SGB-II-Leistungen
Österreichischer Staatsbürger
Fehlende Hilfebedürftigkeit
Nachweis von Tatbestandsvoraussetzungen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03.2012 bis zum 31.07.2012.
Der am 00.00.1968 geborene Kläger ist österreichischer Staatsbürger. Nachdem er bereits am 30.09.1993 erstmals in die Bundesrepublik
eingereist war, reiste er am 24.04.2009 in Begleitung einer weiteren Person zum Zwecke der Arbeitsuche in die Bundesrepublik
ein. Zunächst war er in E gemeldet, ab dem 01.06.2009 in der I-Str. 00 in H. Am 07.09.2009 sprachen er und Frau B C, geb.
00.00.1952, gemeinsam bei der Stadt H, Ausländerabteilung, vor und beantragten eine Freizügigkeitsbescheinigung, die dem Kläger
am 07.05.2010 ausgestellt wurde.
Am 08.09.2009 beantragten der Kläger und Frau B C gemeinsam beim Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II, wo sie als Bedarfsgemeinschaft geführt wurden. Mit Bescheid vom 27.10.2009 lehnte der Beklagte Leistungen unter Bezugnahme
auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger unter der Adresse des "Weißen Hauses" (Begegnungs- und Beratungsstätte für Menschen
ohne festen Wohnsitz) in H gemeldet.
Vom 02.10.2009 bis zum 06.03.2010 war der Kläger als Zusteller bei der Firma H zu einem Grundlohn von 5,50 Euro/Stunde beschäftigt.
Bezahlt wurde der Kläger nach Arbeitsanfall, bei ausbleibendem Einsatz war eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden
vereinbart. Vom 10.05.2010 bis 12.07.2010 war er als Hilfskraft für die Firma U Arbeitnehmerüberlassung für 7,31 Euro/Stunde
vollzeitig tätig.
Auf den Antrag des Klägers vom 23.07.2010 bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.12.2010 Regelleistungen
(359,- monatlich), der Bescheid war an das "Weiße Haus" adressiert. Am 15.02.2011 beantragte der Kläger erneut Leistungen.
Er reichte einen am selben Tag geschlossenen Mietvertrag für eine Wohnung in der L Straße 00 in H ab dem 01.03.2011 ein. Hierfür
zahlte er als Grundmiete monatlich 197,23 Euro zuzüglich monatlicher Vorauszahlungen auf Betriebs- und Nebenkosten iHv 55,-
Euro und auf Heizkosten iHv 99,- Euro (insgesamt 351,23 Euro).
Der Beklagte bewilligte dem Kläger vom 15.02.2011 bis zum 31.08.2011 Leistungen (Bescheid vom 24.02.2011 in der Fassung des
Änderungsbescheids vom 26.03.2011). Vom 12.04.2011 bis zum 14.06.2011 hielt sich der Kläger in Spanien auf.
Nach Anhörung des Klägers stellte die Stadt H, Ausländerabteilung, mit Verfügung vom 15.04.2011, zugestellt an den Bevollmächtigten
des Klägers, den Verlust des Rechts der Freizügigkeit des Klägers fest und gab diesem auf, die Bundesrepublik Deutschland
innerhalb von einem Monat nach Unanfechtbarkeit der Verfügung zu verlassen. Die Abschiebung nach Österreich wurde für den
Fall, dass der Kläger nicht freiwillig ausreise, angedroht. Die hiergegen gerichtete Klage nahm der Kläger am 20.01.2012 zurück.
Mit Bescheid vom 01.09.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen vom 01.09.2011 bis zum 30.11.2011. Den hiergegen
erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2012 zurück. Auf den Fortzahlungsantrag vom 30.11.2011
bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19.12.2011 Leistungen für die Zeit vom 01.12.2011 bis zum 29.02.2012 iHv 723,23 Euro
(372,- Euro Regelleistungen und 351,23 Kosten der Unterkunft und Heizung). Mit Bescheid vom 16.02.2012 stellte der Beklagte
für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II iHv 30% des Regelbedarfs (112,20 Euro)
fest.
