Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren bei wiederholtem Fristversäumnis
Gründe:
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung eines weiteren Ordnungsgeldes in Höhe von 1.000,00 EUR.
In dem Verfahren vor dem Sozialgericht Darmstadt (Az.: S 13 KR 335/08) beauftragte das Gericht auf den Antrag des Klägers den Beschwerdeführer am 24. März 2009 mit der Erstattung eines Gutachtens
gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Auf die Anfrage des Gerichts bezüglich des Zeitpunktes der Fertigstellung des Gutachtens vom 24. August 2009, den Beschluss
vom 12. Oktober 2009, mit dem das Gericht dem Beschwerdeführer eine Frist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 4. Dezember
2009 setzte und den Gerichtsbeschluss vom 16. Dezember 2009, der eine Nachfristsetzung bis zum 5. Februar 2010 unter gleichzeitiger
Androhung von Ordnungsgeld für den Fall der Fristversäumnis beinhaltete, reagierte der Beschwerdeführer nicht. Mit Beschluss
vom 1. März 2010 setzte das Gericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR unter erneuter Fristsetzung
zur Vorlage des Gutachtens bis zum 30. April 2010 fest und drohte für den Fall der erneuten Fristversäumnis ein weiteres Ordnungsgeld
an. Erneut erfolgte keine Reaktion des Beschwerdeführers. Auch dem Gerichtstermin vom 18. Juni 2010, zu dem der Beschwerdeführer
im Zuge der Beweiserhebung als Zeuge geladen wurde, blieb dieser unentschuldigt fern. Am 4. August 2010 setzte das Gericht
gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR fest, da der Sachverständige trotz Nachfristsetzung bis
zum 30. April 2010 das am 24. März 2009 in Auftrag gegebene Gutachten nicht vorgelegt habe. Zur Höhe des Ordnungsgeldes führte
es aus, dass der gesetzlich vorgesehene Ordnungsgeldrahmen im vollem Umfang auszuschöpfen gewesen sei, da dem Vorsitzenden
der Kammer in seiner gesamten bisherigen beruflichen Laufbahn kein Fall vorgekommen sei, in dem ein Sachverständiger in derart
notorischer Art und Weise ihm gesetzlich obliegende Pflichten unbeachtet gelassen habe.
Gegen den Beschluss vom 4. August 2010, dem Beschwerdeführer zugestellt am 7. August 2010, hat dieser am 6. September 2010
Beschwerde bei dem Sozialgericht Darmstadt eingelegt. Zur Begründung weist er darauf hin, dass er zwischenzeitlich das angeforderte
Gutachten erstattet habe. Es liege zudem keine mutwillige Verzögerung vor, da er aus Arbeitsüberlastung nicht in der Lage
gewesen sei, das Gutachten fristgerecht zu erstellen. Zudem habe er bereits Ordnungsgeld bezahlt. Das weitere Ordnungsgeld
in Höhe von 1.000,00 EUR empfinde er als unangemessen harte Strafe.
Am 7. September 2010 ging das angeforderte Gutachten beim Sozialgericht ein.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und den Aktenauszug (S 13 KR 335/08) Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach §
118 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
411 Abs.
1 und Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann gegen den Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld
verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen
ist. Im Fall wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden, §
411 Abs.
2 Satz 3
ZPO. Daraus folgt, dass auch dann, wenn bereits Ordnungsgeld gegen einen Sachverständigen wegen Fristversäumnis festgesetzt worden
war, ihm nochmals eine Nachfrist einzuräumen und weiteres Ordnungsgeld anzudrohen ist.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Dem am 24. März 2009 beauftragten Sachverständigen war vom Sozialgericht mit Beschluss
vom 1. März 2010 eine Nachfrist bis zum 30. April 2010 unter gleichzeitiger Androhung von Ordnungsgeld für den erneuten Fall
der Fristversäumnis gesetzt worden, ohne dass das Gutachten einging.
Hinreichende Entschuldigungsgründe konnte der Beschwerdeführer nicht anführen. Selbst eine berufliche Überlastung über einen
längeren Zeitraum rechtfertigt es nicht, von einer Unvermeidbarkeit der Fristversäumnis trotz der gebotenen Sorgfalt auszugehen.
Der Beschwerdeführer hat in dem Zeitraum vom März 2009 bis August 2010 auf insgesamt sechs gesetzliche Maßnahmen (gerichtliche
Anforderung, Fristsetzungen, Nachfristsetzungen, Ladung und Ordnungsgeldbeschlüsse) nicht reagiert. Insoweit hätte es ihm
oblegen, dem Gericht eine Überlastung anzuzeigen und gegebenenfalls um die Entbindung von dem Gutachtensauftrag nachzusuchen.
Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet zudem keinen Bedenken. Ermessensfehler sind insoweit für den Senat nicht
erkennbar. Die Ermessensausübung hat sich an der Schwere der Pflichtverletzung und den wirtschaftlichen Verhältnissen des
Sachverständigen zu orientieren. Zwar schöpft das festgesetzte Ordnungsgeld den vorgegebenen Rahmen zwischen 5,00 EUR und
1.000,00 EUR vollständig aus (Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum
Strafgesetzbuch - EGStGB -). Die im vorliegenden Fall erfolgte hartnäckige Missachtung der Pflichten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen
rechtfertigt jedoch zum einen die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zur Obergrenze (Bayrisches Landessozialgericht, Beschluss
vom 6. Oktober 2009, L 2 SB 7/09 B; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 8. September 2009, L 1 KR 215/09 B). Gründe, die gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes in der vorliegenden Höhe sprechen würden, sind zudem aus der beruflichen
Stellung des Beschwerdeführers als Facharzt, Studiendekan der Hochschule XY. ZZ. und Lehrbeauftragter der ZL.Universität ZU.
nicht ersichtlich. Die im vorliegenden Fall wiederholte Verhängung eines Ordnungsgeldes kann insoweit, wie von dem Beschwerdeführer
vorgebracht, zu keiner Herabsetzung der Höhe des Ordnungsgeldes führen. Bei wiederholter Fristversäumnis ist dieses Instrumentarium
im Gesetz ausdrücklich vorgesehen und dient der Verpflichtung der Gerichte, dem Beteiligten in angemessener Zeit Rechtsschutz
zu gewähren, Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK - Justizgewährungsanspruch des Einzelnen -). Dem Sozialgericht war es dadurch, dass der Beschwerdeführer von dem Kläger als
Sachverständiger gemäß §
109 SGG benannt worden war, nicht möglich, diesen von dem Gutachtensauftrag zu entbinden, ohne zunächst durch Anwendung der vorgesehenen
gesetzlichen Zwangsmaßnahmen den Versuch zu unternehmen, ihn zur Abgabe des Gutachtens zu veranlassen.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a SGG i.V.m. §§ 63, 52 Gerichtskostengesetz (GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.