Einnahme mit Geldeswert; Dienst-Pkw; Firmenwagen; private Nutzungsmöglichkeit; Geldwert; Vorteil; unentgeltlicher Gebrauch;
Nutzungsmöglichkeit; Erwerbstätigkeit; Einkommensanrechnung; Einkommensberücksichtigung; Verkehrswert; Marktwert; Regelsatz;
Bedarf; Regelleistung, Mobilität; Regelsatzanteil; ersparte Aufwendungen; Meistbegünstigungsgrundsatz; Nutzungsüberlassung;
private Nutzung; Nutzungsvorteil; Einnahme in Geldeswert; bereites Mittel; Marktfähigkeit
Tatbestand:
Der Beklagte und Berufungskläger (nachfolgend Beklagter) wendet sich gegen drei Urteile des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG), mit denen zwei an die Kläger und Berufungsbeklagten (nachfolgend Kläger) gerichtete Aufhebungs- und Erstattungsbescheide
für den Zeitraum von September 2009 bis Januar 2010 aufgehoben und der Beklagte darüber hinaus verurteilt worden ist, den
Klägern höhere Leistungen für den Monat Januar 2010 zu bewilligen.
Der am ... 1972 geborene Kläger lebte seinerzeit zusammen mit seiner am ... 1981 geborenen Lebensgefährtin und der am ...
2007 geborenen Tochter in einer Mietwohnung in W. Die Wohnung hatte eine Wohnfläche von 64,90 qm und wurde mit Gas beheizt.
Warmwasser wurde dezentral mit Strom erzeugt. Für diese Wohnung war im streitbefangenen Zeitraum eine Gesamtmiete von 435
EUR (Kaltmiete 279 EUR, Stellplatz 15 EUR und Nebenkostenvorauszahlung 141 EUR) zu zahlen (ohne Stellplatz 420 EUR). Mit Schreiben
vom 8. Oktober 2009 rechnete der Vermieter die Betriebskosten für das Jahr 2008 ab. Danach war eine Nachzahlung in Höhe von
181,46 EUR zu zahlen.
Die Kläger bezogen von dem Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger erzielte zunächst Einkommen aus einer nichtselbständigen Beschäftigung bei der Autogascentrum A. D. GmbH und vom
1. bis 16. Januar 2009 Arbeitslosengeld (Alg) iHv monatlich 814,20 EUR. Die Klägerin zu 2) war von August 2008 bis August
2009 bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft in D. beschäftigt. Das jeweils am Monatsende fällige, geringfügig schwankende
Gehalt betrug im Juni 2009 1.668,45 EUR brutto (1.162,06 EUR netto) und im Juli 2009 1.660 EUR brutto (1.162,78 EUR netto).
Für die Klägerin zu 3) wurde Kindergeld von 164 EUR im Jahr 2009 und 184 EUR ab Januar 2010 gezahlt.
Der Beklagte bewilligte der dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft auf den ersten Leistungsantrag vom 27. Januar 2009 mit Bescheid
vom 6. Februar 2009 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 1. Februar 2009 und gewährte dem Kläger dabei einen Zuschlag von 335 EUR monatlich. Mit bestandskräftigem
Bescheid vom 5. August 2009 bewilligte der Beklagte auf den Leistungsantrag vom 28. Juli 2009 (endgültige) SGB II-Leistungen für den Zeitraum von August bis Dezember 2009 in Höhe von monatlich insgesamt 611,67 EUR und 533,67 EUR für Januar
2010. Hiervon entfielen auf den Kläger 114,57 EUR sowie ein Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 335 EUR, auf die Klägerin zu 2) zu 114,56 EUR und auf die Klägerin zu 3) 47,54 EUR. Im Januar 2010 verringerte
sich der Zuschlag auf 257 EUR. Bei der Berechnung ging der Beklagte von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe
von 1.286,81 EUR aus, bestehend aus der Regelleistung von je 323 EUR für den Kläger und die Klägerin zu 2), Sozialgeld von
215 EUR für die Klägerin zu 3) sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) von 425,81 EUR. Hiervon zog er das Kindergeld
sowie ein Erwerbseinkommen der Klägerin zu 2) von geschätzten 1.200 EUR netto (bereinigt auf 846,14 EUR) ab.
Zum 1. September 2009 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit im Bereich Hausverwaltung und Hausmeisterservice auf, aus
der er letztlich im streitigen Zeitraum kein anzurechnendes Einkommen erzielte. Nach Vorlage der vorläufigen Erklärung zum
Einkommen Selbständiger (EKS) teilte der Beklagte mit, er werde angesichts der zu erwartenden Einnahmen die Leistungsgewährung
vorläufig einstellen, und forderte ihn auf, Lohnbescheinigungen der Klägerin zu 2) ab August 2009 vorzulegen. Daraufhin wurden
im Dezember 2009 drei Lohnabrechnungen für September bis November 2009 vorgelegt, aus denen sich ergab, dass die Klägerin
zu 2) zum 1. September 2009 die Arbeitsstelle gewechselt und eine Beschäftigung im Betreuungsverein K. e.V. aufgenommen hatte.
Das im laufenden Monat gezahlte Gehalt betrug gleichbleibend 2.027,42 EUR brutto (1.354,53 EUR netto). Im Rahmen der Beschäftigung
wurde der Klägerin zu 2) vom Arbeitgeber ein Dienstwagen gestellt. In der Gehaltsabrechnung ist neben dem "Festbezug Gehalt"
in Höhe von 1.800 EUR ein Betrag von 227,42 EUR für die "Kfz-Gestellung" verbucht, der jedoch vom Nettoeinkommen wieder in
Abzug gebracht wurde, sodass sich der monatliche Auszahlungsbetrag auf 1.127,11 EUR belief.
Daraufhin stellte der Beklagte die Leistung mit Bescheid vom 18. November 2009 vorläufig ein und forderte den Kläger auf,
bis zum 15. Dezember 2009 weitere Unterlagen vorzulegen. Am 16. Dezember 2009 berechnete der Beklagte das anzurechnende Einkommen
aus selbständiger Tätigkeit. Danach habe der Kläger im Zeitraum 1. September 2009 bis 31. Januar 2010 Betriebseinnahmen in
Höhe von insgesamt 879,65 EUR und Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 539,50 EUR gehabt. Monatlich errechnete der Beklagte
einen Gewinn von 340,15 EUR.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2009 hob der Beklagte gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) seinen Bewilligungsbescheid vom 5. August 2009 für die Zeit ab 1. Januar 2010 ganz auf und führte zur Begründung aus, das
Einkommen übersteige den Bedarf. Nach Vorlage der abschließenden Anlage EKS für den Zeitraum September 2009 bis Januar 2010
könne eine erneute Prüfung erfolgen. Dagegen erhob der Kläger 29. Dezember 2009 Widerspruch und teilte mit, dass er im Januar
2010 keine Einnahmen erzielt habe. Der geldwerte Vorteil beim Einkommen der Lebensgefährtin stehe nicht als Einkommen zur
Verfügung.
Am 31. Dezember 2009 beantragte der Kläger beim Beklagten die Übernahme der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung
des Vermieters in Höhe von 181,46 EUR.