Am 17.02.2012 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Leistungen. Nach Rückfrage bei der Ausländerabteilung, die mitteilte,
es liege keine Berechtigung zur Freizügigkeit mehr vor, lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 24.02.2012 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2012 der Begründung ab, der Kläger halte sich allein zum Zwecke der Arbeitsuche
in der Bundesrepublik auf und sei daher von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Frau B C stellte am 17.02.2012 einen Antrag auf Leistungen, den der Beklagte mit Bescheid vom 28.03.2012 ablehnte. Gemeldet
war Frau B C in der L Str. 00 "bei E". Am 18.06.2012 stellte Frau B C einen neuen Antrag. Vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012
bewilligte der Beklagte den Regelbedarf von 374,- Euro/Monat. Den Fortzahlungsantrag vom 01.12.2012 lehnte der Beklagte mit
Bescheid vom 26.11.2012 ab.
Mit der am 18.04.2012 beim SG H erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe zuvor Leistungen bezogen und habe eine Eingliederungsvereinbarung mit
dem Beklagten abgeschlossen. Die Leistungen seien ihm ohne vorherige Anhörung nicht weiter bewilligt worden. Ihm drohe akut
Wohnungslosigkeit, der Vermieter habe ihm die Wohnung wegen Mietrückstandes fristlos gekündigt. Seinen Lebensunterhalt habe
er mit Flaschensammeln und Essen von der "Tafel" bestritten.
Am 09.03.2012 hat der Kläger beantragt, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen nach dem SGB II zu zahlen, er sei zur Zeit mittellos und ohne jedes Einkommen. Auf dem Konto habe er kein Guthaben. Mit Beschluss vom 26.03.2012
hat das Sozialgericht den Antrag unter Bezugnahme auf den Leistungsausschluss abgelehnt (S 40 AS 585/12 ER).
Am 01.06.2012 hat der Kläger erneut eine einstweilige Anordnung beantragt. In einer Versicherung an Eides Statt vom 29.05.2012
hat er angegeben, seinen Lebensunterhalt durch das Sammeln von Flaschen zu bestreiten. Einer Erwerbstätigkeit gehe er nicht
nach, die Wohnung in der L Straße sei ihm gekündigt worden, Miete habe er seit Monaten nicht gezahlt.
Mit Beschluss vom 28.06.2012 hat das SG den Beklagten verpflichtet, vorläufig, längstens für die Dauer von sechs Monaten, Leistungen nach dem SGB II zu zahlen (S 27 AS 1306/12 ER). Im Beschwerdeverfahren (L 7 AS 1266/12 B ER) hat der Beklagte mitgeteilt, es sei jetzt erst bekannt geworden, dass der Kläger seit dem 17.02.2012 gemeinsam mit
Frau B C in der Wohnung in der L Straße gewohnt habe. Der Beklagte hat eine Anmeldebestätigung der Meldebehörde vom 22.03.2012
eingereicht, nach der Frau B C in der L Str. 00 gemeldet ist. Der Ermittlungsdienst des Beklagten hat mitgeteilt, er habe
am 03.09.2012, 04.09.2012 und am 05.09.2012 niemanden angetroffen. Mit Beschluss vom 06.09.2012 hat der Senat die Beschwerde
zurückgewiesen. Der Aufenthalt des Klägers sei unklar, weshalb Kosten für Unterkunft und Heizung nicht gezahlt werden könnten.
Vom 01.06.2012 bis zum 04.06.2012 hat der Kläger ca. zwei Stunden täglich, insgesamt acht Stunden, zur Probe für die Firma
F Services in der A Erlebniswelt H gearbeitet, hierfür hat er insgesamt 69,15 Euro Lohn (brutto wie netto) erhalten, der ihm
nach dem 18.07.2012 ausgezahlt wurde.
