Zu den Anforderungen an eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft iSv § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II - Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft; Indiz; Haushaltsgemeinschaft; Wohn- und Wirtschaftgemeinschaft; gesetzliche
Vermutung; Bedarfsgemeinschaft; einstweiliger Rechtsschutz; Regelleistung für Alleinstehende; Sanktionsbescheid; Stellplatzmiete;
Regelleistung für Partner; Geltungsdauer; einstweilige Anordnung
Gründe:
I.
Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (im Weiteren: Antragsgegner) wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau
(SG), das ihn im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, der Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Weiteren:
Antragstellerin) vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form des Regelbedarfs für Alleinstehende und der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) zu zahlen.
Die Antragstellerin bezog bereits von April 2005 bis März 2007 SGB II-Leistungen vom Antragsgegner. Dann übte sie bis Dezember 2010 eine Beschäftigung bei der ... - gesellschaft ... mbH aus (ohne
Entrichtung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung) und bezog keine SGB II-Leistungen mehr. Sie bewohnte mit Herrn R. S. eine 72 m² große Dreiraumwohnung in der ...straße in B. S.
Am 4. November 2010 beantragte sie beim Antragsgegner erneut SGB II-Leistungen ab Januar 2011. Sie wohne jetzt mit ihrem Mitbewohner in der ... Straße in B. S. Der vorgelegte Mietvertrag für
die 82 m² große Zweiraumwohnung wies als Mieter die Antragstellerin und R. S. aus. Nach der Vermieterbescheinigung vom 20.
Januar 2012 betrug die monatliche Bruttokaltmiete 430 EUR. Darin enthalten war ein Betrag in Höhe von 25 EUR für eine Garage
bzw. einen Pkw-Stellplatz. Die Antragstellerin gab an, die Heizkosten in Form von Abschlägen für die Gasversorgung in Höhe
von 60,49 EUR/Monat überweise sie vom Konto. Sie erklärte, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe nicht. Im März und
Juni 2011 führte der Antragsgegner Hausbesuche durch, bei denen der als Lkw-Fahrer berufstätige Mitbewohner nicht angetroffen
wurde. Wegen deren Ergebnisse wird auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners (Bl. 168 f. und 199 f.) verwiesen.
Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 bewilligte der Antragsgegner SGB II-Leistungen für Januar bis Juni 2011 in Höhe von monatlich 577,29 EUR, die sich aus dem Regelbedarf in Höhe von damals 359
EUR und KdU in Höhe von 218,29 EUR zusammensetzten. In der zweiten Jahreshälfte 2011 beliefen sich die Zahlungen auf monatlich
588,76 EUR (364 EUR, 224,76 EUR). Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 bewilligte der Antragsgegner - auf der Grundlage einer Kostensenkungsaufforderung
von Juni 2011 - ab Januar 2012 nur noch KdU in Höhe von 184,74 EUR im Monat. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. Februar
2012 entzog der Antragsgegner die Leistungen für die KdU ab März 2012, weil die Antragstellerin die Zahlung ihres Mietanteils
nicht nachgewiesen habe. Mit Bewilligungsbescheid vom 25. Juni 2012 gewährte der Antragsgegner für die zweite Jahreshälfte
2012 nur noch die Regelleistung in Höhe von 374 EUR im Monat. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Bei einem
weiteren Hausbesuchsversuch im Juli 2012 verweigerte sie den Mitarbeitern des Antragsgegners den Zutritt zur Wohnung. Mit
Änderungsbescheid vom 24. September 2012 reduzierte der Antragsgegner ab Oktober 2012 den Regelbedarf auf 337,00 EUR/Monat
als vorläufige Leistung, weil die Antragstellerin die angeforderten Unterlagen ihres Partners R. S., mit dem sie eine Verantwortungs-
und Einstandsgemeinschaft bilde, noch nicht vorgelegt habe. Ihr stehe gemäß § 20 Abs. 4 SGB II nur noch die Regelleistung für Partner zu. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2012 wies der Antragsgegner den Widerspruch
zurück: Die Antragstellerin lebe mit ihrem Partner zumindest seit dem Jahr 2004 gemeinsam in einer Wohnung zusammen und habe
die Bezahlung eines Mietanteils nicht nachgewiesen, sodass davon auszugehen sei, dass der Partner die Miete trage. Die Feststellungen
bei den Hausbesuchen legten die Vermutung nahe, dass es sich um eine Einstehensgemeinschaft handele.
