LSG Hessen, Urteil vom 28.04.2011 - 8 KR 313/08
Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenversicherung für eine ambulante transarterielle Chemoperfusion und eine Laserinduzierte
Interstitielle Thermotherapie bei unzureichender Aufklärung durch den Vertragsarzt
1. Ein Systemversagen, das einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V auslöst, liegt auch vor, wenn ein Vertragsarzt den zu behandelnden Versicherten durch unzureichende Aufklärung in dem Glauben
lässt, er erbringe eine zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung gehörende Behandlung (hier die Chemoembolisation).
2. Der Einstandspflicht der Krankenkasse steht dann nicht entgegen, dass der Vertragsarzt dem lebensbedrohlich erkrankten
Versicherten die Unterschrift unter einen Privatbehandlungsvertrag mit der Begründung abverlangt hat, er als Spezialist für
die benötigte Therapie behandle nur unter dieser Bedingung. In einem solchen Fall kann der Versicherte trotz der Nichtigkeit
der Privatbehandlungsvereinbarung nach § 32 SGB I nicht darauf verwiesen werden, die dem Behandler geleisteten Zahlungen nach § 812 BGB auf dem Zivilrechtsweg zurückzufordern. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Fundstellen: NZS 2012, 20
Vorinstanzen: SG Frankfurt/M. 17.11.2008 S 25 KR 279/06
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. November 2008 sowie der Bescheid
der Beklagten vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2006 geändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten der ambulanten Behandlung seiner Ehefrau Dr. K.A. mit Chemoperfusion
bei Prof. V. in Höhe von 18.708,87 EUR zu erstatten. Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat dem Kläger die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine ambulante transarterielle Chemoperfusion und eine Laserinduzierte
Interstitielle Thermotherapie (LITT).
Der Kläger ist der Ehemann und Rechtsnachfolger der 1927 geborenen und 2008 verstorbenen Dr. KA. (im Folgenden: Versicherte).
Die Versicherte, welche als Zahnärztin berufstätig war, war zuletzt als Bezieherin einer Regelaltersrente der Deutschen Rentenversicherung
Bund bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Sie litt an einem hepatisch, pulmonal und lymphatisch metastasierten
Darmkrebs (Sigmakarzinom). Im Juli 2003 erfolgte die Operation der Primärerkrankung, eine adjuvante Chemotherapie wurde wegen
Nebenwirkungen von der Versicherten abgebrochen. Im September 2004 kam es zu einem Rezidiv mit Lebermetastasen. Die daraufhin
aufgenommene Chemotherapie mit dem FOLFOX-4 Protokoll wurde bei Verdacht auf Oxaliplatin-Allergie abgebrochen. Nachdem bei
Kontrolluntersuchungen im Mai und Juni 2005 ein hepatischer und lymphatischer Progress der Erkrankung festgestellt worden
war, leitete das Krankenhaus UV. in ZN. am 16. Juni 2005 eine Chemotherapie mit CPT-11 (Irinotecan) plus 5-Fluorouracil und
Calciumfolinat ein, die jedoch nicht mehr durchgeführt wurde. Der Grund hierfür wird von dem Krankenhaus und der Versicherten
unterschiedlich angegeben.
Der Hausarzt der Versicherten, Dr. ID., stellte am 17. Juni 2005 einen Überweisungsschein zur Chemoembolisation in der Universitätsklinik
Frankfurt am Main zur Mit/Weiterbehandlung "Leber NPL" (Lebertumor) aus. Das Verfahren der (transarteriellen) Chemoembolisation
zielt darauf ab, die exklusive Gefäßversorgung eines Tumorgewebes mittels hoch selektiver Angiographie unter Verwendung spezieller
Katheder darzustellen und sodann streng lokalisiert mit Substanzen zu durchfluten und zu verstopfen. Es wird insbesondere
zur palliativen Therapie des hepatozellulären Karzinoms (HCC, Karzinom der Leber) eingesetzt. Hierzu wird intraarteriell ein
Chemotherapeutikum mit einer öligen Jod-Emulsion verabreicht. Weiterhin wird die Blutzufuhr über die Gabe von Gelatineschwammpartikeln
temporär unterbunden. Die Gabe der öligen Jod-Emulsion in Kombination mit dem Zytostatikum soll die Konzentration innerhalb
des Tumorgewebes erhöhen. Die anschließende Okklusion mittels Gelatineschwammpartikeln vermindert wiederum das vorzeitige
Abfluten des Zytostatikagemisches und verlängert die Wirksamkeit desselben. Angestrebt wird die Ausbildung einer Tumornekrose
(vgl. Janssen, Transarterielle Chemoembolisation bei Hapatozellulärem Karzinom: Monozentrische Studie zu Frequenz, Häufigkeit,
Zusatztherapien und klinisch-pathologischen Variablen in Beziehung zum Langzeitüberleben, Diss. med. Freiburg i. Br. 2010,
S. 13, abrufbar im Internet).
Die Versicherte wurde aber nach einer Untersuchung am 17. Juni 2005 im Zentrum der Radiologie - Institut für Diagnostische
und Interventionelle Radiologie - von Prof. Dr. V. ambulant am 21. Juni 2005, 18. Juli 2005, 24. August 2005 und 13. September
2005 mit dem Verfahren der transarterieller Chemoperfusion sowie nach Angaben von Prof. Dr. V. mit anschließender "Laserinduzierter
Interstitiellen Thermotherapie" (LITT) behandelt. Bei der transarteriellen Chemoperfusion handelt es sich um eine lokale Chemotherapie,
bei der mittels Angiographie (bildgebender Darstellung der Arterien) und Kathedereinbringung ähnlich dem Verfahren der transarteriellen
Chemoembolisation größere Organabschnitte - im Falle der Versicherten die Leber - über die versorgenden Arterien mit Zytostatika
über 30 bis 60 Minuten durchflutet werden. Hierfür werden gleichfalls wegen der Angiographietechnik Radiologen benötigt. Bei
der Laserinduzierten Interstitiellen Thermotherapie (LITT) handelt es sich um ein Verfahren zur Zerstörung von Tumoren bzw.
Metastasen, vor allem der Leber. Dabei wird mittels eines minimal-invasiven Eingriffs eine Glasfaser direkt in den Tumor bzw.
die Metastase eingeführt. Durch Laserlicht und die dadurch entstehende Wärme soll der Tumor/die Metastase zerstört werden.
Nach Angaben der Versicherten war sie bei ihren jeweiligen Vorstellungen in der Institutsambulanz des Prof. Dr. V. trotz Vorlage
des Überweisungsscheins ihres Hausarztes darauf hingewiesen worden, dass Prof. Dr. V. nur nach Unterzeichnung eines ausliegenden
Vordrucks durch die Patienten Behandlungen vornehme. Hierauf habe sie, jeweils vor den Behandlungen den folgenden - auszugsweise
wiedergegebenen Text unterzeichnet: "Ich wünsche für mich die private persönliche Beratung und Behandlung durch Prof. Dr.
med. V. ab ... Für den Fall seiner unvorhersehbaren Verhinderung bin ich mit der Vertretung durch seinen ständigen Vertreter
im Bereich "Ambulante Leistungen" und "Stationäre Leistungen" einverstanden. Sollten zur Klärung der Diagnose und zur Behandlung
weitere Fachärzte zugezogen werden, wünsche ich auch hierbei private persönliche Beratung und Behandlung. Mit ist bekannt,
dass die Pflegekosten sowie Nebenkosten von der Klinikverwaltung in Rechnung gestellt werden und an diese zu zahlen sind.
Das von Herrn Prof. Dr. med. V. berechnete Honorar (inklusive Sach- und Materialkosten) ist an ihn persönlich zu zahlen. Mir
ist bekannt, dass die von Herrn Prof. Dr. V. erbrachten Leistungen mit einem Steigerungsfaktor bis zum 2,5-fachen des Regelsatzes
berechnet werden. Mit ist ferner bekannt, dass die beanspruchten Leistungen nicht von allen Kassen generell und vollständig
erstattet werden. Mit dieser Unterschrift bestätige ich, dass ich obigen Text gelesen habe und mit dessen Inhalt einverstanden
bin." Ferner hatte die Versicherte zur Vorbereitung auf den jeweiligen nächsten Behandlungstermin ein Informationsblatt erhalten,
das mit "Durchführung der ambulanten Chemoembolisation/Chemoperfusion" überschrieben war. Im Text wurde zwischen diesen beiden
Verfahren nicht differenziert. Er enthält folgende Passage: "Ebenfalls ist es nötig, dass Sie, falls Sie Kassenpatient sind,
eine Überweisung ihres Hausarztes zur Chemoembolisation/Chemoperfusion mitbringen "
Prof. Dr. V. war seinerzeit von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zur Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
auf Überweisung durch Vertragsärzte, eingeschränkt auf Patienten mit nachgewiesenen Metastasen oder anderen malignen Tumoren
der Leber und thorakalen raumfordernden Prozessen der Lunge sowie histologisch/zytologisch gesicherten malignen Tumoren im
Gesichts- und Halsbereich ermächtigt gewesen mit der Folge, dass er solche Behandlungen nach erfolgter Überweisung der Patienten
durch einen Vertragsarzt auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse durchführen konnte. Diese Ermächtigung umfasste aber nur
die Chemoembolisationsbehandlung, welche nach der Gebührenordnungs-Nummer 34286 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) 2000
plus zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden konnte, nicht aber die Chemoperfusionsbehandlung. Letztere
war in den EBM nicht aufgenommen worden und daher nur als privatärztliche Leistung vergütungsfähig.
