Gründe:
I. Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Veröffentlichung eines Transparenzberichtes
nach §
115 Abs
1a SGB XI.
Die Antragstellerin betreibt einen Pflegedienst und erbrachte im Oktober 2009 ambulante Pflegeleistungen für 109 Personen.
Der MDK führte bei der Antragstellerin am 22. Oktober 2009 eine Qualitätsprüfung durch. Es wurden dabei die Leistungen für
5 Pflegekunden überprüft. Am 17. November 2009 wurde der Antragstellerin auf elektronischem Wege im Auftrag der Antragsgegner
der auf Grundlage der MDK-Prüfung erstellte Transparenzbericht im Entwurf übermittelt.
Dabei erhielt die Antragstellerin folgende Bewertungen.
1.) Qualitätsbereich 1 pflegerische Leistungen
|
Note 5,0 mangelhaft
|
2.) Qualitätsbereich 2 ärztlich verordnete Leistungen
|
Note 2,3 gut
|
3.) Qualitätsbereich 3 Dienstleistung und Organisation
|
Note 1,0 sehr gut
|
4.) Gesamtergebnis
|
Note 3,2 befriedigend
|
5.) Befragung der Bewohner
|
Note 1,0 sehr gut.
|
Der Antragstellerin wurde weiter mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Transparenzbericht spätestens 28 Tage nach dem ersten
Entwurf zu veröffentlichen. Ihr wurde eingeräumt, dass sie einen Kommentar mit maximal 3000 Zeichen (incl. Leerzeichen) abgeben
könne.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung des Transparenzberichtes
in der vorliegenden Form. Insbesondere die Bewertungen für die Qualitätsbereich 1 und 2, aber auch die Gesamtnote seien unzutreffend.
Dies liege einerseits an der objektiven Falschbeantwortung von Einzelfragen und andererseits an der Fehlinterpretation der
Ausfüllanleitung durch die Prüfer. Durch die Veröffentlichung des fehlerhaften Transparenzberichts sei zumindest eine erhebliche
Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes der Antragstellerin zu befürchten und würde in die Berufsausübungsfreiheit unzulässig
eingegriffen.
Das Sozialgericht Potsdam hat durch Beschluss vom 23. Februar 2010 den Antragsgegnern untersagt, den Text des Transparenzberichtes
bis zum Ablauf des 31. März 2010 zu veröffentlichen, und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Bis Ende März 2010 könne die Antragsstellerin
mit den Antragsgegnern ein Klärung herbeizuführen und habe die Möglichkeit eine Wiederholungsprüfung nach §
114 Abs
5 SGB XI zu beantragen und durchführen zu lassen. Im Übrigen müsse sich aber die Antragstellerin eine Kritik an ihren Leistungen in
der Öffentlichkeit gefallen lassen. Sinn und Zweck des Verfahrens zur Veröffentlichung der Transparenzberichte sei die Information
der Verbraucher. Nur dann, wenn die Veröffentlichung des Transparenzberichtes unter Verstoß gegen das in §
115 Abs
1a SGB XI iVm der Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA) geregelte Verfahren erfolgen würde, läge eine Verletzung der Berufsausübungsfreiheit
vor. Die Wahrscheinlichkeit eines schwerwiegenden Verstoßes, wie offensichtliche oder bewusste Verzerrungen, die Behauptung
unwahrer Tatsachen oder willkürliches Vorgehen, sei vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Die Bewertung überschreite die Grenzen
der Beurteilungsfreiheit nicht. Die Antragstellerin habe auch hinreichend Gelegenheit, sich im Verfahren rechtliches Gehör
zu verschaffen und entsprechende Gegendarstellungen abzugeben.
