Veranlagung zu einem Gefahrtarif
Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr
Gerichtlicher Prüfungsumfang
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte das Unternehmen der Klägerin nach ihrem ab dem 01.01.2007 geltenden Gefahrtarif (GT 2007) zu
Recht zu der Gefahrtarifstelle 09 (GTS 09: "Unternehmen der Immobilienwirtschaft") veranlagt hat. Die Klägerin hält insoweit
sowohl die Zusammenlegung der nach dem vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2006 geltenden Gefahrtarif (GT 2001) entweder der Gefahrtarifstelle
12 (GTS 12: "ab 2001 Verwaltung, ab 2002 auch Vermietung unbeweglicher Sachen") oder der Gefahrtarifstelle 26 (GTS 26: "Wohnungsunternehmen,
Siedlungsunternehmen") zugehörigen Unternehmen zur neuen Gefahrtarifstelle 09 als auch ihre Zuordnung zu dieser neuen Gefahrtarifstelle
09 durch die Beklagte für rechtswidrig.
Die Klägerin, die seit 1984 Mitglied der Beklagten ist, betreibt ein Unternehmen der Woh- nungsverwaltung, das nach dem GT
2001 zu der damaligen Gefahrtarifstelle 26 veranlagt war. Die Gefahrklasse betrug in dieser Gefahrtarifstufe 0,86. Mit Bescheid
vom 27.06.2007 veranlagte die Beklagte das Unternehmen der Klägerin nach dem nunmehr geltenden GT 2007 zu der Gefahrtarifstelle
09, wobei die Unternehmensart als "Unternehmen der Immobilienwirtschaft" umschrieben ist. Die Gefahrklasse betrug für 2007
1,20 und ab 2008 1,32.
Hiergegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Sie führte aus, für das Jahr 2007 sei der Beitragssatz um 40 %
und ab dem Jahr 2008 um 53 % gestiegen, weil innerhalb des GT 2007 die Gefahrengemeinschaften neu gebildet worden seien. Ihr
Unternehmen betreibe eine reine Wohnungsverwaltung und kein Baubetreuungs- bzw. Bauträgergeschäft. Von daher sei ihr Unternehmen
eher der Gefahrtarifstelle 17 des GT 2007 (GTS 17:"Verwaltungs- und Beteiligungsunternehmen") zuzuordnen mit der hierfür bestimmten
Gefahrklasse 0,57. In der neu gebildeten GTS 09 seien die ehemalige GTS 12 des GT 2001 ("Verwaltung und Vermietung unbeweglicher
Sachen") mit der Gefahrklasse 1,55 und die ehemalige GTS 26 ("Wohnungsunternehmen, Siedlungsunternehmen") mit der Gefahrklasse
0,86 zusammengefasst worden, obwohl diese jetzt gemeinsam veranlagten Gruppen von Unternehmen kein gemeinsames Unfallrisiko
aufwiesen. Dies sei insbesondere daran erkennbar, dass in den Jahren 2001 bis 2006 für die ca. 171.000 Versicherten der in
der GTS 12 zusammengefassten Unternehmen an Entschädigungsleistungen rund 20 Millionen EUR und für die ca. 51.000 Versicherten
der in der Gefahrtarifstelle 26 erfassten Unternehmen nur 4,8 Millionen EUR erbracht worden seien. Je Versichertem seien die
in der GTS 26 erbrachten Entschädigungsleistungen mit 93,28 EUR deutlich niedriger ausgefallen als die in der GTS 12 mit 116,43
EUR. Bei der Bildung der Gefahrtarifstellen sei nach §
157 Abs.
2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) nicht nur auf Ähnlichkeiten der Tätigkeitsfelder, sondern auch der Gefährdungsrisiken zu achten. Zudem entfalle bei ihrem
konkreten Unternehmen das Risiko von Betriebswegeunfällen, weil die Verwaltung der Wohnungen auf den Stadtteil F beschränkt
sei und sich dort auch der Standort des Unternehmens befinde.
Die Beklagte übersandte der Klägerin einen Auszug aus der Gefahrtarifvorlage zur Gefahrtarifstelle 09, das Unfallverzeichnis
zum Gefahrtarif 2007, eine Aufstellung über die Anzahl der Unternehmen nebst Versichertenzahlen zum Gefahrtarif 2001 und 2007
zu den Unternehmensarten "Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen und Wohnungs-/Siedlungsunternehmen", die Anzahl der
Unfälle zu den entsprechenden Unternehmensarten sowie die Anzahl der freiwillig versicherten Unternehmer. Mit Widerspruchsbescheid
vom 28.01.2008 wies der Widerspruchs- und Einspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Die Bildung einer gemeinsamen Tarifstelle mit den Unternehmen der Verwaltung und Vermietung unbeweglicher Sachen, wie sie
im Rahmen des GT 2007 erfolgt sei, verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, denn die bis Ende 2006 existierende Auftrennung
von annähernd identischen Aufgabengebieten in zwei Unternehmensarten bzw. Gefahrtarifstellen habe in der Vergangenheit vermehrt
zu Widerspruchs- und Klageverfahren geführt. Außerdem sei vor einiger Zeit das Gemeinnützigkeitsrecht entfallen. Die Annahme
der Klägerin, dass in den Unternehmen der Verwaltung und Vermietung unbeweglicher Sachen ein höherer Anteil an nichtkaufmännischen
Tätigkeiten wie etwa die Bauleitung oder die Baubetreuung durch Bauträger anfalle, habe sich in verschiedenen sozialgerichtlichen
Verfahren nicht bestätigt.