Die Kosten der Behandlungen vom 21. Juni 2005, 18. Juli 2005, 24. August 2005 und 13. September 2005 stellte Prof. Dr. V.
der Versicherten unter Verwendung des Briefkopfes "Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
im Zentrum der Radiologie der ZA. Universität" im Wege der Privatliquidation unter Anwendung der Gebührenordnung Ärzte (GOÄ) in Rechnung. In den Rechnungen vom 19. Juli 2005 (2.554,52 EUR für die Behandlung am 21. Juni 2005), vom 15. August 2005
(2.422,08 EUR für die Behandlung am 18. Juli 2005) und vom 14. September 2005 (2.422,46 EUR für die Behandlung am 24. August
2005) wird jeweils Embolisation (GOÄ-Tarifnr.: 5357) als durchgeführte Behandlungsmaßnahme neben bildgebenden Verfahren angegeben; in der Rechnung vom 20. Oktober
2005 (7.188,25 EUR für die Behandlung am 13. September 2005) erscheint nicht mehr Embolisation sondern Infusion als Leistungsbezeichnung.
Das Klinikum der ZA.-Universität stellte der Versicherten mit Rechnungen vom 5. September 2005 (1.403,76 EUR für die Behandlung
am 21. Juni 2005), vom 6. Oktober 2005 (1.291,22 EUR für die Behandlung am 18. Juli 2005) und vom 19. Oktober 2005 (1.291,22
EUR für die Behandlung am 24. August 2005) Lieferungen ihrer Krankenhausapotheke von Zytostatika und Begleitmedikation zur
unmittelbaren Infusion in der Ambulanz laut Rezept in Rechnung. Die Versicherte hatte diese angeführten Rechnungen (Gesamtsumme
18.573,51 EUR) zeitnah durch belegte Kontoüberweisungen beglichen. Zu den aufgeführten Behandlungsterminen war sie von Ihrem
Ehemann, dem nunmehrigen Kläger, mit eigenem PKW gefahren worden, wofür bei einer Wegstrecke für Hin- und Rückfahrt von 92
km ein Kilometeraufwandssatz von 0,36 EUR in Ansatz gebracht wird.
Die Versicherte stand auch nach dem 13. September 2005 bei Prof. Dr. V. in ambulanter Behandlung, und zwar bis zum 8. November
2007, wobei dieser nach den Angaben in seinen Rechnungen und nach den Rechnungen der Krankenhausapotheke weiter lokal begrenzt
hochdosierte Zytostatika in die Leber infundierte (in den Privatrechnungen wird teilweise wieder der Begriff Embolisation
zur Leistungsbeschreibung verwandt) und auch die Laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie einsetzte. Für diese Behandlungen
stellten Prof. Dr. V. und die Krankenhausapotheke im Wege der Privatliquidation der Versicherten weitere 49.806,81 EUR in
Rechnung, welche diese auch zahlte.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2005, bei der Beklagten eingegangen am 20. Juni 2005, hatte die Versicherte die Kostenübernahme
für die Behandlung im Universitätsklinikum Frankfurt am Main beantragt und mit Schreiben vom 17. August 2005 den Überweisungs-/Abrechnungsschein
des Dr. ID. vom 17. Juni 2005, die Rechnung des Prof. Dr. V. vom 19. Juli 2005 sowie das Merkblatt zur "Durchführung der ambulanten
Chemoembolisation/Chemoperfusion" übermittelt. In Ihrem Schreiben vom 17. August 2005 bezieht sich die Versicherte durchweg
auf eine Chemoembolisation durch Prof. Dr. V. Mit Bescheid (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) vom 23. August 2005 lehnte die Beklagte
eine Kostenübernahme mit der Begründung ab, Prof. Dr. V sei kein Vertragsarzt. Die Versicherte erhob Widerspruch und führte
in ihrem Widerspruchsschreiben vom 1. September 2005 aus, ihr Hausarzt habe sie an die Uniklinik Frankfurt am Main zur Chemoembolisation
überwiesen. Die Chemoembolisation werde ausschließlich von Prof. Dr. V durchgeführt. Dieser rechne nur direkt mit den Patienten
ab.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 22. September 2005 ihren Bescheid vom 23. August 2005 aus formellen Gründen auf. Eine Kostenerstattung
lehnte sie ab. Zur Begründung führte sie aus: Prof. Dr. V. besitze eine Ermächtigung zur Durchführung der Chemoembolisation
bei Lebermetastasen. Diese Leistungen würden über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet. In ihrem Fall - dem der Versicherten
- seien jedoch Chemoperfusionen durchgeführt worden, die keine vertraglichen Leistungen seien und nur privat abgerechnet werden
könnten. Eine Kostenerstattung sei nicht möglich. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Sekretariat von Prof. Dr. V. sei
sie hierüber in der Praxis aufgeklärt worden. Entsprechende Wahlerklärungen habe sie am 21.06., 18.07., 24.08. und 13.09.2005
unterschrieben.
Hiergegen legte die Versicherte am 17. Oktober 2005 Widerspruch ein und machte geltend, ihr Hausarzt habe sie am 17. Juni
2005 an das Universitätsklinikum Frankfurt am Main zur Chemoembolisation überwiesen. Prof. Dr. V. rechne grundsätzlich nur
mit den Patienten direkt ab. Bei der durchgeführten Behandlung handele es sich um keine Wahlleistung. Prof. Dr. V. entscheide
nach dem gesundheitlichen Status des Patienten, ob eine Chemoembolisation oder eine Chemoperfusion durchgeführt werde. Dabei
handele es sich nur um einen behandlungstechnischen Unterschied.
Die Beklagte holte eine sozialmedizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK)
vom 3. November 2005 sowie eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 16. Dezember 2005 ein. Der MDK gelangte
zu der Beurteilung, die Chemoembolisation sei eine Kassenleistung, während es sich bei der Chemoperfusion um eine experimentelle
Behandlung handele. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen teilte mit, dass Prof. Dr. V. im Rahmen seines Ermächtigungskataloges
die Chemoembolisation nach der Gebührenordnungsnummer 34286 EBM 2000 plus zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen
könne. Dagegen sei die Chemoperfusionsbehandlung nach den Leitlinien der Tumorbehandlung nicht als etablierte Behandlung anzusehen.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Versicherten mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2006 zurück. Zur Begründung ihrer
Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, eine Kostenübernahme sei nicht möglich, da der Gemeinsame Bundesausschuss die
ambulante transarterielle Chemoperfusion nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt habe. Der MDK habe bestätigt, dass
diese Behandlungsmethode als experimentelles Verfahren anzusehen sei. Bisher lägen keine wissenschaftlichen Studien vor, die
den medizinischen Nutzen dieser Therapie belegten. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Hessen habe mitgeteilt, die Chemoperfusion
sei nach den Leitlinien der Tumorbehandlung bis heute nicht als etablierte Behandlung anzusehen. Prof. Dr. V. habe die nicht
als Kassenleistung anerkannte Chemoperfusion zutreffend als Privatleistung erbracht und der Versicherten in Rechnung gestellt.
Die Versicherte erhob am 22. März 2006 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main mit dem Klageziel, die Beklagte entgegen
ihrer Entscheidung in dem Widerspruchsbescheid zu verurteilen, ihr die Kosten der ambulanten Behandlung mittels Chemoperfusion
durch Prof. Dr. V. zu erstatten. Sie trug vor, die Chemoperfusion sei notwendig und erfolgreich gewesen. Eine Alternative
hierzu habe nicht bestanden. Dr. AN. vom Krankenhaus UV. habe am 17. Juni 2005 die Behandlung abgebrochen. Auch sei die Behandlungsmethode
des Krankenhauses UV. nicht geeignet gewesen, denn sie habe das dramatische Wachstum der größeren Lebermetastase nicht verhindern
können. Nach dem Tod der Versicherten führte deren Ehemann als Rechtsnachfolger das Klageverfahren fort. Eine Bezifferung
und Auschlüsselung der Postionen des ohne weitere Konkretisierung eingeklagten Erstattungsanspruchs erfolgte nicht.
