Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zunächst die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines
Widerspruchs gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2017 hinsichtlich der Quartale
II/2013 bis I/2017. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2019 erstreckt sich das einstweilige Rechtsschutzbegehren
des Antragstellers nunmehr auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen, unter dem Az. S 20 KA 150/19 anhängigen Klage.
Ferner ersuchte er um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Abrechnungsbescheid vom 16. Januar
2018 bezogen auf das Quartal III/2017. Einer Auslegung gemäß §
123 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) des - nicht statthaften (zur richtigen Klageart, nach der sich die Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs im Eilverfahren richtet,
bei der sog quartalsgleichen Richtigstellung: BSG, Urteil vom 26. Juni 2019, B 6 KA 68/17 R) - Antrages nach §
86b Abs.
1 SGG in einen Antrag nach §
86b Abs.
2 SGG steht die ausdrückliche Antragstellung des durch seinen Prozessbevollmächtigten rechtskundig beratenen Antragstellers entgegen.
Jedoch ist die durch Schriftsatz vom 21. Februar 2019 erfolgte Antragsänderung - unabhängig von der Einwilligung der Antragsgegnerin
- als sachdienlich i.S.d. §§
153 Abs.
1,
99 Abs.
1 SGG in entsprechender Anwendung anzusehen (zur Anwendbarkeit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes: Burkiczak in: jurisPK-
SGG, 2017, §
86b Rn. 267.1), da der Rechtsstreit dadurch weder auf eine vollkommen neue Grundlage gestellt wird noch seine bisherigen Ergebnisse
unverwertbar werden (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2017, §
99 Rn. 10a).
Nicht streitbefangen sind demgegenüber aufgrund des insofern gleichfalls eindeutigen Antragswortlautes die weiterhin von quartalsgleichen
Richtigstellungen betroffenen Quartale II/2017 sowie ab IV/2017.
II.
Die so ausgelegten Beschwerden des Antragstellers vom 17. August 2018 und der Antragsgegnerin vom 24. August 2018 gegen den
ihm am 30. Juli 2018 und ihr am 1. August 2018 zugestellten Beschluss des SG Düsseldorf vom 27. Juli 2018 sind zulässig, insbesondere
gemäß §
172 Abs.
1 SGG statthaft sowie form- und fristgerecht (§§
173 Satz 1,
64 Abs.
1, Abs.
2,
63 SGG) eingelegt worden.
III.
Die Beschwerde des Antragstellers ist indes unbegründet, die der Antragsgegnerin begründet. Weder ist der auf Anordnung der
aufschiebenden Wirkung der Klage vom 16. Mai 2019 gerichtete Antrag nach §
86b Abs.
1 SGG erfolgreich (dazu unter 1.) noch die beantragte einstweilige Anordnung nach §
86b Abs.
2 SGG bzgl. der sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal III/2017 (dazu unter 2.).
1. Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt bei Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheiden
kraft Gesetzes gemäß §
86a Abs.
2 Nr.
4 SGG, §
87b Abs.
2 Satz 6
SGB V.
Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer
umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellerin einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung
des Verwaltungsaktes andererseits. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund: Am Vollzug eines
offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht kein öffentliches Interesse. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse
grundsätzlich, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich,
müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei kommt
in Anlehnung an den Rechtsgedanken des §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG vor allem dem Grad der Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides zu. Daneben können aber auch wirtschaftliche Gesichtspunkte
abhängig davon eine Rolle spielen, in welchem Umfang die sofortige Vollziehung für den Adressaten des Bescheides eine besondere
Härte darstellt (vgl. zu diesen Kriterien Senat, Beschluss vom 20 März 2019 - L 11 KA 76/18 B ER - GesR 2019, 446 ff.; Beschluss vom 22. Mai 2019 - L 11 KA 70/18 B ER - MedR 2020, 248 ff.; jeweils m.w.N.).
a) Rechtsgrundlage für die nachgehende sachlich-rechnerische Richtigstellung ist §
106d Abs.
