Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Seine Beschwerden richten sich gegen
die Beschlüsse des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 18.05.2015, mit denen dieses seine Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz und Prozesskostenhilfe abgelehnt hat.
Der 1960 geborene Antragsteller besitzt die slowakische Staatsangehörigkeit. Nach seinen Angaben im Rahmen einer Betreuungsbegutachtung
(Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie E. vom 11.06.2013, Bl. 12 Senatsakte) hat er zuvor in der Schweiz
gelebt und einige Zeit in Zürich bei der C. als Tellerwäscher gearbeitet. Etwa im Jahr 2010 habe er einen Verkehrsunfall in
B. erlitten und sei dann von der Schweizer Polizei nach Deutschland abgeschoben worden. Er hat angegeben, sich seit 2012 dauerhaft
in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten. Gegenwärtig bewohnt er ein Zimmer in einem Obdachlosenheim in F..
Der Antragsteller besuchte ausweislich des Betreuungsgutachtens keine Schule und absolvierte auch keine Ausbildung. Er ist
Analphabet. Der Psychiater E. beschrieb ihn als von der Straße gekennzeichnet, ungepflegt mit sanierungsbedürftigen Zähnen,
röchelnd und hustend, mit einer undeutlichen Stimme. Im Rahmen der Begutachtung hat der Antragsteller eingeräumt, täglich
eine Flasche Schnaps oder Wodka zu trinken. Der Psychiater E. diagnostizierte psychische und Verhaltensstörungen durch Konsum
von Alkohol, einen Verdacht auf chronische Pharyngitis bzw. Raumforderung im Larynx bzw. Pharynx. Er regte die Anordnung einer
Betreuung an. Gemäß dem im SG-Verfahren vorgelegten Betreuerausweis, ausgestellt am 20.10.2014 vom Amtsgericht Freiburg (Az. 131 XVII 341/13), wird der
Antragsteller u.a. in Behördenangelegenheiten sowie gegenüber Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern von einem
Berufsbetreuer gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
Erstmals aktenkundig bei der Beschwerdegegnerin Ziff. 2 wurde der Antragsteller im November 2012, wo unter anderem ein Patientenbeförderungsschein
über einen Transport in das F. Krankenhaus im September2012 vorgelegt wurde.
Seit 2013 bezog der Antragsteller nach seinen Angaben mit Unterbrechungen Leistungen vom Antragsgegner Ziff. 1, welche dieser
letztmals mit Bescheid vom 22.11.2014 für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 31.03.2015 bewilligte.
Einen Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 13.03.2015 lehnte der Antragsgegner Ziff. 1 mit Bescheid vom 26.03.2015
mit der Begründung ab, dass der Antragsteller als slowakischer Staatsangehöriger, der weder Arbeitnehmer noch selbständig
erwerbstätig sei, die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 1 SGB II nicht erfülle. Hiergegen legte er am 24.04.2015 Widerspruch ein. Diesen hat der Antragsgegner Ziff. 1 zwischenzeitlich mit
Widerspruchsbescheid vom 12.06.2015 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 28.04.2015 (Eingang beim Antragsgegner am 29.04.2015) beantragte das Zentrum für Psychiatrie E. anlässlich
eines Aufenthalts des Antragstellers dort beim Antragsgegner Ziff. 1 ab dem 21.04.2015 in dessen Namen vorsorglich Leistungen
nach dem SGB II ab dem Aufnahmetag.
Am 06.05.2015 hat der Antragsteller beim SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Begehren beantragt, ihm ab Antragseingang bei Gericht bis zum 30.09.2015
- längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 26.03.2015 - im Wege einer Folgenabwägung vorläufig Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts zuzusprechen, da er grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II erfülle. Er habe die Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht erreicht, verfüge nicht über Einkommen und Vermögen, sei also hilfebedürftig, und habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt
in Freiburg. Solange keine Feststellungen zur Erwerbsfähigkeit getroffen worden seien, sei nach § 44a Abs. 1 SGB II von der Erwerbsfähigkeit des Antragstellers auszugehen. Die Rechtmäßigkeit des Leistungsausschlusses für Ausländer mit alleinigem
Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche sei zur Zeit Gegenstand des Verfahrens B 4 AS 9/13 R beim Bundessozialgericht (BSG) und beschäftige als Vorlageverfahren den Europäischen Gerichtshof (EuGH); der Ausgang sei ungewiss. Die Frage, ob Ausländer,
die mangels Verbindung zum nationalen Arbeitsmarkt kein Aufenthaltsrecht hätten, ebenfalls von den Leistungen ausgeschlossen
seien, sei derzeit Gegenstand des BSG-Verfahrens B 14 AS 15/14.
Der Antragsgegner Ziff. 1 ist dem Antrag entgegen getreten und hat ausgeführt, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstoße nicht gegen die Unionsbürgerrichtlinie (Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG). Deren Art. 24 Abs. 2 erlaube Leistungsausschlüsse im Hinblick auf Leistungen der Sozialhilfe gegenüber Personen, die nicht Arbeitnehmer oder Selbständige
seien. Ebenfalls verstoße § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht gegen den in Art. 4 VO (EG) Nr. 883/2004 festgelegten Gleichbehandlungsgrundsatz. Art. 70 Abs. 4 VO 883/2004 ermögliche die Schaffung von Zugangsregelungen.