Die Beklagte machte geltend, die Darlegungen der Klägerseite, es habe zur Chemoperfusion keine schulmedizinischen Behandlungsalternativen
mehr gegeben, träfen nicht zu. Sie verwies insoweit auf ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 21. Februar 2007. Darin
führte die Fachärztin für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. ER. aus, die Voraussetzungen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts
vom 6. Dezember 2005 für einen Anspruch von Versicherten auf die Behandlung mit schulmedizinisch nicht anerkannten Behandlungsmethoden
zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen lägen nicht vor. Eine Chemotherapie wäre bei der Versicherten noch möglich gewesen
und sei bereits eingeleitet worden. Eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung habe damit
zur Verfügung gestanden.
Das Sozialgericht holte Befundberichte des Prof. Dr. V. vom 7. Juli 2006 und der Prof. Dr. AR., Chefärztin der Klinik für
Onkologie und Hämatologie des Krankenhauses UV. in ZN. vom 21. Dezember 2006 mit ergänzender Stellungnahme von 14. März 2007
ein.
Mit Urteil vom 17. November 2008 wies es die Klage als unbegründet ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus: Die Versicherte
habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung mit Chemoperfusion gehabt, weil die von dieser in Anspruch
genommene Behandlungsmethode - Chemoperfusion - vom Leistungskatalog des SGB V in der ambulanten Versorgung nicht umfasst sei. Gemäß § 13 Absatz 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V dürften Versicherte Kostenerstattung nur in Anspruch nehmen, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig
erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung
Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Die Beklagte habe die streitbefangene Chemoperfusion als Sachleistung
nicht zu Unrecht verweigert. Die Chemoperfusion entspreche ihrer Art nach nicht den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
im Sinne der §§ 11, 27, 2 und 12 SGB V und sei damit nicht Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkasse.
Nach § 27 Absatz 1 Satz 1 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, die nach Satz 2 Ziffer 1 auch die ärztliche Behandlung einschließe. Der
Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliege allerdings den sich aus § 2 Absatz 1 und § 12 Absatz 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasse folglich nur solche Leistungen, die notwendig, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich
seien und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Die Krankenkassen
seien nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des
behandelnden Arztes positiv verlaufen sei oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet hätten. Die Feststellung, dass eine
ambulante vertragsärztliche Behandlung dem geforderten Versorgungsstandard entspricht, obliege nach dem Gesetz nicht dem behandelnden
Arzt oder der einzelnen Krankenkasse und von dem Sonderfall eines "Systemversagens" abgesehen auch nicht den Gerichten, sondern
dem Gemeinsamen Bundesausschuss (früher Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen). Dies ergäbe sich aus § 135 Absatz 1 SGB V in Verbindung mit den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien).
Danach dürften neue Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss
in Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u. a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische
Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden nach dem
jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (§ 135 Absatz 1 Nr. 1 SGB V) sowie über die notwendige Qualifikation der Ärzte, die aparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung,
um eine sachgerechte Anwendung der Methoden zu sichern (§ 135 Absatz 1 Nr. 2 SGB V), abgegeben habe. Dadurch werde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Hinweis auf: Urteil vom 05.07.1995 - 1 RK 6/95; Urteile vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 - SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 4, 1 RK 17/95, 1 RK 30/95, 1 RK 32/95, 1 RK 14/96; Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R - SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 14 = BSGE 56, 54 - 66; Urteil vom 19.02.2002 - B 1 KR 16/00R - SozR 3 - 2500 § 92 Nr. 12; Urteil vom 19.02.2003 - B 1 KR 18/01 R - SozR 4 - 2500 § 135 Nr. 1; Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 - Tomudex; Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 12 - Laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie) der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen
geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt.
Unter Zugrundelegung dieser, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden (Hinweis auf Bundesverfassungsgericht, Beschluss
vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) Rahmenbedingungen ergäbe sich für die Chemoperfusion folgendes: Bei der Chemoperfusion handele
es sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne vom § 92 Absatz 2 SGB V in Verbindung mit § 135 SGB V. Dabei ist das Merkmal "neu" ein krankenversicherungsrechtlich auszufüllender Rechtsbegriff. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 10) sei eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung
nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) aufgeführt
wird. Der EBM vom 1. April 2005 habe die Chemoperfusion nicht enthalten; sie sei auch nicht in die Nachfolgefassung vom 1.
Januar 2008 aufgenommen worden. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Chemoperfusion habe zum Zeitpunkt
der Behandlung der Versicherten nicht vorgelegen und sei auch später nicht abgegeben worden. Folglich habe die Beklagte die
von der Versicherten selbst beschaffte Behandlung auch nicht als Sachleistung gewähren können. Daran scheitere auch ein Kostenerstattungsanspruch.
Auch unter dem Gesichtspunkt eines sogenannten "Systemversagens" lasse sich nichts anderes herleiten. Ein Kostenerstattungsanspruch
könne ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems
beruhe. Sei die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode darauf zurückzuführen, dass das Verfahren
vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen
nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt werde, könne ein Kostenerstattungsanspruch des Versicherten ausnahmsweise in Betracht
kommen. Das präventive Verbot in § 135 Absatz 1 SGB V diene allein der Qualitätssicherung; nur soweit es dieser Zweck erfordere, sei der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter
Heilmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Werde dagegen die Einleitung oder die Durchführung des
Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und könne deshalb eine für die Behandlung
benötigte neue Therapie nicht eingesetzt werden, widerspreche das dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke
müsse zugunsten des Versicherten mit Hilfe des § 13 Absatz 3 SGB V geschlossen werden (BSG, Urteil vom 28.03.2000 - B 1 KR 11/98 R - SozR 3-2500 § 135 Nr. 14). Nur im Fall einer derartigen Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses sei für das Vorliegen
einer Versorgungslücke zu prüfen, ob sich "die Wirksamkeit der neuen Behandlungsmethode aufgrund wissenschaftlich geführter
Statistiken in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen nachweisen lässt und gegen die Qualität
der Methode keine durchgreifenden Bedenken bestehen" (BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95 - SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54).
In Anwendung dieser Grundsätze könne vorliegend von einer Versorgungslücke hinsichtlich der Chemoperfusion nicht ausgegangen
werden. Die fehlende Aussage zur Chemoperfusion in den BUB-Richtlinien sei nicht Folge eines Systemmangels. Maßgebend sei
insoweit die Sachlage zum Zeitpunkt der Behandlung. Zu diesem Zeitpunkt sei nichts dafür ersichtlich, dass vom Bundesausschuss
trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen eine Entscheidung willkürlich
oder aus sachfremden Erwägungen unterlassen oder unterblieben sei. Einem Systemmangel in dem vorbezeichneten Sinne steht zwar
nicht schon entgegen, dass der für eine Einleitung des Verfahrens erforderliche Antrag (vgl. § 135 Absatz 1 SGB V) nicht vorgelegen habe und damit schon die formellen Voraussetzungen für eine Tätigkeit des Bundesausschusses nicht gegeben
gewesen seien. Ein Systemmangel bestehe nämlich auch dann, wenn eindeutige sachliche Anhaltspunkte vorlägen, die eine erstmalige
Überprüfung einer neuen Behandlungsmethode gebieten würde und trotz Kenntnis dieser Umstände von keinem der antragsberechtigten
Beteiligten ein Prüfverfahren eingeleitet werde. Die Kammer habe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Antragstellung
bis zur Behandlung der Versicherten im Jahr 2005 hintertrieben, verhindert oder in einer den Krankenkassen oder dem Bundesausschuss
sonst zurechenbaren Weise unzulässig verzögert worden sein könnte. Die Behandlung mit Chemoperfusion war und sei in der wissenschaftlichen
Literatur umstritten.
Die Kammer habe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Ausschuss Unterlagen vorgelegen hätten, die erkennen ließen, dass
es sich bei der streitbefangenen Behandlung um eine medizinische Methode handele, die die gesetzlich für die vertragsärztliche
Versorgung vorgegebenen Kriterien eines nachgewiesenen diagnostischen oder therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit
und der Wirtschaftlichkeit erfüllen würden.
Zusammenfassend bleibe somit festzuhalten, dass Qualität und Wirksamkeit der Chemoperfusion noch nicht dem für die gesetzliche
Krankenversicherung in § 2 Absatz 1 Satz 3 SGB V geforderten allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Das Gesetz verbiete es, die Erprobung
neuer Methoden und die medizinische Forschung zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu zählen
(BSG, Urteil vom 16. September 1997 - 1 RK 28/95 - SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 4 = BSGE 81, 54, 57).