2 Satz 1 Halbsatz 1
SGB V (in der hier noch maßgeblichen Fassung von Art. 2 Nr. 9 des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16. Juli 2015 [BGBl. I, 1211]). Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung
die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Die damit verbundene Prüfung zielt auf
die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen und satzungsrechtlichen
Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes - erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 - B 6 KA 24/18 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, Urteil vom 24. Oktober 2018 - B 6 KA 42/17 R - SozR 4-2500 § 106a Nr. 19). Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist insbesondere dann angezeigt, wenn die abgerechneten
Leistungen nicht die Vorgaben des EBM erfüllen (BSG, Urteil vom 16. Mai 2018 - B 6 KA 16/17 R - SozR 4-5531 Nr. 33076 Nr. 1; Urteil vom 11. September 2019 - B 6 KA 22/18 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; Urteil vom 13. Februar 2019 - B 6 KA 56/17 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-5531 Nr. 30790 Nr. 1 vorgesehen). Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch bei bereits
erlassenem Honorarbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit (nachgehende Richtigstellung). Sie löst in diesem Fall eine Rückzahlungsverpflichtung
des Honorarempfängers aus (vgl. zu beidem näher BSG, Urteil vom 24. Oktober 2018 - B 6 KA 34/17 R - SozR 4-2500 § 106d Nr. 2; Urteil vom 13. Februar 2019 - a.a.O.).
b) Die Berechnung von Leistungen, für die es vertragliche Vereinbarungen gemäß §
135 Abs.
1 oder Abs.
2 SGB V gibt, setzen die für die Berechnung der Leistungen notwendige Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung voraus (Abschnitt
I 1.3 Einheitlicher Bewertungsmaßstab [EBM], z.B. Stand: 2/2015). Gleiches folgt aus § 45 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), wonach Leistungen, deren Abrechnung aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen oder Richtlinien der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (§
135 Abs.
2 SGB V) an die Erfüllung besonderer Voraussetzungen geknüpft sind, nur vergütet werden, wenn der Vertragsarzt die Erfüllung dieser
Voraussetzungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachgewiesen hat und - soweit vorgesehen - eine Genehmigung erteilt
wurde.
Vorliegend ist die Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach §
135 Abs.
2 SGB V zum ambulanten Operieren vom 28. November 2011 (Qualitätssicherungsvereinbarung ambulantes Operieren [QV AOP]) einschlägig.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 QV AOP ist die - hier relevante - Ausführung und Abrechnung von Eingriffen gemäß §
115b SGB V im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte erst nach
Erteilung der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig.
c) Ausgehend hiervon spricht Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller die von der Antragsgegnerin berichtigten Leistungen
zumindest teilweise ohne die danach erforderliche Genehmigung durchgeführt hat und dementsprechend auch nicht abrechnen durfte.
aa) Zunächst steht fest, dass der Antragsteller sowohl an dem Standort F (Praxis Dr. T) als auch an dem Standort N (Praxis
Prof. Dr. X) im streitrelevanten Zeitraum ambulante Operationen durchgeführt hat. Es spricht zudem mehr dafür als dagegen,
dass er diese auch (zumindest teilweise) gegenüber der Antragsgegnerin abgerechnet hat. In welchem Ausmaß dies tatsächlich
geschehen ist, muss angesichts der im einstweiligen Rechtsschutz nur möglichen summarischen Prüfung den weiteren Ermittlungen
des Hauptsacheverfahrens vorbehalten behalten bleiben.
Diese Beurteilung folgt zunächst aus den Einlassungen des Antragstellers selbst im Rahmen des Entziehungsverfahrens. Dort
hat er vorgetragen, dass er in den Praxisräumen des Herrn. Dr. T ambulante Operationen durchgeführt habe. Seither führe er
diese in den Praxisräumen des Herrn Prof. Dr. X durch. Diese Angaben bestätigte sowohl Herr Dr. T schriftlich am 9. Februar
2017 für den Zeitraum Februar 2009 bis Oktober 2013 als auch Prof. Dr. X, der im Ermittlungsverfahren erklärte, dass der Antragsteller
ab November 2013 bei ihm ambulante Operationen durchführe.