Eine Ausweitung der grundsätzlichen Leistungsberechtigungen der beitragsunabhängigen Leistungen nach nationalem Recht für
alle Unionsbürger sei auch mit der Regelung des Art. 70 VO 883/2004 nicht bezweckt worden. Schließlich habe der EuGH mit Urteil
vom 11.11.2014 (Rechtssache C-333/13) entschieden, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II dann rechtmäßig sei, wenn der Aufenthalt allein dem Bezug von Sozialhilfe diene.
Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 18.05.2015 abgelehnt. Zwar sei durch die Entscheidung
des EuGH in der Sache "Dano" (C-333/13) noch nicht abschließend geklärt, ob § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auf arbeitssuchende EU-Bürger uneingeschränkt angewandt werden könne, durch die Entscheidung sei jedoch sicher geklärt, dass
jedenfalls EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht, also insbesondere solche, die keine Arbeit hätten und auch nicht aktiv
danach suchten, in europarechtskonformer Weise vom Bezug von Arbeitslosengeld II ausgeschlossen seien. Der letztgenannte Personenkreis
unterfalle auch der Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (Landessozialgericht Hamburg Beschluss vom 01.12.2014 - L 4 AS 444/14 B ER -). Im Falle des Antragstellers bestünden erhebliche und nicht von der Hand zu weisende Zweifel an seiner Arbeitssuche
auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Er habe weder gegenüber dem Antragsgegner Ziff. 1 noch gegenüber dem Gericht angegeben, sich
jemals auf dem deutschen Arbeitsmarkt um eine Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger auch nur bemüht zu haben. Daher
dürfte es sich um einen EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht handeln, der nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II europarechtskonform von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Es fehle auch an einem Anordnungsgrund. Im Rahmen der Güterabwägung spreche die relativ eindeutige Verneinung
eines Anordnungsanspruches dagegen, den Antragsgegner Ziff. 1 zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zu erbringen.
Mit weiterem Beschluss vom 18.05.2015 hat das SG den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren wegen nicht hinreichender Erfolgsaussicht
ebenfalls abgelehnt.
Gegen die seinem Bevollmächtigten am 20.05.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschlüsse hat der Antragsteller am
02.06.2015 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
gegen den seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ablehnenden Beschluss beantragt. Er hat sein Begehren hilfsweise auf
Sozialhilfeleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) von der zuvor nicht in das Verfahren einbezogenen Beschwerdegegnerin Ziff. 2 erstreckt, weiter hilfsweise auf Leistungen
nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG). Er trägt vor, er sei schwerer Alkoholiker und habe aufgrund dessen psychische Störungen und Verhaltensstörungen. Von der
Heilsarmee werde er als geistig- seelisch eingeschränkt sowie hilf- und orientierungslos beschrieben. Es sei nicht ersichtlich,
dass er sich, seitdem er sich in Deutschland aufhalte, ernsthaft habe um Arbeit bemühen können. Er gelte nach § 44a Abs. 1 SGB II gleichwohl als erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II, nachdem der Antragsgegner Ziff. 1 keine Feststellungen zu seiner Erwerbsfähigkeit getroffen habe. Davon ausgehend erfülle
der Antragsteller grundsätzlich die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er sei auch nicht nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, denn hiernach würden nur Personen ausgeschlossen, die über ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche
verfügten; diese Ansicht verträten sowohl das Landessozialgericht (LSG) Berlin (L 31 AS 134/13) als auch das LSG Darmstadt (L 6 AS 378/12, derzeit Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundessozialgericht <BSG> B 14 AS 15/14). Der Antragsteller sei aber aller Voraussicht nach krankheitsbedingt nicht dazu in der Lage, eine Arbeit zu suchen. Gehe
man davon aus, dass der Antragsteller bereits jetzt als nicht erwerbsfähig anzusehen sei, wäre die Beschwerdegegnerin Ziff.
2 zur Leistungserbringung verpflichtet, denn mangels Aufenthaltsrecht aus Zwecken der Arbeitssuche wäre der Leistungsausschluss
des § 23 Abs. 3 S. 1 2. Alt. SGB XII nicht einschlägig. Der Antragsteller, der erst mehrere Jahre nach seiner Einreise einen Sozialhilfeantrag gestellt habe,
sei auch nicht zum Zwecke des Sozialhilfebezugs eingereist, so dass auch der Leistungsausschluss des § 23 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB XII nicht erfüllt sei. Der Antragsteller erfülle zwar keine der Aufenthaltsvoraussetzungen des FreizügG/EU, denn er sei weder dazu in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst zu sichern noch verfüge er über ausreichenden Krankenversicherungsschutz.
Gleichwohl sei er vorbehaltlich einer Verlustfeststellung nach § 6 FreizügG/EU zum Aufenthalt berechtigt. Im Falle einer Verlustfeststellung ergebe sich ein Aufenthaltsrecht des aufgrund seiner Erkrankungen
bis auf weiteres nicht vollziehbar ausreisefähigen Antragstellers aus § 25 Abs. 5 AufenthG. In diesem Fall wäre der Antragsteller nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II von den Leistungen des Antragsgegners Ziff. 1 ausgeschlossen und nach §
1 Abs.
1 Nr.
3c AsylbLG bezugsberechtigt. Zum Anordnungsgrund hat er ausgeführt, das Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums gebiete eine vorläufige
Bewilligung von Leistungen. Der Anspruch auf Sicherung des Lebensstandards ergebe sich außerdem aus Art. 28 Abs. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention.
