Vorläufige Zusicherung der Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Unterkunft
Umzug in eine neue Wohnung
Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses für eine gesonderte Zusicherung als vorgreifliche Teilregelung
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr erstinstanzlich erhobenes Be-gehren weiter verfolgt, den Antragsgegner
im Wege einer gerichtlichen Regelungsanordnung iSv §
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zu verpflichten, ihr eine Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die im Rubrum be-zeichnete Unterkunft iSv
§ 22 Abs. 4 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bzw - bezogen auf die Mietkaution iHv 1.770,- EUR - iSv § 22 Abs. 6 SGB II zu gewähren, ist nicht begründet und war zurückzuweisen.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortführung des Eilrechtsverfahrens, soweit eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II im Streit steht, ist nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person vor Abschluss
eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers
zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen, wobei der kommunale Träger zur Zusicherung verpflichtet
ist, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Die Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II ist - anders als die Zusicherung für die so genannten Transaktionskosten nach § 22 Abs. 6 SGB II - keine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, sondern hat lediglich
eine vorbeugende Aufklärungs- und Wahnfunktion zwecks Abwendung einer erneuten Notlage des Hilfeberechtigten infolge einer
nur teilweisen Übernahme der Unterkunftskosten (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 2, juris Rdnr. 27). Da die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Zusammenhang mit
dem späteren Bewilligungsbescheid erfolgen muss, ohne dass ein vorheriges Zusicherungsverfahren nach § 22 Abs. 2 SGB II durchgeführt worden ist, entfällt nach dem Umzug in die neue Wohnung - wie hier - das Rechtsschutzbedürfnis für eine gesonderte
Zusicherung als vorgreifliche Teilregelung (vgl BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 5/10 R - juris - Rn 15).
Hinzu kommt, dass das für die neue Unterkunft zuständige Jobcenter Friedrichs-hain-Kreuzberg Leistungen für die Kosten der
Unterkunft und Heizung auch für die Zeit ab 1. Mai 2020 iHv mtl 582,30 EUR bewilligt hat, so dass der tatsächlich zu zahlen-de
Mietzins iHv mtl 590,- EUR gedeckt ist, weil die Antragstellerin die geringfügige Differenz (mtl 7,70 EUR) aus dem vorläufig
auch in Höhe des Schutzbetrages einzusetzenden Einkommen iHv mtl 66,- EUR aufbringen kann. Ein Ausgleich kann ggf nach einer
zusprechenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren erfolgen.
Soweit die Antragstellerin eine Zusicherung für die Übernahme der Mietkaution er-strebt, fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch,
und zwar ungeachtet dessen, dass für die Erteilung dieser Zusicherung nicht der Antragsgegner, sondern das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg
zuständig wäre. Gemäß § 22 Abs. 6 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen
kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen
Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden (Satz 1). Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der
Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft
in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (Satz 2). Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden (Satz
3). Bei der Zusicherung nach § 22 Abs. 6 SGB II handelt es sich, anders als bei der Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II zwar um eine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten. Sie muss vom Leistungsberechtigten
eingeholt werden, bevor er mit dem Vermieter bzw mit dem Umzugsunternehmen einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat.