Das Klagebegehren sei auch nicht aus den Grundrechten der Versicherten nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz ( GG) und gemäß Artikel 2 Absatz 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot begründet. Denn die verfassungskonforme Auslegung auf Grund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts
vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 = NZS 2006, 84 = NJW 2006, 891 = MedR 2006, 164 - immunbiologische Therapie) derjenigen Normen des SGB V, die einem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch auf Krankenbehandlung entgegenstehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 RdNr. 23 - Tomudex; zuletzt BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R - RdNr. 16 - Idebenone) führe zu keinem anderen Ergebnis. Die grundrechtsorientierte Auslegung habe zur Folge, dass die generelle
Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 12 Absatz 1 SGB V) einer Therapie ausnahmsweise bejaht werden müsse, obwohl der Gemeinsame Bundesausschuss zu dieser Behandlungsmethode noch
keine Empfehlung ausgesprochen habe und deshalb an sich diese Therapie von der Versorgung ausgeschlossen sei. Die verfassungskonforme
Auslegung setze aber voraus, dass (1) eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 7/05 R - SozR 4-2500 § 31 Nr. 4 RdNr. 21 und 30 mwN - Tomudex) oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung
vorliege (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/04 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 7 RdNr. 31 - D-Ribose), (2) eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung
nicht zur Verfügung stehe und (3) mit der gewählten Behandlungsmethode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung
oder auf eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Damit letzteres angenommen werden könne, müssten
Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten ließen, dass die Behandlungsmethode für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen
werden können. Davon könne ausgegangen werden, wenn entweder die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase
III veröffentlicht seien und eine klinisch relevante Wirksamkeit respektive einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren
Risiken belegten oder Erkenntnisse veröffentlich seien, die über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich
nachprüfbare Aussagen zuließen und aufgrund deren in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen
in dem vorgenannten Sinne bestehe.
Diese Voraussetzungen seien unabhängig von der Frage, ob bei der Versicherten eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche
Erkrankung vorgelegen habe, nicht gegeben. Die Annahme eines Systemsversagens setze voraus, dass eine notwendige Behandlung
der Erkrankung des Versicherten nicht zur Verfügung stand. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da nach den übereinstimmenden
Angaben des UV. Krankenhauses, des Prof. Dr. V. und des MDK als alternative Behandlung eine systemische Chemotherapie in Betracht
gekommen wäre.
Frau Prof. Dr. AR. habe in ihren Befundberichten vom 21. Dezember 2006 und 14. März 2007 ausgeführt, bei der Versicherten
wäre als Standard eine Therapie nach dem FOLFOX-4 Schema bzw. bei vermuteter Oxaliplatin-Allergie die Zweitlinientherapie
mit CPT-11 +5-FU +CF durchzuführen gewesen, die am 16. Juni 2005 bei progredienter Erkrankung auch eingeleitet worden wäre.
Bei Metastasierung in mehreren Organen sei die Chemoperfusion nicht als zweckmäßige Behandlung einzustufen. In diesem Fall
stelle die systemische Chemotherapie mit diversen zugelassenen Medikamenten die zweckmäßigere Behandlung dar. Die Versicherte
sei nach der ersten Gabe einer neu begonnenen Chemotherapie - Linie aus der Behandlung mit der Empfehlung entlassen worden,
sich am 24. Juni 2005 zur zweiten Gabe vorzustellen. Die Versicherte sei jedoch zur weiteren Behandlung nicht mehr erschienen.
Soweit der Kläger demgegenüber einwende, das Krankenhaus UV. habe am 17. Juni 2005 bei unbefriedigender Funktion der Medikamentenpumpe
die systemische Chemotherapie mit der Begründung abgebrochen, "für eine Operation sei es bereits zu spät, da könne man nichts
mehr machen", sei dies nicht nachvollziehbar, weil die Chemotherapie erst am Tag zuvor eingeleitet worden sei. Eine nicht
voll funktionsfähige Medikamentenpumpe hätte ausgetauscht werden können und eine Operation sei nicht geplant gewesen. Auch
Prof. Dr. V. habe in seinem Befundbericht vom 7. Juli 2006 angegeben, dass im konkreten Krankheitsfall der Versicherten mit
der systemischen Chemotherapie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standart entsprechende Behandlung zur Verfügung
gestanden habe. Die Fachärztin für Innere Medizin/Sozialmedizin Dr. ER. sei in dem sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom
21. Februar 2007 ebenfalls zu der Beurteilung gelangt, bezüglich der Erkrankung der Versicherten habe eine allgemein anerkannte,
dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Eine Chemotherapie sei möglich gewesen.
Die gewählten Substanzen Irinotecan, 5-Fluorouacil und Calciumfolinat seien zur Behandlung des kolorektalen Karzinoms zugelassen.
Alternativ komme noch die Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper Bevacizumab (Avastin) mit 5-FU und Folinsäure infrage.
Schließlich sei die dritte Voraussetzung, das heißt ob auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit der
Behandlung ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) zu erzielen ist, für die Behandlung der Erkrankung der Versicherten
mit Chemoperfusion nicht erfüllt. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer auf Grund der eingeholten Befundberichte fest. So
führe Frau Prof. Dr. ER. aus, derzeit lägen nur limitierte publizierte Daten zur Chemoperfusion der Leber mit verschiedenen
Medikamenten bei Metastasierung durch kolorektale Carzinome vor. Generell sei davon auszugehen, dass die zur Verfügung stehenden
Daten für einen standardmäßigen Einsatz nicht ausreichten. In der medizinischen Fachdiskussion habe die Chemoperfusion keine
breite Resonanz gefunden.
Diese Beurteilung werde letztlich auch von Prof. Dr. V. bestätigt, der in seinem Befundbericht vom 7. Juli 2006 bekundete,
die Behandlung der Leber-NPL mit Chemoperfusion habe in medizinischen Fachkreisen zu einer "beginnenden" Diskussion geführt
und werde an Zentren in YN. und IL. begonnen. Über die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode, die in den einschlägigen medizinischen
Fachkreisen erst am Anfang der Diskussion stehe, liege jedenfalls dort noch kein Konsens vor. Die Kassenärztliche Vereinigung
Hessen hätte bereits in ihrer Auskunft vom 16. Dezember 2005 darauf hingewiesen, dass die Chemoperfusionsbehandlung nach den
Leitlinien der Tumorbehandlung nicht als etablierte Behandlung angesehen sei.
Gegen das ihm am 28. November 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Dezember 2008 Berufung eingelegt.
Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus der ersten Instanz. So trägt er vor, seiner Frau sei im UV. Krankenhaus letztlich
eine Weiterbehandlung verweigert worden. Sie sei daher gezwungen gewesen, ein anderes Krankenhaus zu finden. Der Hausarzt
habe seine Frau glücklicherweise zu Prof. Dr. V. zur Durchführung einer Chemoembolisation überwiesen. In der Aufnahmestation
des Prof. Dr. V. habe seine Frau die Auskunft erhalten, Prof. V. behandle nur auf privater Abrechnungsbasis. Seine Frau habe
vor jeder Behandlung einen Privatbehandlungsvertrag unterschreiben müssen. Er und seine Frau seien davon ausgegangen, dass
Prof. Dr. V. eine Chemoembolisation durchführe. Aus dem überreichten Formblatt sei nicht hervorgegangen, welche der beiden
Behandlungsmethoden konkret zur Anwendung komme. Prof. Dr. V. allein habe die Entscheidung getroffen, wie behandelt werden
solle. Jedenfalls sei es diesem zu verdanken, dass seine Frau noch gut 2 1/2 Jahre leben durfte. Das Sozialgericht verletze
mit seiner formaljuristischen Begründung die Menschenwürde seiner Frau angesichts deren lebensbedrohlicher Erkrankung. Im
Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf Aufforderung des Senats einen Leitzordner mit den - seinen Angaben vollständigen
- Rechnungen des Prof. Dr. V. und der Krankenhausapotheke für den Behandlungszeitraum 21. Juni 2005 bis 8. November 2007 vorgelegt
und eine von ihm gefertigte Positionenaufstellung vorgelegt, die als reine Behandlungskosten eine Gesamtsumme von 68.380,32
EUR, in der auch die LITT-Behandlungen einbezogen sind, ausweist. Zusätzlich macht der Kläger Fahrkosten zum Universitätsklinikum,
Zentrum der Radiologie für 15 PKW-Fahrten in Höhe von 496,89 EUR (92 km x 0,36 EUR) sowie entgangene Zinsen in Höhe von 4
% für den Zeitrum 14. Februar 2008 bis 28. April 2011, mithin 8.823,80 EUR geltend, woraus sich ein von der Beklagten zu leistender
Gesamterstattungsbetrag in Höhe von 77.700,92 EUR ergäbe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17.11.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2005 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten der ambulanten Behandlung
seiner Ehefrau Dr. K.A. mit Chemoperfusion bei Prof. V. in Höhe von 77.700,92 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und
der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie des Unterlagenordners des Klägers Bezug genommen, der Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Kläger hat als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen
Ehefrau, der Versicherten, Anspruch auf Erstattung der Kosten, welche der Versicherten für die von Prof. Dr. V. im Zeitraum
21.06.2005 bis 13.09.2005 durchgeführte transarterielle Chemoperfusion entstanden sind und von ihr gegenüber Prof. Dr. V.
bezahlt wurden. Dementsprechend war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von 18.708,87 EUR
zu verurteilen. Dabei kann offen bleiben, ob Ansprüche nach § 13 Abs. 3 SGB V, der hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt (vgl. dazu unten) im Falle des Todes des Versicherten auf den Sonderrechtsnachfolger
(so BSG, 26.9.2006 - B 1 KR 1/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr. 5) oder auf die Erben als Rechtsnachfolger (so BSG, 25.8.2009, B 3 KR 25/08 R, JURIS; Ulmer in Wannagat SGB V, § 13 Rz 35b) übergehen.