In Absprache mit der Heilsarmee seien zwischenzeitlich die Auszahlungen an den Antragsteller rationiert worden, so dass das
Guthaben auf dem Konto der Heilsarmee noch 1 1/2 Monate reiche, damit sich der Antragsteller mit Nahrung versorgen könne.
Der Antragsteller beantragt (sachdienlich gefasst),
den die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 18.05.2015 aufzuheben
und den Antragsgegner Ziff. 1, hilfsweise die Beschwerdegegnerin Ziff. 2, zu verpflichten, dem Antragsteller im Zeitraum vom
06.05.2015 bis zum 30.09.2015, längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 26.03.2015, vorläufig Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren,
dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. W. zu bewilligen, sowie
dem Antragsteller unter Aufhebung des die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ablehnenden Beschlusses vom
18.05.2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. W. für das Antragsverfahren zu bewilligen.
Der Antragsgegner Ziff. 1 beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Er hat einen Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19.04.2013
vorgelegt, in welchem dieser auf Nachfrage angegeben hat, der Antragsteller sei vor mehr als einem Jahr eingereist. Beigefügt
war eine schriftliche Bestätigung eines Mitarbeiters der die "P." betreibenden C. vom 28.03.2013, dass sich der Antragsteller
seit über einem Jahr in F. aufhalte und seit dem 11.09.2012 postalisch in der Einrichtung gemeldet sei.
Die Beschwerdegegnerin Ziff. 2 beantragt,
die gegen sie gerichteten Beschwerden zurückzuweisen.
Sie hat Bedenken gegen die Zulässigkeit des hilfsweise gegen sie gerichteten Antrages geäußert, weil sie im vorangegangenen
Eilverfahren vor dem SG nicht Antragsgegnerin gewesen sei. Hilfsweise trägt sie vor, zuständiger Leistungsträger sei der Antragsgegner Ziff. 1. Bei
Leistungsansprüchen nach dem SGB II scheide ein subsidiäres Eingreifen von Hilfen nach dem SGB XII aus. Ein Anspruch nach §
1 Abs.
1 Nr.
5 AsylbLG bestehe nicht, da der Antragsteller zunächst zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sei, weil er wegen
seiner Erkrankung bis auf weiteres nicht vollziehbar ausreisefähig bzw. ausreisepflichtig sei. Ein Anspruch auf Leistungen
nach §
1 Abs.
1 Nr.
3c AsylbLG bestehe mangels Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten
des Antragsgegners Ziff. 1 und der Beschwerdegegnerin Ziff. 2 und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden des Antragstellers sind statthaft. Sie ist nicht nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 und
2 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung des Art. 6 Drittes Gesetz zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl. I, 1127) ausgeschlossen: In der Hauptsache wäre die Berufung zulässig und das SG hat die Prozesskostenhilfe nicht wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers abgelehnt.
1.
Die Beschwerde ist mit dem Hauptantrag auch im Übrigen zulässig. Der Umstand, dass der Antragsgegner Ziff. 1 am 12.06.2015
über den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 26.03.2015 entschieden hat, steht dem Rechtsschutzbedürfnis vorliegend
nicht entgegen, da Bestandskraft (§
77 SGG) des Bescheides noch nicht eingetreten ist, weil die Klagefrist gegen den erst am 12.06.2015 erlassenen Widerspruchsbescheid
noch nicht abgelaufen ist (Keller in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, Kommentar zum
SGG, 11. Auflage 2014, §
86b Rn. 26d m.w.N.). Ob der neue Leistungsantrag, den das Zentrum für Psychiatrie E. im Schreiben vom 28.04.2015 im Namen des
Antragstellers gestellt hat, und über welchen der Antragsgegner Ziff. 1 noch nicht entschieden hat, wirksam gestellt wurde
und ggf. eine Zäsurwirkung hinsichtlich des Ablehnungsbescheides vom 26.03.2015 entfaltet, bedarf im Eilverfahren keiner Entscheidung.
2.
Die Beschwerde ist mit dem Hauptantrag unbegründet, da das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt hat. Vorliegend ist schon ein Anordnungsanspruch nicht
glaubhaft gemacht.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 1
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile
nötig erscheint (§
86b Abs.
2 Satz 2
SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragsteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls
nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch)
und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung
der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG,
02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGE 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen
umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit
Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art.
1 Abs.
1 des
Grundgesetzes (
GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf
effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung
der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung
unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 13.10.2005
- L 7 SO 3804/05 ER-B - und v. 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - <beide [...]> jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Dabei ist das Rechtsschutzbedürfnis als prozessuale
Voraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr. 45, S. 93).
Der Antragsteller hat nach den bislang bekannten Umständen keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Der 1960 geborene Antragsteller erfüllt die Voraussetzungen der Nummern 1, 3 und 4. Mit seinem Lebensalter von 55 Jahren hat
er die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht. Er ist mangels eigenem Einkommen und nennenswertem Vermögen hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Ob er, wie er behauptet, tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen erwerbsunfähig
ist, lässt sich im Eilverfahren nicht klären; dies bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Bis dahin fingiert im Falle
eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen den Beschwerdegegnern § 44a Abs. 1 S. 7, Abs. 2 SGB II als Nahtlosigkeitsregelung (Blüggel in: Eicher, Kommentar zum SGB II, 3. Auflage 2013, § 44a Rn. 65) die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen bis zur Entscheidung über einen möglichen Widerspruch gegen die Entscheidung
der Agentur für Arbeit über die Erwerbsfähigkeit. Diese Regelung soll sicherstellen, dass durch einen aus der Frage der Erwerbsfähigkeit
erwachsenden Kompetenzkonflikt zwischen SGB II-Träger und Sozialhilfeträger kein Leistungsausfall zu Lasten des Hilfebedürftigen entsteht. Da sich der Antragsgegner Ziff.