Auch im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat der Antragsteller zumindest noch zehn ambulante, seinerseits
durchgeführte Operationen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung an dem Standort N eingeräumt. Zu dieser Erkenntnis
ist auch die Staatsanwaltschaft L im Rahmen eines gegen den Antragsteller eingeleiteten Ermittlungsverfahrens (00 Js 00/18) gekommen und hat unter dem 30. Januar 2019 gegen ihn Anklage wegen versuchten Abrechnungsbetruges erhoben. Zur Überzeugung
der Staatsanwaltschaft hat der Antragsteller in der Zeit vom 4. Februar 2015 bis 8. Februar 2017 in 28 Fällen ambulante Operationen
in den Praxisräumen des Prof. Dr. X durchgeführt und diese dann zu Unrecht gegenüber der Antragsgegnerin abgerechnet.
bb) Für die genannten Standorte verfügte der Antragsteller im streitigen Zeitraum über keine Genehmigung i.S.d. § 2 Abs. 1
Satz 1 QV AOP.
(1) Vielmehr hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Genehmigung nach § 2 Abs. 1 QV AOP unter dem 7. September 2004
für die Praxis "C-Str. 00 in L" erteilt. Dass die Genehmigung standortbezogen erteilt wurde, lässt sich bereits dem Wortlaut
der Genehmigung unzweifelhaft entnehmen. Schon in der Betreffzeile wird ausgeführt, dass eine Überprüfung der Voraussetzungen
"in Ihrer Praxis" durchgeführt wurde. Es wird auf den übersandten Praxisgrundriss Bezug genommen und eine Begehung vor Ort
angekündigt. Ferner genehmigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller sodann mit Bescheid vom 1. Februar 2006 die - gleichfalls
standortbezogene - Durchführung und Abrechnung ambulanter Operationen in den Räumlichkeiten X1-Strasse 00 in L.
(2) Soweit sich der Antragsteller auf die vorgelegte Anzeige einer weiteren, ausgelagerten OP-Stätte in der Praxis Prof. Dr.
X beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine für den Antragsteller ausgestellte Genehmigung, an diesem Standort ambulante
Operationen durchzuführen und abzurechnen, liegt weiterhin nicht vor.
Dabei kann er seine Annahme, er habe bloße eine Anzeigepflicht gehabt, weder auf § 1a Abs. 20 BMV-Ä noch auf den Wortlaut des Bescheides vom 7. September 2004 stützen. § 1a BMV-Ä regelt lediglich für die Anwendung des BMV-Ä die Geltung der dort genannten Begriffsbestimmungen. § 1a Abs. 20 BMV-Ä definiert die ausgelagerte Praxisstätte. Aus dieser Definition folgt hingegen nicht, dass die Genehmigungspflicht nach §
2 Abs. 1 QV-AOP außer Kraft gesetzt wird, wie bereits aus § 45 Abs. 2 BMV-Ä ersichtlich wird. Auch dem Bescheid vom 7. September 2004 ist nicht zu entnehmen, dass eine bloße Anzeige zur Erweiterung
der Standorte, an denen ambulante Operationen durchgeführt und abgerechnet werden, ausreicht. Dass der Antragsteller darauf
im Übrigen auch nicht vertraut hat, zeigt dass er für den Standort X1-Straße das vorgesehene Genehmigungsverfahren durchgeführt
hat.