Der Beklagte prüfte das Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit erneut: Danach hatte der Kläger im Zeitraum 1. September
2009 bis 31. Januar 2010 Betriebseinnahmen in Höhe von 3.208,24 EUR und Betriebsausgaben in Höhe von 2.913,48 EUR. Der Gesamtgewinn
von 294,76 EUR geteilt durch fünf Monate ergebe Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit in Höhe von monatlich 58,95 EUR.
Daraufhin bewilligte der Beklagte den Klägern mit Änderungsbescheid vom 2. Februar 2010 Leistungen für Januar 2010 in Höhe
von insgesamt 335,28 EUR. Hiervon entfielen auf den Kläger 289,42 EUR (32,42 EUR und Zuschlag 257 EUR), auf die Klägerin zu
2) 32,41 EUR und auf die Klägerin zu 3) 13,45 EUR. Im Bescheid wurde ausgeführt, dass für Januar eine Nachzahlung in Höhe
des bewilligten Betrags erfolge. Der Berechnung legte der Beklagte ein Nettoeinkommen der Klägerin zu 2) von 1.354,53 EUR
zu Grunde.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. April 2010 hob der Beklagte gegenüber dem Kläger die Bewilligungsentscheidungen
vom 5. August 2009 und 1. Februar 2010 teilweise für den Zeitraum 1. September 2009 bis 31. Januar 2010 in Höhe von insgesamt
336,45 EUR auf. Für die Monate September bis Dezember 2009 belief sich die Aufhebung auf monatlich 82,15 EUR und für den Monat
Januar 2010 auf 7,85 EUR. Mit weiterem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. April 2010 hob der Beklagte gegenüber den
Klägerinnen die Bewilligungsentscheidungen vom 5. August 2009 und 1. Februar 2010 teilweise für den Zeitraum 1. September
2009 bis 31. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 477,11 EUR (336,44 EUR für die Klägerin zu 2) und 140,67 EUR für die Klägerin
zu 3) auf und forderte eine Erstattung in dieser Höhe. Für die Monate September bis Dezember 2009 belief sich die Aufhebung
auf monatlich 82,15 EUR für die Klägerin zu 2) und 34,09 EUR für die Klägerin zu 3). Für Januar 2010 belief sich die Aufhebung
auf 7,84 EUR für die Klägerin zu 2) und auf 4,31 EUR für die Klägerin zu 3). Zur Begründung stützte sich der Beklagte auf
§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 SGB X und führte aus, die Klägerin zu 2) habe seit dem Arbeitsplatzwechsel zum 1. September 2009, den sie pflichtwidrig nicht angezeigt
habe, ein höheres Nettoeinkommen erzielt. Das veränderte Einkommen habe zur Minderung des Leistungsanspruchs geführt. Die
Aufhebungsbeträge seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten. Gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22. April 2010 erhoben die Kläger am 12. Mai 2010, vertreten
durch ihren Prozessbevollmächtigten, jeweils Widersprüche: Die Aufhebungsbeträge seien der Höhe nach nicht nachvollziehbar.
Die Klägerin zu 2) habe im Vergleich zu den Vormonaten kein wesentlich höheres Einkommen erzielt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2010 wies der Beklagte den Widerspruch vom 4. Januar 2010 gegen den Bescheid vom 17.
Dezember 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Februar 2010 (Aufhebung der Leistungsbewilligung für Januar 2010
und Neubewilligung) als unbegründet zurück. Der wegen der Anrechnung von Einkommen aus Selbständigkeit des Klägers erhobene
Widerspruch habe sich nach Erlass des Bescheids vom 2. Februar 2010 mit einer Leistungsbewilligung von insgesamt 335,28 EUR
weitgehend erledigt. Einkommen des Klägers sei nun nicht mehr angerechnet worden. Das Einkommen der Klägerin zu 2) aus Erwerbstätigkeit
sei in Höhe von 1.044,53 EUR (bereinigt) anzurechnen. Denn diese nutze den Dienstwagen auch privat und ziehe daraus einen
geldwerten Vorteil, der als Einkommen sowohl beim Brutto- als auch beim Nettoeinkommen zu berücksichtigen sei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 20. Juli 2010 wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide
vom 22. April 2010 als unbegründet zurück. Er führte aus, mit dem höheren Einkommen der Klägerin zu 2), das erst nach Aufforderung
zur Vorlage von Gehaltsbescheinigungen bekannt geworden sei, habe sich der Leistungsanspruch verringert. Für die Monate September
bis Dezember finde der Bescheid seine Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB X. Die Aufhebung für den Monat Januar 2010 beruhe auf § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X. Denn der Bescheid vom 2. Februar 2010 sei bereits bei seinem Erlass rechtswidrig gewesen, weil darin ein Kindergeld in bisheriger
Höhe anstelle des tatsächlich gezahlten Betrags von 184 EUR berücksichtigt worden sei. Dies hätten der Kläger und die Klägerin
zu 2) erkennen müssen. Insgesamt seien für die Bedarfsgemeinschaft SGB II-Leistungen in Höhe von 813,56 EUR zu Unrecht erbracht worden. Die Aufhebungs- und Erstattungsbeträge seien im angegriffenen
Bescheid in individualisierter Form aufgeführt worden. Zudem ließen sie sich aus den dem Bescheid beigefügten Berechnungsblättern
entnehmen.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 27. April 2010 hat zunächst nur der Kläger am 26. Mai 2010 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau
(SG) Klage erhoben und ausgeführt: Nach der Trennung habe er ab Februar 2010 einen höheren Leistungsanspruch. Die Klägerin zu
2) habe das Fahrzeug ausschließlich dienstlich genutzt und dabei auch weite Entfernungen zurückgelegt. Anderen Personen habe
das Fahrzeug nicht zur Verfügung gestanden, da sie praktisch ständig Rufbereitschaft gehabt habe, falls Anrufe der Polizei
oder anderer Stellen wegen der von ihr betreuten Personen eingingen. Im streitigen Zeitraum seien noch zwei weitere Fahrzeuge
vorhanden gewesen.
Gegen die Widerspruchsbescheide vom 20. Juli 2010 haben der Kläger und die Klägerinnen am 20. August 2010 zwei Klagen vor
dem SG erhoben, die zu den Aktenzeichen S 18 AS 2530/10 und S 18 AS 2523/10 registriert worden sind. Zur Begründung machten sie geltend, der in den Lohnbescheinigungen der Klägerin zu 2) als Bruttolohn
enthaltene Betrag von 227,42 EUR für die "Kfz-Gestellung" sei nicht als Einkommen anzurechnen, weil ihr dieser Betrag nicht
zugeflossen sei. Der von ihr genutzte Firmen-Pkw biete keinen auf den Bedarf anrechenbaren Vorteil und sei daher bei der Einkommensberechnung
außer Betracht zu lassen.