1. Das Sozialgericht hat zwar in seinem angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt, dass bei der Klägerin tatsächlich eine
Chemoperfusionsbehandlung und nicht eine transarterielle Chemoembolisation durch Prof. Dr. V. in ambulanter Behandlungsweise
in dessen Institutsambulanz durchgeführt wurde.
Weiter hat das Sozialgericht auch zutreffend und überzeugend dargelegt, dass es sich bei der Chemoperfusion um eine neue Behandlungsmethode
im Sinne des § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 135 SGB V handele, für die eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses weder zum Zeitpunkt der Behandlung noch bis heute abgegeben
worden ist. Daraus hat das Sozialgericht auch zutreffend abgeleitet, dass ein Primäranspruch auf die Behandlung mittels Chemoperfusion
nicht bestanden hat, was in der Regel einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V ausschließt. Der Senat folgt auch den Darlegungen des Sozialgerichts, dass im Falle der Klägerin auch die grundrechtsorientierte
Auslegung anhand der Kriterien in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) keine Einstandspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung für die Bereitstellung der arteriellen Chemoperfusionsbehandlung,
die eine experimentelle Behandlungsweise darstellt, ergibt. Letztlich scheitert ein Anspruch auf Bereitstellung dieser Behandlungsweise
im Falle der Versicherten daran, dass als alternative Behandlung eine systemische Chemotherapie in Betracht gekommen wäre.
Im streitgegenständlichen Zeitraum war die gesundheitliche Situation der Versicherten so, dass mit einer Heilung ihres metastasierenden
Sigmakarzinoms nach allgemein medizinsicher Erkenntnis nicht mehr zu rechnen war, da es bereits zu Metastasen im Leber-, Lungen-
und lymphatischen Systembereich gekommen war. Behandlungsziel in dieser Situation konnte nur eine Verminderung der Metastasenentwicklung,
eine Symptomverbesserung und damit letztlich eine palliative Behandlung sein. Diese Ziele konnten auch mit der, wie Prof.
Dr. V. in seinem Befundbericht vom 7. Juli 2006 zugesteht, schulmedizinisch anerkannten Behandlungsweise der systemischen
Chemotherapie erreicht werden. Diese hätte bei der Klägerin, wie das Sozialgericht für den Senat nachvollziehbar und überzeugend
dargestellt hat, auch mit einer Fortführung der am 16. Juni 2005 eingeleiteten systemischen Chemotherapie mit CPT-11 (Irinotecan)
plus 5.-Flurorouracil und Calciumfolinat erreicht werden können. Falls die Versicherte wegen des von ihr geschilderten Defektes
der im UV. Krankenhaus ZN. eingesetzten Infusionspumpe kein Vertrauen in eine Weiterbehandlung in dem dortigen Krankenhaus
gehabt hätte, wäre es möglich gewesen, diese in Krankenhäusern bzw. von ambulant praktizierenden Onkologen eingesetzte Therapie
in einer anderen Einrichtung in Anspruch zu nehmen. Somit hatte im Falle der Versicherten zu Beginn der dann bei Prof. Dr.
V. am 21. Juni 2005 aufgenommenen Behandlung mit der Chemoperfusion eine allgemein anerkannte dem medizinischen Standard entsprechende
Behandlungsweise in Form der Anwendung einer systemischen Chemotherapie zur Verfügung gestanden. Damit führt die grundrechtsorientierte
Auslegung nicht zu einem Primäranspruch der Versicherten für die transarterielle Chemoperfusion. Deswegen ist es unerheblich,
dass das Sozialgericht im Rahmen seiner Prüfung, ob entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, eine nicht ganz
entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf hinsichtlich
der eingesetzten Chemoperfusionsbehandlung bestanden hat, auf die hier nicht maßgeblichen strengeren Kriterien, welche für
den sogenannten Off-Label-Use gelten, abgestellt hat. Auf die Kriterien des Off-Label-Use (vgl. zu diesen KassKomm-Brandts
§ 13 SGB V RdNr 57) ist hier nicht zurückzugreifen, weil nicht die Anwendung eines Zytostatikas oder eines sonstigen Medikaments für
eine Anwendung außerhalb des zugelassenen Indikationsbereiches infrage stand. Vielmehr handelt es sich bei der transarteriellen
Chemoperfusion um ein neues Behandlungsverfahren, das dadurch gekennzeichnet ist, dass in der Krebstherapie gängige Chemotherapeutika
in einer ganz bestimmten Weise in lokal begrenzte Organabschnitte in absolut hoch dosierter Weise eingebracht werden.
Entscheidungserheblich ist aber, dass das Sozialgericht in seiner Entscheidung nicht hinreichend dem Umstand Rechnung gezollt
hat, dass die Versicherte sich nicht aus freien Stücken zu Prof. Dr. V. in dessen Behandlung gegeben hatte, um sich bewusst
außerhalb des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherung mit einer medizinischen Methode behandeln zu lassen, die nicht
in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung fällt. Sie suchte vielmehr die Institutsambulanz des Prof. Dr.
V. in dem Universitätsklinikum Frankfurt am Main mit dem Überweisungsschein ihres Hausarztes und Vertragsarztes Dr. ID. vom
17. Juni 2005 auf. Dieser hatte die Versicherte zur ambulanten Be- und Weiterbehandlung mit dem Verfahren der Chemoembolisation
in die Universitätsklinik Frankfurt am Main überwiesen. Bei dem Verfahren der arteriellen Chemoembolisation handelt es sich,
was auch die Beklagte zugesteht, um ein Verfahren, das zum Leistungsspektrum der Gesetzlichen Krankenversicherung gehört.
Dies ergibt sich auch daraus, dass der EBM diese Behandlungsform ausdrücklich aufführt und hierfür eine eigene Gebührenordnungsziffer
vorsieht. Prof. Dr. V. war zwar nicht allgemein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und konnte daher nicht ohne weiteres
in ambulanter Form Versicherte der Gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen des Leistungssystems der Gesetzlichen Krankenversicherung,
d.h. auf Kosten der Krankenkassen, behandeln. Er war jedoch für die Anwendung der sehr spezialisierten und aufwendigen Behandlungstechnik
der arteriellen Embolisation zu einer vertragsärztlichen Behandlung berechtigt und auch verpflichtet, da er, wie die Kassenärztliche
Vereinigung Hessen in ihrer Auskunft eindeutig darlegte, eine sogenannte Ermächtigung für die Durchführung der arteriellen
Chemoembolisation hatte, die auch im Jahr 2005 galt. Danach hatte die Versicherte nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies galt auch für die im Überweisungsschein des Hausarztes eindeutig benannte
Chemoembolisation, sofern diese im Rahmen der konkreten Krankheitssituation der Versicherten geeignet war, deren Krankheitsbeschwerden
zu lindern. Prof. Dr. V. hat offenbar, wie sich aus seinem Befundbericht ergibt, im Falle der Versicherten das von hausärztlicher
Seite vorgesehene Verfahren der arteriellen Embolisation als nicht zielführend angesehen und sich zur Durchführung der arteriellen
Chemoperfusion entschlossen. Letztere unterfiel allerdings nicht dem Leistungskatalog, für den ihm eine Ermächtigung erteilt
worden war, und schied hierfür schon deshalb aus, weil es sich um ein medizinisch allgemein nicht anerkanntes und als experimentelles
Verfahren eingestuftes Behandlungskonzept handelte.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Versicherte nicht erkannt hatte, dass Prof. Dr. V. bei ihr nicht die hausärztlich
verordnete Chemoembolisation durchführte sondern die nicht zum Leistungsspektrum der Gesetzlichen Krankenversicherung gehörende
arterielle Chemoperfusion. Die entsprechenden Ausführungen der Versicherten und ihres Ehemannes, des Klägers, sind für den
Senat nachvollziehbar und glaubhaft. Für die Richtigkeit des diesbezüglichen Vorbringens spricht, dass die Versicherte genaue
Kenntnis von dem Text des Überweisungsscheins ihres Hausarztes hatte und die ihr in der Institutsambulanz von Prof. Dr. V.
überreichten Merkblätter zur durchzuführenden Behandlung nicht zwischen den Behandlungstechniken der transarteriellen Chemoperfusion
und der transarteriellen Chemoembolisation differenzierten. Dementsprechend war aus ihnen nicht erkennbar, dass Prof. Dr.