Im Übrigen hat der Antragsteller nicht einmal eine wirksame Anzeige gegenüber der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht. Er kann
allenfalls die Absendung, nicht aber den Zugang der Anzeige vom 1. November 2013 nachweisen, denn er hat diesbezüglich lediglich
einen Einlieferungsbeleg der Deutschen Post betreffend ein Einwurfeinschreiben vorgelegt, in welchem handschriftlich - ohne
Erkennbarkeit des Urhebers - der Adressat "KVNo" eingetragen wurde. Es ist schon zweifelhaft, ob es sich dabei überhaupt um
die Absendung der Anzeige vom 1. November 2013 handelt. Zunächst ist der Anzeige selbst kein Hinweis auf die Übermittlungsart
zu entnehmen. Ferner wird in dieser der Bezug einer weiteren Betriebsstätte schon zum 1. Dezember 2013 angezeigt, der Einlieferungsbeleg
datiert allerdings auf den 4. Dezember 2013. Damit liegt die Absendung nicht nur nach dem danach anzuzeigenden Termin, sondern
auch über einen Monat nach - vermeintlicher - Verfassung des Schreibens. Jedenfalls ist ein Zugang bei der Antragsgegnerin
aber nicht belegt.
(3) Unerheblich ist demgegenüber der Einwand des Antragstellers, dass sowohl Dr. T als auch Prof. Dr. X für die jeweiligen
Praxen über eine Genehmigung der Antragsgegnerin nach § 2 Abs. 1 QV AOP verfügt hätten. Abgesehen davon, dass er diesen Vortrag
weder substantiiert noch glaubhaft gemacht hat, kommt es für seine Berechnung der Leistungserbringung und -abrechnung auf
die Erteilung der Genehmigung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 QV AOP ihm gegenüber an, nicht darauf, ob die Voraussetzungen für die
Erteilung der Genehmigung seines Erachtens vorliegen.
d) Es spricht des Weiteren mehr dafür als dagegen, dass die Antragsgegnerin im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung
die gesamten Honoraranforderungen, die im Zusammenhang mit den ausgeführten ambulanten Operationen des Antragsstellers stehen
(dazu s. Anlage zum Bescheid vom 13. Oktober 2017), richtigstellen durfte.
aa) Zunächst ist nicht dargelegt bzw. glaubhaft gemacht, welche der betroffenen ambulanten Operationen der Antragsteller zweifelsfrei
in seinen eigenen - von der Genehmigung erfassten - Praxisräumen durchgeführt hat.
Einen entsprechenden Nachweis kann er jedenfalls nicht mittels der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Liste führen. Dieser
kann weder sicher entnommen werden, auf welcher Grundlage sie erstellt wurde, noch ist sie verifizierbar. Ebenso wenig reichen
handschriftliche Notizen auf Fall-/Behandlungsausdrucken aus, deren Urheber nicht einmal erkennbar sind. Durch diese Unterlagen
werden nicht einmal im Ansatz die dagegenstehenden Anhaltspunkte erschüttert. So hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren
selbst zehn ambulante, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnete Operationen an einem für ihn nicht genehmigten
Standort eingeräumt. Allein für den Teilzeitraum vom 4. Februar 2015 bis 8. Februar 2017 sieht die Staatsanwaltschaft L im
Verfahren 00 Js 00/18 nun 28 Fälle als gegeben an. Zudem beruft sich der Antragsteller selbst auf eine Schadensaufstellung der KKH´in P vom 4.
Juni 2018, die anscheinend einem weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller (00 Js 00/18) entnommen wurde, wonach es dort um 37 Fälle gehe. Weitere Ermittlungen von Amts wegen müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten
bleiben.