1 allerdings bislang nicht auf eine Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers beruft, bedarf es hier eines Rückgriffs auf diese
Regelung nicht; die Erwerbsfähigkeit kann vielmehr bei der Prüfung eines Anspruchs nach dem SGB II zugunsten des Antragstellers unterstellt werden.
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat der Antragsteller nicht. Ausgenommen von der Leistungsberechtigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige
noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1), Ausländerinnen
und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen (Nr.
2) und Leistungsberechtigte nach §
1 des
AsylbLG (Nr. 3). Satz 2 Nr. 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt
5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.
Der 1960 geborene Antragsteller, der slowakischer Staatsangehöriger ist, ist nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen. Er hält sich nach seinen eigenen Angaben seit 2012 dauerhaft in der BRD auf. Dies entnimmt der Senat den vom
Antragsgegner Ziff. 1 im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen. So hat ein Mitarbeiter der C., S., am 28.03.2013 bestätigt,
dass sich der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt bereits seit über einem Jahr in F. aufhielt und in der dortigen "P." seit
dem 11.09.2012 postalisch gemeldet ist. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Akte der Beschwerdegegnerin Ziff. 2. Dort ist
der Antragsteller erstmals im November 2012 aktenkundig geworden, als mehrere Patientenbeförderungsscheine des Deutschen Roten
Kreuzes und des Malteser Hilfsdienstes zur Vorlage gelangten - der erste so dokumentierte Einsatz datierte vom 26.09.2012.
Nachdem der Antragsteller mit seinem beim SG eingereichten Eilantrag ab dem 06.05.2015 (Eingang beim SG) Leistungen zur Sicherungen des Lebensunterhalts begehrt und sich zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Monate in der
BRD aufhielt, greift vorliegend die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ein.
Der Antragsteller hat in der Bundesrepublik Deutschland kein materielles Aufenthaltsrecht. Die Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts
nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU liegen nicht vor, da sich der Antragsteller - mangels Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw. Berufsausbildung - nicht als Arbeitnehmer
oder Auszubildender in der BRD aufhält. Auch die Voraussetzungen von § 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a FreizügG/EU in der ab dem 09.12.2014 geltenden Fassung liegen nicht vor. Danach sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger,
die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie
weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Der Antragsteller hat selbst angegeben, dass
er sich gesundheitlich nicht in der Lage sieht, Arbeit zu suchen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller, der keine Schul-
oder Berufsausbildung hat, kein Deutsch spricht und der Auffassung ist, nicht erwerbsfähig zu sein, begründete Aussicht hat,
eingestellt zu werden, liegen ebenfalls nicht vor. Der Antragsteller ist auch nicht selbständig i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU. Er ist auch nicht als Nicht-Erwerbstätiger nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 4 Satz 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt, da es ihm an ausreichenden eigenen Existenzmitteln fehlt. Nachdem ein Aufenthaltsrecht aus dem
Aufenthaltsgesetz ebenfalls nicht ersichtlich ist (vgl. § 11 Satz 11 FreizügG/EU), verbleibt im Falle des Antragstellers nur das (formelle) Aufenthaltsrecht, das daraus resultiert, dass nach § 2 Abs. 4 FreizügG/EU Unionsbürger für den Aufenthalt keines Aufenthaltstitels bedürfen und nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizugG/EU erst ausreisepflichtig sind, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise
und Aufenthalt nicht besteht. Die Vermutung der Freizügigkeit, von welcher das FreizügG/EU ausgeht, vermittelt zwar bis zur Feststellung des Nichtbestehens der Freizügigkeit durch die Ausländerbehörde einen rechtmäßigen
Aufenthalt, nicht aber auch Freizügigkeit (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER -, [...], Rn. 26 unter Verweis auf Dienelt in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage, § 7 Rn. 10).
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II betrifft nach seinem reinen Wortlaut nur Ausländerinnen und Ausländer, welche ein Aufenthaltsrecht haben, das sich aus dem
Zweck der Arbeitsuche ergibt. Ausgehend von diesem Wortlaut verlangt eine Rechtsauffassung (LSG Hessen, Beschluss vom 07.04.2015
- L 6 AS 62/15 B ER -, [...], Rn. 45, 50 f. m.w.N., LSG Nordrhein-Westfalen <LSG NRW>, Urteil vom 10.10.2013 - L 19 AS 129/13 -, [...], Rn. 58 ff.) dass ein Aufenthaltsrecht des Ausländers zur Arbeitsuche positiv festgestellt werden kann. Die Vorschrift
könne weder erweiternd ausgelegt werden, noch analog auf EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht angewendet werden. Systematik,
Entstehungsgeschichte und Zweck stünden dem entgegen (LSG Hessen, Beschluss vom 07.04.2015, a.a.O., Rn. 51 f.); eine planwidrige
Regelungslücke liege nicht vor. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II diene primär der Umsetzung von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet
der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Richtlinie 2004/38/EG) bei einem bestehenden Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche und sei bei fehlender Arbeitssuche nicht einschlägig. Die Gesamtregelung
sei in sich stimmig. Besteht kein materielles Aufenthaltsrecht, sondern leitet sich das Aufenthaltsrecht allein aus der Freizügigkeitsvermutung
ab (Umkehrschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU, vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 07.04.2015, a.a.O., Rn. 48), besteht nach dieser Rechtsauffassung solange ein Leistungsanspruch
nach dem SGB II, bis mittels ausländerbehördlichem Verwaltungsakt eine vollziehbare Ausreisepflicht begründet wird, infolgedessen der Leistungsausschluss
nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II eingreift und der Hilfebedürftige in das System des
