspaltbildung
nach oben und leichte Linseneintrübung nach durchbohrender Hornhaut-Linsen-Verletzung am linken Auge."
Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers (vom 07. November 2001) holte die Beklagte einen weiteren Zwischenbericht
von Dr. med. T (vom 12. November 2001) sowie ein augenärztliches Gutachten der Dres. med. T und H ein. Im Ergebnis ihres schriftlichen
Gutachtens vom 17. Januar 2002 stellten die Ärztinnen nach ambulanter Untersuchung des Klägers als Diagnosen am linken Auge
eine Hornhautnarbe, sekundäre Augendruckerhöhung (Sekundärglaukom), Linsenschlottern, beginnender grauer Star und eine unfallbedingt
erweiterte Pupille als Folgen einer penetrierenden Augenverletzung fest. Infolge der Herabsetzung der Sehschärfe des linken
Auges auf 0,5 bei voller Sehschärfe des rechten Auges betrage die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entsprechend den Empfehlungen
der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) 5 Prozent.
Daraufhin wies die Beklagte - nach Eingang eines weiteren Behandlungsberichtes von Dr. med. T(vom 18. Februar 2002) - mit
Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2002 den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit dem am 27. März 2002 beim Sozialgericht Potsdam (SG) eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben und sein Begehren auf Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung weiterverfolgt.
Er hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2002 aufzuheben
und die Beklagte zur Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu verurteilen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil des SG vom 29. Januar 2004 ist die Klage im Wesentlichen unter Bezugnahme auf das von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholte
Gutachten abgewiesen worden.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12. März 2004 zugestellte Urteil hat dieser am 08. April 2004 Berufung
beim damaligen Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Zur Begründung der Berufung ist ein Attest der Augenärztin
Dr. med. R vorgelegt sowie im weiteren Verlauf des Verfahrens vorgetragen worden, dass die Lichtempfindlichkeit des Klägers
insbesondere bei heller Sonneneinstrahlung derart stark sei, dass er immer wieder Probleme mit dem linken Auge habe. Die Reizung
des linken Auges sei ständig spürbar. Die vom Kläger nunmehr getragene Brille sei für seine Lichtempfindlichkeit kein vollständiger
Ausgleich, insbesondere auch nicht bei wechselnden Lichtverhältnissen. Darüber hinaus sei der Kläger auf Augentropfen angewiesen
und bei Staubentwicklung trotz der Augentropfen in seiner ohnehin herabgesetzten Sehfähigkeit erheblich eingeschränkt. Das
Auge schwelle hin und wieder auch stark an. Eine Verschlechterung des Sichtfeldes des linken Auges sei ebenfalls eingetreten.
Das vom Landessozialgericht eingeholte augenärztliche Gutachten sei unverwertbar.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte, die das erstinstanzliche Urteil für richtig hält, mit Bescheid vom 14. Mai
2004 einen Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 29. Januar 2004 nach Vorlage und Bewertung eines Augenarztberichtes von
Dr. med. R(vom 13. Februar 2004) abgelehnt: Der Anspruch auf Rente bestehe weiterhin nicht. Als Folgen des Versicherungsfalls
lägen vor: Nach durchbohrender Hornhaut-Linsen-Verletzung am linken Auge: vermindertes Sehvermögen, sekundäre Augendruckerhöhung,
leichte Linsentrübung, Erweiterung der Pupille und beginnender grauer Star.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. Januar 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2001 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2002 sowie den Bescheid vom 14. Mai 2004 teilweise aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 14. Mai 2004 abzuweisen.