V. eine Chemoperfusion durchführte. Auch in der Rechnung des Prof. Dr. V. vom 19.07.2005 und auch in den folgenden Rechnungen
vom 15. August 2005 und 14. September 2005 ist als durchgeführte Maßnahme eine Embolisation und nicht eine Chemoperfusion
ausgewiesen. In den Schreiben der Versicherten an die Beklagte vom 18.06.2005 und vom 17.08.2005 ist jeweils von einer Chemoembolisation
die Rede. Erst durch den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2005 erfuhr die Versicherte, dass in ihrem Fall durch Prof. Dr.
V. keine Chemoembolisationen, sondern Chemoperfusionen durchgeführt worden waren. Zu diesem Zeitpunkt war die letzte Behandlungsmaßnahme
mit Chemoperfusion, die am 13.09.2005 stattgefunden hatte, bereits abgeschlossen. Da der für den Patienten wahrnehmbare Behandlungsvorgang,
nämlich die Punktion der Arteria femoralis und das dann sich anschließende Einbringen von Spezialkathetern bei der Behandlungstechnik
der transarteriellen Chemoembolisation und der Chemoperfusion gleich geartet ist, konnte die Versicherte auch nicht aus dem
Ablauf des invasiven Behandlungsgeschehens rückschließen, dass bei ihr keine transarterielle Chemoembolisation, sondern eine
transarterielle Chemoperfusion durchgeführt wurde.
Aus dem Umstand, dass - wie die Versicherte glaubhaft darlegte - sie vor jeder Behandlung in der Institutsambulanz von Prof.
Dr. V. dessen Vordruck für Behandlungen mit der Verpflichtung zur Selbstzahlung unterzeichnen musste und dies auch tat, lässt
sich nicht herleiten, dass für sie eindeutig klar war, die von Prof. Dr. V. durchgeführte Behandlung unterliege generell nicht
der Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung. Die im Laufe des Verfahrens von der Versicherten vorgelegten und
von ihr unterzeichneten Behandlungsvereinbarungen weisen nicht aus, welche Behandlungsmaßnahme konkret durchgeführt werden
sollte. Insbesondere ist darin nicht ausgewiesen, dass anstelle der nach der hausärztlichen Überweisung vorgesehenen Chemoembolisation
eine transarterielle Chemoperfusion beabsichtigt sei. Die lebensbedrohlich erkrankte Versicherte wurde durch das von Prof.
Dr. V. allgemein praktizierte Verfahren, von ambulant zu behandelnden Patienten, auch von solchen, die der Gesetzlichen Krankenversicherung
angehören, eine private Wahlvereinbarung unterschreiben zu lassen, da ansonsten eine Behandlung nicht erfolge, unter Druck
gesetzt. Es ist nachvollziehbar, dass sie in dieser Situation dem entsprechenden Verlangen nachkam, um die nach der Überweisung
durch ihren Hausarzt vorgesehene Behandlung zu erhalten. Sie konnte das mit den Pflichten eines ermächtigten Arztes nicht
im Einklang stehende Verhalten der Institutsambulanz von Prof. Dr. V. auch dahingehend verstehen, dass sich Prof. Dr. V. nur
absichern wollte, dass er bestimmte Leistungen, die z. B. den Charakter von Chefarztleistungen hätten, auch vergütet bekomme
und ansonsten die Krankenkasse dafür eintrete. Im Übrigen hatte die Versicherte auch bereits mit ihrem Schreiben vom 18.06.2006
der Beklagten mitgeteilt, dass sie sich aufgrund der Überweisung ihres Hausarztes in die Behandlung von Prof. Dr. V. begebe
und angesichts des Verlangens der Institutsambulanz des Prof. Dr. V., eine Privatbehandlungsvereinbarung zu unterschreiben,
die Kostenübernahme begehre.
Für die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Versicherten, sie habe keine andere Möglichkeit gesehen, um die von ihrem Hausarzt
verordneten Spezialbehandlung zu erhalten als die ihr in der Institutsambulanz des Prof. Dr. V. vorgelegten Behandlungsverträge
zu unterschreiben, sprechen auch Sachverhalte, die von anderen Sozialgerichten hinsichtlich der Abläufe in der Institutsambulanz
des Prof. Dr. V. wiedergegeben werden. So führt etwa das Sozialgericht Köln in seinem Urteil vom 19.02.2010 (S 26 KR 213/07; veröffentlicht in juris) aus: "Das Gericht hält die Angaben der Klägerin zum Zustandekommen der "Privatärztlichen Vereinbarungen"
mit Prof. Dr. XX (Anmerkung: gemeint ist Prof. Dr. V.) und zu der gerügten fehlenden Aufklärung über Chancen, Risiken und
Kosten der streitgegenständlichen Behandlung und insbesondere bezüglich der Tatsache, dass der Ehemann die gesamten Behandlungskosten
- sowie in welcher Höhe genau - ggf. alleine tragen muss, für glaubhaft. Der Vorwurf einer unzureichenden Aufklärung durch
Prof. Dr. XX und seinen Mitarbeiter zieht sich wie ein roter Faden durch zahlreiche gerichtliche Urteile, vgl. z. B. Urteil
des BSG vom 04.04.2006 - B 1 Kr 5 5/05 R, vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R - sowie Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12.01.2009 - S 23 KR 139/07 - und Urteil des Sozialgerichts Köln vom 19.02.2010 - S 26 KR 119/06). Dass der Ehemann der Klägerin Prof. Dr. XX mit Überweisung des Onkologen Dr. F. und seiner Krankenversicherungskarte aufgesucht
hat, wird von Prof. Dr. XX nicht bestritten, welchem der diesbezügliche Vortrag der Klägerin durch das Gericht vorgelegt worden
ist. Der Ehemann hat Prof. Dr. XX in seiner Eigenschaft als ermächtigter Krankenhausarzt, welcher als solche an der vertragsärztlichen
Versorgung wie ein Vertragsarzt mit den gleichen Rechten und Pflichten teil nimmt, aufgesucht und sich hierbei als Kassenpatient
ausgewiesen. Zur "Ermöglichung der Behandlung bei Prof. Dr. XX" ist ihm dann die privatärztliche Honorarvereinbarung vorgelegt
worden, wobei der Ehemann davon ausgegangen ist, lediglich ein Aufnahmeformular unterschrieben zu haben. Eine Aufklärung durch
Prof. Dr. XX oder das Krankenhauspersonal erfolgte insoweit nicht. Auch die vertragsärztliche Überweisung wurde zunächst angenommen
und erst mehrere Tage später zurückgeschickt. Bereits den zitierten Honorarvereinbarungen ist nicht zu entnehmen, dass der
Ehemann der Klägerin umfassend aufgeklärt worden ist. Entsprechendes hat er auch nicht unterschrieben ..." (zitiert nach juris
Rz. 10).
Es bleibt somit festzuhalten, dass zur Überzeugung des Senats feststeht, dass sich die Versicherte trotz der ihr abgerungenen
Unterzeichnung der privatärztlichen Behandlungsverträge des Prof. Dr. V. bis zum Ergehen des Bescheides der Beklagten vom
22.09.2005 in dem Glauben befunden hat, bei ihr werde die ihr von ihrem Hausarzt vertragsärztlich verordnete ambulant in der
Radiologie des Universitätsklinikums Frankfurt am Main, Institutsambulanz Prof. Dr. V., zu erbringende Chemoembolisation durchgeführt,
welche dementsprechend auch dem Grunde nach von der Krankenkasse zu vergüten sei. Prof. Dr. V., dem bewusst war, dass er nicht
die nach der hausärztlichen Überweisung vorgesehene vertragsärztliche Behandlung der Chemoembolisation durchführte, sondern
die nicht in den Leistungsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung fallende arterielle Chemoperfusion, hatte die Versicherte
nicht, wie es eigentlich zu seinen aufgrund seiner Ermächtigung übernommenen vertragsärztlichen Pflichten gehörte, über diese
Änderung der Behandlungsmethode und deren Auswirkungen auf die Einstandspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung hingewiesen.
Darin liegt ein sogenanntes Systemversagen, ausgelöst durch einen Akteur im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Mit der Rechtsfigur Systemversagen soll der Ausnahmefall des Versagens des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung
rechtsfolgenmäßig gelöst werden. Ein Systemversagen wird im Allgemeinen angenommen, wenn die Krankenkasse eine geschuldete
Leistung wegen eines Mangels im Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung dem Versicherten nicht oder nicht in
der gebotenen Zeit zur Verfügung stellen kann. Auf diese Situation ist der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ausgerichtet. Er ist die notwendige Ergänzung des Sach- und Dienstleistungsanspruchs und führt dazu, dass sich der Naturalleistungsanspruch
in einen Anspruch auf Kostenerstattung verwandelt. Die Reichweite des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V wird durch den Zweck der gesetzlichen Regelung bestimmt, Lücken in dem durch das Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung
garantierten Versicherungsschutz, die durch ein Systemversagen entstanden sind, zu schließen. Die Vorschrift stellt eine abschließende
gesetzliche Regelung der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche im Krankenversicherungsrecht dar.
