Sozialversicherungsbeitragspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Mindestens hälftiger Geschäftsanteil des Geschäftsführers
Qualifizierte Sperrminorität
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger in seiner
Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen GmbH vom 1.1.2012 bis 31.1.2016 aufgrund Beschäftigung
der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Der Kläger war im streitigen Zeitraum Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen GmbH, von deren Stammkapital er 1/3 hielt. Im
Rahmen eines von ihm initiierten Statusfeststellungsverfahrens stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund fest,
dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in der GRV und nach
dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Das SG Potsdam hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.2.2016), das LSG Berlin-Brandenburg
hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 3.12.2018). Der Kläger sei als Beschäftigter anzusehen, weil er nur
Minderheitsgesellschafter ohne maßgebende Sperrminorität gewesen sei. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die
Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 3.12.2018 ist gemäß
§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 6.3.2019 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) und macht das Vorliegen eines Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger wirft auf Seite 3 der Beschwerdebegründung die Frage auf,
"inwieweit bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer erheblichen, jedoch unter 50% liegenden Kapitalbeteiligung (hier:
33 1/3) im Rahmen der Beurteilung des Gesamtbilds seiner Tätigkeit neben der formalen Rechtsmacht auch noch andere Kriterien,
insbesondere das individuelle Unternehmerrisiko, zu berücksichtigen sind."
Auf Seite 4 der Beschwerdebegründung formuliert er die Frage,
"inwieweit bei der Beurteilung der Selbständigkeit von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH, bei denen eine Kapitalbeteiligung
von weniger als 50% vorliegt, neben der rein formalen Rechtsmacht auch noch auf andere Gesichtspunkte, insbesondere das Unternehmerrisiko,
abzustellen ist, zumindest dann, wenn der eine Gesellschafter-Geschäftsführer praktisch allein das Unternehmerrisiko trägt,
die anderen daneben aber nicht."
Es gehe um eine besondere Fallkonstellation, zu der die bislang ergangenen Entscheidungen des BSG keine abschließenden Ausführungen enthielten. Gerade der vorliegende Fall werfe die klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, inwieweit
das Unternehmerrisiko neben der formalen Rechtsmacht noch eine eigenständige Bedeutung bei der Abgrenzung von selbstständiger
und nichtselbstständiger Tätigkeit besitze. Der Kläger habe gleichsam allein das Unternehmerrisiko getragen, während die beiden
weiteren Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. ihre Existenz aus Tätigkeiten in anderen Unternehmen bestritten und nur eine
Minimalvergütung von jeweils 375 Euro pro Monat erhalten hätten. Demgegenüber habe der Kläger eine Vergütung von 120 000 Euro
pro Kalenderjahr bezogen und zusätzlich - anders als die weiteren Gesellschafter und Geschäftsführer - eine gewinnabhängige
Tantieme erhalten.
a) Es kann offenbleiben, ob die Beschwerdebegründung die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch
BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht erfüllt, weil der Kläger keine abstraktgenerelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum
Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch
unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN).
b) Jedenfalls legt der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm formulierten Fragen nicht hinreichend dar. Insbesondere
befasst er sich nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zur Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern
einer GmbH und unterlässt daher die im Rahmen der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde gebotene Untersuchung der Rechtsprechung
dahingehend, ob sich daraus bereits Anhaltspunkte für die Beantwortung ergeben können. Insbesondere unterlässt der Kläger
die gebotene Auseinandersetzung mit dem Urteil des Senats vom 14.3.2018 (B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35). Danach sind Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig
tätig, wenn sie mindestens 50 vH der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem
Gesellschaftsvertrag eine "echte"/"qualifizierte" Sperrminorität eingeräumt ist. Eine "echte"/"qualifizierte" Sperrminorität
setzt danach voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft begrenzt ist, sondern uneingeschränkt die
gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Mit dieser Entscheidung befasst sich der Kläger nicht. Vielmehr macht er im Wesentlichen
Ausführungen zu einem seiner Meinung nach bestehenden Unternehmerrisiko, ohne darzulegen, inwieweit sich sein Verständnis
dieses Begriffs mit dem Verständnis des Senats im Zusammenhang mit statusrechtlichen Beurteilungen im Sozialversicherungsrecht
deckt (vgl hierzu ua BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36 mwN).
2. Auch einen Verfahrensmangel iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG bezeichnet der Kläger nicht in einer den Zulässigkeitsvoraussetzungen entsprechenden Weise (zu den Anforderungen an die Bezeichnung
eines solchen Verfahrensmangels vgl exemplarisch BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7.
Aufl 2016, Kap IX, RdNr 202 ff). Er bezeichnet bereits keine bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt
haben soll. Überdies wird ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens nur dann substantiiert bezeichnet, wenn
der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht
allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend
gemachten Verfahrensmangel beruht. Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung aber nicht. Der Kläger trägt
hierzu auf Seite 4 der Beschwerdebegründung lediglich vor, das LSG habe zwar zunächst in den grundsätzlichen Ausführungen
ausgeführt, dass auch das eigene Unternehmerrisiko bei der Abgrenzung nichtselbstständiger von selbstständiger Arbeit eine
Rolle spiele, bei der Anwendung im konkreten Einzelfall dieses Kriterium dann aber außeracht gelassen. Insoweit sei sein Vorbringen,
zuletzt im Schriftsatz vom 7.5.2018, nicht berücksichtigt worden. Nimmt man zugunsten des Klägers an, er wolle mit seinen
Ausführungen eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen, legt er aber insbesondere nicht dar, warum
sich das vorinstanzliche Gericht unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung mit dem Vorbringen hätte auseinandersetzen
müssen (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 697 mwN). Gerade hierzu hätte angesichts der bereits
genannten Rechtsprechung des Senats zur Statusbeurteilung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH Anlass bestanden.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.