Mit Urteil vom 31.07.2012 hat das SG den Beklagten verurteilt, an den Kläger in der Zeit vom 01.03.2012 bis zum 31.07.2012 Regelleistungen, Kosten der Unterkunft
und Heizung iHv 351,23 Euro sowie Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserbereitung zu zahlen. Der Leistungsausschluss verstoße
gegen europäisches Recht. Der Kläger hat für die Zeit ab 01.08.2012 einen Weiterbewilligungsantrag gestellt, den der Beklagte
mit Bescheid vom 14.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.10.2012 abgelehnt hat. Der Kläger hat hiergegen
Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben.
Der Beklagte hat gegen das am 09.08.2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 15.08.2012 Berufung eingelegt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 31.07.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Entziehung der Freizügigkeit sei zu Unrecht erfolgt.
Am 20.11.2012 hat der Kläger einen weiteren Weiterbewilligungsantrag gestellt. Der Beklagte hat vermerkt, der Kläger habe
zugleich den Antrag seiner Lebensgefährtin Frau B C eingereicht und mitgeteilt, mit dieser in einem Haushalt zu leben. Mit
Bescheid vom 22.11.2012 hat der Beklagte den Antrag abgelehnt.
Im Erörterungstermin vom 26.03.2013 hat der Kläger mitgeteilt, er habe sich bis auf seine Urlaube, die er teilweise im Ausland
verbracht habe, durchgehend in der Bundesrepublik aufgehalten. Er sei gelernter Koch und unterschiedlichen Tätigkeiten nachgegangen.
Teilweise habe er als Zeitungsverteiler gearbeitet, im Jahr 2011 habe er zuletzt für ein halbes Jahr bei einer Metallfirma
in Vollzeit zu einem Nettolohn von etwa 800,- Euro gearbeitet. Seinen Lebensunterhalt seit März 2012 habe er dadurch bestritten,
dass er bei der Tafel Lebensmittel bekommen habe. Die dafür erforderlichen 2,- Euro habe er durch Leergutsammeln zusammenbekommen.
Den Geldbetrag müsse er derzeit nicht zahlen. Zudem bestehe die Möglichkeit, im "Weißen Haus" ein Mittagessen einzunehmen.
Auf Anfrage des Senats hat das Ausländeramt mitgeteilt, der Kläger sei aufgrund der Verfügung vom 15.04.2011 vollziehbar ausreisepflichtig
gewesen, die Freizügigkeit sei aberkannt worden und der Aufenthalt nicht rechtmäßig gewesen. Der Kläger habe sich auf die
persönliche Vorladung nicht vorgestellt, es verbleibe bei der vollziehbaren Ausreisepflicht.
Der Kläger ist am 01.06.2014 in die N-Straße 00 in H gezogen. Die Bevollmächtigte des Klägers hat mitgeteilt, sie habe seit
Sommer 2014 keinen Kontakt mehr zum Kläger. Dieser sei auch nach Angaben des Vermieters in der N-Straße seit längerer Zeit
nicht mehr anwesend. Sie könne nur vermuten, dass der Kläger mit seiner Lebensgefährtin Frau B C nach Spanien gezogen sei.
Eine Rücksprache mit den früher für den Kläger und seine Lebensgefährtin tätigen Rechtsanwälten habe ergeben, dass auch diese
keinen Kontakt mehr hätten. Zum Erörterungstermin am 26.01.2017 ist der Kläger nicht erschienen, die Ladung konnte nicht zugestellt
werden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsakten des
Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beklagten zur Zahlung von Leistungen
nach dem SGB II verurteilt. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch nicht zu.