Hiergegen hat die Klägerin am 27.02.2008 Klage erhoben und ergänzend vorgetragen. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe
einen Anspruch auf Beibehaltung einer "gewissermaßen eigenen Gefahrtarifstelle". Innerhalb des GT 2007 sei die GTS 09 gebildet
worden, obwohl bei den Unternehmen der ehemaligen GTS 26 einerseits und der GTS 12 andererseits kein annähernd gleiches Gefährdungspotential
bestehe. So habe die Gefahrklasse der GTS 12 im Jahr 2006 (1,50 bis 1,55) über 80 % höher als die der GTS 26 (0,86) gelegen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Gefahrtarif zuerst nach den tatsächlichen Gefahren der einzelnen Gewerbezweige aufzustellen, mithin nach den eingetretenen
Arbeitsunfällen und Gesundheitsstörungen. Die GTS 12 und die GTS 26 des GT 2001 wichen zwar nicht hinsichtlich der Anzahl
der meldepflichtigen Unfälle, wohl aber hinsichtlich der Art und Schwere der dadurch verursachten Gesundheitsstörungen erheblich
voneinander ab. Ohnehin sei die Verwaltung von Wohnungen mit einem Bauträgergeschäft, einer Baubetreuung oder der Vermietung
von Park- bzw. Campingplätzen nicht vergleichbar. Bei einem Wohnungs- und Siedlungsunternehmen liege der Schwerpunkt der Tätigkeit
auf dem kaufmännischen Bereich, weil hier Wohnungen verwaltet würden. Demgegenüber sei die Fertigstellung von Wohnungen seit
Jahren extrem rückläufig. Die Unterschiede zwischen der ehemaligen GTS 12 und der ehemaligen GTS 26 träten auch darin zu Tage,
dass sich Bauträger und Baubetreuer im Wesentlichen in dem Bundesverband freier Wohnungs- und Immobilienunternehmen organisiert
hätten. Infolge der neuen Gefahrklasse habe sich der Beitrag von 2006 (3.565,16 EUR) in 2007 auf 4.599,71EUR erhöht. Die entsprechenden
Bescheide hat die Klägerin vorgelegt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Veranlagungsbescheid vom 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2008 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, innerhalb des GT 2007 sei die GTS 09 zu Recht aus den ehemaligen GTS 12 und 26 gebildet
worden. Nicht nur die Höhe der anfallenden Entschädigungsleistungen, sondern auch die Häufigkeit von Unfällen sei bei der
Bildung einer Gefahrtarifstelle zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Unfallhäufigkeit bestünden keine signifikanten Unterschiede
zwischen den Versicherten der in der ehemaligen GTS 12 einerseits und der ehemaligen GTS 26 andererseits erfassten Unternehmen.
Die vergleichsweise günstigere Gefahrklasse der ehemaligen GTS 26 sei mit dem vergleichsweise höheren Entgeltniveau der zu
dieser Gefahrtarifstelle veranlagten Unternehmen zu erklären. Mit dem GT 2007 habe man einen sogenannten Gewerbezweigtarif
gebildet und die Unternehmensarten neu definiert. Für diese Definitionsarbeit sei die technologische Verwandtschaft der Mitgliedsunternehmen
maßgeblich gewesen. Ferner müssten Gefahrtarifstellen groß genug sein, damit es nicht zu allzu starken Schwankungen zwischen
den Gefahrklassen komme. Mittlerweile seien auch etliche Baugenossenschaften, die bis Ende 2006 zu der GTS 12 veranlagt worden
seien, rein verwaltend tätig. Die angefochtenen Bescheide seien daher rechtmäßig.
Mit Urteil vom 17.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Unternehmen der Klägerin innerhalb des GT 2007 zu
der GTS 09 veranlagt habe. Zur Begründung hat das SG zunächst auf die Begründung in den angefochtenen Bescheiden verwiesen und ergänzend ausgeführt: Auch bei Schaffung der GTS
09 habe die Vertreterversammlung der Beklagten die ihr im Rahmen von §
157 Abs.
2 SGB VII eingeräumte Autonomie nicht überschritten. Nach §
157 Abs.
3 SGB VII würden die Gefahrklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet. Aus diesen gesetzlichen
Bestimmungen lasse sich kein Anspruch darauf herleiten, dass ein Mitgliedsunternehmen, das innerhalb der Geltungsdauer eines
zu Ende gegangenen Gefahrtarifs (vgl. §
157 Abs.
5 SGG VII) mit Unternehmen derselben Branche zu einer bestimmten Gefahrtarifstelle veranlagt war, auch innerhalb des folgenden
Gefahrtarifs wiederum ausschließlich mit Unternehmen derselben Branche zu ein und derselben Gefahrtarifstelle veranlagt werde.