Auf Nachfrage des SG hat der Arbeitgeber der Klägerin zu 2) unter Vorlage der abgeschlossenen "Ergänzungsvereinbarung für Dienstwagen" mitgeteilt,
er trage die laufenden Betriebskosten für den Dienstwagen einschließlich Kraftstoffe und Wäschen. Der Dienstwagen dürfe von
der Klägerin zu 2) auch privat genutzt werden, jedoch ausschließlich durch sie als Fahrerin. Sie habe keine Möglichkeit gehabt,
die Nutzung des Dienstwagens abzulehnen. Der beim Bruttogehalt angesetzte Betrag stelle den geldwerten Vorteil dar, den der
Arbeitnehmer aus der Nutzung des Dienstwagens für Privatfahrten erziele. Hierfür sei zunächst 1 % des Bruttolistenpreises
von 13.700 EUR (monatlich 137 EUR) anzusetzen. Zudem werde der Wert der privaten Nutzung für die Fahrten von der Wohnung zur
Arbeitsstätte mit 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer angerechnet. Hieraus ergebe sich ein Betrag
von 90,42 EUR. Der Gesamtbetrag von 227,42 EUR sei dem Bruttoeinkommen zuzuschlagen. Er durchlaufe die Versteuerung, auch
seien Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Danach werde der Betrag vom Nettoeinkommen wieder abgezogen.
Das SG hat am 12. Juli 2011 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage in allen drei Verfahren durchgeführt. In diesem
Termin erklärte der Prozessbevollmächtigte zum Verfahren S 18 AS 1585/10, dass die Leistungsklage auch für die Klägerinnen erhoben worden sei.
Die Kläger haben beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 2. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 zu verurteilen, ihnen für den Monat Januar
2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne Berücksichtigung des im Brutto- und Nettoeinkommen der Klägerin zu
2) enthaltenen Betrages für die KfZ-Gestellung zu bewilligen und zu gewähren. Weiterhin haben die Kläger beantragt, die Aufhebungs-
und Erstattungsbescheide vom 22. April 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. Juli 2010 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen und sich auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren gestützt.
Nach mündlicher Verhandlung hat das SG den Beklagten mit Urteil vom 14. Februar 2012 unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Dezember 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides
vom 2. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 verurteilt, den Klägern für den Monat Januar
2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von insgesamt 528 EUR (371 EUR für den Kläger, 114 EUR für die
Klägerin zu 2) und 43 EUR für die Klägerin zu 43 EUR) zu bewilligen und zu gewähren, soweit nicht Leistungen bereits bewilligt
und ausgezahlt worden sind. Mit zwei weiteren Urteilen hat das SG die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22. April 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. Juli 2010 aufgehoben.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bescheide seien rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung
der Leistungsbewilligung nach den §§ 45 und 48 SGB X nicht vorlägen. Mit Aufnahme der neuen Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 2) im September 2010 sei eine wesentliche Änderung
eingetreten, die zu einer Veränderung der ursprünglich rechtmäßigen Bewilligung nach § 48 SGB X berechtige. Indes sei keine Minderung, sondern eine Erhöhung des Leistungsanspruchs eingetreten. Die Leistungsbewilligung
für Januar 2010 sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil Kindergeld in unzutreffender Höhe berücksichtigt worden sei.
Insoweit komme eine Aufhebung der Leistungsbewilligung nur nach § 45 SGB X in Betracht. Dessen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor, weil die Leistungsbewilligung zu niedrig gewesen sei, so dass
die fehlerhafte Kindergeldanrechnung nicht zu einer rechtswidrigen Begünstigung der Klägerinnen geführt habe. Auf den Gesamtbedarf
von 1.286,81 EUR sei neben dem Kindergeld das Erwerbseinkommen der Klägerin zu 2) in Höhe von 1.800,00 EUR brutto anzurechnen.
Der Bruttobetrag für die Kfz-Gestellung sei keine Einnahme in Geld. Zwar sei er in den Lohnbescheinigungen so ausgewiesen.
Der Betrag habe jedoch zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts nicht zur Verfügung gestanden. Maßgeblich sei, dass
es sich um ein bereites Mittel handele, dass dem Bedürftigen auch tatsächlich und nicht nur normativ zur Verfügung stehe.
Der Betrag sei nicht ausgezahlt worden, sondern vom Nettoeinkommen wieder in Abzug gebracht worden. Es handele sich um einen
fiktiven durchlaufenden Posten in Form einer steuerlichen Berechnungsgröße, die allein der steuerlichen Erfassung des mit
der privaten Nutzbarkeit des Dienstwagens verbundenen Vorteils diene. Die private Nutzbarkeit des Dienstwagens könne daher
allenfalls als sonstige Einnahme in Geldeswert berücksichtigt werden. Insoweit könne jedoch nicht der steuerrechtlich vorgesehene
Wert maßgeblich sein. Es sei insoweit auf den Betrag abzustellen, der im Regelsatz nach § 20 SGB II für die Kosten für Verkehr und Mobilität enthalten sei. Es ergebe sich nach der Regelleistung der Klägerin zu 2) ein monatlicher
Betrag von 14,54 EUR. Denn durch die Möglichkeit der privaten Nutzung des Dienstwagens sei ihr Bedarf hinsichtlich Mobilität
und Verkehr gedeckt. Sie habe keine Ausgaben mehr für die Nutzung von Verkehrsdienstleistungen, Fahrrädern etc. Da der Dienstwagen
nur von ihr genutzt werden dürfe, könne auch nur für sie dieses Einkommen berücksichtigt werden. Für den Kläger ergebe sich
kein entsprechender Vorteil. Die private Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens habe keinen Marktwert. Sie sei nicht in Geld
tauschbar. Vielmehr habe die Klägerin nach den Angaben ihres Arbeitgebers den Dienstwagen nutzen müssen und habe auf ihn nicht
verzichten können. Sie habe dementsprechend keine Möglichkeit, die Nutzbarkeit des Dienstwagens wirtschaftlich so zu verwerten,
dass ihr daraus Geldmittel entstünden, die zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden könnten. Bei einem anrechenbaren Erwerbseinkommen
von insgesamt 831,65 EUR übersteige der Leistungsanspruch der Kläger in jedem der streitbefangenen Monate die Leistungsbewilligung
des Beklagten, sodass die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide rechtswidrig seien. Das SG hat die Berufung in allen drei Verfahren zugelassen.