Die Antragstellerin begründet ihre Beschwerde vom 11. März 2010 damit, dass eine substantiierte Auseinandersetzung mit den
belegten und glaubhaft gemachten Einwendungen durch die Antragsgegner nicht erfolgt und nicht beabsichtigt sei. Insoweit sei
das Recht auf rechtsfehlerfreie Bewertung und das Gebot inhaltlicher Richtigkeit bei wettbewerbserheblichen Informationen
verletzt. Zudem seien die Einzelbewertungen teilweise auf zu geringer Datenbasis (nur ein Patient) erfolgt, so dass kein objektives
Bild im Sinne einer Regelhaftigkeit der bewerteten Umstände wiedergegeben werde. Schließlich sei überhaupt fraglich, ob im
Hinblick auf den Zweck der Transparenzberichte, Bewertungen der Ergebnis- und Lebensqualität zu veröffentlichen, die erfolgten
Prüfungen verwertbar seien. Entsprechende Bewertungskriterien würden nicht vorliegen und bei der erfolgten Bewertung auch
nicht berücksichtigt. Die kritisierten Dokumentationsmängel rechtfertigten entgegen der tatsächlich erfolgten Leistungserbringung
keine schlechte Bewertungen und deren Veröffentlichung.
Die Antragstellerin beantragt
den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Februar 2010 aufzuheben und
den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Transparenzbericht
vom 17. November 2009 im Internet oder auf anderem Wege zu veröffentlichen.
Die Antragsgegner haben sich nicht geäußert.
II. Die Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft gemäß §
172 SGG. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die vom Sozialgericht gesetzte Frist zur Unterlassung einer Veröffentlichung des Transparenzberichtes
war wesentlich zu kurz.
Unzutreffend ist das Sozialgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, die Antragstellerin habe ihr einstweiliges Rechtsschutzbegehren
auf eine unbefristete, von einem Hauptsacheverfahren losgelöste Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Dies lässt sich bei
sachgerechter Auslegung dem Rechtsschutzbegehren nicht entnehmen und wurde inzwischen von der Antragstellerin auch in ihrem
Antrag klargestellt.
Im Hinblick auf den konkret gestellten Antrag hatte der Senat nur über die Unterlassung der Veröffentlichung des auf die Antragstellerin
bezogenen Transparenzberichtes zu entscheiden. Inwieweit die Veröffentlichung für andere Pflegedienste günstiger Transparenzberichte
von der Antragstellerin bei einem Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus Gründen der wettbewerblichen Fairness zu unterbleiben
hatte, ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht Streitgegenstand.
Rechtsgrundlage für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist §
86b Abs
2 Satz 1
SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr
besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt
oder wesentlich erschwert werden könnte. Die Voraussetzungen für die begehrte Anordnung liegen vor. Sie sind - bezogen auf
den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts - im Rahmen einer Gefahrenbeurteilung und Interessenabwägung
zu ermitteln. Nach zutreffender ständiger Rechtsprechung erscheint die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die
Verwirklichung eines Rechts des Betroffenen nötig, wenn die Rechtsverfolgung in der Sache erhebliche Erfolgsaussicht hat (Anordnungsanspruch)
und bei Abwägung der Interessen der Beteiligten die Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Regelung diejenigen der
anderen Beteiligten überwiegen und für ihre Realisierung ohne die Regelung erhebliche Gefahren, wesentliche Nachteile für
die Ausübung/Realisierung/Bewahrung von Rechten, drohen (Anordnungsgrund). Dabei sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund
umso höher, je geringer die Erfolgsaussicht ist; sie sind umso niedriger, je größer die Erfolgsaussichten sind. Ist unklar,
ob ein Anordnungsanspruch besteht, hat eine Folgenabwägung zu erfolgen. Eine solche verlangt, die Folgen abzuwägen, die eintreten
würden, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegen würde, gegenüber
den Nachteilen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren indes keinen
Erfolg hätte. Dabei sind insbesondere die möglichen Folgen für die Grundrechte des jeweiligen Antragstellers zu bedenken.
Dies ist auch im vorliegenden Fall zu beachten, weil die Antragstellerin sich hier gegen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit
(Art
12 Abs
1 GG) wendet, der durch eine unzutreffende öffentliche Bewertung von Marktangeboten der Antragstellerin durch Hoheitsträger und
entsprechende staatliche Marktsteuerung bewirkt werden kann.
Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund.
Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus dem Anspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegner, die Veröffentlichung des
auf ihren Betrieb bezogenen Transparenzberichtes zu unterlassen, weil die vorgenommenen Bewertungen fehlerhaft erscheinen
und verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner und des Sozialgerichts sind angesichts
der Grundrechtsbetroffenheit bei marktsteuernden Veröffentlichungen und auch angesichts der dabei bestehenden öffentlichen
Interessen keine großzügigen Maßstäbe bei der Forderung auf Richtigkeit der veröffentlichten Daten und Bewertungen anzulegen.
Es ist für die Zulässigkeit öffentlicher Bewertungen nicht ausreichend, dass keine groben Fehler oder Bewertungsmängel bzw
keine schwerwiegenden Verstöße gegen die rechtlichen Vorgaben vorliegen (aA LSG Sachsen Beschluss vom 24.02.2010, L 1 P 1/10 B ER JURIS-RdNr 54). Zum einen hat die Öffentlichkeit grundsätzlich Anspruch auf zutreffende Information. Dies gilt auch
wegen des öffentlichen Interesses an einer fairen Marktsituation. Zum anderen verlangt der Schutz des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit,
dass die veröffentlichten Daten und Bewertungen in einem dem Grundrecht angemessenen Verfahren und auf zutreffender Tatsachengrundlage
zustande kommen. Die Bewertungen selbst müssen aus den zugrunde liegenden Daten richtig abgeleitet werden. Dabei sind die
gesetzgeberischen Zwecke und Aspekte der Gleichbehandlung zwingend zu berücksichtigen. §
115 Abs
1a Satz 1
SGB XI sieht die Veröffentlichung der von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich
der Ergebnis- und Lebensqualität vor, sog Transparenzberichte. Ziel ist daher, die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen
insbesondere über das tatsächlich realisierte Leistungsangebot und dessen Qualität hinsichtlich der Pflegeergebnisse und der
Lebensqualität zu informieren.
Fraglich ist, inwieweit die PTVA diesen Vorgaben gerecht wird. Eine Bindung auch der einzelnen Pflegeeinrichtung an diese
Vereinbarung kann nur eintreten, soweit die Vereinbarung der gesetzlichen Ermächtigung und Zweckbestimmung entspricht. Zweifel
erheben sich insbesondere deswegen, weil die PTVA selbst einräumt, dass derzeit keine pflegewissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse
über valide Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität vorliegen, und weil die unterschiedslose äquivalente Gewichtung der
verschiedenen Bewertungskriterien massive Verzerrungen der Bewertungsergebnisse insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisqualität
erlaubt. Gerade im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz der Transparenzberichte nach §
115 Abs
1a Satz 1
SGB XI müssen bis zur Anerkennung entsprechender Indikatoren strenge Maßstäbe an das Bewertungsverfahren gestellt werden. Der Senat
lässt offen, inwieweit die PTVA eine geeignete Handlungsgrundlage für die Antragsgegner ist, weil schon wesentliche Vorgaben
der PTVA verletzt wurden. Der Umfang der Gültigkeit der PTVA muss in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Dies gilt auch
für die Frage, inwieweit den Antragsgegnern bzw dem MDK im Rahmen der Nach §
115 Abs
1a SGB XI vorzunehmenden Bewertungen Beurteilungsspielräume eröffnet sind.