Dem stehe nicht nur der im Rahmen des §
157 Abs.
2 SGB VII eingeräumte Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers, sondern der sich aus §
157 Abs.
5 SGB VII ergebende Grundsatz einer normativen Diskontinuität entgegen. Die Gefahrklasse sei nämlich nicht nach einer einmal festgelegten
abstrakten Gefahr zu bilden, sondern laufend der Gefährdung anzupassen, was gleichbedeutend mit der Überprüfung und Neuaufstellung
des gesamten Gefahrtarifs sei (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - Stand: Februar
2009, §
157 SGB VII, Rn. 11). Dass die Beklagtenvertreterversammlung an eine einmal vorgenommene Veranlagung der Klägerin spätestens dann nicht
mehr gebunden sei, wenn sie einen neuen Gefahrtarif in Kraft setze, ergebe sich auch aus §
159 Abs.
1 Satz 1
SGB VII.
Ferner sei nicht zu beanstanden, dass die Vertreterversammlung der Beklagten bei der Schaffung der GTS 09 die Unternehmensart
"Immobilienwirtschaft" dadurch gebildet habe, dass sie die noch während der Geltung des GT 2001 zu den Gefahrtarifstellen
12 einerseits und 26 andererseits veranlagten Unternehmen innerhalb einer einzigen neuen Unternehmensart zusammengefasst habe.
Es sei zumindest vertretbar, dass die Vertreterversammlung auch die Unternehmen der ehemaligen GTS 12 des GT 2001 ("Verwaltung
und Vermietung unbeweglicher Sachen") innerhalb der neugebildeten GTS 09 mit einbezogen habe. Das von Seiten des Beklagten
mit Blick auf das dem GT 2007 zugrunde gelegte Gewerbezweigprinzip betone Gesichtspunkte der technologischen Verwandtschaft
der in der GTS 09 zusammengefassten Unternehmen. Dies gelte insbesondere für ehemalige gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaften,
die bis zum 31.12.2006 zu der GTS 12 des GT 2001 veranlagt gewesen seien. Die Geschäftsfelder dieser Unternehmen hätten sich
- wenn auch mit einer im Vergleich mit der Klägerin gewissen zeitlichen Verzögerung - weg von der Bauträgerschaft und Baubetreuung
hin zu einer reinen Verwaltung der seit längerem errichteten Wohnungsbestände entwickelt. Ohnehin sei im gesamten Ruhrgebiet
die Fertigstellung von Wohnungen seit Jahren extrem rückläufig, wie den Mitgliedern der Kammer aus eigener Kenntnis der Wohnungswirtschaft
bekannt sei.
Der Hinweis der Klägerin darauf, dass unter der Geltung des GT 2001 der durchschnittliche Aufwand für Versicherte der Unternehmen,
die zu der ehemaligen GTS 12 veranlagt waren, mit ca. 116 EUR pro Kopf deutlich höher ausgefallen sei als bei Versicherten
der zu der ehemaligen GTS 26 veranlagten Unternehmen mit ca. 93 EUR, sei ebenfalls nicht geeignet, den geltend gemachten Verstoß
der Beklagtenvertreterversammlung gegen §
157 Abs.
2 Satz 1
SGB VII zu belegen. Wie die Klägerin selbst einräume, habe es unter der Geltung des GT 2001 zwischen den Gefahrtarifstellen 26 einerseits
und 12 andererseits hinsichtlich der Anzahl der meldepflichtigen Unfälle keine nennenswerten Abweichungen gegeben. Ob sich
aus der unterschiedlichen Höhe der durchschnittlich gezahlten Entschädigungsleistungen auf signifikante Unterschiede hinsichtlich
der Art und Schwere der durch die jeweils erfassten Arbeitsunfälle verursachten Folgen (Gesundheitsstörungen) schließen lasse,
erscheine jedoch fraglich. Der Einwand der Beklagten, dass die vergleichsweise günstigere Gefahrklasse der GTS 26 mit dem
vergleichsweise höheren Entgeltniveau der zu dieser Gefahrtarifstelle veranlagten Unternehmen zu erklären sei, sei nicht von
der Hand zu weisen.
Schließlich sei der Hinweis der Klägerin darauf, dass wegen der Konzentration der von ihr verwalteten Wohnungsgebäude um den
in F gelegenen Standort ihres Unternehmens das Risiko ihrer Beschäftigten, einen sogenannten Betriebswegeunfall zu erleiden,
gewissermaßen entfalle, nicht geeignet, die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Veranlagung ihres Unternehmens zu der GTS
09 zu begründen. Abgesehen davon, dass es keine Rechtsnorm gebe, nach der die Bezüge eines einer Gefahrtarifstufe zugeordneten
Gewerbezweiges mit den Aufwendungen des Unfallversicherungsträgers in gerade diesem Gewerbezweig deckungsgleich sein müssten,
sei ein möglicherweise gegenüber dem Branchendurchschnitt vermindertes Betriebswegeunfallrisiko der bei dem Unternehmen der
Klägerin beschäftigten Personen deshalb unbeachtlich, weil die im Gefahrtarif gebildeten Gefahrklassen ohnehin für Unternehmen
mit regelrechten Betriebsverhältnissen, guten Einrichtungen und allen bekannten und üblichen Vorkehrungen zur Verhütung von
Unfällen und Berufskrankheiten gälten. Ohnehin liege es im Gestaltungsspielraum der Vertreterversammlung, ob sie für Unternehmen,
deren Betriebsverhältnisse im Einzelfall erheblich von der Regel abweichen, mit Blick auf besondere betriebliche Gegebenheiten
die Möglichkeit einräume, bei Bestehenbleiben der Veranlagung des betreffenden Unternehmens zu der bisherigen Gefahrtarifstelle
eine Herabsetzung oder Erhöhung der Gefahrklasse vorzusehen.