Im Berufungsverfahren ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines Befundberichts (vom 15. Juli 2004) der Augenärztin Dr.
med. R sowie durch Beiziehung ihrer Krankenkartei über den Kläger, eines Kernspintomografiebefundes des Schädels des Klägers
(Facharzt für Radiologie Dr. med. T vom 11. Juni 2004) sowie Einholung eines augenärztliches Sachverständigengutachtens von
Dr. med. V. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 29. Dezember 2004 nach ambulanter
Untersuchung des Klägers als Verletzungsfolgen eine Minderung der Sehschärfe am linken Auge auf 0,4 durch eine geringfügig
irreguläre Hornhautvernarbung und Linsenverkrümmung nach teilweiser Linsenlockerung, eine Pupillenverziehung nach 12.00 Uhr
bis 03.00 Uhr und eine Destruktion des Glaskörpers mit partieller Verlagerung des Glaskörpers in die Vorderkammer festgestellt.
Die beschriebenen Verletzungsfolgen seien als Unfallfolgen anerkannt und rechtfertigten eine MdE von 5 v. H. "Indirekte" Unfallfolgen
seien eine Verkrümmung im optischen System und der Akkommodationsverlust der Augenlinse sowie die Einschränkung des Pupillenspiels,
die keine Erhöhung der MdE bedingten, da sie durch einen Brillenausgleich (Trifokal- oder Gleitsichtgläser) korrigierbar seien.
Mit ergänzender Stellungnahme vom 11. März 2005 hat der Sachverständige ausgeführt, dass phototrope Augengläser eine kurzzeitige
Umstellung der Tönungsstufen bei Lichteinfall oder bei plötzlichem Dunkeleintritt erforderten. Dies werde von blendungsempfindlichen
Personen mit einer Vielzahl von Augenerkrankungen problemlos toleriert; es bestehe ferner die Möglichkeit einer permanenten
Gläsertönung von ca. 50 Prozent, die auch im Straßenverkehr zugelassen sei.
Auf weitere Nachfrage durch das Gericht hat der Sachverständige unter dem 19. September 2009 die MdE mit näherer Begründung
weiterhin mit 5 v. H. angegeben.
Nachdem der Kläger eine "erhebliche" Verschlechterung des Sichtfeldes des linken Auges geltend gemacht hatte, ist ein Auszug
aus der Patientenakte der Augenärztin Dr. med. R bei gezogen worden. Dr. med. V hat den Kläger erneut untersucht und unter
dem 20. März 2010 ein weiteres schriftliches augenärztliches Sachverständigengutachten vorgelegt. Im Ergebnis hat er mitgeteilt,
dass eine wesentliche Änderung der Befunde im Vergleich zu seiner Untersuchung des Klägers vom November 2004 nicht festzustellen
sei. Hinzugetreten sei ein Augeninnendruckanstieg am linken Auge, der medikamentös durch lokale Augentropfen gesenkt werden
sollte. Die MdE betrage bei der vorliegenden Sehschärfe von rechts 0,8 und links 0,25 für die Ferne, 0,40 für die Nähe und
unter Berücksichtigung der Pupillenspaltbildung nach oben, einer leichten Linseneintrübung, der Erweiterung der Pupille und
der sekundären Augeninnendruckerhöhung und des beginnenden grauen Stars, der der leichten Linseneintrübung entspreche, nach
wie vor 10 v. H. Die geringfügige nasale Gesichtsfeldeinengung des linken Auges finde dabei keine Berücksichtigung. Unter
dem 07. Mai 2010 hat er - nach erfolgter Stellungnahme des Klägers - ergänzend ausgeführt, dass selbst dann, wenn für die
Sehschärfe links allein der Fernwert von 0,25 zugrunde gelegt werde, die MdE weiterhin 10 v H. betrage.
Mit Beschlüssen vom 26. Mai 2006 und 16. Juni 2010 hat der Senat Ablehnungsgesuche des Klägers wegen Besorgnis der Befangenheit
des Sachverständigen Dr. V abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte
und der bei gezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Az. 4/03913/01-4), die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28. Februar 2002 ist ebenso rechtmäßig wie der Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2004, der im Wege der Klage nach §§
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), 96 Abs.
1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung zum Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf Gewährung von Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06. März 2001.
Anspruchsgrundlage ist §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII. Danach besteht ein Anspruch auf Rente dann, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten als Folge des Arbeitsunfalls über
die 26. Woche nach seinem Eintritt hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist.