bb) Jedenfalls ist aber überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller das Honorar für eine Reihe der von ihm abgerechneten
Leistungen nicht anfordern durfte. Weist jedoch die Honorarabrechnung eines Vertragsarztes auch nur einen Fehlansatz auf,
bei welchem dem Arzt (zumindest) grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, so erfüllt die jeder Quartalsabrechnung beizufügende
sog. Abrechnungssammelerklärung nach der Rechtsprechung des BSG nicht mehr ihre Garantiefunktion. Die Folge ist, dass diese als nicht wirksam abgegeben gilt, sodass das gesamte Quartalshonorar
zu Fall kommt (Clemens in jurisPK-
SGB V, 4. Aufl. 2020, § 106d Rn. 342; BSG, Urteil vom 17. September 1997, 6 RKa 86/95; BSG, Urteil vom 22. März 2006, B 6 KA 76/04 R, jeweils juris). Mithin kann der gesamte Quartalshonorarbescheid aufgehoben werden, d.h. es kann eine sachlich-rechnerische
Richtigstellung mit Folgen weit über das sonst mögliche Ausmaß hinaus erfolgen. Angesichts der dargelegten Implausibilitäten
der Abrechnung für die streitbefangenen Quartale bestehen an einem zumindest grob fahrlässigen Verhalten des Antragstellers
keine Zweifel.
e) Keine Bedenken bestehen ferner hinsichtlich der Wahrung der Vierjahresfrist ab Bekanntgabe der betroffenen Honorarbescheide
(zur mangelnden Anwendbarkeit der nunmehrigen Zweijahresfrist des §
106d Abs.
5 Satz 3
SGB V i.d.F. Art. 1 Nr.
59 lit. b u. c des Terminservice- und Versorgungsgesetzes vom 6. Mai 2019 [BGBl I 2019, 646, 666] auf bereits vorher erlassene
Bescheide vgl. BT-Drucksache 19/8351, 196; Clemens a.a.O. Rn. 103 ff.).
f) Da sich der streitige Bescheid vor diesem Hintergrund nicht als offensichtlich rechtswidrig erweist, verbleibt es bei der
Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen. Einer darüberhinausgehenden
Interessenabwägung bedarf es grundsätzlich nicht (Burkiczak a.a.O. § 86b Rdnr. 118ff.).
Die Antragsteller hat im Übrigen auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung der Bescheide eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat (zur Anwendbarkeit bei Honorarrückforderungen: Senat, Beschluss
vom 31. August 2011 - L 11 KA 24/11 B ER; Senat, Beschluss vom 13. Juni 2016 - a.a.O. - jeweils juris). Allein die mit der Zahlung auf eine Honorarrückforderung
für ihn verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung
gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüberhinausgehende, nicht oder nur schwer wieder gut zu machende Nachteile sind nicht
hinreichend dargelegt. Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Schuldner gelingt
darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes
zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet
wäre als zurzeit (LSG NRW, Beschluss v. 13. Juli 2011 - L 8 R 287/11 B ER - juris).
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat die Antragsgegnerin hier bereits Ratenzahlungsvereinbarungen
angeboten. Laufende Einbehalte werden durch die Antragsgegnerin nicht vorgenommen. Die im Eilverfahren vorgelegten Stellungnahmen
des antragstellerischen Steuerberaters lassen eine den o.g. Grundsätzen entsprechende Härte nicht erkennen. Dabei spiegeln
die vorgelegten Zahlen bereits nicht den aktuellen Sachstand wider, sondern stammen zuletzt aus Ende 2018 (Jahresabschluss
2018) bzw. Februar 2019. Zudem bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Darlegung der privaten Einkommens- und Vermögensaufstellung
mit dem Hinweis auf eine Eigentumswohnung, deren Wertbestimmung hinzukommend lediglich auf einer Angabe des Antragstellers
beruht, und einem Konto bei der Commerzbank vollständig skizziert worden ist. Den vorliegenden Unterlagen ist darüber hinaus
zu entnehmen, dass der Antragsteller zwischen den Stellungnahmen seines Steuerberaters vom 20. April 2018 und 20. Februar
2019 offensichtlich in der Lage gewesen ist, Schulden zu tilgen. So finden sich bei den privaten Verbindlichkeiten das Darlehn
L1 N1 (100.000,00 EUR), die Verbindlichkeiten "Commerzbank Mastercard" (3.262,33 EUR), Mietverbindlichkeiten (32.089,83 EUR)
sowie Ärzteversorgung (5.813,56 EUR) nicht mehr in der Aufstellung aus 2019. Stattdessen war es dem Antragsteller in dieser
Zeit möglich, "Renovierungskosten C-str. 00" - in welcher Form ist nicht erkennbar - in Höhe von 280.000,00 EUR aufzubringen.