Mit Beschluss vom 30.03.2009 hat das SG den Streitwert für das Klageverfahren auf 3.320EUR festgesetzt.
Gegen das ihr am 27.03.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 27.04.2009 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie
weiterhin die Auffassung vertritt, die Vertreterversammlung der Beklagten habe bei Schaffung der GTS 09 die ihr im Rahmen
des §
157 Abs.
2 SGB VII eingeräumte Autonomie überschritten, weil die Gefährdungsrisiken der in der ehemaligen GTS 12 veranlagten Unternehmen mit
den Gefährdungsrisiken derjenigen Unternehmen, die in der GTS 26 veranlagt waren, nicht annähernd vergleichbar seien. Eine
solche Vergleichbarkeit sei aber gerade Voraussetzung dafür, beide Unternehmensarten nunmehr in der als Gewerbezweigtarif
einzustufenden GTS 09 zu veranlagen. Insoweit führt die Klägerin erneut aus, zwar sei die Anzahl der Unfälle in den beiden
ehemaligen Gefahrtarifstufen vergleichbar, nicht aber die durchschnittliche Entschädigungsleistung (ehem. GTS 12: 116,43EUR;
ehem. GTS 26: 93,28EUR). Es müssten also hinsichtlich Art und Schwere der Unfälle signifikante Unterschiede vorliegen, was
die Zusammenfassung der Unternehmensarten in der neuen GTS 09 ausschließe. Die Beklagte habe überdies eingeräumt, dass auch
aktuell die Unternehmensgruppe "Wohnungs-, Siedlungsunternehmen" innerhalb der Unternehmensart "Unternehmen der Immobilienwirtschaft"
eine geringere Belastungsziffer aufweise, so dass auch aktuell nicht von einer gemeinsamen gewerbetypischen Unfallgefahr gesprochen
werden könne. Im Übrigen müsse die Beklagte insoweit ihre Zahlen offen legen. Auch sei das Entgeltniveau der Unternehmen der
ehem. GTS 26 höher als dasjenige der ehem. GTS 12, was ebenfalls dafür spreche, für die Unternehmen der ehem. GTS 26 eine
eigene Gefahrtarifstelle zu bilden. Zudem sei entgegen dem SG das Geschäftsfeld der ehemals in GTS 26 veranlagten Unternehmen nicht mit demjenigen der ehemals in GTS 12 veranlagten Unternehmen
identisch. Denn erstere vermieteten und verwalteten in der Regel eigenen, letztere fremden Wohnraum im Auftrag Dritter. Insoweit
hätte es bei zwei unterschiedlichen Gefahrtarifstellen verbleiben müssen. Letztlich handle es sich um einen heterogen zusammengesetzten
Gewerbezweigtarif, bei dem besonders intensiv geprüft werden müsse, ob er die tatsächliche Risikosituation der betroffenen
Unternehmen zutreffend widerspiegle. Unter Verweis auf ein in der Urteilsdatenbank der Kanzlei Prof. Dr. T ohne Angabe des
Aktenzeichens wiedergegebenes Urteil des SG München vom 20.11.2011, einen in der öffentlichen Sitzung des SG München am 22.06.2010
zu Az.: S 41 U 45/08 geschlossenen Neubescheidungsvergleich und den Aufsatz von Schulz "Der Gefahrtarif der Gewerblichen Berufsgenossenschaften",
herausgegeben vom Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaften März 1999) hält die Klägerin ferner eine Signifikanzprüfung
durch die Beklagte, nach der von Schulz für richtig gehaltenen Formel für erforderlich. Alsdann hat die Klägerin noch das
Ergebnis der vom SG München im dortigen Fall geforderten Signifikanzprüfung vorgelegt, wonach die Belastungsziffer der Unternehmensgruppe
"Wohnungsunternehmen, Siedlungsunternehmen" 0,7478 betrage und "nicht nur zufällig" von derjenigen der GTS 09 abweiche.
Die Klägerin beantragt,
1.
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.03.2009 zu ändern und den Veranlagungsbescheid vom 27.06.2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2008 aufzuheben.
2.