Aufgrund der insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheide der Beklagten vom 26. Oktober 2001 und 14. Mai 2004 steht fest,
dass der Kläger am 06. März 2001 als Versicherter einen Arbeitsunfall nach §
8 Abs.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) erlitten hat, der zumindest die in den Bescheiden bezeichneten Unfallverletzungsfolgen verursacht hat. Allerdings rechtfertigen
die Folgen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.
Die MdE richtet sich gemäß §
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten
Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens. Die Bemessung des Grades der MdE ist nach der ständigen Rechtsprechung
des BSG, der der erkennende Senat folgt, eine tatsächliche Feststellung, die das Gericht gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. BSGE 4, 147, 149 zum insoweit inhaltsgleichen § 581 Abs. 1
Reichsversicherungsordnung). Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Folgen des Unfalls
beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Hierbei sind aber auch die zumeist in jahrzehntelanger
Entwicklung von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischem Schrifttum herausgearbeiteten
allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage
für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden und einem ständigen
Wandel unterliegen (vgl. BSG, SozR 2200 § 581 Nr. 23 und 27; BSGE SozR 3-2200 § 581 Nr. 5 und 8). In der gesetzlichen Unfallversicherung
haben sich im Laufe der Zeit auch für die Beurteilung von Unfallfolgen auf augenärztlichem Fachgebiet für die Schätzung der
MdE Erfahrungswerte herausgebildet, die als Anhaltspunkte für die MdE-Einschätzung im Einzelfall dienen (vgl. hier Schönberger/Mehrtens/Valentin:
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 381 ff., 8. Auflage 2010, S. 291 ff; siehe auch Kranig in Hauck/Noftz,
Sozialgesetzbuch,
SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar §
56 Rz. 56). Nach diesen von der DOG, dem Berufsverband der Augenärzte in Deutschland, und dem Hauptverband der gewerblichen
Berufsgenossenschaften herausgegebenen allgemeinen Erfahrungssätzen zur Beurteilung der MdE durch Schäden des Sehvermögens
(HVBG Rundschreiben VB Nr. 29/94, vgl. zur Anwendbarkeit BSG, Urteil vom 27. Mai 1986, 2 RU 20/85, veröffentlicht in juris), richtet sich die MdE vornehmlich nach dem Ausmaß der Sehschädigung (Sehschärfe, Gesichtsfeldausfälle,
Gesichtsfeldeinengungen, Linsenlosigkeit, Linsenverlust eines Auges, Störungen des Binokularsehens, vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
7. Auflage, Tabellen S. 382 bis 386, 388; inhaltlich unverändert in der 8. Auflage S. 292 bis 298). Darüber hinaus gibt es
Schätzungen der MdE bei anderen Minderungen des Sehvermögens (z.B. entstellende Verletzungen der Lider, vgl. Katalog bei Schönberger/Mehrtens/Valentin,
7. Auflage, S. 389; inhaltlich unverändert in der 8. Auflage S. 299). Darüber liegende MdE-Werte kommen in Betracht, wenn
zusätzlich erhebliche Beschwerden vorliegen (Reizerscheinungen, Kopfschmerz; vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, 7. Auflage,
S. 381; inhaltlich unverändert in der 8. Auflage S. 292).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§
128 Abs.
1 Satz 1
SGG) eine MdE um mindestens 20 v. H. für die Verletzungsfolgen am linken Auge des Klägers nicht gerechtfertigt. Die anerkannten
Unfallfolgen rechtfertigen eine MdE von 20 v. H. nicht und über die anerkannten Gesundheitsstörungen hinaus sind keine feststellbar.