Asylbewerberleistungsgesetzes übergeleitet wird (§
1 Abs.
1 Nr.
5 AsylbLG). Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen. Der Senat sieht es mit der Gegenauffassung (LSG NRW, Beschlüsse vom 03.12.2014
- L 2 AS 1623/14 B ER -, [...], Rn. 6 f. m.w.N., vom 25.02.2015 - L 2 AS 113/15 B ER -, [...], Rn. 6 f. und vom 16.04.2015 - L 2 AS 2290/14 B ER -, [...], Rn. 9; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER -, [...], Rn. 34; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2015 - L 29 AS 3339/14 B ER -, [...], Rn. 52) als wertungswidersprüchlich an, dass bei allein am Wortlaut orientierter Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Bürger, die aufgrund ihrer Arbeitssuche über ein materielles Aufenthaltsrecht verfügen, vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sein sollen, während sie dann, wenn sie eine Arbeitssuche nicht einmal beginnen, ihre ursprüngliche Absicht,
Arbeit zu suchen, aufgeben, oder sich ihre Arbeitssuche als gescheitert herausstellt, zum Leistungsbezug nach dem SGB II berechtigt sein sollen. Eine leistungsrechtliche Besserstellung von EU-Bürgern, die sich nur formal erlaubt im Bundesgebiet
aufhalten, gegenüber EU-Bürgern mit materiellem Aufenthaltsrecht verstößt zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art.
3 Abs.
1 GG). Eine Bevorzugung wirtschaftlich inaktiver EU-Bürger würde auch mit der in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II einfachgesetzlich festgelegten Pflicht kollidieren, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit
auszuschöpfen. Der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist deshalb nach zutreffender Rechtsauffassung dahingehend auszulegen, dass er auch EU-Bürger, bei denen ein Aufenthaltsrecht
zum Zwecke der Arbeitssuche nicht bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes materielles Aufenthaltsrecht feststellbar
ist, mit umfasst. Diese Auslegung gebietet auch Sinn und Zweck der Regelung, eine "Einwanderung in die Sozialsysteme" (LSG
Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015, a.a.O., Rn. 34 f.) unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für
EU-Ausländer innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, zu verhindern. Alle EU-Ausländer, bei denen die Ausländerbehörde das Nichtbestehen
eines Freizügigkeitsrechts (noch) nicht formell festgestellt hat, halten sich nur formal erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland
auf. Deren (formales) Aufenthaltsrecht ist aber ebenso Ausfluss der Regeln des Binnenmarktes für Unionsbürger wie das Aufenthaltsrecht
zur Arbeitsuche; es beruht gerade auf der Privilegierung durch die Freizügigkeitsvermutung (vgl. im Einzelnen, auch zur Gesetzesbegründung,
LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015, a.a.O., [...], Rn. 35 f.). Die von der Gegenauffassung (LSG Hessen, Beschluss
vom 07.04.2015 a.a.O., [...], Rn. 52) bemängelte Besserstellung von Personen, die bei vollziehbarer Ausreisepflicht leistungsberechtigt
nach dem
AsylbLG sind, sieht der Senat nicht als systemwidrig an. Die Regelung in §
1 Abs.
1 Nr.
5 AsylbLG zielt auf Personen ab, deren Asylantrag nach dem
Asylverfahrensgesetz endgültig abgelehnt worden ist. Viele dieser Personen können nicht, wie EU-Ausländer, ohne Weiteres in ihr Heimatland zurückkehren,
sondern sind häufig aus ganz unterschiedlichen Gründen an der umgehenden Ausreise gehindert und sind deshalb schutzbedürftiger
als EU-Bürger ohne materielles Aufenthaltsrecht, deren umgehender Rückkehr in ihr Heimatland keinerlei Hindernisse entgegen
stehen.
Die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstößt auch nicht gegen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts, wenn der nicht erwerbstätige Unionsbürger nicht
über ausreichende Existenzmittel für seinen Lebensunterhalt verfügt und nur zum Zwecke der Inanspruchnahme von Sozialleistungen
in einen anderen Mitgliedstaat einreist. Insoweit verweist der Senat auf das Urteil des EuGH vom 11.11.2014 (Rechtssache C-333/13; veröffentlicht auf der Internetseite des EuGH, abrufbar unter http://curia.europa.eu; vgl. hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 01.12.2014 - L 2 AS 1146/14 B ER sowie Hessisches LSG, Beschluss vom 11.12.2014 - L 7 AS 528/14 B ER, jeweils veröffentlicht in [...]). Demnach kann ein Unionsbürger eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des
Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen nur verlangen, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet die
Voraussetzungen der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und
ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (RL 2004/38/EG), erfüllt (EuGH, a.a.O, Rn. 69). Bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten ist die Ausübung des Aufenthaltsrechts von
den in Art. 7 Abs. 1 der RL 2004/38/EG genannten Voraussetzungen abhängig (a.a.O., Rn. 71). Es ist demnach zu prüfen, ob der Aufenthalt des Unionsbürgers die Voraussetzungen
des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der RL 2004/38/EG erfüllt (a.a.O., Rn. 73), mithin, ob dieser für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt,
sodass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen und
er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedsstaat verfügen. Ausreichende
Existenzmittel sind hier nicht glaubhaft gemacht. Nach den eigenen Angaben des Antragstellers im Schriftsatz vom 02.06.2015
verfügt er weder über Einkommen noch über Vermögen; die noch vorhandenen Mittel reichen nur noch für den Erwerb von Nahrungsmitteln
bis Mitte Juli. Er verfügt auch nicht über eine Krankenversicherung. Nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland wurde
auch keine Erwerbstätigkeit ausgeübt; daher scheidet auch ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der RL 2004/38/EG aus. Art. 24 Abs. 1 der RL 2004/38/EG (Verbot der Diskriminierung) steht damit im Fall des Antragstellers der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht entgegen.