Die Revision zuzulassen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält unter Verweis auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen weiterhin daran fest, dass die in der neuen GTS 09 zusammengefassten
Unternehmen der ehem. GTS 12 und 26 vergleichbar seien. Es bestehe eine Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse
bei technologisch artverwandten Unternehmen. Belastungsziffern für Untergruppen der ehem. GTS 12 würden nicht berechnet, könnten
also auch nicht offen gelegt werden. Die Beklagte sieht sich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG. Zu einem anderen Ergebnis führende Urteile unterer Instanzen, die die Klägerin zitiert habe, hält sie für nicht überzeugend.
Es bestehe auch keine Verpflichtung, die Signifikanzmethode anzuwenden.
Die Beteiligten haben aus parallel geführten Musterverfahren, in denen der Arbeitgeberverband der Deutschen Immobilienwirtschaft
e.V. ebenfalls als Prozessbevollmächtigter aufgetreten ist, folgende Entscheidungen überreicht:
- Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.02.2011, Az.: L 5 U 292/09, in dem die dortige Klägerin unterlegen ist. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 26.05.2011 zu Az.: B 2 U 92/11 B zurückgewiesen. Die Klägerin hält dieses Urteil für falsch und fühlt sich in ihrer Eigenschaft als reine Wohnungsverwaltungsgesellschaft
nicht hinreichend gewürdigt. Ihre Einstufung in GTS 17 ("Verwaltungs- und Beteiligungsunternehmen") sei naheliegender. Sie
hat ferner die Auffassung vertreten, die zu Az.: B 2 U 4/12 und B 2 U 8/12 ergangenen Entscheidungen des BSG vom 11.04.2013 müssten in ihrem Fall zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.
- Urteil des Hessischen LSG, auch hier ist die dortige Klägerin unterlegen. Auch dieses Urteil hält die Klägerin für falsch.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 27.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2008 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz/SGG). Die von der Beklagten
vorgenommene Veranlagung der Klägerin in der ab dem 01.01.2007 neu geschaffenen GTS 09 des GT 2007 ab diesem Zeitpunkt ist
rechtmäßig und die von der Klägerin gegen den Bescheid erhobene Anfechtungsklage unbegründet.
Der Gefahrtarif ist vom Unfallversicherungsträger als autonomes Recht festzusetzen und in ihm sind zur Abstufung der Beiträge
Gefahrklassen festzustellen (§
157 Abs.
1 S. 1, 2
SGB VII). Er ist nach Tarifstellen zu gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten
errechnete Gefahrenklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs
Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen
(§
157 Abs.
1 bis
3 SGB VII).
Hierbei können die Kriterien, die unter Geltung der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) aufgestellt worden sind, herangezogen werden, weil bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in
das Sozialgesetzbuch als
SGB VII im Wesentlichen das zuvor geltende Recht der
RVO übernommen worden ist und auch die neu eingeführte Vorschrift des §
157 Abs.
2 S. 1
SGB VII über die Bildung der Gefahrtarifstellen lediglich der bisherigen Praxis der Berufsgenossenschaften Rechnung trägt (BSG, Urteil vom 06.05.2003, B 2 U 7/02 R, zitiert nach [...], Rn. 12 ff.). Angesichts dieser vom Gesetzgeber gewollten Kontinuität behält die Rechtsprechung zur Bildung
von Gefahrtarifstellen nach der
RVO für das geltende Recht ihre Bedeutung. Es ist daher davon auszugehen, dass Gefahrtarife durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. §
158 Abs.
1 SGB VII) überprüfbar sind, als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. §
157 SGB VII; §§
33 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch/SGB IV) allerdings nur darauf, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet
und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden
öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen
erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste
Regelung ist, ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung der
Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern.
Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um
weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Die Bildung des Gefahrtarifs
muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs-
und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage
erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 24.06.2003, B 2 U 21/02 R, zitiert nach [...], Rn. 21).
Der ab dem 01.01.2007 geltende Gefahrtarif der Beklagten ist als autonomes Satzungsrecht rechtmäßig zustande gekommen. Er
wurde durch deren Vertreterversammlung am 14.12.2006 beschlossen und öffentlich bekannt gemacht (§§
33 Abs.
1 S. 1, 34 Abs.
2 S. 1
SGB IV). Der Gefahrtarif war ab dem 01.01.2007 neu festzusetzen, weil der zuvor ab dem 01.01.2001 geltende Gefahrtarif über den
31.12.2006 hinaus keine Geltung mehr beanspruchen konnte (§
157 Abs.
5 SGB VII). Die Gefahrklasse ist nach dem Verhältnis der gezahlten Leistungen und Versicherten in den Unternehmen der Gewerbezweige
zu den dort gezahlten Arbeitsentgelten berechnet worden (§
157 Abs.
3 SGB VII). Die Beklagte hat die herangezogenen Zahlen dargelegt, insbesondere die bereits der Klägerin im Verwaltungsverfahren zur
Verfügung gestellten Unterlagen mit Schriftsatz vom 07.10.2014 auch dem Senat übermittelt, die die Ermittlung der Gefahrklasse
belegen. Der ab dem 01.01.2007 geltende Gefahrtarif wurde ferner am 18.12.2006 durch das Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde
genehmigt (§
158 SGB VII).
Soweit die Beklagte die gesetzlichen Vorgaben in ihrem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Gefahrtarif in der Weise umgesetzt
hat, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen entsprechend den Gewerbezweigen die Unternehmensarten
gewählt hat, ist dies rechtmäßig. Ein solcher Tarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen
gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und die Unternehmensart deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst
homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach diesem Prinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen
und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie das BSG für den mit dem Begriff der Unternehmensart vergleichbaren Terminus des Gewerbezweigs dargelegt hat (BSG, Urteil vom 21.03.2006, B 2 U 2/05 R, zitiert nach [...], Rn. 20).