Als Unfallverletzungsfolgen am linken Auge des Klägers nach durchbohrender Hornhaut-Linsen-Verletzung sind von der Beklagten
mit Bescheid vom 26. Oktober 2001 sowie mit Bescheid vom 14. Mai 2004 als Unfallverletzungsfolgen festgestellt worden: vermindertes
Sehvermögen, sekundäre Augendruckerhöhung, leichte Linseneintrübung Pupillenspaltbildung/Erweiterung der Pupille nach oben,
beginnender grauer Star. Damit sind die auf den Unfall zurück zu führenden Verletzungsfolgen nach dem Gutachten der Dres.
med. T und H im Verwaltungsverfahren sowie den Sachverständigengutachten von Dr. med. V im Berufungsverfahren auch vollständig
erfasst. Diese Ärzte haben ebenfalls eine Hornhautvernarbung, eine Linsenverkrümmung, eine Linsenlockerung/Linsenschlottern
(abnorme Beweglichkeit der Linse durch eine Verletzung oder Erschlaffung der Zonulafasern im Auge) und - als Folge der Linsenverkrümmung
und Linsenlockerung/des Linsenschlotterns - einen Akkommodationsverlust der Augenlinse, der für die Herabsetzung der Sehschärfe
des linken Auges verantwortlich ist und den die Beklagte mit dem "verminderten Sehvermögen des linken Auges" - als den partiellen
Funktionsverlust bezeichnend - anerkannt hat, eine erweiterte Pupille/Pupillenverziehung sowie eine sekundäre Erhöhung des
Augeninnendrucks (Sekundärglaukom) festgestellt. Was die anerkannte "leichte Linseneintrübung" betrifft, die dem beginnenden
Grauen Star entspricht (S. 5 des Sachverständigengutachtens Dr. med. V vom 20. März 2010), hat Dr. med. V diese zwar als Befund
am linken Auge nicht festgestellt (vgl. S. 3 seines Sachverständigengutachtens vom 29. Dezember 2004, S. 4 seines Sachverständigengutachtens
vom 20. März 2010; S. 1 seiner Stellungnahme vom 07. mai 2010: "..keine zentralen Trübungen der Augenlinse..."; anders S.
2 des Gutachtens Dres. med. T und H), aber bei seiner Bewertung der MdE mit gewürdigt (S. 5 seines Sachverständigengutachtens
vom 20. März 2010).
Nach der für die Bewertung des Ausmaßes der Sehschärfe einschlägigen "Sehschärfentabelle 1981" (Schönberger/Mehrtens/Valentin,
7. Auflage S. 382, in der 8. Auflage S. 292 unverändert) lässt sich nach dem Ergebnis der Beweiserhebung eine MdE um20 v.H.
nicht feststellen, wie insbesondere der Sachverständige Dr. med. V festgestellt hat. Der Senat folgt dieser Beurteilung.
Eine MdE mit einem Wert von 20 v.H. ist nach der "Sehschärfentabelle 1981" bei einer Visusminderung auf dem stärkeren Auge
von 0,8 erst dann einzuschätzen, wenn der nach Korrektur (Prüfung mit Gläsern nach DIN 58220) verbleibende Visus auf dem schlechteren
Auge kleiner gleich 0,16 ist. Dies ist hier zweifelsfrei nicht der Fall.
Selbst bei dem schlechtesten Wert für die Sehstärke des rechten Auges des Klägers, den Dr. med. V in seinen Sachverständigengutachten
vom 29. Dezember 2004 und 20. März 2010 mit 0,8 - Sehschärfe Ferne - bzw. 1,0 - Sehschärfe Nähe - gemessen und seiner Beurteilung
der MdE auch zugrunde gelegt hat, ergibt sich keine MdE von 20. v H. Denn für das verletzte linke Auge hat Dr. med. V als
schlechtesten Wert für die Sehschärfe einen solchen zwischen 0,25 und 0,4 gemessen und seiner Beurteilung auch zugrunde gelegt.
Bei einer Sehschärfe von 0,8 für das rechte Auge und von 0,25 bis 0,4 für das linke Auge ergibt sich nach der "Sehschärfentabelle
1981" lediglich die von Dr. med. V ermittelte MdE um 10 v. H.