Mit Bescheid vom 26. September 2012 verfügte der Antragsgegner - nach Anhörung - eine Minderung der Regelleistung um 30 %
(101,10 EUR) auf 235,90 EUR: Die Antragstellerin habe sich auf einen Vermittlungsvorschlag nicht beworben und dadurch das
Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Dagegen legte die Antragstellerin am 2. Oktober 2012 Widerspruch
ein.
Am 2. Oktober 2012 hat sie beim SG Klage erhoben (Aktenzeichen S 4 AS 2454/12) und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat vorgetragen, sie habe Anspruch auf Leistungen für die KdU, da sie
die Miete zahlen müsse. Sie lebe mit R. S. zusammen in einer Wohngemeinschaft. Deshalb bestehe keine Partnerschaft und daher
auch keine Bedarfsgemeinschaft. Sie hätten keine gemeinsamen Zukunftspläne und verbrächten auch Freizeit und Urlaub nicht
gemeinsam. Sie hätten kein gemeinsames Konto und sich auch gegenseitig keine Kontovollmacht eingeräumt. Es bestehe kein Einstandswillen.
Jeder nutze sein Zimmer. Lediglich Küche und Bad würden gemeinsam genutzt. Die Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II greife nicht ein. Weiter hat sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid
beantragt.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2012 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin "ab dem 1. Oktober 2012 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens
S 4 AS 2454/12" monatliche KdU-Leistungen in Höhe von 245,25 EUR sowie den Regelbedarf für Alleinstehende zu zahlen. Den Antrag auf Anordnung
der aufschiebenden Wirkung hat es abgelehnt, denn der Sanktionsbescheid sei voraussichtlich rechtmäßig. Der Regelbedarf sei
daher in den Monaten Oktober bis Dezember 2012 um 30 % zu mindern. Der Anspruch auf die Regelleistung für Alleinstehende ergebe
sich bereits aus dem Bewilligungsbescheid vom 25. Juni 2012. Die spätere Absenkung sei rechtswidrig, denn nach Bekanntgabe
des Bewilligungsbescheids sei keine Änderung der Verhältnisse eingetreten. Für eine Einstandsgemeinschaft ergäben sich aus
dem Verwaltungsvorgang keine Feststellungen. Die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II setze als objektive Tatbestandsmerkmale ein "Zusammenleben" als "Partner" voraus. Dies sei mehr als die gemeinsame Nutzung
von Wohnräumen und erfordere ein gemeinsames Wirtschaften, das vorliegend nicht erkennbar sei. Der Antragsgegner berufe sich
im Wesentlichen auf den in der Beitragsrechnung für die Kfz-Haftpflichtversicherung der Antragstellerin ausgewiesenen Partnernachlass.
Dieser Umstand allein lasse nicht auf einen wechselseitigen Einstandswillen schließen. Mithin habe der Antragsgegner gemäß
§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die hälftigen Unterkunftskosten iHv 245,25 EUR als KdU zu berücksichtigen. Dieser Betrag sei angemessen und nicht zu mindern.
Der Antragsgegner hat am 30. Oktober 2012 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und die Aussetzung der Vollstreckung
beantragt: Das SG habe das langjährige Zusammenleben, den gemeinsamen Umzug in eine teurere Zweiraumwohnung, den Umstand, dass trotz Leistungseinstellung
im März 2012 keine Mietrückstände aufgelaufen seien sowie die Ergebnisse der Hausbesuche nicht berücksichtigt. Es sei nicht
nachgewiesen, dass die KdU, die wegen der Stellplatzanmietung nur in Höhe von 465,49 EUR berücksichtigungsfähig seien, hälftig
geteilt würden. Die Antragstellerin zahle selber keinen Mietanteil an den Vermieter. Sie habe gegen die Einstellung der KdU-Leistungen
ab März 2012 keinen Widerspruch eingelegt. Dies zeige, dass sie die Leistungen nicht benötige und der Partner die Unterkunftskosten
trage. Die Antragstellerin habe ihre Erklärung, der Partnernachlass bei der Kfz-Versicherung gelte für ihren Sohn, nicht belegt.
Zudem habe sie habe im Leistungsantrag vom 8. Dezember 2010 zunächst erklärt, allein in der nunmehr bewohnten Wohnung zu leben.