Sie gewährt keinen allgemeinen Schadensersatzanspruch. Auf den richterrechtlich entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch,
der im Falle einer spezialgesetzlichen Regelung nicht anwendbar ist, kann nicht zurückgegriffen werden (Bundessozialgericht:
Urteil vom 4. April 2006 B 1 KR 5/05 R -, BSGE 96, 161; Urteil vom 2. November 2007 - B 1 KR 14/07 R -, BSGE 99, 180). Ansonsten bestünde die Gefahr, dass die spezifischen systembedingten Begrenzungen des Kostenerstattungsanspruchs in der
gesetzlichen Krankenversicherung unterlaufen und systemfremde Leistungen ermöglicht würden. Aus dem gleichen Grund schließt
§ 13 Abs. 3 SGB V die gleichzeitige Anwendung eines Anspruchs auf Aufwendungsersatz oder aus Bereicherung aus (vgl. KassKomm-Brandts § 13 SGB V RdNr. 45 ff mit zahlreichen Einzelnachweisen aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts).
Dass eine Verpflichtung einer Krankenkasse, den Versicherten von den Kosten einer Behandlung freizustellen bzw. ihm Kostenerstattung
zu gewähren, auch dann entstehen kann, wenn der ärztliche Leistungserbringer die ihm kraft vertragsärztlicher Zulassung übertragenen
öffentlich-rechtlichen Informationspflichten gegenüber dem Versicherten nicht oder schlecht erfüllt und dadurch bewirkt hat,
dass der Versicherte die vom ärztlichen Leistungserbringer veranlasste objektiv ungerechtfertigte Leistung in schutzwürdigem
Vertrauen als Kassenleistung in Anspruch nahm, hat das Bundessozialgericht bereits mehrfach entschieden (z.B. in den Urteilen
vom 9. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R -, BSGE 82, 158 und vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96 -, BSGE 79,190). Wegen der höchstrichterlichen Klärung, dass § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V eine spezialgesetzliche abschließende Regelung für die Rechtsfolgen eines Systemversagens enthält, kann dahingestellt bleiben,
ob eine Einstandspflicht der Krankenkasse in solchen Fallkonstellationen auf Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung (so der 1.
Senat des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 9. Juni 1998 - B 1 KR 18/96 R -) oder auf der Kostenerstattungsregelung des § 13 SGB V (so der 4. Senat des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 23. Oktober 1996 - 4 RK 2/96 -) beruht.
Im Falle der Versicherten ist es durch das Verhalten des Prof. Dr. V. im Hinblick auf die bis zum 13. September 2005 einschließlich
durchgeführten Chemoperfusionen, welche die Versicherte als Chemoembolisationsbehandlungen wahrnahm, zu einem Systemversagen
gekommen. Hieraus ergibt sich eine Einstandspflicht der Beklagten nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V. Dabei ist für den Senat maßgeblich, dass die Versicherte sich nicht aus freien Stücken zu Prof. Dr. V. begab mit der Intention,
Privatpatient zu werden. Sie unterzog sich vielmehr der ambulanten Behandlung durch Prof. Dr. V. in dem Bewusstsein, dieser
führe die nach der hausärztlichen Überweisung vorgesehene und zum Leistungsspektrum der Gesetzlichen Krankenversicherung gehörende
Chemoembolisation durch. Letztlich wurde sie von den Mitarbeitern des Prof. Dr. V. oder von ihm selbst zur Unterzeichnung
einer privatärztlichen Honorarvereinbarung gedrängt.
Bei dieser Sachlage hält der Senat die vom Sozialgericht Köln in dessen Urteil vom 19. Februar 2010 (S 26 KR 213/07) in Anlehnung an die Urteile des Bundessozialgerichts vom 18. Juli 2007 (B 1 KR 9/05 R) und vom 2. November 2007 (B 1 KR 14/07 R) - auch in seinem Urteil vom 16. Dezember 2008 (B 1 KR 2/08 R) hat der erste Senat des Bundessozialgerichts daran festgehalten, dass ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V das Vorliegen eines rechtswirksam entstandenen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes voraussetze - gewählte rechtliche
Lösung und Bearbeitung eines solchen Sachverhaltes nicht für zielführend. Das Sozialgericht Köln stellt den Umstand, dass
seitens der gesetzlich versicherten Patienten des Prof. Dr. V. in ähnlich gelagerten Fällen eine privatärztliche Honorarvereinbarung
unterzeichnet wurde, in den Vordergrund. Es führt weiter aus, die Anspruchsgrundlage für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V setze sowohl begrifflich als auch nach dem Wortlaut und dem Zweck der Norm voraus, dass dem Versicherten Kosten entstanden
sind. Insoweit reiche es aus, sei jedoch zwingend erforderlich, dass der Versicherte einer berechtigten Honorarforderung des
Leistungserbringers ausgesetzt sei. Dies sei dann nicht gegeben, wenn der von dem Patienten mit Prof. Dr. V. abgeschlossene
Behandlungsvertrag unwirksam sei. Dies sei wiederum der Fall - dabei wird auf einen Behandlungsvertrag abgestellt, der vom
Text her identisch ist mit dem hier von der Klägerin unterzeichnetem Vertrag -, wenn es sich um eine privatrechtliche Vereinbarung
handele, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften des Sozialgesetzbuches abweiche und damit gemäß
§ 32 Sozialgesetzbuch I - Allgemeiner Teil - ( SGB I) nichtig sei. Dies treffe jedenfalls dann zu, wenn der Versicherte vor Beginn der Behandlung nicht ausdrücklich verlangt
habe, auf eigene Kosten behandelt zu werden und dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt habe oder wenn für Leistungen,
die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, nicht vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt
und dieser auf die Pflicht zu Übernahme der Kosten hingewiesen worden sei. Weiter erfordere ein wirksamer privatärztlicher
Behandlungsvertrag, dass ein Versicherter vor Beginn der Behandlung nicht nur genau über die Behandlungsmethoden und die damit
verbundenen Risiken, sondern auch darüber informiert werde, ob die durchgeführte Behandlung zu den Sachleistungen in der Gesetzlichen
Krankenversicherung gehöre oder nicht. Gegebenenfalls müsste auch auf zur Verfügung stehende alternative Behandlungsmethoden
und die Möglichkeit der Erbringung in stationärem Rahmen auf Kosten der Gesetzlichen Krankenversicherung hingewiesen werden
müssen. Auch sei der Patient über die Höhe der eventuell selbst zu tragenden Kosten aufzuklären. Weiter führt das Sozialgericht
Köln in seinem Urteil vom 19.02.2010 aus, sei eine Honorarforderung des Leistungserbringers wegen solcher Mängel nicht entstanden
und eine getroffene Entgeltvereinbarung nichtig, so habe dies zur Folge, dass ein Freistellungs- und Kostenerstattungsanspruch
aus § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 und 2 SGB V nicht bestehe. Vielmehr sei der von einem so nichtigen privatärztlichen Behandlungsvertrag betroffene Patient darauf zu verweisen,
die dem Behandler bereits geleisteten Zahlungen auf dem Zivilrechtswege, gegebenenfalls per Zahlungsklage, zurückzufordern.
Diese Schlussfolgerungen sind nach Auffassung des Senats nur sachgerecht, wenn der Versicherte sich bewusst und ohne Nötigung
eines Vertragsarztes außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln lässt, insbesondere dann, wenn er
einen nicht zugelassenen Leistungserbringer aufsucht oder aus freien Stücken mit einem zugelassenen Leistungserbringer vom
öffentlich-rechtlichen Leistungsrahmen abweichende privatrechtliche Vereinbarungen trifft. Dies war bei der Versicherten im
Hinblick auf die bis zum 13. September 2005 erfolgten Chemoperfusionen aber gerade nicht der Fall. Dann widerspricht es aber
der aus dem Systemversagen resultierenden Einstandspflicht der Krankenkasse, dass der betroffene gesetzlich krankenversicherte
Patient mit den Durchsetzungsrisiko eines Rückforderungsanspruches und dem Risiko, dass der beklagte Arzt mit einer eventuellen
Einrede der Verjährung durchdringt, belastet wird. Es kommt hinzu, dass bei dieser rechtsdogmatischen Lösung die Sozialgerichte
gehalten sind, im Einzelnen die zivilrechtliche Wirksamkeit einer von dem Patienten unterzeichneten privatärztlichen Vereinbarung
zu klären. Des Weiteren ist nicht gewährleistet, dass die Zivilgerichte die dann von den Sozialgerichten vorgenommene Beurteilung
der rechtlichen Wirksamkeit einer Behandlungsvereinbarung übernehmen. Eine förmliche Bindung an entsprechende Feststellungen
der Sozialgerichte sehen die Prozessordnungen nicht vor.
Somit hat die Beklagte nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V dem Kläger als Rechtsnachfolger der Versicherten, die von Prof. Dr. V. für seine bis zum 13. September 2005 einschließlich
durchgeführten Chemoperfusionen nebst medizinischen Begleitmaßnahmen und Medikamenten in Rechnung gestellten und von der Versicherten
vergüteten Beträge zu erstatten. Diese belaufen sich auf 18.573,51 EUR.