Im vorliegenden Fall sind schon die Vorgaben der PTVA bei der Notenbildung missachtet worden. Die Notenbildung hinsichtlich
der Einzel- als auch hinsichtlich der Gesamtbewertung soll nach Ziff 2.2 Anl 2 PTVA durch Errechnung des jeweiligen arithmetischen
Mittels der Bewertungen der einzelnen Kriterien erfolgen. Eine Notenbildung aufgrund von vorherigen Punkt-/Skalenbewertungen
erfolgt nach den Vorgaben der Anlage 2 PTVA ausschließlich im Rahmen der Bewertung der Einzelkriterien und nicht erneut auf
Ebene der Qualitätsbereiche oder Gesamtbewertung. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil mit der von der Anlage 2 PTVA vorgesehenen
Notenbildung aufgrund vorheriger Punkt-/Skalenbewertungen eine von der Bildung des arithmetischen Mittels der Einzelnoten
deutliche Abweichung der Gewichtung erfolgt. Mangels anderer Bestimmungen in der PTVA muss deshalb die Notenbildung für die
Qualitätsbereiche und der Gesamtnote durch Errechnung des Notendurchschnitts erfolgen. Im Falle der Antragstellerin ist die
Notenbildung für den Qualitätsbereich 1 - pflegerische Leistungen rechnerisch falsch. Von zwölf Einzelkriterien wurden neun
mit der Einzelnote 5 und drei mit der Einzelnote 1 bewertet. Das arithmetische Mittel beträgt dann 4,0 und nicht 5,0. Allein,
dass hier in diesem besonders wichtigen Bereich die schlechteste Note veröffentlicht werden soll, die sich selbst nach der
Bewertungslage der Antragsgegner so nicht errechnen lässt, bedeutet einen schweren Fehler, der schon für sich dazu führen
muss, den Transparenzbericht nicht zu veröffentlichen. Insofern ist unbeachtlich, dass auch die Einzelnoten veröffentlicht
werden, weil vom Adressaten der Informationen erwartet wird, dass die Notenbildung rechnerisch korrekt ist und nicht individuell
nachvollzogen werden muss. Der kleingedruckte Hinweis, dass sich die Note aus "aus den Mittelwerten der Punktebewertung der
Einzelkriterien" ergibt, macht die Notenbildung gerade wieder intransparent und hat in der PTVA keine Grundlage. Ähnlich falsch
ist die Bewertung für den Qualitätsbereich 2 - Ärztlich verordnete pflegerische Leistungen: aus dreimal Note 1 und einmal
Note 5 errechnet sich die Note 2,0 und nicht 2,3. Entsprechend falsch ist die Gesamtnote, richtig wäre 2,5 bei den von den
Antragsgegnern vorgenommenen Einzelbewertungen.
Für den Qualitätsbereich 1 kommt hinzu, dass mit der Note 1 jeweils die Kriterien der Durchführung der Leistung zur Unterstützung
bei Ausscheidungen/Inkontinenzversorgung, der gewebeschonenden Lagerung zur Vermeidung von Druckgeschwüren und der Leistungen
zur Mobilität und deren Entwicklung bewertet sind, also unmittelbar pflegerische Aktivitäten, während die anderen Kriterien
im Hinblick auf deren fehlende oder unzureichende Dokumentation jeweils mit 5 benotet wurden. Insofern hat die Antragstellerin
durch die eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht, dass die jeweiligen Leistungen (Berücksichtigung der Wünsche
zur Körperpflege, Wünsche zum Essen und Trinken, Leistung Essen und Trinken) tatsächlich jeweils erbracht worden waren. Gleiches
gilt für die Versorgung nach ärztlicher Verordnung im Qualitätsbereich 2. Im Hinblick auf das ausdrücklich erklärte gesetzgeberische
Ziel der Mitteilung der tatsächlichen Leistungserbringung und deren Ergebnisqualität, die Grundrechtsrelevanz und die kritische
pflegewissenschaftliche Situation erscheint es bedenklich, eine derart massive Schlechtbenotung vorrangig auf fehlende oder
unzureichende Dokumentation zu stützen. Hier haben die Antragsgegner im Rahmen der ihnen obliegenden Amtsermittlungspflicht
den Sachverhalt entsprechend aufzuklären. Erfolgt die entsprechende Aufklärung nicht, kann die Bewertung nicht als verfahrensgerecht
und inhaltlich hinreichend gesichert bewertet werden. Im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruch ist daher von unzutreffenden
Grundlagen der entsprechenden Bewertungen auszugehen und damit deren Fehlerhaftigkeit anzunehmen. Inwieweit Dokumentationsmängel
als solche trotz der gesetzgeberischen Zweckbestimmung in die Bewertung inhaltlich (etwa durch Abwertung) oder separat einfließen
können, kann für die vorliegende Entscheidung offen und muss ggf einer Hauptsacheentscheidung vorbehalten bleiben. Ebenfalls
ungeklärt kann hier bleiben, inwieweit bei der Bewertung die eigentlichen pflegerischen Aktivitäten stärker als Versäumnisse
bei Beratungs- und Kontrollaufgaben zu gewichten sind. Auch dies müsste im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens bei der Prüfung
der Wirksamkeit der Bewertungsvorgaben der PTVA geklärt werden.