Der Senat lässt offen, ob der Kläger in Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum (01.03.2012 bis 31.07.2012) geltenden Fassung als Arbeitsuchender oder Person, die ohne Aussicht
auf Erfolg Arbeit gesucht hat, von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, oder ob er sich als österreichischer
Staatsangehöriger insoweit mit Erfolg auf das Gleichbehandlungsgebot in Art. 2 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Österreich über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege vom 17. Januar 1966 (BGBl II 1969, 2 ff) berufen kann. Ebenso lässt der Senat offen, ob der Kläger in Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II als vollziehbar ausreisepflichtiger Leistungsberechtigter nach §
1 Abs.
1 Nr.
5 AsylbLG (zur fraglichen Anwendung des
AsylbLG auf Unionsbürger vgl ausführlich mwN Frerichs in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, §
1 AsylbLG, Rn 43; VG Ansbach Urteil vom 26.01.2004 - AN 4 K 03.01940; abweichend im Erg. Bayerisches LSG Beschluss vom 12.03.2008 -
L 7 B 1104/07 AS ER; Hessisches LSG Beschlüsse vom 05.02.2015 - L 6 AS 883/14 B und vom 22.05.2015 - L 4 SO 31/15 B; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.02.2017 - L 19 AS 2512/16 B ER) von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist. Denn die Hilfebedürftigkeit iSd § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II als Grundvoraussetzung für einen Leistungsanspruch ist nicht nachgewiesen.
Für deren Vorliegen trägt der Kläger die Beweislast. Denn nach den allgemeinen Regeln für die Darlegungs- und Beweislast gilt,
dass derjenige die Tatsachen darlegen muss, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Dies betrifft sowohl das
Vorhandensein von positiven, als auch das Fehlen von negativen Tatbestandsvoraussetzungen (vgl nur BSG Urteile vom 15.06.2016 - B 4 AS 41/15 R und vom 25.06.2015 - B 14 AS 30/14 R).
Der Tatbestand öffentlich-rechtlicher Normen ist regelmäßig nur erfüllt, wenn ein einschlägiger Sachverhalt nach Ausschöpfung
grundsätzlich aller zur Verfügung stehenden Erkenntnisgrundlagen bis zur Grenze der Zumutbarkeit (BSG Beschluss vom 02.03.2010 - B 5 R 208/09 B; BVerwG Urteil vom 26.08.1983 - 8 C 76/80; vgl auch BVerfG Beschluss vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90) mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl zB BSG Urteil vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R) im Vollbeweis, dh zur vollen Überzeugung des Gerichts im Sinne einer subjektiven Gewissheit feststeht (BSG Urteil vom 15.12.2016 - B 5 RS 8/16 R). Für das sozialgerichtliche Verfahren ergibt sich dies aus §
103 Satz 1 Halbsatz 1, §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG. Abweichungen (zB hinreichende Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftmachung) von diesem Regelbeweismaß bedürfen einer gesetzlichen
Grundlage (BSG Urteile vom 15.12.2016 - B 5 RS 8/16 R und vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R; Beschluss vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B). Eine Abweichung von Regelbeweismaß ist nicht gegeben.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist bei Personen, die einer Bedarfsgemeinschaft angehören, u.a. das Einkommen des Partners zu berücksichtigen (vgl auch BSG Urteil vom 29.03.2007 - B 7b AS 2/06 R).