Die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr ist Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im Beitragsrecht der
gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung verwirklicht ist. Die Veranlagung
nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BSG, a.a.O., Rn. 21). Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zustand von Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden
Unternehmen. Da ein gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und
Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die
Zuordnung zu ihnen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die
hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen
sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit
sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen. Die Gliederung
der Gewerbezweige nach dem klassischen Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und
Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung, verliert in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung, weshalb
für eine gerechte Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende verbandsorganisatorische
Strukturen herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt
für den Zustand der Gewerbezweige in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, weil sie den zuverlässigsten
Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss
geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer
gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen widerspiegelt.
Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes
Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu
einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (BSG, a.a.O., Rn. 23). Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung
von Gewerbezweigen sind jedoch Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben. Eine
Unternehmensart kann nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen
zusammen genommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen (vgl. §
157 Abs.
2 S. 1
SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einer der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft
ausgewiesenen Unternehmensarten zugeordnet werden. Nach der einem solchen Tarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur
solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig
ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit
das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert wurde. Insofern unterscheiden
sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen
durchaus auch technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst
werden können (BSG, a.a.O., Rn. 24).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Bildung der GTS 09 für Unternehmen der Immobilienwirtschaft im GT 2007 nicht
zu beanstanden. Zu diesem Gewerbezweig gehören Baubetreuungen, Baugenossenschaften, Bauträger, Campingplatzbetreiber, Ferienwohnungsvermietungen,
Immobilienverwaltungen, Immobilienvermietungen und Immobilienbewirtschaftungen, Platzvermietungen sowie Siedlungs- und Wohnungsunternehmen.
Sie befassen sich vorwiegend mit vorbereitenden, organisierenden und/oder kaufmännisch-verwaltenden Tätigkeiten im Bereich
der Immobilienwirtschaft. Gemeinsam ist ihnen eine gewerbsmäßige Nutzung von Grundstücken, wobei es sich um eine verwaltende
Nutzung handelt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.02.2011, L 5 U 292/09, Seite 10).
Die GTS 09 des GT 2007 wurde, wie sich bereits aus der von der Beklagten vorgelegten Gefahrtarifvorlage für die Organe der
Selbstverwaltung zum GT 2007 ergibt, aus den ehemaligen GTS 12 ("Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen") und 26 ("Wohnungsbauunternehmen,
Siedlungsbauunternehmen") gebildet. Es ist aber bereits nicht ersichtlich, weshalb die Verwaltung und Vermietung unbeweglicher
Sachen ein anderes oder nicht ähnliches Unternehmen mit anderem oder nicht ähnlichem Gefährdungsrisiko sein soll, als die
Verwaltung und Vermietung durch Wohnungs- und Siedlungsbauunternehmen. Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die Gewerbezweige
der ehemaligen (bis zum 21.12.2006) GTS 12 und 26 unterschiedliche Unfallrisiken aufweisen. Vielmehr sind diese Gewerbezweige
in sachlicher Hinsicht miteinander verwandt. Die Wohnungs- und Siedlungsunternehmen verwalten und vermieten eigenes Grundvermögen.
Die in der neuen GTS 09 zusammengefassten Unternehmen verwalten, vermieten, verpachten, kaufen und/oder verkaufen im Immobiliensektor
und/oder lassen Immobilien errichten. Den zusammengefassten Unternehmen ist ferner gemeinsam, dass in ihnen allen überwiegend
Bürotätigkeiten verrichtet werden. Den in der neuen GTS 09 zusammengefassten Unternehmen ist ferner gemeinsam, dass Beschäftigte
auch Außentermine wahrnehmen. Dass der Umfang der Außendiensttätigkeiten bei Bauträgern oder Baubetreuern wesentlich größer
ist, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass in der GTS 09 überwiegend Unternehmen der Immobilienwirtschaft
eingeordnet sind, die aufgrund einer Unternehmenstruktur, die von der der Klägerin deshalb erheblich abweicht, weil die Vertretung
nicht ausschließlich büromäßig, sondern durch Außendienst o.ä. verrichtet wird, ein erhöhtes Gefährdungsrisiko bergen (vgl.
auch Hessisches LSG, Urteil vom 17.02.2014, L 9 U 273/09, Seite 14 f.).
Damit aber ist die Beklagte als berechtigt anzusehen, Wohnung- und Siedlungsunternehmen und Unternehmen der Verwaltung und
Vermietung unbeweglicher Sachen im GT 2007 in einer Gefahrtarifstufe zu vereinen, ohne gegen das in §
157 Abs.
2 S. 1
SGB VII verankerte Gebot der Bildung von Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken zu verstoßen.