Auch wenn man in den Fällen, in denen der nicht erwerbstätige Unionsbürger nicht allein zum Zwecke der Inanspruchnahme von
Sozialleistungen in einen anderen Mitgliedstaat einreist, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II teleologisch dahingehend reduzieren wollte, dass der Leistungsausschluss nur dann greift, wenn keine tatsächliche Verbindung
des Arbeitsuchenden zum Arbeitsmarkt besteht (so Hackethal, in: jurisPK-SGB II, § 7 Rn. 38 und 38.1, Stand 24.11.2014, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH; vgl. hierzu auch den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts
<BSG> vom 12.12.2013 - B 4 AS 9/13 R, anhängig beim EuGH unter dem Az. C-67/14), so führte dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Denn eine Verbindung des Antragstellers zum Arbeitsmarkt ist nicht
glaubhaft gemacht. Dies ergibt sich für den Senat daraus, dass der Antragsteller weder eine Schul- oder Berufsausbildung hat,
kein Deutsch spricht und der Auffassung ist, nicht erwerbsfähig zu sein, weshalb er sich nicht dazu in der Lage sieht, eine
Arbeit zu suchen. Eine Verbindung zum Arbeitsmarkt kann daher nicht festgestellt werden, sodass eher Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass der nicht erwerbstätige Antragsteller, der nicht über ausreichende Existenzmittel für seinen Lebensunterhalt verfügt,
zum Zwecke der Inanspruchnahme von Sozialleistungen in die BRD eingereist ist, was die europarechtlichen Vorschriften aber
verhindern sollen (EuGH, a.a.O., RdNr. 76, 78).
Nicht zu entscheiden brauchte der Senat darüber, ob das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) der Geltung des Leistungsausschlusses
in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen steht (vgl. dazu LSG NRW, Beschluss vom 16.04.2015 - L 2 AS 2290/14 B ER -, [...], Rn. 12 m.w.N.), denn die Slowakei hat dieses Abkommen bislang weder unterzeichnet noch ratifiziert.
In Fällen, in denen dem Grunde nach eine Leistungsberechtigung nach dem SGB II besteht, deren Geltendmachung lediglich am Eingreifen des Ausschlusstatbestandes in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II scheitert, scheidet ein Rückgriff auf § 27 SGB XII als Auffangtatbestand von vornherein aus. Das folgt aus § 21 Satz 1 SGB XII, wonach Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind,
keine Leistungen für den Lebensunterhalt erhalten. Diese Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der bei Einführung
des Ausschlusstatbestandes des §
7 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 SGB VII (BT-Drucks. 16/688 S. 13) ausgeführt hat: "Auch wenn bei Ausländern die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, das
heißt sie zwischen 15 und unter 65 Jahre alt, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland haben, können dennoch die Leistungen nach diesem Buch durch den neugefassten Satz 2 ausgeschlossen
sein. Darüber hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leistungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist." Soweit der Antragsteller erstmals in der Beschwerdeschrift unter Berufung auf angeblich nicht bestehende Erwerbsfähigkeit
i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II hilfsweise originäre Ansprüche nach dem SGB XII gegen die Beschwerdegegnerin Ziff. 2 geltend macht, wird auf die Ausführungen unter 3. verwiesen.
Der Antragsteller kann schließlich einen Leistungsanspruch nicht unmittelbar aus dem Grundrecht zur Sicherung eines menschenwürdigen
Existenzminimums nach Art.