Gegen die ihm am 8. März 2012 zugestellten drei Urteile hat nur der Beklagte am 4. April 2012 und am 10. April 2012 drei Berufungen
erhoben, die der Senat mit Beschluss vom 26. Februar 2016 miteinander verbunden hat. Der Beklagte hat ausgeführt: Die mit
der privaten Nutzbarkeit des vom Arbeitgeber bereitgestellten Dienstfahrzeugs verbundenen wirtschaftlichen Vorteile seien
als Einkommen nach § 11 SGB II anzurechnen. Das SG habe den wirtschaftlichen Vorteil zu Unrecht mit nur 14,54 EUR bewertet. Vielmehr sei der volle in der Lohnbescheinigung
enthaltene Betrag für die KfZ-Gestellung als Einkommen zu berücksichtigen. Diese sonstige Einnahme in Geldeswert gemäß § 2 Abs. 6 Alg II-V müsse mit ihrem Verkehrswert angesetzt werden. Die Anrechnung sei nicht auf den in der Regelleistung enthaltenen Betrag beschränkt,
weil der Regelsatzanteil nur Nutzungen von Verkehrsdienstleistungen enthalte, aber ausdrücklich keine Kfz-Kosten. Die Ersparnis
von Aufwendungen habe einen Geldeswert. Es sei ausreichend, wenn geldwerte Einnahmen einen bestimmten in Geld ausdrückbaren
wirtschaftlichen Wert besitzen. Durch die Möglichkeit, ein Dienstfahrzeug zu nutzen, würden eigene Aufwendungen erspart. Der
Werterhalt des eigenen Fahrzeugs würde erhöht, da es weniger genutzt werden könnte. Dieser Nutzen komme der gesamten Bedarfsgemeinschaft
zugute. Die Klägerin könne nicht damit gehört werden, dass sie das Fahrzeug nur dienstlich nutze. Die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit
sei ausreichend. Im Übrigen handele es sich bei dem geldwerten Vorteil um einen Lohnbestandteil, der zu versteuern und sozialversicherungspflichtig
sei. Dieser Lohnbestandteil reduziere die Hilfebedürftigkeit. Der Beklagte hat auf das Urteil des BSG vom 29. August 2012 - B 10 EG 20/11 R hingewiesen. Danach handele es sich bei der privaten Dienstwagennutzung um einen geldwerten Vorteil, der nach Bundeselterngeldgesetz
als Einkommen zu berücksichtigen sei. Weiterhin seien die Klagen gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22. April
2010 unzulässig, soweit der Leistungsmonat Januar 2010 angegriffen worden sei. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom
22. April 2010 seien Gegenstand des Verfahrens L 4 AS 159/12 geworden. Dies habe das SG zu Lasten des Beklagten übersehen. Die Berufung des Beklagten dürfte für Januar 2010 erfolgreich sein. Zum Zeitpunkt der
Erweiterung der Leistungsklage auf die Klägerinnen zu 2) und zu 3) im Jahr 2011 sei die Klagefrist bereits abgelaufen gewesen.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 14. Februar 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die Kläger tragen vor, es handele sich zwar um einen Vorteil. Dieser sei jedoch nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.
Die private Nutzbarkeit des Dienstwagens habe keinen Verkehrswert, da der Pkw nur von der Klägerin zu 2) gefahren werden dürfe.
Die streitige Konstellation sei der der unentgeltlichen Verpflegung im Krankenhaus vergleichbar. Insoweit habe das BSG mit Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 22/07 R entschieden, dass diese keinen Marktwert habe und nicht anrechenbar sei. Ein geldwerter Vorteil würde der Klägerin zu 2)
nur verbleiben, wenn sie den Dienstwagen in Höhe des verbuchten Gegenwertes zu privaten Zwecken nutze und dadurch eigene Aufwendungen
für die Anschaffung und Nutzung eines Privat-Pkw erspare. Insoweit habe sie bereits dargelegt, dass der Pkw überwiegend für
dienstliche Zwecke genutzt worden sei. Die Möglichkeit der privaten Nutzung des Dienstwagens beeinflusse ihre Lage nicht so
günstig, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt wären. Zudem sei aufgrund der zeitintensiven dienstlichen Nutzung die private Nutzungsmöglichkeit
des Pkw eingeschränkt gewesen. Daher müsse der Sachbezug unberücksichtigt bleiben. Ihren anfänglichen Vortrag, die Bedarfsgemeinschaft
habe im streitigen Zeitraum über zwei weitere private Pkw verfügt, halte sie nicht mehr aufrecht. Ihr habe kein privater Pkw
zur Verfügung gestanden. Der vorhandene Pkw Nissan habe dem Kläger gehört und sei ausschließlich von diesem gewerblich genutzt
worden. Sie habe den Pkw nicht nutzen können.
Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat der Arbeitgeber unter dem 16. September 2013 ergänzend ausgeführt, die Klägerin zu
2) habe bei Abschluss des Arbeitsvertrags und des Dienstwagenvertrags weder die Wahl gehabt, den Dienstwagen abzulehnen noch
diesen ausschließlich für Dienstfahrten zu nutzen. Bei einer Ablehnung des Dienstwagens hätte die Klägerin zu 2) die Aufwendungen
für die dienstlichen Wege - monatlich mindestens 1000 km - privat zahlen müssen.
Im Erörterungstermin am 2. Dezember 2014 hat die Klägerin zu 2) ausgeführt, aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit als Berufsbetreuerin
habe sie keine regelmäßigen werktäglichen Bürozeiten. Sie habe auch am Wochenende berufliche Einsätze. Ihre Anwesenheitszeiten
und -tage im Büro seien unregelmäßig. Im streitigen Zeitraum habe der Bedarfsgemeinschaft nur der betriebliche Pkw des Klägers
zur Verfügung gestanden. Letztlich habe der Dienstwagen ihr schon die Anschaffung eines eigenen Pkw erspart. Andererseits
sei dieser für ihre privaten Bedürfnisse nicht praktisch gewesen. Denn er sei für die Nutzung als Familie mit Kind und Hund
zu klein gewesen. Anfänglich habe sie für ihren Arbeitgeber ein Fahrtenbuch geführt. Weiter hat die Klägerin erklärt, die
Horizontalberechnungen aus der Verwaltungsakte für die Monate September bis Januar 2009 lägen ihr vor. Sie seien wohl mit
dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. April 2010 versandt worden.
Der Beklagte hat auf die Bestandskraft des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2010, den Monat Januar betreffend hingewiesen.
Dies habe seiner Ansicht nach zur Folge, dass die Klägerin klageweise nicht mehr gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid
habe vorgehen können, soweit dieser den Monat Januar 2010 betreffe.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen des Beklagten sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erhoben worden. Sie sind auch statthaft gemäß §
144 Abs.
1 SGG. Der Senat ist an die Zulassung in den Urteilen des SG gebunden (§
144 Abs.
3 SGG).
Gegenstand der Entscheidung im verbundenen Berufungsverfahren sind die Urteile des SG, mit denen einerseits der Bescheid vom 5. August 2009 (für die Monate September bis Dezember 2009) und der Änderungsbescheid
vom 2. Februar 2010 (für Januar 2010) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 abgeändert worden sind und
der Beklagte verurteilt worden ist, höhere Leistungen für den Monat Januar 2010 zu bewilligen und andererseits die Aufhebungs-
und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 22. April 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. Juli 2010, mit denen
Leistungen für die streitbefangenen Monate September bis Dezember 2009 und Januar 2010 aufgehoben worden sind. Ein darüber
hinausgehender (höherer) Leistungsanspruch der Kläger in den Monaten September bis Dezember 2009 ist nicht Streitgegenstand
in diesem Verfahren, denn die Kläger haben gegen die Urteile des SG keine Rechtsmittel eingelegt.
Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen. Die Entscheidungen des SG, den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Januar 2010 höhere Leistungen zu bewilligen sowie die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide
vom 22. April 2010 aufzuheben, sind rechtmäßig. Das SG hat zu Recht über den Leistungsanspruch aller drei Kläger entschieden (dazu 1). Die Kläger haben im Monat Januar 2010 einen
Anspruch auf Bewilligung höherer Leistungen gegen den Beklagten (dazu 2). Die Aufhebung und Erstattungsforderung von Leistungen
für die Monate September 2009 bis Januar 2010 erfolgte rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (dazu 3).