Die Hilfebedürftigkeit steht nicht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Vollbeweis fest. Zwar spricht einiges
für die Hilfebedürftigkeit. Der Kläger hat für längere Zeiträume in keiner festen Unterkunft gelebt, seine Meldeadresse zT
in einer Unterkunft für Menschen ohne festen Wohnsitz gehabt und von August 2010 bis Februar 2012 fast durchgehend - mit Ausnahme
der Zeit vom 01.01.2011 bis 14.02.2011 - SGB II-Leistungen bezogen. Dennoch verbleiben Zweifel, die sich nicht ausräumen lassen. Für den Beweis der Hilfebedürftigkeit kann
der Senat allein auf die Angaben des Klägers zurückgreifen. Der Beteiligtenvortrag ist auch im Sozialgerichtsprozess als Beweismittel
zulässig, das Gericht kann also die Beteiligten anhören und seine Überzeugung allein auf deren Aussage stützen, wenn dies
im Rahmen freier Beweiswürdigung möglich erscheint, dh die Aussage glaubhaft und schlüssig ist und nicht zu anderen Beweisergebnissen
in Widerspruch steht (Kühl in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl., §
118 Rn 26 mwN). Die Angaben des Klägers in den Akten sind indes nicht vollumfänglich glaubhaft und schlüssig. Es fehlt insbesondere
eine nachvollziehbare Erklärung dafür, wie der Kläger seinen Lebensunterhalt in der Zeit vom 01.03.2012 bis wenigstens Ende
Juni 2012 bestritten hat. Sein Vortrag, er habe in der Zeit vom 01.03.2012 bis Ende Juni 2012 und damit fast im gesamten streitigen
Zeitraum seinen Lebensunterhalt allein vom Sammeln von Leergut und Lebensmitteln von der Tafel sichergestellt, ist nicht plausibel.
Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Erörterungstermin angegeben hat, er habe meistens nur zwei Euro
durch das Flaschensammeln verdient, um damit eine Mahlzeit bei der Tafel zu erhalten. Mehr als das bloße physische Überleben
ist dadurch nicht sichergestellt. In einer solchen Notlage ist dann nicht nachvollziehbar, warum er nach erstmaliger Ablehnung
des Erlasses einer einstweiligen Anordnung durch das Sozialgericht im März 2012 bis zum zweiten Eilantrag aus Juni 2012 über
zwei Monate verstreichen ließ. Nach Aktenlage ergeben sich auch Hinweise darauf, dass er nicht immer alle Informationen mitgeteilt
hat, so dass der Senat die Vollständigkeit des klägerischen Vortrags nicht unterstellen kann. So hat der Kläger im streitigen
Zeitraum im gleichen Haushalt mit Frau B C zusammen gelebt, ohne dies im Rahmen der Beantragung von Leistungen oder der gerichtlichen
Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz zu erwähnen. Nach Aktenlage ist der Kläger spätestens seit September 2009 immer wieder
gemeinsam mit Frau B C aufgetreten und hatte mit ihr beim Beklagten auch schon einmal als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach
dem SGB II beantragt. Unklar ist, wo sich Frau B C in der Zwischenzeit bis zum 17.02.2012 aufgehalten hat, nicht vollständig geklärt
ist auch, wovon Frau B C im streitigen Zeitraum ihren Lebensunterhalt bestritten hat. Ab dem 01.06.2012 wurden ihr nach Angaben
des Beklagten Leistungen nach dem SGB II bewilligt, so dass es jedenfalls nahe liegt, in dieser Zeit von ihrer Hilfebedürftigkeit auszugehen. In der Zeit vom 01.03.2012
bis 31.05.2012 ist ihre die Hilfebedürftigkeit dagegen nicht geklärt und lässt sich auch nicht mehr aufklären.
Andere Beweismittel fehlen. Die Anhörung der dem Kläger nahestehenden Frau B C, die nach Aktenlage Angaben zur persönlichen
Situation des Klägers im streitigen Zeitraum machen könnte, ist nicht möglich, da der Aufenthalt der potentiellen Zeugin nicht
ermittelt werden konnte. In der Wohnung, die sie gemeinsam mit dem Kläger bewohnt hat, hält sie sich nicht mehr auf, ihr tatsächlicher
Aufenthalt ist nicht bekannt, eine ladungsfähige Adresse nicht zu ermitteln. Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren
Vortrag der Bevollmächtigten des Klägers. Weder der ehemalige Vermieter des Klägers und der Frau B C, noch die ehemaligen
Bevollmächtigten von Frau B C haben noch Kontakt zu diesen. Eine weitere Befragung des Klägers zu seinen Angaben und zur Ausräumung
von Zweifeln ist nicht möglich.
Eine Beiladung des Leistungsträgers nach dem SGB XII und/oder dem
AsylbLG schied bei nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.