1 GG herleiten. Dieses Grundrecht steht als Menschenrecht deutschen und ausländischen Staatsbürgern, die sich in der BRD aufhalten,
gleichermaßen zu. Ein von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung daraus abgeleiteter individueller Leistungsanspruch
bedarf der Ausgestaltung durch ein Gesetz; sein Umfang kann nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden; vielmehr
steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (Urteil des BVerfG vom 18.07.2002 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - [...], Rn. 62-66). Darüber hinaus gilt auch das Grundrecht zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht
schrankenlos: Anders als ein vollziehbar ausreisepflichtiger ehemaliger Asylbewerber, dessen Rückkehr in das (evtl. von Seiten
der Behörden gar nicht sicher zu ermittelnde) Herkunftsland sowohl erhebliche tatsächliche als auch rechtliche Probleme (Abschiebungshindernisse)
entgegen stehen können, ist der Antragsteller als Unionsbürger nicht gehindert, sich innerhalb des sog. Schengen-Raumes frei
zu bewegen, weshalb einer sofortigen Rückkehr in sein Heimatland nichts entgegen steht. Soweit der Antragssteller in seiner
Beschwerdeschrift behauptet, aufgrund seiner Erkrankungen nicht ausreisefähig zu sein, sieht der Senat diesen Umstand durch
das vorgelegte Gutachten als nicht glaubhaft gemacht an. Weder ist der Antragsteller in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt,
noch bedarf er ununterbrochener medizinischer Behandlung oder Überwachung. Sein Gesundheitszustand hat sich in den letzten
Jahren offenbar nicht verändert. Angesichts der Beschreibungen im Gutachten als "von der Straße gezeichnet" ist davon auszugehen,
dass der Antragsteller bereits mit dem bestehenden eingeschränkten Gesundheitszustand eingereist ist. Warum er jetzt nicht
ausreisen können soll, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Da der Antragsteller weder rechtlich noch tatsächlich an einer
sofortigen Ausreise gehindert ist, kann er auf einen Leistungsbezug in seinem Herkunftsland, der Slowakei, verwiesen werden.
Die Slowakei verfügt über ein System der Sozialhilfe (Leistungen für Menschen in materieller Not, abrufbar als Dokument der
Europäischen Kommission im Internet unter http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1127&langId=de&intPageId=2815, Stand 25.06.2015).
Beantragen kann diese Leistungen jeder Bürger mit festem Wohnsitz oder vorübergehendem Aufenthalt im Gebiet der Slowakei,
dessen Einkommen niedriger ist als 198,09 €/Monat für eine volljährige Person. Die Leistungen betragen monatlich 61,60 €/Monat
für eine Einzelperson zuzüglich eines Wohnzuschlages von 55,80 €/Monat für eine Einzelperson. Wenn man kleinere Gemeindedienste
ausübt oder im Register für Arbeitsuchende eingetragen ist, kommt ein Aktivierungszuschlag von weiteren 63,07 €/Monat hinzu.
Bei Erkrankung oder Invalidität (Reduzierung der Erwerbsfähigkeit um mehr als 70 %) erhält der Bedürftige stattdessen einen
sog. Schutzzuschlag in gleicher Höhe. Da die Slowakei die Europäische Sozialcharta vom 18.10.1961 am 27.05.1992 unterzeichnet
und am 22.06.1998 ratifiziert hat, geht der Senat davon aus, dass entsprechend der dortigen Verpflichtung in Art. 13 diese
Beträge ausreichend sind, um dem Antragsteller in der Slowakei ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten (vgl.
auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.02.2015 - L 2 AS 14/15 B ER -, [...], Rn. 40)
Auch aus Art. 28 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention
<UN-BRK> i.V.m. dem Gesetz vom 21.12.2008 - BGBl II 1419 -, in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft seit 26.3.2009 - BGBl
II 812) resultiert kein unmittelbarer Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Nach der gemäß Art. 50 UN-BRK
nicht verbindlichen deutschen Fassung zählen zu den Menschen mit Behinderungen Menschen, die langfristige körperliche, seelische,
geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen
und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können (Art. 1 Satz 2 UN-BRK). Auf die Ursachen der Beeinträchtigungen
kommt es nicht an. Nachdem der Antragsteller, wohl als Folge andauernden Alkoholmissbrauchs, psychische und Verhaltensstörungen
entwickelt hat, und deshalb nach der im Betreuungsgutachten vom 11.06.2013 vom Psychiater E. vertretenen Auffassung seine
Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann, spricht einiges dafür, den Antragsteller in den Anwendungsbereich der UN-BRK
einzubeziehen. Art. 28 Abs. 1 UN-BRK in der nicht verbindlichen Fassung hat folgenden Wortlaut: Die Vertragsstaaten anerkennen
das Recht von Menschen mit Behinderungen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst und ihre Familien, einschließlich
angemessener Ernährung, Bekleidung und Wohnung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen und unternehmen
geeignete Schritte zum Schutz und zur Förderung der Verwirklichung dieses Rechts ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung.
Die darin ausgesprochene Verpflichtung ist an die Vertragsstaaten der UN-BRK gerichtet. Die Regelung stellt keine eigenständige
Anspruchsgrundlage für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dar, sondern ist nur als Auslegungshilfe bei der Auslegung
einfachen Rechts heranzuziehen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2012 - L 29 AL 337/09 -, [...], Rn. 134). Auf welche Weise die Vertragsstaaten diese Verpflichtung umsetzen, liegt in ihrem gesetzgeberischen Ermessen.
Die Norm ist zudem nicht hinreichend bestimmt, um von Leistungsträgern unmittelbar angewandt zu werden (SG Karlsruhe, Urteil
vom 21.05.2013 - S 1 SO 1369/12 -, [...], Rn. 34).
3.
Die Beschwerde ist unzulässig, soweit der Antragsteller mit den erstmals im Beschwerdeverfahren hilfsweise gestellten und
gegen die Beschwerdegegnerin Ziff. 2 gerichteten Anträgen die vorläufige Gewährung von Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem
AsylbLG begehrt.