1. Die Entscheidung des SG, eine Entscheidung über den Leistungsanspruch aller drei Kläger für den Monat Januar 2010 zu treffen, ist nicht zu beanstanden.
Zwar ist die Klage durch den Prozessbevollmächtigten ausdrücklich nur für den Kläger erhoben worden. Die Klageerhebung ist
als Prozesshandlung jedoch der Auslegung zugänglich. Ein Klageantrag ist unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsgrundsatzes
unter Beachtung des wirklichen Willens so auszulegen, dass das Begehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt (§
123 SGG). Nach der Rechtsprechung des BSG ist das Meistbegünstigungsprinzip im Hinblick auf die rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft und der daraus
folgenden Ungereimtheiten des Verwaltungsverfahrens und des prozessualen Verfahrens erweiternd auch für die Auslegung heranzuziehen,
welche Personen die Klage erhoben haben, wobei diese erweiternde Auslegung zugleich auf bis zum 30. Juni 2007 gestellte Leistungsanträge
beschränkt sei (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R). Bei der hier erfolgten Auslegung des Klagebegehrens handelt es sich jedoch nicht um eine erweiternde Auslegung, sondern
um eine allgemeine Auslegung des Klagebegehrens (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Mai 2014 - L 2 AS 2105/13 B; LSG Hessen, Beschluss vom 19. Juni 2008 - L 7 AS 32/08 B ER). Bereits mit Schriftsatz vom 22. November 2010 begründete der Prozessbevollmächtigte die Klage damit, dass seiner Auffassung
nach das Einkommen der Lebensgefährtin des Klägers unzutreffend berechnet und daher für die gesamte Bedarfsgemeinschaft zu
wenig Leistungen gewährt worden seien. Aus dieser Begründung lässt sich bereits entnehmen, dass über Leistungsansprüche aller
drei Kläger gestritten wird. Die Kläger haben dies dann auch klargestellt und einen entsprechenden Antrag für alle drei Kläger
gestellt, über den das SG entschieden hat. Der Beklagte hat dieses Vorgehen des SG erstinstanzlich nicht beanstandet.
2. Die Kläger sind dem Grunde nach leistungsberechtigt nach §§ 7ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich
der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU). Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erhalten,
sind nach § 7 Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3254) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland
haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederungen in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch
Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigen Arbeitseinkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche
Hilfe nicht von Anderen, insbesondere von Trägern von Angehörigen oder von Trägern andere Sozialleistungen erhält. Darüber
hinaus gehören zur Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II auch die (minderjährigen) unverheirateten Kinder der in § 7 Abs. 3 SGB II genannten Personen, soweit diese sich nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen unterhalten können.
Die Kläger zu 1) und zu 2) hatten im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze jedoch noch nicht
erreicht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie waren auch erwerbsfähig und verfügten nicht
über zumutbar einzusetzendes Vermögen iSv § 12 SGB II. Dasselbe gilt auch für Klägerin zu 3), die als bedürftige minderjährige Tochter der Bedarfsgemeinschaft angehörte.
Nach § 20 Abs. 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 10. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2326) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung vom 1. Juli 2009 (BGBl. I S. 1342) beträgt die Regelleistung für Partner monatlich 323 EUR. Für die Klägerin zu 3) besteht nach § 28 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 2. März 2009 (BGBl. I S. 416) ein Sozialgeldbedarf von monatlich 215 EUR. Die KdU der Bedarfsgemeinschaft, die tatsächlich in Höhe von 420 EUR berücksichtigungsfähig
sind, sind vom Beklagten durchgängig unzutreffend in Höhe von 425,81 EUR berücksichtigt worden. Da jedoch sowohl der Beklagte
als auch das SG diese höheren KdU bei den Berechnungen in Ansatz gebracht hat, hat dies keine entscheidungserhebliche Wirkung.
Im Monat Januar 2010 haben die Kläger folgenden Bedarf:
|
Kläger
|
Klägerin zu 2)
|
Klägerin zu 3)
|
Regelbedarf Sozialgeld
|
323 EUR
|
323 EUR
|
215 EUR
|
Kosten für Unterkunft und Heizung (420 EUR/3)
|
140 EUR
|
140 EUR
|
140 EUR
|
Abzgl. Kindergeld
|
|
|
- 184 EUR
|
Summe 1.097 EUR
|
463 EUR
|
463 EUR
|
171 EUR
|
Einkommen ist nach § 11 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2748) anzurechnen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der
Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, und der Renten und Beihilfen, die nach den Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leib sowie an Körper oder
Gesundheit erbracht werden, bis zu Höhe der vergleichbaren Grundrente nachdem BVG. Kindergeld ist nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II dem jeweiligen Kind zuzurechnen, soweit es bei dem Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Die Berechnung
des Einkommens selbständig tätiger Personen ist in § 3 der Alg II-Verordnung in der ab 1. August 2009 geltenden Fassung geregelt.
Danach ist von den Betriebseinnahmen auszugehen, die um die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben zu bereinigen sind.
Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum
durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.
Danach ist hier zunächst das Kindergeld als Einkommen der Klägerin zu 3) anzurechnen, da sie dieses zur Sicherung des Lebensunterhalts
benötigt. Sie erzielte bis Dezember 2009 Kindergeld von monatlich 164 EUR und im Januar 2010 Kindergeld von 184 EUR. Der Kläger
erzielte Einkünfte in Höhe von monatlich 58,95 EUR. Die Nichtanrechnung des Einkommens des selbständig erwerbstätigen Klägers
durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden. Vom 1. September 2009 bis 31. Januar 2010 erzielte er aus seiner selbständigen
Tätigkeit Betriebseinnahmen in Höhe von 3.208,24 EUR und Betriebsausgaben in Höhe von 2.913,48 EUR. Der Gesamtgewinn von 294,76
EUR geteilt durch fünf Monate ergibt ein monatliches Einkommen in Höhe von monatlich 58,95 EUR. Nach Absetzung des Grundfreibetrages
von 100 EUR verbleibt kein anzurechnendes Einkommen.
Die Klägerin zu 2) erzielte Erwerbseinkommen in Form der Gutschrift der Gehaltszahlung ihres Arbeitsgebers auf ihrem Girokonto
in Höhe des in der Lohnbescheinigung ausgewiesenen Auszahlungsbetrages von monatlich 1.127,11 EUR. Dabei handelte es sich
um den "ausgewiesenen Festbezug/Gehalt" in Höhe von 1.800 EUR nach Abzug der Steuern in Höhe von insgesamt 262,84 EUR und
der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 410,05 EUR. Das Einkommen der Klägerin zu 2) kann nur in Höhe des tatsächlich
zugeflossenen Betrages in Höhe von 1.127,11 EUR angerechnet werden. Bei dem weiteren in den Lohnbescheinigungen aufgeführten
Betrag von 227,42 EUR für die "Kfz-Gestellung" handelt es sich weder um ein Einnahme in Geld (dazu a) noch um eine Einnahme
in Geldeswert (dazu b). Diese Einnahme kann auch nicht regelsatzmindernd berücksichtigt werden (dazu c).