Erst auf Nachfrage sei der Name des Mitbewohners genannt worden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. Oktober 2012 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten
zu bewilligen.
Sie hat auf die im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten Prozesskostenhilfeunterlagen verwiesen. Sie trägt vor, sie habe
nicht verheimlicht, mit R. S. in der Wohnung zu leben. Dies ergebe sich aus den bei Antragstellung vorgelegten Unterlagen
und ihrer Angabe im Mantelbogen über eine weitere Person in der Haushaltsgemeinschaft. Die Ergebnisse der Hausbesuche seien
nicht eindeutig. Sie besitze höherwertige Möbel in ihrem Zimmer, weil ihre Eltern ihr im Dezember 2010 3.000 EUR geschenkt
hätten. Sie habe nur keine Kaufbelege mehr. Sie zahle selber keinen Mietanteil an den Vermieter. Sie wickle ihren Zahlungsverkehr
über ein Girokonto ab, das auf den Namen ihres Sohnes laufe. Hiervon überweise sie regelmäßig die Vorauszahlungen für Gas
und Strom und begleiche die Telefonrechnung. Zudem zahle sie monatlich in zwei Raten 50 EUR und 45 EUR bar an R. S. (Schriftsatz
vom 16. Oktober 2012). Sie führe keine Beziehung mit ihm. Es werde auch nicht "aus einem Topf" gewirtschaftet. Sie habe von
seinem Einkommen, das er ausschließlich für seine Bedürfnisse verwende, keine Vorteile.
Mit Beschluss vom 16. November 2012 hat der Vorsitzende des 5. Senats die Vollstreckung des erstinstanzlichen Beschlusses
ausgesetzt, soweit der Antragsgegner vorläufig verpflichtet worden war, Leistungen über den 31. Dezember 2012 hinaus und von
mehr als 232,75 EUR/Monat für die KdU zu erbringen, und den Antrag im Übrigen abgelehnt.
Am 1. Januar 2014 ist das Beschwerdeverfahren in den 4. Senat des LSG übergegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang
des Antragsgegners verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats waren.
II.
Die form- und fristgerecht (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG und nicht ausgeschlossen, da im Hauptsacheverfahren die Berufung ohne weiteres zulässig wäre. Der Antragsgegner ist verpflichtet
worden, vorläufig monatliche Zahlungen in einer Gesamthöhe von 619,25 EUR zu leisten. Die Differenz (282,25 EUR) zur Leistungsgewährung
im Verwaltungsverfahren in Höhe von 337 EUR überschreitet bereits bei einem dreimonatigen Zeitraum den Berufungswert nach
§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG von 750 EUR.
Die Beschwerde ist teilweise begründet. Das SG hat den Antragsgegner dem Grunde nach zu Recht verpflichtet, vorläufige Leistungen in Form des Regelbedarfs für Alleinstehende
gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II und KdU gemäß § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II zu zahlen. Begründet ist die Beschwerde lediglich im Hinblick auf die Höhe der Leistungen für die KdU und den Zeitraum der
Verpflichtung zu vorläufigen Zahlungen.
Das Gericht kann nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung
ist gemäß §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG iVm §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung) und eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende
Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen
Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das
Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses
Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen
zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens
getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich
sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
86b RN 16b). Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die sozialgerichtliche Entscheidung, was die Ausführungen zum Nichtvorliegen
einer partnerschaftlichen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II anbelangt, nicht zu beanstanden. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss und macht sie
sich nach eigener Prüfung zu Eigen (§§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Ergänzend ist anzumerken: Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 23. August 2012, Az.: B 4 AS 34/12 R, juris RN 14 ff.; zuletzt: Urteil vom 22. August 2013, Az.: B 14 AS 85/12 R, juris RN 14) liegt eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II nur vor, wenn kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss sich um Partner handeln, die in einem gemeinsamen Haushalt
zusammenleben, und zwar so, das nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander
zu tragen und füreinander einzustehen.
Dabei handelt es sich bei den Kriterien zu 1. und 2. um objektive Tatbestandsvoraussetzungen. Erst wenn Partnerschaft und
Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt vorliegen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei Feststellung einer der dort aufgezählten Fälle, die ebenso wie die beiden zuvor genannten objektiven Kriterien von Amts
wegen zu ermitteln sind, vermutet, dass auch die subjektiven Voraussetzungen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft
vorliegen. Erst dann obliegt es dem Leistungsberechtigten, die Vermutung zu widerlegen.