Die Klägerin als Siedlungs- und Wohnungsunternehmen hat auch keinen Anspruch auf eine Verselbstständigung als eigener Gewerbezweig
oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig des neuen Gefahrtarifs. Ein solcher Anspruch besteht entgegen
der Auffassung der Klägerin nicht deshalb, weil Wohnungs- und Siedlungsunternehmen ein vom Durchschnitt der Tarifstelle erheblich
abweichendes Gefährdungsrisiko hätten.
Soweit die Klägerin insoweit die Forderung erhoben hat, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einer anderen
Unternehmensart des Gefahrtarifs zugeteilt zu werden, kann dies selbst dann, wenn man einen erheblich abweichenden Grad der
Unfallgefahr einmal unterstellt, Erfolgsaussicht nur dann haben, wenn der neue Gefahrtarif mehrere für die Unternehmensart
"Wohnungsunternehmen, Siedlungsunternehmen" in Betracht kommende Unternehmensarten ausweist, und unklar ist, welcher von ihnen
sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht dagegen die nach technologischen Gesichtspunkten richtige Zuordnung der
Klägerin - zu GTS 09 - fest, kann die Zugehörigkeit zu der Unternehmensart von der Klägerin nicht mit dem Hinweis auf die
unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden (vgl. Hessisches LSG, a.a.O., Seite 13).
Die richtige Zuordnung der Klägerin zu GTS 09 steht jedoch fest. Sie betreibt Wohnungsverwaltung und gehört daher als "Wohnungsunternehmen,
Siedlungsunternehmen" zu den Unternehmen der Immobilienwirtschaft gem. GTS 09 des GT 2007. Es handelt sich bei der Klägerin
nicht um ein "Unternehmen des Ingenieurwesens, Architekturunternehmen" nach GTS 03. Dies scheidet schon deshalb aus, weil
die Klägerin keine Wohnungen baut, sondern verwaltet. Die Klägerin ist auch nicht als "Verwaltungs- und Beteiligungsunternehmen"
nach GTS 17 einzustufen, weil die von ihr ausgeübte Wohnungsverwaltung Teil der von ihr betriebenen Immobilienwirtschaft ist.
GTS 09 ist gegenüber GTS 17 spezieller, weshalb die Klägerin auch in GTS 09 einzuordnen ist. Erst recht betreibt die Klägerin
keine bloße "Hausbesorgung" nach GTS 22, wobei insoweit ergänzend anzumerken ist, dass eine Einstufung der Klägerin in diese
GTS auch wegen der deutlich höheren Gefahrklasse (3,08) nicht in ihrem Interesse liegen dürfte.
Somit steht die richtige Zuordnung der Klägerin in GTS 09 des GT 2007 nach technologischen Gesichtspunkten fest.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte darauf, dass diese weiterhin einen eigenständigen Gewerbezweig allein
für die "Wohnungs- und Siedlungsunternehmen" bildet. Ein Anspruch auf Verselbstständigung der Gruppe der Wohnungs- und Siedlungsunternehmen
in einer eigenen Gefahrstelle ergibt sich nicht daraus, dass diese Gruppe ein vom Durchschnitt der Tarifstelle erheblich abweichendes
Gefährdungsrisiko hätte. Jedenfalls eine Abweichung von ca. 33 % hat das BSG (Urteil vom 11.04.2013, B 2 U 8/12 R, zitiert nach [...], Rn. 37) für zulässig gehalten und deshalb die Bildung einer gemeinsamen GTS mit der Gefahrklasse 6,0,
der auch die vorher einer GTS mit der Gefahrklasse 4,0 zugehörige dortige Klägerin zugeordnet wurde, für zulässig gehalten.
Das BSG hat ausgeführt, zwar sei diese von ihm mit 33 % bezifferte Abweichung durchaus erheblich, jedoch zeige §
157 Abs.
2 S. 1
SGB VII, dass die Risiken der Gewerbezweige nicht gleich oder sehr ähnlich sein müssten, weil §
157 Abs.
2 S. 1
SGB VII ein versicherungsmathematischen Ausgleich ausdrücklich fordere.
Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Aus ihr folgt auch für den hier zu beurteilenden Fall, dass die
Gruppe der Wohnungs- und Siedlungsunternehmen kein vom Durchschnitt der Tarifstelle erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko
aufweist. Die Klägerin war nach dem vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2006 geltenden GT 2001 in der ehemaligen GTS 26 mit der Gefahrklasse
0,86 veranlagt. Seit 2007 ist sie in der GTS 09 veranlagt. Deren Gefahrklasse betrug 2007 1,20 und ausgehend von einer sechsjährigen
Geltungsdauer des Gefahrtarifs gemäß §
157 Abs.
5 SGB VII für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2012 1,32. Für diesen Zeitraum ist die Klägerin ausweislich des Bescheides vom
27.06.2007, der die Einstufung für das Jahr 2007 mit Gefahrklasse 1,20 und ab dem Jahr 2008 mit Gefahrklasse 1,32 vornimmt,
in GTS 09 eingestuft worden. Das Gefährdungsrisiko weicht somit für 2007 (1,20 gegenüber 0,86) um ca. 28 % und ab 2008 (1,32
gegenüber 0,86) um ca. 35% ab, gemittelt auf den 6.Jahres-Zeitraum des §
157 Abs.
5 SGB VII (ca. 1,30 gegenüber 0,86) ergibt sich somit eine Abweichung von ca. 33%, was im nach der Rechtsprechung des BSG zu tolerierenden Bereich liegt.