a) Zwar wird dieser Betrag in der Lohnabrechnung dem Bruttoeinkommen der Klägerin zu 2) zugeschlagen, jedoch ist damit kein
tatsächlicher Zufluss in Geld verbunden. Es handelt sich um die normative, steuerrechtliche Behandlung zur Abschöpfung des
wirtschaftlichen Vorteils aus der privaten Dienstwagennutzung. Denn der Klägerin zu 2) wurde das betriebliche Kfz vom Arbeitgeber
nicht nur für Dienstfahrten zur Verfügung gestellt, da sie es auch für private Fahrten und die Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte nutzen durfte. Diese Nutzungsmöglichkeit ist durch den Arbeitnehmer gemäß §
8 Abs.
2 Satz 2 iVm §
6 Abs.
1 Nr.
4 EStG als geldwerter Vorteil zu versteuern. Steuerlich wird die private Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens - wie auch ein freiwilliger
Fahrtkostenzuschuss des Arbeitgebers - als Gehalts- und Einkommensbestandteil betrachtet und ist insoweit der Einkommensteuer
unterworfen. Der Wert der Kfz-Nutzung (Bruttoansatz) wird dann als Nettobetrag wieder abgezogen und ist damit innerhalb der
Gehaltsabrechnung neutralisiert. Damit wird erreicht, dass der Nettolohn des Arbeitnehmers um die anteilige Lohnsteuer und
die Sozialversicherungsbeiträge für den Wert des Einkommensbestandteils Kfz-Nutzung gemindert wird. Mit dieser steuerrechtlichen
Behandlung als Einkommensbestandteil ist jedoch nicht automatisch eine entsprechende grundsicherungsrechtliche Bewertung vorgegeben.
Entscheidend ist, ob tatsächlich Geld zufließt, das für den Lebensunterhalt eingesetzt werden kann. Das ist nicht der Fall.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG). Nach § 2 und § 2c BEEG richtet sich die Berechnung des Elterngeldes nach den Einkünften im Sinne des Einkommenssteuergesetzes. Die Berechnung der
Einkünfte nach § 11 SGB II erfolgt demgegenüber unabhängig von steuerrechtlichen Vorschriften.
b) Bei dem Bruttolohnbestandteil Kfz-Gestellung handelt es sich auch nicht um eine Einnahme in Geldeswert (ebenso LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 23. Februar 2016 - L 9 AS 2108/13). Bei Einnahmen in Geldeswert handelt es sich um Waren und Dienstleistungen, die einen Marktwert haben und sich daher in
Geld tauschen lassen (Schlegel/Voelzke, jurisPK SGB II, 4. Aufl. § 11 Rnr. 39; Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl. § 11 Rnr. 19). Der Klägerin steht ein Fahrzeug zur Verfügung, das sie kostenfrei auch privat nutzen kann. Sie erspart dadurch
eigene Aufwendungen für die Anschaffung und den Unterhalt eines Kraftfahrzeugs. Diese Einnahme ist eine Gegenleistung für
die geleistete Arbeit und daher materieller Bestandteil des Arbeitsentgelts nach §
14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV). Gleichwohl handelt es sich nicht um eine den Bedarf mindernde Einnahme nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Aus den Regelungen der Alg II-Verordnung folgt nichts anderes. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 681) kann durch Rechtsverordnung geregelt werden, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie
das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist. Der Gesetzgeber hat in § 2 Alg II-VO in der ab 1. August 2009 geltenden Fassung
eine Regelung zur Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit getroffen. Danach wird in §
2 Abs.
1 Alg II-VO auf §
14 SGB IV verwiesen. Weiterhin ist in §
2 Abs.
5 Alg II-VO a.F. geregelt, mit welchem Wert vom Arbeitgeber bereitgestellte Vollverpflegung zu berücksichtigen ist. Sonstige
Einnahmen in Geldeswert sind nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Alg II-VO a.F. mit ihrem Verkehrswert als Einkommen anzusetzen. Ist die
sonstige Einnahme in Geldeswert auch als Bedarf in der Regelleistung nach § 20 SGB II berücksichtigt, ist als Wert der Einnahme höchstens der Betrag anzusetzen, der sich aus der Zusammensetzung des Eckregelsatzes
in der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung ergibt (§ 2 Abs. 6 Satz 2 Alg II-VO a.F.).
Die private Nutzbarkeit des Kfz durch die Klägerin zu 2) kann hier nicht als Einkommen angerechnet werden. Denn die Möglichkeit,
den Pkw auch privat kostenfrei zu nutzen, hat keinen Marktwert. Die Klägerin konnte den ihr gestellten Pkw zwar vollständig
kostenfrei privat nutzen, kann diese Privatnutzung jedoch weder veräußern noch in Geld tauschen. Denn nach dem Dienstwagenvertrag
darf sie den Pkw Dritten nicht zur Verfügung stellen. Auch eine Überlassung an Familienangehörige ist nicht gestattet. Sie
hatte auch keine Möglichkeit, den Dienstwagen abzulehnen und sich stattdessen ein höheres Gehalt auszahlen zu lassen.
Die Regelungen der Alg II-Verordnung begründen neben § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II keine weitergehende Anrechnungsmöglichkeit von Einkünften. Die Anwendung von § 2 Abs. 6 Satz 1 Alg II-VO a.F. setzt voraus, dass es sich um Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit handelt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 46/07 R für kostenfreie Verpflegung durch die Eltern und Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 22/07 R für kostenfreie Verpflegung im Krankenhaus mit Anmerkung von Groth, jurisPR-SozR 1/2009 Anm. 2; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 4 AS 9/08 R für Verpflegung in einer Justizvollzugsanstalt). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin erzielt dieses Einkommen aus ihrer
Erwerbstätigkeit. Darüber hinaus kann diese Regelung aber nur dann angewendet werden, wenn es sich um eine Einnahme in Geldeswert
handelt (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Regelungen der Alg II-Verordnung regeln nur Einzelheiten der Wertbestimmung des Einkommens und begründen nicht selbst
Anrechnungsmöglichkeiten von Einkünften, die über § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht angerechnet werden können. Dementsprechend verweist § 2 Abs. 6 Satz 1 Alg II-VO auf den Verkehrswert der Einnahme. Einnahmen ohne einen Verkehrswert können weder nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II noch nach § 2 Abs. 6 Satz 1 Alg II-VO a.F. als Einkommen angerechnet werden. Denn die Einnahme der Klägerin in Form der privaten unentgeltlichen
Nutzbarkeit des Pkw hat keinen Marktwert (s.o.).