Die Prüfung und Feststellung der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft obliegt dem Leistungsträger. Allein das Bestehen einer
Wohngemeinschaft ist nicht ausreichend. Zur gemeinsamen Nutzung einer Wohnung müssen Umstände hinzutreten, die darauf hindeuten,
dass die Beteiligten ihr tägliches Leben aufeinander abgestimmt haben. Hinweise können sich aus der gemeinsamen Einnahme von
Mahlzeiten, einer gemeinsamen, ggf. arbeitsteiligen Haushaltsführung (Waschen, Einkaufen, Putzen), der gemeinsamen Freizeitgestaltung,
gemeinsame Hobbies ergeben. Zudem ist das aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Sozialhilfe nach dem
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) stammende Kriterium "des Wirtschaftens aus einem Topf" heranzuziehen. Dabei ist allein das Führen einer Gemeinschaftskasse,
die von allen Mitbewohnern zu gleichen Teilen zur Finanzierung der Unkosten des Haushalts gespeist wird, noch kein Beleg für
eine Wirtschaftsgemeinschaft. Die Haushaltsführung an sich und das Bestreiten der Kosten des Haushalts muss gemeinschaftlich
durch beide Partner - abhängig von der jeweiligen wirtschaftlichen und körperlichen Leistungsfähigkeit - erfolgen.
Nach diesen Maßstäben sind vorliegend aus dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners keine hinreichenden Feststellungen für
ein Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und ihrem Mitbewohner ersichtlich. Der Antragsgegner
hat weder sie noch den Mitbewohner zu Art und Umfang des "Zusammenlebens" befragt. Das Ergebnis der Hausbesuche war nicht
eindeutig. Erkenntnisse zur Haushaltsführung liegen nicht vor.
Da hinreichende Anhaltspunkte für das Bestehen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft vom Antragsgegner nicht festgestellt
wurden, scheidet ein Rückgriff auf die gesetzliche Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II aus. Mithin kommt es auf die vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren angeführten Indizien (wie das langjährige Bestehen
einer Wohngemeinschaft, der gemeinsamer Umzug, die Art der Einrichtung des Zimmers der Antragstellerin, keine getrennte Aufbewahrung
von Lebensmitteln im Kühlschrank, der Partner-Nachlass bei der Kfz Haftpflichtversicherung) nicht an. Da es zur Gänze an Feststellungen
zu den Lebensverhältnissen des Mitbewohners fehlt - von ihm ist nur bekannt, dass er sich aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit
als Lkw-Fahrer wochentags meist nicht in der Wohnung aufhält - haben die aufgeführten Indizien zudem nur eine beschränkte
Aussagekraft. Beispielsweise lässt der Umstand, dass bei dem an einem Werktag stattfindenden Hausbesuch nur der Antragstellerin
gehörende Lebensmittel im Kühlschrank vorgefunden wurden, keine Rückschlüsse auf ein gemeinsames Wirtschaften am Wochenende
zu.
Mangels Feststellung einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin im Verfahren
substantiierte oder plausible Erklärungen und Angaben zu den vom Antragsgegner aufgeführten Anhaltspunkten gemacht hat. Dessen
bedarf es erst nach Eingreifen der gesetzlichen Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. In der gegebenen prozessualen Situation reicht es aus, die Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft zu bestreiten.
Da der Antragsgegner nach alledem nicht vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II ausgehen durfte, hat die Antragstellerin, die ihren Lebensunterhalt nicht aus ihren eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere
aus ihrem Einkommen und Vermögen, sichern kann, und bei der auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II vorliegen, einen Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II.
Dieser umfasst den Regelbedarf für Alleinstehende gemäß § 20 Abs. 1 und 2 SGB II in Höhe von 374 EUR monatlich und die Bedarfe für die KdU in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Dabei ergibt sich der Anspruch auf die Regelleistung für Alleinstehende bereits aus dem Bewilligungsbescheid vom 25. Juni
2012 für die zweite Jahreshälfte 2012. Der Änderungsbescheid vom 24. September 2012 mit der Absenkung auf die Regelleistung
für Partner gemäß § 20 Abs. 4 SGB II und der Anordnung der vorläufigen Leistungserbringung ist voraussichtlich rechtswidrig, weil seit dem Erstbescheid keine
Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) eingetreten ist. Die Erkenntnisse aus den Hausbesuchen, auf die der Antragsteller die Absenkung mutmaßlich stützen will,
lagen bei Erlass des Erstbescheids bereits vor.