Die anderen aktenkundigenen Werte für die Sehschärfe des linken Auges liegen sogar noch höher: Zwischenbericht Dr. med. T
vom 17. September 2001: 0,6, nach seinem Behandlungsbericht vom 12. November 2001: 0,6 bis teilweise 0,8; Befund im Arztbrief
des WKrankenhauses Klinik für Augenheilkunde vom 05. November 2001: 0,6; Gutachten Dres. med. T/H vom 17. Januar 2002, S.
2: 0,5; Augenarztbericht Dr. med. R vom 13. Februar 2004: 0,5. Nach der Patientenkartei von Dr. med. Re ergibt sich für die
Zeit seit Dezember 2006 bis Juni 2009 durchgehend ein Wert von 0,6 nach Werten zuvor von größer gleich 0,6.
Insoweit kommt es auf die Frage, ob die Sehschärfe für das linke Auge nicht mit dem Wert von 0,25, sondern mit dem Wert von
0,4 nachgewiesen ist, wobei Dr. med. V für die bei der Anwendung der "Sehschärfentabelle 1981" zu berücksichtigende best korrigierte
Sehschärfe für das linke Auge den Wert eher bei 0,4 (dieser Wert war vom Sachverständigen in dem Gutachten vom 29. Dezember
2010, S. 3, gemessen worden) sieht, nicht an, mag auch dieser Wert nach Auffassung von Dr. med. V durch die Messung der retinalen
(Netzhaut) Sehschärfe links (0,32 ausweislich S. 3 des Sachverständigengutachtens Dr. med. V vom 20. März 2010) erhärtet werden
(S. 2 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 07. Mai 2010). Unerheblich ist von daher auch, dass nach den vorliegenden medizinischen
Unterlagen der Visus des Klägers auf dem rechten (unverletzten) Auge seit dem Ende der 26. Woche nach dem Arbeitsunfall (06.
September 2001) durchgehend mindestens mit 1,0 betragen hat (vgl. Zwischenbericht Dr. med. T vom 17. September 2001: 1,0;
Behandlungsbericht Dr. med. T vom 12. November 2001: 1,0; augenärztliches Gutachten Dres. med. T/H vom 17. Januar 2002, S.
2: 1,25, ebenso Augenarztbericht Dr. med. R vom 13. Februar 2004; Patientenkartei Dr. med. Renke).
Eine Erhöhung der MdE kommt nach den gutachtlichen Ausführungen von Dr. med. V, denen der Senat folgt, weil sie nachvollziehbar
dem Stand des bereits benannten versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttums entsprechen, nicht in
Betracht.
Was die beim Kläger vorliegende dauerhafte Pupillenerweiterung des linken Auges betrifft, hat Dr. med. V festgestellt, dass
diese zwar zu einer subjektiven Blendungsempfindlichkeit führen kann, diese aber durch die Benutzung phototroper Gläser bzw.
Gläser mit permanenter Tönung ausgeglichen werden kann (S. 2 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. März 2005). Eine solche
Brille ist dem Kläger auch ausweislich des Auszuges aus der Patientenakte von Dr. med. R am 23. Juni 2006 verordnet worden.
Eine erhöhte Blendempfindlichkeit, ein Verlust des räumlichen Sehens, aphakie-bedingte Gesichtsfeldseinschränkungen und Ähnliches
sind generell bereits in die Werte der "Sehschärfentabelle 1981" eingearbeitet und daher grundsätzlich nicht gesondert zu
bewerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, 7. Auflage S. 383, unverändert Seite 293 der 8. Auflage). Anders wäre es, worauf
Dr. med. V ausdrücklich hingewiesen hat (S. 2 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Mai 2010), wenn eine dauerhafte Pupillenerweiterung
des gesunden Auges vorläge. In diesem Fall käme, worauf Dr. med. V hingewiesen hat, nach Nr. 5 der "Zusätzlichen Empfehlungen
der Bielschowsky-Gesellschaft zur MdE bei Störungen des Binokularsehens" (abgedruckt bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, 7.