Als weiterer erheblicher Verfahrensfehler erweist sich, dass die Datengrundlage für die Bewertungen unzureichend erhoben wurde.
Nach § 2 PTVA werden 10 Prozent, jedoch mindestens 5, höchstens 15 pflegebedürftige Menschen in die Prüfung einbezogen. Dabei
ist die Vorgabe von 10 Prozent einzuhalten, wenn nicht aufgrund der Größe des Betriebes die Grenzwerte beachtlich werden.
Danach hätte im Falle der Antragstellerin mit 109 versorgten Personen die Prüfung bei elf Personen erfolgen müssen. Ein Grund,
warum nur fünf Personen in die Prüfung einbezogen wurden, ist nicht erkennbar. Die Einhaltung der quantitativen Vorgabe des
§ 2 PTVA ist besonders auch deshalb wichtig, weil die Bewertungen der Einzelkriterien über die Punkteskala eine besondere
Bewertungswirksamkeit von Pflegefehlern begründet und bei willkürlicher Festlegung der Prüfpersonenzahl die vom Gesetz geforderte
Vergleichbarkeit und Verfahrensfairness nicht mehr gewahrt würde. Insofern steht den Antragsgegnern bzw dem MDK ein Spielraum
nicht zu.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund. Dabei berücksichtigt der Senat insbesondere die schwer zu korrigierenden
Folgen einer Veröffentlichung der fehlerhaften Bewertungen für die Berufsausübung der Antragstellerin im Rahmen des Wettbewerbs
der Pflegeeinrichtungen. Wesentliche Nachteile würden auch dann drohen, wenn eigene Kommentare der Antragstellerin zur Bewertung
durch die Antragsgegner in die Veröffentlichung aufgenommen würden, weil solche gegen die hoheitliche Bewertung nur begrenzt
Marktwirksamkeit erlangen können. Dass korrekte Veröffentlichungen auch im öffentlichen Interesse liegen, wurde bereits bemerkt.
Auch das Informationsinteresse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ist hier nicht von Gewicht, weil im Falle der Antragstellerin
offensichtlich keine relevanten Gefahren für die Rechtsgüter der Pflegekunden, insbesondere deren Gesundheit, bestehen. Insofern
käme auch eine Folgenabwägung zur hier vorzunehmenden Anordnung.
Bei der für die Anordnung der Unterlassung der Veröffentlichung festzusetzenden Frist geht der Senat davon aus, dass die Hauptsache
von der Antragstellerin oder auch von den Antragsgegnern zügig anhängig gemacht wird, sofern zeitnah keine unstreitige Klärung
erfolgen sollte. Eine Verpflichtung der Antragstellerin zur Klageerhebung nach §§
86 Abs
2 Satz 4
SGG,
926 ZPO konnte nicht ausgesprochen werden, weil die Antragsgegner keinen entsprechenden Antrag gestellt hatten. Im Übrigen sind die
Antragsgegner nicht gehindert, die Hauptsache selbst anhängig zu machen. Schließlich war bei der Fristsetzung zu berücksichtigen,
dass auch ein Hauptsacheverfahren besonders zügig zu entscheiden ist und auch entschieden werden kann. Sollte das Verfahren
in der Hauptsache bis zu dem hier gesetzten Termin noch nicht abgeschlossen sein, wäre ggf auf entsprechenden Antrag durch
das dann zuständige Gericht der Hauptsache über die weitere Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §§ 197a
SGG,
154 Abs
1 VwGO. Sie berücksichtigt den Erfolg der Rechtsverfolgung. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 197a
SGG, 63, 53 Abs 3 Nr 4, 52 Abs 2 GKG. Sie berücksichtigt den ausdrücklichen Verweis des § 53 Abs 3 Nr 4 GKG für das sozialgerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf § 52 Abs 2 GKG, weshalb eine Reduzierung des Auffangstreitwertes für derartige Verfahren ausgeschlossen erscheint.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§
177 SGG).