c) Ersparte Aufwendungen können nach dem SGB II im Gegensatz zur Rechtslage im SGB XII auch nicht regelsatzmindernd berücksichtigt werden. Nach § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII wird der individuelle Bedarf bei Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII abweichend vom Regelsatz festgelegt, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner
Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Nach dieser Regelung kann z.B. berücksichtigt werden, dass
bestimmte im Regelsatz enthaltene Bedarfe durch Leistungen anderer Träger bereits gedeckt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 - B 8 SO 17/19 R). Für den Bereich des SGB II ist einerseits zu beachten, dass die Klägerin hier zumindest zum Teil Aufwendungen erspart, die im Regelsatz nicht enthalten
sind. Bei der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe als Basis für die Berechnung des Regelsatzes sind aus der Abteilung 07
(Verkehr) die Ausgaben für die Nutzung von Verkehrsdienstleistungen im Schienen- und Straßenverkehr (öffentlicher Personennahverkehr)
im vollen Umfang berücksichtigt worden, um den entsprechenden Mobilitätsverhalten der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Dasselbe
gilt für Fahrräder. Aufwendungen für Kraftfahrzeuge, Motorräder und deren Reparatur sind hingegen nicht regelsatzrelevant
berücksichtigt worden (vgl. dazu: Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 20 Rnr. 24 -Tabelle), so dass ohnehin fraglich ist, welcher regelsatzrelevante Bedarf bereits gedeckt ist. Zum anderen können
im SGB II ersparte Aufwendungen wegen des pauschalierten Regelsatzes nach § 20 SGB II und der fehlenden Möglichkeit, den Bedarf abweichend höher (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 65/12 R) oder niedriger (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 46/07 R) festzusetzen, ohnehin nur als Einkommen angerechnet werden. Da diese Möglichkeit im konkreten Fall ausscheidet, verbleibt
es bei anrechenbaren Einkünften aus der Erwerbstätigkeit von 1.127,11 EUR monatlich.
Das Einkommen ist nicht in vollem Umfang, sondern bereinigt anzurechnen. Vom Einkommen sind nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II Steuern (Nr. 1), Sozialversicherungsbeiträge (Nr. 2), sonstige Versicherungsbeiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen oder nach Grund und
Höhe angemessenen Versicherungen (Nr. 3), geförderte Altersvorsorgebeiträge (Nr. 4), die mit der Erzielung des Einkommens
notwendigen Ausgaben (Nr. 5) und der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II (Nr. 6) abzusetzen. Bei erwerbstätigen Hilfebedürftigen ist anstelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt
100 EUR monatlich abzusetzen, es sei denn bei Einkünften über 400 EUR sind höhere Ausgaben nachgewiesen worden (§ 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB II). Das Einkommen in Höhe von 1.127,11 EUR ist um den Grundfreibetrag von 100 EUR und den weiteren Freibetrag von 210 EUR (20%
von 700 EUR = 140 EUR und 10% von 700 EUR = 70 EUR) zu bereinigen und steht danach in Höhe von 817,11 EUR zur Verfügung. Die
Leistungsansprüche sind nach § 41 Abs. 2 SGB II in der ab 1. August 2009 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2955) zu runden.
Der dem Kläger gewährte Zuschlag errechnet sich nach § 24 Abs. 1 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2742) aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem zuletzt bezogenen Alg
und dem nach dem Wohngeldgesetz erhaltenen Wohngeld und dem nach dem Ende des Alg-Bezugs zustehenden Arbeitslosengeld II. Der so errechnete Zuschlag ist
nach Ablauf eines Jahres nach dem Ende des Alg-Bezugs um die Hälfte zu mindern. Danach ergibt sich bei einem Zuschlag von
335 EUR im ersten Jahr und einem Zuschlag von 168 EUR im zweiten Jahr im Monat Januar 2009 ein Zuschlag von 257 EUR. Der Anspruch
auf Alg war am 16. Januar 2009 erschöpft, so dass für den Monat Januar 2010 eine anteilige Berechnung vorzunehmen war (335
EUR/30 Tage x 16 Tage = 178,66 EUR zuzüglich 168 EUR/30 Tage x 14 Tage = 78,40 EUR; gesamt gerundet 257 EUR).
Nach verhältnismäßiger Aufteilung auf die Bedarfsanteile entsprechend des Gesamtbedarfs im Monat Januar 2010 ergibt sich Folgendes:
|
Kläger
|
Klägerin zu 2)
|
Klägerin zu 3)
|
Bedarf 1.097 EUR
|
463 EUR
|
463 EUR
|
171 EUR
|
100%
|
42,21%
|
42,21 %
|
15,59%
|
Einkommen 817,11 EUR
|
344,87 EUR
|
344,87 EUR
|
127,37 EUR
|
Bedarf nach Einkommensanrechnung
|
118,13 EUR
|
118,13 EUR
|
43,63 EUR
|
Zuschlag
|
257 EUR
|
|
|
Summe
|
375,13 EUR
|
118,13 EUR
|
43,63 EUR
|
Leistungsanspruch gerundet
|
375 EUR
|
118 EUR
|
44 EUR
|
Beklagte bewilligte zuletzt
|
289,42 EUR
|
32,41 EUR
|
13,45 EUR
|
SG-Urteil
|
371 EUR
|
114 EUR
|
43 EUR
|
Die Verurteilung des Beklagten durch das SG bleibt zwar hinter dem tatsächlichen Leistungsanspruch der Kläger zurück. Da jedoch nur der Beklagte Berufung erhoben hat,
war der Senat daran gehindert, das Urteil des SG entsprechend abzuändern.
3. Das SG hat im Ergebnis auch zu Recht die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide des Beklagten aufgehoben.
Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Monate September bis Dezember 2009 ist § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917), §
330 Abs.
3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (
SGB III) in der Fassung des Gesetzes vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 1457) und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130). Danach soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem
Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben
werden, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall
oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Ermessen ist nicht auszuüben. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung
des Leistungsträgers.
Soweit die angegriffene Teilaufhebung des Beklagten den Monat Januar 2010 und die dort vorgenommene nachträgliche Anrechnung
des erhöhten Kindergeldes betrifft, kommt als Rechtsgrundlage allein § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II iVm §
330 Abs.
2 SGB III und § 45 Abs. 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt,
aufzuheben, wenn er rechtswidrig ist und kein Vertrauensschutz des Begünstigten besteht.
§ 48 und § 45 SGB X grenzen sich ab nach den objektiven Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes, der aufgehoben werden
soll (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2011, B 4 AS 22/10 R - juris). Die Regelung in § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen geändert werden
soll. Die Vorschriften knüpfen an unterschiedliche Sachverhalte und Verschuldensvorwürfe im Sinne der subjektiven Voraussetzungen
für eine Rücknahme bzw. Aufhebung an und haben gegebenenfalls unterschiedliche Konsequenzen für den Umfang einer rechtmäßigen
Aufhebung- und Erstattungsforderung (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, B 4 AS 59/12 R - juris). Dabei ist § 48 SGB X auch auf anfänglich rechtswidrige Dauerverwaltungsakte anwendbar, wenn sich die Verhältnisse nachträglich ändern. Nach §
48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung
oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zur Minderung des Anspruchs führt. Insoweit
sperrt § 45 SGB X die Aufhebung nach § 48 SGB X wegen einer nachträglichen Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28. März 2013, a.a.O.).
Danach war der Beklagte zur Änderung des Bescheides vom 5. August 2009 für die Monate September bis Dezember 2009 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X berechtigt. Der Bescheid vom 5. August 2009 war zwar insoweit teilweise rechtswidrig, als ein fiktives zu hohes Erwerbseinkommen
der Klägerin zu 2) angerechnet worden war und die Leistungen endgültig bewilligt wurden, obwohl das Erwerbseinkommen der Klägerin
zu 2) monatlichen (geringfügigen) Schwankungen unterlag. Da sich jedoch aufgrund des Arbeitsplatzwechsels zum 1. September
2009 und im Hinblick auf das erzielte (höhere) Erwerbseinkommen leistungsrelevante Änderungen ergaben, war der Beklagte zum
Erlass eines Änderungsbescheides berechtigt.