Das von der Klägerin vorgelegte Ergebnis der sog. Signifikanzprüfung rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Bei der Bildung von
Gefahrtarifstellen kann nicht isoliert darauf abgestellt werden, ob die Belastungsziffer einzelner Unternehmensarten einer
Gefahrtarifstelle von derjenigen anderer Unternehmensarten "nicht nur zufällig" abweicht. Wenn nämlich - wie vorliegend -
die richtige Zuordnung nach technologischen Kriterien gegeben ist, sind schon wegen des Solidarausgleichs gewisse Unterschiede
im Hinblick auf das Gefährdungsrisiko im Rahmen der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (vgl. LSG Rheinland-Pfalz,
a.a.O., S. 11). Dass diese Unterschiede vorliegend tolerabel sind, wurde aber soeben dargelegt.
Auch ist der Hinweis der Klägerin darauf, dass wegen der Konzentration der von ihr verwalteten Wohnungsgebäude um den in F
gelegenen Standort ihres Unternehmens das Risiko ihrer Beschäftigten, einen sog. Betriebswegeunfall zu erleiden, gewissermaßen
entfalle, nicht geeignet, die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Veranlagung ihres Unternehmens zu der Gefahrtarifstelle
09 zu begründen. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe in dem angefochtenen sozialgerichtlichen Urteil (S. 7 Abs.
2) verwiesen und insoweit gem. §
153 Abs.
2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Im Übrigen begehrt die Klägerin damit letztlich die Schaffung
einer eigenen Gefahrtarifstelle bzw. eines eigenen Gefahrtarifs allein für sie selbst. Ein solcher Anspruch besteht jedoch
schon deshalb nicht, weil sich - wie bereits dargelegt - aus §
157 Abs.
2 Satz 1
SGB VII ergibt, dass eine Unternehmensart nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden kann, wenn die zugehörigen Betriebe
und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich die gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen berechnen lässt. Dies wäre bei einer allein für die Klägerin geschaffenen Gefahrtarifstelle bzw. einer allein
für die Klägerin geschaffenen Gefahrklasse jedoch nicht möglich.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte auch nicht dazu verpflichtet, ihre Zahlen offen zu legen, die zur Bildung
des neuen Gefahrtarifs und hierbei insbes. zur Bildung der GTS 09 geführt haben. Denn die Beklagte ist für die Bildung der
Gefahrtarifstellen den Unternehmern gegenüber gerade nicht darlegungs- und nachweispflichtig. Die Bildung eines Gefahrtarifs
ist vielmehr eine Maßnahme untergesetzlicher Normsetzung, die zwar einer Ermächtigungsgrundlage bedarf, für deren einzelne
Regelungen der Normgeber dem Normunterworfenen gegenüber aber nicht im Einzelnen begründungspflichtig ist. Insoweit besteht
eine Beweislast der Beklagten für die Zweckmäßigkeit und Sachgerechtigkeit der getroffenen Satzungsregelung nicht. Die Rechtsprechung
überprüft auch nicht, ob der Satzungsgeber jeweils die vernünftigste oder gerechteste Regelung getroffen hat (BSG, Urteil vom 11. April 2013, a.a.O. in [...], Rn. 39 m.w.N.).
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.
Für das Berufungsverfahren war der Streitwert gem. §
197 a Abs.
1 Satz 1 Hs 1
SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) mit dem sog. Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR festzusetzen, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts
keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Solche die Ansetzung des Auffangstreitwerts ausschließenden Anhaltspunkte bestehen
dann, wenn sich die durch die Neueinstufung der Klägerin entstehende Beitragsmehrbelastung beziffern lässt, also die Beitragsdifferenz
zwischen der begehrten und der tatsächlichen Beitragsbelastung berechenbar ist (dazu BSG, Urteil vom 11. April 2013, a.a.O., Rn. 59 f.). Da jedoch nicht klar ist, zu welcher Gefahrklasse Wohnungs- und Siedlungsunternehmen
bei Beibehaltung einer eigenen Gefahrtarifstelle veranlagt worden wären, ist vorliegend die Beitragsdifferenz zwischen der
begehrten und der tatsächlichen Beitragsbelastung gerade nicht berechenbar und somit die Ansetzung des Auffangstreitwertes
angemessen.
Dementsprechend ist auch für das Klageverfahren der Auffangstreitwert anzusetzen. Der anderslautende Streitwertbeschluss des
SG steht der Ansetzung des Auffangstreitwertes für das Klageverfahren nicht entgegen, weil dieser vom Rechtsmittelgericht auch
von Amts wegen geändert werden kann, wie sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG ergibt.