Letztlich ist weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass es dem Antragsteller nicht möglich ist, die Rückforderung zunächst
über ein Kreditinstitut zu finanzieren.
2. Die darüber hinaus - bezogen auf den Honorarbescheid für das Quartal III/2017 - begehrte - statthafte und auch im Übrigen
zulässige - einstweilige Anordnung ist gleichfalls unbegründet.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt
einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller das Bestehen
eines Rechtsverhältnisses glaubhaft macht, aus dem er eigene Ansprüche ableitet. Maßgeblich sind in erster Linie die Erfolgsaussichten
der Hauptsache. Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung
der widerstreitenden öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist (vgl. Senat,
Beschluss vom 30. Januar 2019 - L 11 KR 442/18 B ER - KrV 2019, 126 m.w.N.). Der geltend gemachte (Anordnungs-) Anspruch und der Anordnungsgrund, mithin die Eilbedürftigkeit,
sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §§
920 Abs.
2,
294 Abs.
1 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und
Anordnungsgrund zur Überzeugung des Gerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - Rdnr. 5, juris; LSG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 2018 - L 2 AS 1306/18 B ER, Rn. 4, juris; Senat, Beschluss vom 5. Februar 2020 - L 11 KR 251/19 B ER).
a) Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Senat kann auf seine obigen Ausführungen
verweisen, wonach die Antragsgegnerin nach der gebotenen summarischen Prüfung zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller
an einem Standort ambulante Operationen durchgeführt und ihr gegenüber abgerechnet hat, für den ihm keine Genehmigung vorliegt.
Es wurde gleichfalls bereits ausgeführt, dass die Antragsgegnerin in diesen Fallgestaltungen berechtigt ist, das Honorar sachlich-rechnerisch
zu berichtigen. Das gilt auch für die quartalsgleiche Berichtigung (zum Grundsatz: BSG, Urteil vom 26. Juni 2019 - B 6 KA 68/17 R - juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverhalt im Quartal III/2017 ein gegenüber den Quartalen II/2013 bis I/2017 grundlegend
anderer gewesen ist, sind nach Aktenlage nicht erkennbar und wurden durch den Antragsteller auch nicht vorgetragen.
b) Ungeachtet dessen ist dem schriftsätzlichen Vorbringen auch kein besonderes Eilbedürfnis i.S. eines Anordnungsgrundes zu
entnehmen.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Honorarrückforderungsangelegenheiten betreffen,
nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen ist. Soweit der Senat bislang das Zinsinteresse zugrunde
gelegt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juni 2016, a.a.O.), hält er daran nicht mehr fest. Auch vorliegend ergeben sich
gerade vor dem Hintergrund des mangelnden Vortrages zu einer möglichen Kreditfinanzierung, des nicht vorgenommenen Einbehalts
durch die Antragsgegnerin und des möglichen Abschlusses einer Ratenzahlungsvereinbarung keine ausreichend substantiierten
Anhaltspunkte für die Annahme, das wirtschaftliche Interesse des Antragsteller am Ausgang des Verfahrens sei lediglich auf
die Vermeidung der Kosten einer etwaigen Zwischenfinanzierung gerichtet. Die Tatsache, dass es in einem auf einstweiligen
Rechtsschutz gerichteten Verfahren nicht zu einer endgültigen Zuweisung der geltend gemachten Forderungen kommt, berücksichtigt
der Senat, in dem er nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert festsetzt. Dabei ist er gemäß dem antragstellerischen
Vortrag von einem Betrag von 944.575,30 EUR ausgegangen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).