Für Januar 2010 hingegen ist § 45 SGB X anzuwenden. Die einzige dort berücksichtigte Änderung im Änderungsbescheid vom 2. Februar 2010 gegenüber der Ausgangsbewilligungsentscheidung
vom 5. August 2009 war die Erhöhung des Kindergeldes, die bei Erlass des Änderungsbescheides bereits eingetreten war. Mithin
war der Bescheid vom 2. Februar 2010 insoweit anfänglich rechtswidrig, weil der Beklagte zu Unrecht Kindergeld nur in Höhe
von 164 EUR anstelle der tatsächlich gezahlten 184 EUR berücksichtigt hatte.
Die Bescheide sind - soweit sie die Aufhebung und Erstattung für den Monat Januar 2010 regeln - bereits formell rechtswidrig.
Die Kläger sind vor Erlass der streitbefangenen Bescheide vom 22. April 2010 nicht angehört worden (§ 24 SGB X). Dieser Anhörungsmangel ist nur hinsichtlich der Monate September bis Dezember 2009 durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens
und der darin gegebenen Möglichkeit der Äußerung und Stellungnahme geheilt worden. Denn insoweit wurde im streitigen Bescheid
§ 48 SGB X herangezogen und die maßgeblichen Fakten mitgeteilt, sodass sich die Kläger im Widerspruchsverfahren sachgerecht äußern konnten.
Die Aufhebung und Erstattung für den Monat Januar 2010 beruht indes auf § 45 SGB X. Der insoweit zugrunde liegende Änderungsbescheid vom 2. Februar 2010 war von Anfang an rechtswidrig, weil der Beklagte zu
Unrecht die zwischenzeitlich erfolgte Kindergeldanhebung von 164 EUR auf 184 EUR nicht berücksichtigt hatte. Die Aufhebung
nach § 45 SGB X setzte einen entsprechenden Hinweis bzw. Verschuldensvorwurf im Hinblick auf eine anfängliche Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung
- aus anderen Gründen als der nachträglichen Einkommenserzielung - voraus, der hier erstmalig im Widerspruchsbescheid vom
20. Juli 2010 formuliert wurde. Insoweit ist - jedenfalls in Ansehung der Aufhebung für Januar 2010 - eine Heilung der unterlassenen
Anhörung der Kläger iSv § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X nicht erfolgt. Der Ausgangsbescheid enthielt keine Ausführungen zu § 45 SGB X und der vorgenommenen Korrektur des Kindergeldes. Danach konnte mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens keine Heilung
eintreten, weil sich insoweit aus dem angegriffenen Bescheid die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen des Beklagten nicht
ergaben. Insoweit konnten die Klägerinnen den "tragenden Grund" der Aufhebung für Januar 2010 nicht erkennen und sich dazu
auch nicht sachgerecht äußern (vgl. von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 24 Rnr. 7).
Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sind auch materiell rechtswidrig. Für alle Monate des streitbefangenen Zeitraums
liegen die Voraussetzungen für eine auf § 48 SGB X bzw. § 45 SGB X gestützte Aufhebung der Leistungsbewilligung und Erstattungsforderung nicht vor. Denn insgesamt hatten die Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft in jedem der streitbefangenen Monate einen Leistungsanspruch, der höher war als die (aufgehobene) Leistungsbewilligung
des Beklagten.
In den Monaten September, November und Dezember 2009 haben die Kläger folgende Bedarfe:
|
Kläger
|
Klägerin zu 2)
|
Klägerin zu 3)
|
Regelbedarf Sozialgeld
|
323 EUR
|
323 EUR
|
215 EUR
|
Kosten für Unterkunft und Heizung (420 EUR/3)
|
140 EUR
|
140 EUR
|
140 EUR
|
Abzgl. Kindergeld
|
|
|
- 164 EUR
|
Summe 1.117 EUR
|
463 EUR
|
463 EUR
|
191 EUR
|
Im Monat Oktober 2009 ist die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung als Bedarf mit zu berücksichtigen. Diese Nachforderung
ist nach §
271 Abs.
1 BGB sofort fällig. Anhaltspunkte für die Unangemessenheit der Nachforderung liegen nicht vor.
Danach haben die Kläger im Monat Oktober 2009 folgenden Bedarf:
|
Kläger
|
Klägerin zu 2)
|
Klägerin zu 3)
|
Regelbedarf Sozialgeld
|
323 EUR
|
323 EUR
|
215 EUR
|
Kosten für Unterkunft und Heizung (420 EUR zzgl. Nachzahlung 181,46 EUR = 601,46 EUR/3)
|
200,49 EUR
|
200,49 EUR
|
200,48 EUR
|
Abzgl. Kindergeld
|
|
|
- 164 EUR
|
Summe 1.298,46 EUR
|
523,49 EUR
|
523,49 EUR
|
251,48 EUR
|
Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 2) ist lediglich in Höhe von monatlich 817,11 EUR anzurechnen (s. o.),
so dass sich nach verhältnismäßiger Aufteilung des Einkommens entsprechend der Anteile am Gesamtbedarf folgende Leistungsansprüche
in den übrigen Monaten ergeben:
September, November und Dezember 2009
|
Kläger
|
Klägerin zu 2)
|
Klägerin zu 3)
|
Bedarf 1.117 EUR
|
463 EUR
|
463 EUR
|
191 EUR
|
100%
|
41,45%
|
41,45%
|
17,10%
|
Einkommen 817,11 EUR
|
338,70 EUR
|
338,70 EUR
|
139,72 EUR
|
Anspruch
|
124,30 EUR
|
124,30 EUR
|
51,28 EUR
|
Anspruch gerundet
|
124 EUR
|
124 EUR
|
51 EUR
|
Zuschlag
|
335 EUR
|
|
|
Summe
|
459 EUR
|
124 EUR
|
51 EUR
|
Beklagter bewilligte (Bescheid 05.08.2009)
|
449,57 EUR
|
114,56 EUR
|
47,54 EUR
|
Oktober 2009
|
Kläger
|
Klägerin zu 2)
|
Klägerin zu 3)
|
Bedarf 1.298,46 EUR
|
523,49 EUR
|
523,49 EUR
|
251,48 EUR
|
100%
|
40,32%
|
40,32%
|
19,37%
|
Einkommen 817,11 EUR
|
329,43 EUR
|
329,43 EUR
|
158,25 EUR
|
Anspruch
|
194,06 EUR
|
194,06 EUR
|
93,23 EUR
|
Anspruch gerundet
|
194 EUR
|
194 EUR
|
93 EUR
|
Zuschlag
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335 EUR
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Summe
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529 EUR
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194 EUR
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194 EUR
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Beklagter bewilligte (Bescheid 05.08.2009)
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449,57 EUR
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114,56 EUR
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47,54 EUR
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Da für alle Kläger in diesen Monaten höhere als zuletzt bewilligte Leistungsansprüche bestanden haben, besteht keine Grundlage
für eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Revision war nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.