Vorliegend ist jedoch aufgrund des Sanktionsbescheids der Regelbedarf für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember
2012 um 30 % (= 112,20 EUR) auf 261,80 EUR/Monat zu mindern. Da die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Minderungsbescheid vom 26. September 2012 nicht im Wege
der Beschwerde vorgegangen ist, bleibt es bei dessen sofortiger Vollziehbarkeit nach § 39 Nr. 1 SGB II.
Der KdU-Bedarf der Antragstellerin beträgt 232,75 EUR, die Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen für die bewohnte Wohnung
einschließlich der unausweichlichen Wohnnebenkosten. Die nach der Vermieterbescheinigung vom 20. Januar 2012 ausgewiesenen
Gesamtmiete in Höhe von 430,00 EUR enthielt einen Teilbetrag in Höhe von 25,00 EUR für eine Garage bzw. einen Stellplatz.
Da dieser nicht Regelungsbestandteil des am 30. Mai 2010 abgeschlossenen Wohnungsmietvertrags war, ist von einer gesonderten
Anmietung und nicht von einer Unausweichlichkeit dieser Kosten, die nicht die Unterkunft im eigentlichen Sinne betreffen,
auszugehen. Hinzu kommen die Heizkosten in Form der monatlichen Vorauszahlungen für die Gasversorgung in Höhe von 60,49 EUR.
Der Gesamtbetrag in Höhe von 465,49 EUR ist auf die Bewohner zu verteilen. Die Aufteilung nach Kopfzahl erfolgt nicht nur,
wenn mehrere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft eine Unterkunft nutzen, sondern auch dann, wenn eine Wohnung gemeinsam mit
Personen wird, die nicht zu Bedarfsgemeinschaft gehören, und keine abweichende Kostenverteilung vereinbart wurden. Da die
Antragstellerin lediglich erklärt hat, sie müsse ihren Anteil an den KdU tragen, ist davon auszugehen, dass sie die Hälfte
der Kosten zu tragen hat. Diese sind für den Einpersonenhaushalt der Antragstellerin, die keine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem
Mitbewohner bildet, nicht unangemessen und daher vollständig zu berücksichtigen. Soweit der Antragsgegner im angefochtenen
Beschluss zu höheren monatlichen KdU-Zahlungen verpflichtet worden ist, war der Beschluss aufzuheben.
Weiter war der Beschluss aufzuheben, soweit das SG den Antragsgegner zur Leistungsgewährung über den bis zum Jahresende 2012 laufenden Bewilligungszeitraum hinaus verpflichtet
hat. Zwar ist das SG bei dem Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG im Hinblick auf Geltungsdauer und Wirkung seiner Entscheidung grundsätzlich frei, indes ist bei SGB II-Leistungen, die keine rentengleichen Dauerleistungen sind, sondern zeitabschnittsweise nach erneuter Prüfung der Leistungsvoraussetzungen
gewährt werden, die gesetzliche Regelung in § 41 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB II über den möglichen Bewilligungszeitraum sowie die vom Leistungsträger im Einzelfall verfügte Leistungszeit zu beachten. Regelmäßig
- so auch hier - dauert ein Bewilligungszeitraum sechs Monate. Angesichts des Umstands, dass vorliegend durch die Bewilligungsbescheide
des Antragsgegners der Zeitrahmen des streitigen Rechtsverhältnisses bereits vorgegeben war, erachtet es der Senat als angemessen,
die Geltungsdauer der einstweiligen Anordnung auf das Jahresende 2012 zu begrenzen; zumal die anwaltlich vertretene Antragstellerin
- auch nach dem Aussetzungsbeschluss vom 16. November 2012 - weitere Leistungszeiträume nicht in das anhängige Beschwerdeverfahren
(im Wege der Antragserweiterung) einbezogen hat.
Insoweit war der erstinstanzliche Beschluss zu ändern und der Antrag abzulehnen. Im Übrigen - was das Bestehen einer Verantwortungs-
und Einstehensgemeinschaft betrifft - war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Der Antragstellerin war für das Beschwerdeverfahren gemäß §
73a SGG in Verbindung mit §
119 Abs.
1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Der Beschluss ist nicht im Wege der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).