Ob es sich bei den Hilfsanträgen um eine unzulässige, weil nicht sachdienliche (§
99 Abs.
1 SGG) Antragsänderung handelt, kann offenbleiben, denn es fehlt jedenfalls an der instanziellen Zuständigkeit des LSG für eine
Entscheidung über die Hilfsanträge. Nach §
99 Abs.
1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich
hält. Indem der Antragsteller erstmals im Beschwerdeverfahren ausdrücklich behauptet hat, nicht erwerbsfähig i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB II zu sein, und darauf gestützt einen Anspruch nach dem SGB XII geltend macht, hat er den Antragsgrund (zum Begriff des Klagegrundes vgl. Leitherer, a.a.O., § 99 Rn. 2b) geändert. Gleiches gilt für die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz gestützt auf die erstmals im Beschwerdeverfahren aufgestellte Behauptung, nicht ausreisefähig zu sein. Die Beschwerdegegnerin
Ziff. 2 hat sich darauf nicht widerspruchslos eingelassen, sondern ausdrücklich gerügt, dass hierüber die erste Instanz nicht
entschieden hat (§
99 Abs.
2 SGG). Zweifel an der Sachdienlichkeit der neuen (Hilfs-)Anträge sind nicht nur deshalb begründet, weil es an einer erstinstanzlichen
Geltendmachung und Entscheidung über diese Begehren fehlt, sondern auch, weil der erkennende Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan
ein für Entscheidungen über Ansprüche nach dem SGB XII und
AsylbLG unzuständiger Spruchkörper ist. Letztlich kann aber offenbleiben, ob §
99 SGG auch im Eilverfahren Anwendung findet (dafür wohl im Ergebnis Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.03.2010 - L 11 AS 863/09 B ER, [...], Rn. 17, 19), denn es fehlt hier jedenfalls an der stets von Amts wegen zu prüfenden instanziellen Zuständigkeit
für eine Entscheidung über die hilfsweise gestellten Anträge (vgl. Thüringer LSG, Beschlüsse vom 22.02.2012 - L 4 AS 1825/11 B ER -, [...], Rn. 9, und vom 24.04.2013 - L 4 AS 55/13 B ER -, [...], Rn. 17). Nach §
29 Abs.
1 SGG entscheidet das Landessozialgericht zweitinstanzlich über Berufungen gegen Urteile und Beschwerden gegen andere Entscheidungen
der Sozialgerichte. Hat - wie hier - das SG als erstinstanzliches Gericht über hilfsweise erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemachte Ansprüche nicht entschieden,
hat das LSG zu prüfen, ob es befugt ist, erstinstanzlich zu entscheiden. Dabei handelt es sich um eine von Amts wegen zu prüfende
Sachentscheidungsvoraussetzung (BSG Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 3/01 R -, [...], Rn. 13 ff., 16 f.), die hier nicht erfüllt ist. §
86b Abs.
2 Satz 1,
3 SGG bestimmt, dass zuständig für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Gericht der Hauptsache ist. Dieses ist nur dann
das Berufungsgericht, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, was hier für Ansprüche nach dem SGB XII und
AsylbLG im streitigen Zeitraum vom 06.05.2015 bis zum 30.09.2015 nicht der Fall ist. In allen übrigen Fällen ist das Gericht der
Hauptsache das Gericht des ersten Rechtszuges. Weder nach §
29 Abs.
2 bis
4 SGG noch nach den Grundsätzen des "Heraufholens von Prozessresten" (vgl. dazu Leitherer a.a.O., § 99 Rn. 12 m.w.N.) liegt hier ein Ausnahmetatbestand für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG vor. Gericht
des ersten Rechtszuges ist deshalb hier das SG.
Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass einem Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §
27 SGB XII hier nicht nur § 21 Satz 1 SGB XII entgegen steht (s.o. 2.), sondern auch § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB XII. Hiernach haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Der Antragsteller
hat im Verlauf des Jahr 2012 - offenbar von Anfang an mittellos - in der BRD seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen, anfänglich
seinen Lebensunterhalt durch Betteln bestritten und im Freien übernachtet (Aktenvermerk vom 19.11.2012 in den Akten der Beschwerdegegnerin
Ziff. 2) und schließlich alsbald (im Januar 2013) Leistungen nach dem SGB II beantragt. Anhaltspunkte für eine Arbeitssuche oder irgendeinen sonstigen Bezug zum deutschen Arbeitsmarkt ergeben sich weder
aus den Akten der Beschwerdegegner Ziff. 1 und 2, noch aus dem Vorbringen des Antragstellers. Angesichts dessen ist der Senat
davon überzeugt, dass der Antragsteller mit dem Ziel eingereist ist, in der BRD durch Betteln und den Bezug von Sozialleistungen
seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Ebenfalls nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass einem Anspruch nach §
1 Abs.
1 Nr.
5 AsylbLG entgegen steht, dass der Antragsteller, da die Ausländerbehörde bislang nicht festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise
und Aufenthalt nicht besteht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU), nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist. Auch ein Anspruch nach §
1 Abs.
1 Nr.
3c AsylbLG dürfte nicht bestehen. Es ist bereits nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller im Besitz einer nach § 25 Abs. 5 Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG -) erteilten Aufenthaltserlaubnis ist. Schon die rechtlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG sind nicht erfüllt, nachdem der Antragsteller nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
5.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war vor diesem Hintergrund wegen dessen mangelnder Erfolgsaussichten
(§
73a Abs.
1 SGG i.V.m. §
114 Satz 1
Zivilprozessordnung [ZPO]) abzulehnen. Insoweit hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH ebenfalls zu Recht abgelehnt, weshalb auch die Beschwerde hiergegen keinen Erfolg hat.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 Abs.
2 SGG).