Während die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 SGB II in einem zusätzlichen Leistungsbescheid geregelt wird, der eigenständig gerichtlich überprüft werden kann mit der Folge,
dass das (freiwillige) Zusicherungsverfahren nach § 22 Abs. 4 SGB II überflüssig geworden ist, ergeht in der Regel bezüglich der Mietkaution nach dem erfolgten Umzug kein entsprechender Ablehnungsbescheid,
der gesondert gerichtlich überprüft werden könnte. Schon aus diesem Grunde kann allein durch den Umzug in die neue Wohnung
das Rechtsschutzbedürfnis für die Klärung, ob eine Zusicherung zur Übernahme der Mietkaution gemäß § 22 Abs. 6 SGB II zu ergehen hatte, nicht entfallen. Der danach zulässige Eilantrag der Antragstellerin hat indes keinen Erfolg, weil ein zu
sichernder Anordnungsanspruch auf Erteilung der begehrten Zusicherung nicht ersichtlich ist. Ungeachtet dessen, ob die lt
Mietvertrag zu zahlende Mietkaution überhaupt iS einer ernsthaften Zahlungsverpflichtung vereinbart wurde, woran angesichts
dessen, dass die Antragstellerin in der Unterkunft bereits seit mehreren Monaten trotz des bislang nicht unterschriebenen
schriftlichen Mietvertrages (der indessen auch mündlich geschlossen werden kann, vgl §
550 Bürgerliches Gesetzbuch) lebt und nach ihrem Vorbringen das Verbleiben dort von der Vermieterin jedenfalls bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens
geduldet werde, Zweifel bestehen, hat sich der Anspruch auf Zusicherung der Übernahme der Mietkaution durch den Einzug in
die Wohnung erledigt. Anders als die auf die laufenden Aufwendungen bezogene Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II hat die Einholung der Zusicherung der Übernahme der Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB II verpflichtenden Charakter. Eine Übernahme der Mietkaution kommt danach grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn sie "vor-her"
zugesichert worden ist. Auf welchen Zeitpunkt sich hierbei die Rechtzeitigkeit der Zusicherung bezieht, klärt der Zusammenhang
mit § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II. Danach soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen
notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Als
unterstützende Maßnahme für das Finden einer Wohnung kann hiernach auch die Zusicherung gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II lediglich bis zu einem Mietvertragsschluss eingeholt werden. Danach scheidet ihre Erteilung aus, weil ein erfolgreicher Mietvertragsschluss
der Annahme entgegen steht, die angemietete Wohnung habe nicht ohne Zusicherung der Mietkaution gefunden werden können. Der
Abschluss eines Mietvertrages lässt einen bis dahin unerfüllten Anspruch auf Zusicherung der Übernahme der Mietkaution untergehen
und erledigt ihn in diesem Sinne. Auch wenn ein fortbestehendes Interesse des Leistungsempfängers an der nachträglichen Abgabe
der Zusicherung mit Rücksicht auf deren Bedeutung als Anspruchsvoraussetzung für eine Übernahme der Mietkaution nicht geleugnet
werden kann, ist eine Verpflichtung des Leistungsträgers, sie abzugeben, in einem solchen Fall nicht mehr möglich, weil die
Zusicherung nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II nur bei Erteilung vor einem Mietvertragsschluss geeignet ist, einen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution zu bewirken (vgl
Landessozialge-richt (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. Juni 2008 - L 9 AS 541/06 - juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. April 2008 - L 9 AS 57/08 ER - juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2007 - L 5 B 1221/06 AS ER - juris).
Schließlich ist auch ein Anordnungsgrund iS eines zur Sicherung der Unterkunft unaufschiebbar eiligen Regelungsbedürfnisses
nicht ersichtlich. Die Unterkunft der Antragstellerin ist jedenfalls bis zum Ablauf des Mietvertrags (22. August 2020) gesichert.
Denn eine fristlose Kündigung ist bei Nichtzahlung der Kaution ausgeschlossen (vgl §
543 Abs.
2 Satz 1 Nr
3 BGB) und eine ordentliche Kündigung wäre, wenn sie wegen der Befristung des Mietverhältnisses nicht ohnehin ausgeschlossen wäre,
nunmehr bis zum Ablauf des Mietverhältnisses wegen der gelten-den Kündigungsfristen (vgl §
573c BGB) nicht mehr zulässig. Selbst wenn davon auszugehen wäre - wofür indes hinreichende Anhaltspunkte fehlen -, dass ein Mietvertrag
(auch in mündlicher Form) noch gar nicht zustande gekommen wäre, ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass der Antragstellerin
ein Verlust der Unterkunft bis zum Ablauf der beabsichtigten Mietdauer drohte.
Angesichts fehlender Erfolgsaussichten war der Antragstellerin für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen
(vgl §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Zivilprozessordnung).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§
177 SGG).