Auflage S. 388, unverändert 8. Auflage S. 298) eine Erhöhung der MdE um 5 v. H. in Betracht. Wegen der vollständigen Funktionsfähigkeit
des rechten Auges des Klägers, das insoweit auch die Führung beim Sehen übernimmt (Führungsauge), ist eine MdE-Erhöhung insoweit
ausgeschlossen, wie Dr. med. V in der Stellungnahme vom 19. September 2009 ausgeführt hat.
Hinsichtlich der von der Beklagten anerkannten "leichten Linsentrübung" hat Dr. med. V nachvollziehbar festgestellt, dass
diese im Sinne eines beginnenden Grauen Stars, der der leichten Linseneintrübung entspricht, nicht zu einer Erhöhung der MdE
führt. Denn sie wirkt sich nicht aus, da eine "sehschärfenwirksame Linsentrübung, insbesondere in der optischen Achse" nicht
erkennbar gewesen ist.
Dasselbe gilt für die anerkannte "sekundäre Augendruckerhöhung". Es kann dahinstehen, ob es sich insoweit um eine Unfallverletzungsfolge
im Sinne der Entstehung oder Verschlechterung handelt; denn die Krankheit "Glaukom" bedingt für sich keine MdE, erst recht
nicht unter dem Gesichtspunkt eines latenten Risikos für den Betroffenen. Eine Beeinträchtigung für das allgemeine Arbeitsleben
resultiert bei lediglich leicht erhöhten Werte von 23 mm Hg mit lediglich geringfügig nasalen Gesichtsfeldseinengung des linken
Auges daraus nicht, wie den Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. V zu entnehmen ist. Eine Senkung des Augeninnendrucks
kann beim Kläger medikamentös durch lokale Augentropfen erreicht werden.
Die beim Kläger am linken Auge verbliebene Hornhautnarbe wird weder vom Kläger noch den den Kläger behandelt oder begutachtet
habenden Ärzten als entstellend geschildert. Weitere, äußerlich in Erscheinung tretende Veränderungen, wie Beweglichkeitseinschränkungen
des Auges (Schielstellung), Ptosis (Lidsenkung), entstellende Narben der Lider und Augenbrauen, liegen nicht vor.
Ein chronischer Reizzustand des linken Auges des Klägers, der möglicherweise als zusätzliche Komplikation bei der MdE zu beachten
wäre, ist weder anerkannt noch nachgewiesen. Weder die Gutachterinnen im Verwaltungsverfahren noch der Sachverständige Dr.
med. V und auch nicht die behandelnde Augenärztin des Klägers haben einen solchen Befund erhoben. Vielmehr ergibt sich aus
den Untersuchungsbefunden im Gutachten Dres. med. T und H ebenso wie aus den im Sachverständigengutachten von Dr. med. V sowohl
für das rechte als auch für das verletzte linke Auge eine Reizfreiheit des jeweiligen Lides bzw. der Bindehaut. Darüber hinaus
hat der Sachverständige Dr. med. V auch zur Iris des Klägers einen "reizfreien" Befund erhoben. Auch der den Kläger bis Februar
2004 behandelnde Augenarzt Dr. med. T hat in seinem letzten aktenkundigen Arztbericht, einem "ärztlichen Erstbericht" für
die private Unfallversicherung des Klägers von einem "Augapfel reizfrei" - bezogen auf das linke Auge - gesprochen. Soweit
der Prozessbevollmächtigte des Klägers angegeben hat, dass das linke Auge "hin und wieder" stark anschwelle, handelt es sich
schon nach dem Vorbringen nicht um einen chronischen Dauerzustand, der die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem gesamten Arbeitsmarkt
zusätzlich beeinträchtigt.
Eine erhöhte Staubempfindlichkeit des linken Auges des Klägers wird von keinem Augenarzt und auch nicht von der Gutachterin
im Verwaltungsverfahren bzw. Dr. med. V angegeben; Befunde, die eine solche Staubempfindlichkeit belegen könnten, sind nicht
genannt worden und auch sonst nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG) nicht vorliegen.