Die Kostenerstattungsregelung in § 13 Abs. 3 SGB V schließt in Fällen des Systemversagens auch Fahrkosten ein (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 5/05 R - BSGE 96, 161, veröffentlicht auch in juris). Für die erstattungsfähigen 4 ambulanten Behandlungen hält der Senat den insoweit geltend
gemachten Betrag von 135,36 EUR für angemessen und nachvollziehbar. Zinsen aus dem ausgeurteilten Betrag stehen dem Kläger
nicht zu. Nach § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch I - Allgemeiner Teil - ( SGB I) sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des
Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn sich - wie
hier - ein ursprünglicher Sachleistungsanspruch auf Heilbehandlung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V in einen Erstattungsanspruch des Versicherten umwandelt (vgl. Timme in: Krahmer (Hrsg.), Sozialgesetzbuch I, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Auflage 2008, § 44 Rz. 5 mwN). Jedoch beginnt die Verzinsung nach Abs. 2 dieser Norm frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang
des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger. Letzterer muss auf Grund der vorgelegten Unterlagen in
der Lage sein, Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs zu prüfen (vgl. KassKomm-Seewald § 44 SGB I RdNr 11). Dies war der Beklagten aber erst mit Vorlage der vollständigen Rechnungen des Prof. Dr. V. und der Krankenhausapotheke
möglich. Der Kläger hat diese Unterlagen erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegt. Damit beginnt
die Sechs-Monatsfrist erst mit dem 28. April 2011 zu laufen, was einem derzeitigen Zinsanspruch nach § 44 Abs. 2 SGB I entgegensteht.
2. Soweit der Kläger trotz der Formulierung in seinem in der Berufungsinstanz gestellten Antrag, die Beklagte zu verurteilen,
"ihm die Kosten der ambulanten Behandlung seiner Ehefrau mit Chemoperfusion bei Prof. Dr. V." zu erstatten, den zu erstattenden
Betrag mit 77.700,92 EUR beziffert, bezieht er der Sache nach in sein Klagebegehren auch die Behandlungskosten für sämtliche
ab dem 25. Oktober 2005 bis zum 8. November 2007 erfolgten ambulanten Behandlungen des Prof. Dr. V. ein. Dies ergibt sich
aus seiner Aufstellung der Prof. Dr. V. und der Krankenhausapotheke vergüteten Rechnungen und den vorgelegten Rechnungsunterlagen.
Somit wird nunmehr auch Kostenerstattung für die LITT-Behandlungen beansprucht. Darin sieht der Senat eine Klageerweiterung
in der Berufungsinstanz, die er nach dem gemäß § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) entsprechend anzuwendenden § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG für zulässig erachtet. Eine Klageänderung liegt nicht vor, weil Anknüpfungspunkt für die Ausweitung des geltend gemachten
Anspruchs weiterhin der der ursprünglichen Klage zu Grunde liegende Lebenssachverhalt ist. Dieser liegt in der Behandlung
der metastasierten Krebserkrankung der Ehefrau des Klägers durch Prof. Dr. V ...
Der Kläger kann aber mit seinem die Zahlung von 18.708,87 EUR überschreitenden Klageanspruch keinen Erfolg haben. Soweit dieses
Klagebegehren auf die Erstattung der Kosten für Chemoperfusionsbehandlungen abzielt, die Prof. Dr. V. nach dem Ergehen des
an die Versicherte gerichteten Bescheides der Beklagten vom 22. September 2005 durchführte, kann sich der Kläger nicht mehr
auf das Vorliegen eines Systemversagens berufen. Der Versicherten war seitens der Beklagten durch diesen Bescheid klar dargelegt
worden, dass Prof. Dr. V. keine Chemoembolisation, sondern die nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung
gehörende Chemoperfusion bei ihr durchführe. Die Versicherte konnte sich daher nicht weiter in dem Glauben wiegen, ihr werde
eine der Überweisung ihres Hausarztes entsprechende Kassenleistung erbracht. Spätestens ab dem Zugang des Bescheides vom 22.
September 2005 hätte sich die Versicherte mit Prof. Dr. V. auseinandersetzen und sich sodann entscheiden müssen, ob sie zukünftig
die Chemoperfusion außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung auf eigene Kosten in Anspruch nehme. Ein Rechtsschein,
dass sie eine Behandlung erhalte, die eine Kassenleistung darstelle, bestand jedenfalls nicht mehr.
Für die bei ihr zusätzlich von Prof. Dr. V. ambulant mehrfach durchgeführte laserinduzierte Interstitielle Thermotherapie
hatte die Versicherte keine Überweisung eines Vertragsarztes und sie war sich dessen offenbar - anders als hinsichtlich der
Chemoembolisation - bewusst, dass es sich bei diesem Behandlungsverfahren um ein solches handelte, das ambulant im Regelfall
nicht als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung und auf deren Kosten zu erlangen war. Jedenfalls hat sie im Verwaltungsverfahren
und insbesondere auch in ihrem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. August 2005 auf die Chemoembolisation abgestellt und
nicht die Gewährung einer LITT als Sachleistung oder im Wege der Kostenübernahme beantragt. Damit scheitert ein Kostenerstattungsanspruch
bereits an der Nichteinhaltung des Beschaffungsweges. Ein Kostenerstattungsanspruch nach der hier allein in Betracht kommenden
2. Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt voraus, dass der Versicherte eine Entscheidung der Krankenkasse einholt, bevor er sich die begehrte Krankenbehandlung
selbst verschafft (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 21. Februar 2008 - B 1 KR 123/07 B). Wegen des Ausnahmecharakters der Kostenerstattung muss den Krankenkassen zur Vermeidung von Missbräuchen vorab die Prüfung
ermöglicht werden, ob die beanspruchte Behandlung im Rahmen des vertragsärztlichen Versorgungssystems bereit gestellt werden
kann und - falls dies nicht möglich ist - ob sie zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, insbesondere
den Anforderungen der Geeignetheit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung genügt. Dies gilt auch,
wenn eine Leistung verlangt wird, die kraft Gesetzes oder durch untergesetzliche Normen (vermeintlich) ausgeschlossen ist
und ein Leistungsanspruch nur durch eine grundrechtsorientierte Auslegung begründet werden kann (Bundessozialgericht, Urteil
vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R).
Bei der LITT handelt und handelte es sich um eine "neue" Behandlungsmethode iS von § 92 Abs. 2 i.V.m. § 135 SGB V, die ambulant nur dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen gewesen wäre, wenn bereits zum Zeitpunkt
der Behandlung eine positive Empfehlung des Bundesausschusses vorgelegen hätte. Hieran fehlt es. Der therapeutische Nutzen
der LITT sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse
standen zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung der Klägerin mit diesem Verfahren (25. Oktober 2005) nicht (positiv) fest.
Der Bundesausschuss beschloss zudem am 18. Oktober 2005, die LITT als Nr. 43 den "nicht anerkannten Methoden" der Anlage B
der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinie) zuzuweisen (vgl. Bekanntmachung,
BAnz. Nr. 8 vom 12. Januar 2006, S. 107). Diesem Beschluss lagen u.a. ein Health Technology Assessment (HTA)-Gutachten der
Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) zur LITT vom 18. Januar 2002 sowie ein "Grundsatzgutachten
LITT" des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in den Ländern und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände
der Krankenkassen (MDS/MDK) vom 5. Februar 2003 zu Grunde. Die Zuordnung zu den "nicht anerkannten Methoden" kann dem Erstattungsanspruch
zwar erst seit dem 13. Januar 2006 entgegengehalten werden, denn der Beschluss vom 18. Oktober 2005 ist erst am Tag nach Veröffentlichung
seiner Bekanntmachung in Kraft getreten. Er hat daher keine unmittelbare Rechtswirkung für die bereits im Oktober 2005 erfolgte
Behandlung der Versicherten. Für die vor dem 13. Januar 2006 liegende Zeitphase bestand aber nach der damals geltenden Rechtslage
ebenfalls kein Anspruch gegen die Krankenkassen auf Ermöglichung einer Behandlung mit der LITT-Methode. Diese zeichnet sich
dadurch aus, dass eine positive Feststellung des Bundesausschusses nicht vorlag (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November
2006 - B 1 KR 24/06 R -) und die Methode auch sonst in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein als wirksam anerkannt war. Ebenso wie bei
der Chemoperfusionsbehandlung führt auch in Bezug auf die LITT eine grundrechtsorientierte Auslegung zu keinem anderen Ergebnis.
Für die nicht kurative Therapie der Versicherten stand die systemische Chemotherapie zur Verfügung.
Es war daher zu entscheiden wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei für den Senat maßgeblich ist, dass die Beklagte Anlass für die - wenn auch nur teilweise erfolgreiche - Klage gegeben
hat.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 166 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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